Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.10.2018, RV/3100072/2017

Rückzahlung von Rehabilitationsgeldern kein rückwirkendes Ereignis gemäß § 295a BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache der Bf., vertreten durch RA Mag. Wilfried Huber, über die Beschwerden vom und gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt C vom und  betreffend Einkommensteuer (ArbeitnehmerInnenveranlagung) für die Jahre 2014 und 2015 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die Abgabepflichtige ist Bezieherin einer Berufsunfähigkeitspension. Das Finanzamt erließ am einen Bescheid betreffend Einkommensteuer (ArbeitnehmerInnenveranlagung) für das Jahr 2015, der zu einer Einkommensteuer-Festsetzung von 3.305,00 € führte. Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (steuerpflichtige Bezüge lt. KZ 245 der übermittelten Lohnzettel) wurden dabei wie folgt erfasst:

Berufsunfähigkeitspension (bezugsauszahlende Stelle: Pensionsversicherungsanstalt): 15.135,84 € für den Zeitraum 1. Jänner bis

Rehabilitationsgelder (bezugsauszahlende Stelle: Tiroler Gebietskrankenkasse): 15.195,47 € für den Zeitraum 2. Jänner bis

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Abgabepflichtige am fristgerecht Beschwerde, der Bescheid wurde hinsichtlich der steuerpflichtigen Bezüge der Tiroler Gebietskrankenkasse (Rehabilitationsgelder) angefochten. Diese Bezüge seien als Ersatzforderung von der rückwirkend mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom zuerkannten Berufsunfähigkeitspension einbehalten und an die Tiroler Gebietskrankenkasse überwiesen worden. Ein Ersuchen an die Tiroler Gebietskrankenkasse um Prüfung bzw. Berichtigung der Bezüge des Jahres 2015 sei gestellt worden. Zu der per FinanzOnline eingebrachten Beschwerde wurden von der Abgabepflichtigen entsprechende Unterlagen als Anhang übermittelt.

3. Am erließ das Finanzamt - nach Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO von Amts wegen - einen neuen Sachbescheid betreffend Einkommensteuer (ArbeitnehmerInnenveranlagung) für das Jahr 2014, der zu einer Einkommensteuer-Festsetzung von 575,00 € führte. Die Wiederaufnahme erfolgte aufgrund eines von der Pensionsversicherungsanstalt übermittelten berichtigten Lohnzettels, der nunmehr Bezüge für den Zeitraum 1. Jänner bis (statt bisher 1. Jänner bis ) erfasste. Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (steuerpflichtige Bezüge lt. KZ 245 der übermittelten Lohnzettel) wurden wie folgt festgesetzt:

Berufsunfähigkeitspension (bezugsauszahlende Stelle: Pensionsversicherungsanstalt): 14.882,76 € für den Zeitraum 1. Jänner bis

Rehabilitationsgelder (bezugsauszahlende Stelle: Tiroler Gebietskrankenkasse): 3.830,09 € für den Zeitraum 1. Oktober bis

4. Gegen diesen Sachbescheid erhob die Abgabepflichtige am fristgerecht Beschwerde, der Bescheid wurde wiederum hinsichtlich der steuerpflichtigen Bezüge der Tiroler Gebietskrankenkasse (Rehabilitationsgelder) angefochten. Zur Begründung verwies sie auf die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015.

5. Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurden die Beschwerden gegen die Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2014 und 2015 vom Finanzamt als unbegründet abgewiesen. Nachzahlungen von Pensionen und Bezüge aus der Unfallversorgung, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen werde, würden nach § 19 Abs. 1 EStG 1988 in dem Kalenderjahr als zugeflossen gelten, für das der Anspruch bestehe. Die Lohnsteuer sei im Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung einzubehalten. Die für die Kalenderjahre 2014 und 2015 nachgezahlte Pension sei daher in den Lohnzetteln für die Jahre 2014 und 2015 zu erfassen und auch in diesen Jahren bei der Arbeitnehmerveranlagung zu berücksichtigen.

