Wird ein Werbungskostenpauschale nach § 17 Abs. 6 EStG 1988 in Anspruch genommen, können keine weiteren Werbungskosten aus derselben Tätigkeit geltend gemacht werden
Entscheidungstext
[...]
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ER in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt FA vom betreffend Einkommensteuer 2015 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Bf. erzielte im Streitjahr 2015 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als angestellter Versicherungsmakler und als Vizebürgermeister der Marktgemeinde XY.
Im Wege der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2015 machte der Bf. Fortbildungs-, Ausbildungs- und Umschulungskosten im Betrag von EUR 1.307,00 sowie Gewerkschaftsbeiträge, sonstige Beiträge zu Berufsverbänden und Interessensvertretungen und selbst eingezahlte SV-Beiträge in Höhe von von EUR 1.409,00 geltend.
Zudem begehrte der Bf. die Zuerkennung des Berufsgruppenpauschale für Vertreter und für Mitglieder einer Stadt-, Gemeinde- oder Ortsvertretung.
Schließlich beantragte der Bf. neben der Berücksichtigung von Kirchenbeiträgen in Höhe von EUR 160,00 auch den Abzug von weiteren Sonderausgaben im Betrag von EUR 1.212,00.
Mit Bescheid vom wurde der Bf. zur Einkommensteuer veranlagt, woraus eine Abgabennachforderung in Höhe von EUR 1.450,00 resultierte.
Im Einzelnen versagte die belangte Behörde den eingangs erwähnten, ziffernmäßig bestimmten Werbungskosten die Anerkennung.
Als Begründung führte die belangte Behörde sinngemäß aus, dass mit den Pauschbeträgen sämtliche Aufwendungen abgegolten seien und zusätzliche Werbungskosten aufgrund der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen nicht berücksichtigt werden könnten.
Im Hinblick auf die geltend gemachten Sonderausgaben in Höhe von EUR 1.212,00 führte die belangte Behörde ferner aus, dass sich das Sonderausgabenviertel bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte zwischen EUR 36.400,00 und EUR 60.000,00 gleichmäßig in einem solchen Ausmaß verringere, dass sich ab einem Gesamtbetrag der Einkünfte von EUR 60.000,00 ein absetzbarer Betrag von EUR 60,00 ergebe.
Mit Beschwerde vom begehrte der Bf. im Wesentlichen die Löschung des Politikerpauschales und ersuchte stattdessen um Berücksichtigung der ziffernmäßig bestimmten Aufwendungen laut Arbeitnehmerveranlagung.
Zudem begehrte der Bf. die Anerkennung sämtlicher geltend gemachter Sonderausgaben und ersuchte eventualiter um eine nähere Begründung für deren allfällige Nichtabzugsfähigkeit.
Mit Vorhalt vom ersuchte die belangte Behörde den Bf. um Vorlage von Nachweisen für die geltend gemachten Werbungskosten. Zudem wurde der Bf. zur Übermittlung einer kurzen Arbeitsplatzbeschreibung aufgefordert. In diesem Zusammenhang ersuchte die belangte Behörde auch um Mitteilung, ob die in Anspruch genommenen Fortbildungsmaßnahmen in Zusammenhang mit dem ausgebübten Beruf stehen oder einer umfassenden Umschulung dienen.
Mit am bei der belangten Behörde eingegangener (und mit datierter) Eingabe brachte der Bf. in Beantwortung des behördlichen Ergänzungsersuchens zusammengefasst vor, dass er neben seiner Tätigkeit als angestellter Versicherungsmakler das Amt des Vizebürgermeisters der Marktgemeinde XY bekleide.
Die geltend gemachten Aufwendungen resultierten zunächst aus seiner Teilnahme an einem Lehrgang zur Weiterbildung im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge, welcher für seine Betreuungstätigkeit als Versicherungsmakler erforderliches Wissen vermittle. Darüber hinaus habe er den Mitgliedsbeitrag für seine Parteimitgliedschaft entrichten und einen Teil seines Gehalts als Vizebürgermeister an die Regional- und Ortsorganisation seiner Partei abführen müssen.
Unter einem legte der Bf. zum Nachweis der geltend gemachten Aufwendungen entsprechende Belege vor.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben. In der Begründung führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass nunmehr anstelle des Politikerpauschales die im Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit tatsächlich erwachsenen Kosten mit Ausnahme des Parteimitgliedschaftsbeitrags berücksichtigt worden wären. Hingegen könnten die geltend gemachten Fortbildungskosten im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Vertreter nicht zusätzlich zum ebenso begehrten Vertreterpauschale abgezogen werden.
Im Hinblick auf die Reduktion der Sonderausgaben auf einen Pauschbetrag von EUR 60,00 wiederholte die belangte Behörde die im Erstbescheid angeführte Begründung.
Auf Grund der Beschwerdevorentscheidung ergab sich unter Berücksichtigung der im Erstbescheid vorgeschriebenen Einkommensteuer eine zusätzliche Abgabennachforderung in Höhe von EUR 124,00.
Der Bf. trat der Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde mit Eingabe vom entgegen. Hierin begehrte er die Berücksichtigung des Politikerpauschales anstelle der tatsächlichen einschlägigen Werbungskosten. Zudem ersuchte er um eine ausführliche Begründung im Hinblick auf die Nichtabzugsfähigkeit der im Zusammenhang seiner Tätigkeit als Versicherungsmakler anerlaufenen Fortbildungskosten.
Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Hierin beantragte die Amtsvertreterin, der Beschwerde stattzugeben und wie im Erstbescheid anstelle der tatsächlichen Kosten das Werbungskostenpauschale für die Tätigkeit als Politiker zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die konkret erwachsenen beruflichen Fortbildungskosten des Bf. verwies die Amtsvertreterin auf die einschlägige Rechtslage, derzufolge bei Inanspruchnahme eines entsprechenden Pauschbetrages keine weiteren Werbungskosten aus derselben Tätigkeit geltend gemacht werden könnten.
Feststellungen
Das Bundesfinanzgericht legt seinem Erkenntnis nachfolgenden Sachverhalt zugrunde:
Der Bf. ist als angestellter Versicherungsmakler tätig. Zudem bekleidete er im verfahrensgegenständlichen Zeitraum das Amt des Vizebürgermeisters der Markgemeinde XY.
In seiner Eigenschaft als Parteimitglied der XYZ-Partei hat der Bf. einen Teil der aus seiner Funktion als Vizebürgermeister erzielten Einkünfte an die Orts- sowie Regionalorganisationen seiner Partei abzuführen. Die Höhe dieser Abgaben betrug im Streitjahr EUR 1.240,76.
Schließlich erwuchsen dem Bf. im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als angestellter Versicherungsmakler im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Fortbildungskosten in Höhe von EUR 1.308,00.
Beweiswürdigung
Der entscheidungserhebliche Sachverhalt steht außer Streit und ergibt sich widerspruchsfrei aus der Aktenlage, insbesondere aus dem Vorbringen des Bf. und den von diesem beigebrachten Unterlagen.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 gehören Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen zu den Werbungskosten.
§ 17 Abs. 6 EStG 1988 ermächtigt den Bundesminister für Finanzen, zur Ermittlung von Werbungskosten für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen im Verordnungswege Durchschnittssätze für Werbungskosten nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festzulegen.
Auf dieser gesetzlichen Grundlage ist die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten (BGBl II 382/2001) ergangen, die für Angehörige bestimmter Berufsgruppen auf Antrag den Abzug von pauschalen Werbungskosten ohne Nachweis der tatsächlichen Aufwendungen zulässt (nachfolgend als „VO“ bezeichnet).
Voraussetzung für die Anwendbarkeit der VO und der Berücksichtigung der hierin festgelegten Pauschbeträgen ist zunächst, dass dem Abgabenpflichtigen überhaupt entsprechende Aufwendungen erwachsen sind (vgl. ; ; Lenneis in Jakom [Hg], EStG10 [2017] § 16 Rz 57).
Nach § 1 Z 9 VO kann bei Vertretern ein Werbungskostenpauschale in Höhe von 5 % der Bemessungsgrundlage, höchstens jedoch EUR 2.190,00 jährlich, in Ansatz gebracht werden. Der Vertreterbegriff umfasst auch unselbständige Versicherungsmakler ( unter Verweis auf ).
Für Mitglieder einer Stadt-, Gemeinde- oder Ortsvertretung sieht § 1 Z 10 VO ein Werbungskostenpauschale im Ausmaß von 15% der Bemessungsgrundlage vor, wobei das zu berücksichtigende Pauschale auch hier einen jährlichen Höchstbetrag von EUR 2.628,00 nicht überschreiten darf. Dieser Pauschbetrag steht unter anderem Vizebürgermeistern zu (vgl. Wanke in Wiesner et al [Hg], EStG [Stand , rdb.at] § 17 Anm 224).
Die Pauschalierungsregelungen dienen zum einen der Verwaltungsvereinfachung, zum anderen bieten sie dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit, die jeweils steuerlich günstigere Variante zu wählen (; ; Doralt in Doralt et al [Hg], EStG [19. Lfg 2016] § 17 Rz 1].
Wird die Pauschalierung in Anspruch genommen, können allerdings nach § 5 VO daneben keine anderen Werbungskosten aus dieser Tätigkeit geltend gemacht werden. Nicht von der Pauschalierung umfasst sind lediglich die in § 16 Abs. 3 letzter Satz EStG 1988 aufgezählten Werbungskosten ( ) sowie jene Werbungskosten, die in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der jeweiligen Tätigkeit stehen (vgl. Lenneis in Jakom [Hg], EStG10 [2017] § 16 Rz 74).
In Anbetracht der dargestellten Sach- und Rechtslage ergibt sich folgendes Bild:
Der Bf. erfüllt die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Werbungskostenpauschales für Vertreter und für Mitglieder einer Gemeindevertretung sowohl in formeller als auch materieller Hinsicht.
Aus seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2015 sowie seinem im Zuge des Beschwerdeverfahrens erstatteten Vorbringen ergibt sich, dass der Bf. das jeweilige Pauschale – dessen Betrag die Höhe der tatsächlichen Aufwendungen durchwegs übersteigt – jedenfalls geltend machen möchte.
Zwar stellen die dem Bf. konkret erwachsenen Fortbildungskosten in Höhe von EUR 1.308,00 grundsätzlich Werbungskosten dar; da diese jedoch in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Vertreter stehen, können sie im Lichte der eindeutigen Rechtslage (§ 5 VO) nicht zusätzlich zur einschlägigen Pauschalierung in Anspruch genommen werden (vgl. auch Lenneis in Jakom [Hg], EStG10 [2017] § 16 Rz 74).
Im Ergebnis war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Macht ein Steuerpflichtiger von seiner diesbezüglichen Wahlmöglichkeit Gebrauch und nimmt die Pauschbeträge nach der VO des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten in Anspruch, können daneben keine anderen Werbungskosten aus derselben Tätigkeit geltend gemacht werden. Diese dem Erkenntnis zu Grunde gelegte Rechtsauffassung entspricht der eindeutigen, vom Verwaltungsgerichtshof gebilligten Rechtslage, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2018:RV.2101414.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at