Nachdem der Grundsatz des Zu- und Abflussprinzips nur für die Nachzahlungen von Pensionen durchbrochen werde, würden für die Rückzahlung der Entgelte der Tiroler Gebietskrankenkasse die „normalen“ Zu- und Abflussbestimmungen des § 19 EStG 1988 gelten. Es sei daher das (im Jahr 2016) rückgezahlte Entgelt der Tiroler Gebietskrankenkasse, das in den Jahren 2014 und 2015 zugeflossen sei, auch in diesen Jahren zu erfassen (§ 16 Abs. 2 EStG 1988).

6. Am stellte die Abgabepflichtige fristgerecht Anträge auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerden durch das Verwaltungsgericht. Ergänzend wurde ausgeführt, dass die Berufsunfähigkeit mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom rückwirkend ab dem weiter gewährt worden sei. Aufgrund der Rückwirkung dieses Bescheides hätten die Zahlungen der Tiroler Gebietskrankenkasse (Rehabilitationsgelder) steuerrechtlich gar nicht stattgefunden. Für die Veranlagungen seien daher ausschließlich die Pensionseinkünfte auf der Grundlage der Bescheide der Pensionsversicherungsanstalt heranzuziehen.

II. Sachverhalt

1. Die Beschwerdeführerin (Bf.) bezog zunächst eine mit befristete Berufsunfähigkeitspension, die von der Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Tirol, ausbezahlt wurde. Der Antrag der Bf. vom auf Weitergewährung dieser befristeten Berufsunfähigkeitspension wurde von der Pensionsversicherungsanstalt mit Bescheid vom , AZ. 1, abgelehnt, weil eine Berufsunfähigkeit nicht dauerhaft vorliege. Ab dem liege weiterhin eine bloß vorübergehende Berufsunfähigkeit vor, weshalb als Maßnahme der medizinischen Rehabilitation zur Wiederherstellung der Arbeitskraft der Bf. der weitere Krankheitsverlauf abzuwarten sei. Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation seien nicht zweckmäßig. Ab dem bestehe für die weitere Dauer der vorübergehenden Berufsunfähigkeit Anspruch auf Rehabilitationsgeld aus der Krankenversicherung.

Dem Ablehnungsbescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom ist folgende Begründung zu entnehmen:

„Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension hat der (die) Versicherte unter anderem, wenn die Berufsunfähigkeit auf Grund des körperlichen oder geistigen Zustandes dauerhaft vorliegt. Als berufsunfähig gilt grundsätzlich die versicherte Person, deren Arbeitsfähigkeit infolge ihres körperlichen oder geistigen Zustandes auf weniger als die Hälfte derjenigen einer körperlich und geistig gesunden versicherten Person von ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist, wenn innerhalb der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag in zumindest 90 Pflichtversicherungsmonaten eine Erwerbstätigkeit als Angestellte/r oder in erlernten (angelernten) Berufen ausgeübt wurde. Umfasst der Beobachtungszeitraum weniger als 15 Jahre, so muss zumindest in der Hälfte der Kalendermonate, mindestens jedoch für 12 Pflichtversicherungsmonate eine Erwerbstätigkeit als Angestellte/r oder in erlernten (angelernten) Berufen vorliegen.

Der Beurteilung der Berufsunfähigkeit wurde Ihre Tätigkeit als Berufstätige zu Grunde gelegt.

Das durchgeführte Verfahren ergab auf Grund der ärztlichen Gutachten zusammenfassend folgende maßgebliche Diagnose:

Alkoholabhängigkeitssyndrom, gegenwärtig abstinent.

Benzodiazepinabhängigkeit, gegenwärtig abstinent.

Gemischte Episode bei bipolarer affektiver Störung.

Nach dem Ergebnis der neuerlich vorgenommenen ärztlichen Begutachtung ist die Ausübung Ihrer bisherigen Tätigkeit oder einer Tätigkeit innerhalb der gleichen Berufsgruppe, die Ihnen bei Berücksichtigung der Ausbildung und der bisherigen Berufslaufbahn zugemutet werden kann, weiterhin vorübergehend nicht möglich.

Anspruch auf Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation haben versicherte Personen, für die bescheidmäßig festgestellt wurde, dass vorübergehende Berufsunfähigkeit im Ausmaß von zumindest sechs Monaten vorliegt, wenn dies zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit notwendig und infolge des Gesundheitszustandes zweckmäßig ist.

Medizinische Rehabilitationsmaßnahmen sind zur Besserung Ihres Gesundheitszustandes erforderlich und damit zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit notwendig.

Da vorübergehende Berufsunfähigkeit weiterhin vorliegt und berufliche Maßnahmen der Rehabilitation nicht zweckmäßig sind, haben Sie für die Dauer der vorübergehenden Berufsunfähigkeit Anspruch auf Rehabilitationsgeld. Die Feststellung der Höhe des Rehabilitationsgeldes sowie die Auszahlung obliegen dem zuständigen Krankenversicherungsträger.

Sie sind verpflichtet, bei der Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen entsprechend mitzuwirken. Verweigern Sie die Mitwirkung, so ist das Rehabilitationsgeld trotz weiterhin vorliegender Berufsunfähigkeit zu entziehen.“

2. Aufgrund des Bescheides der Pensionsversicherungsanstalt vom , AZ. 1, bezog die Bf. bis zum eine Berufsunfähigkeitspension und ab dem Rehabilitationsgelder, die von der Tiroler Gebietskrankenkasse als zuständigem Krankenversicherungsträger ausbezahlt wurden.

Die Pensionsversicherungsanstalt übermittelte dem Finanzamt am für die Bf. gemäß § 84 Abs. 1 EStG 1988 einen Lohnzettel, der für den Zeitraum bis Bruttobezüge (Berufsunfähigkeitspension; KZ 210) von 13.068,80 € und steuerpflichtige Bezüge (KZ 245) von 11.162,07 € auswies. Die Tiroler Gebietskrankenkasse übermittelte dem Finanzamt am für die Bf. gemäß § 69 Abs. 2 EStG 1988 Lohnzettel, die für den Zeitraum bis Bruttobezüge (Rehabilitationsgelder; KZ 210) von 4.468,44 € und steuerpflichtige Bezüge (KZ 245) von 3.830,09 € auswiesen. Zudem übermittelte die Tiroler Gebietskrankenkasse dem Finanzamt am für die Bf. gemäß § 69 Abs. 2 EStG 1988 Lohnzettel, die für den Zeitraum bis Bruttobezüge (Rehabilitationsgelder; KZ 210) von 17.728,05 € und steuerpflichtige Bezüge (KZ 245) von 15.195,47 € auswiesen.

3. Gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom , AZ. 1, erhob die Bf. am Klage beim Landesgericht A als Arbeits- und Sozialgericht, da eine dauerhafte Berufsunfähigkeit vorliege. Am schloss die Bf. mit der Pensionsversicherungsanstalt als beklagter Partei vor dem Landesgericht A zu GZ. 2 einen Vergleich, wonach sich die Pensionsversicherungsanstalt verpflichtete, der Bf. die Berufsunfähigkeitspension in der gesetzlichen Höhe über den hinaus zu gewähren.

Am erließ die Pensionsversicherungsanstalt zu AZ. 1 einen Bescheid, mit dem die bis befristet zuerkannte Berufsunfähigkeitspension für die weitere Dauer der Berufsunfähigkeit aufgrund des am geschlossenen Vergleichs weitergewährt wurde. Die Berufsunfähigkeitspension betrug ab dem monatlich 1.306,88 €, ab dem monatlich 1.329,10 € und ab dem monatlich 1.345,05 €.

4. Die durch Bescheid festgestellte Nachzahlung der Berufsunfähigkeitspension durch die Pensionsversicherungsanstalt betrug demnach für die Zeit vom bis brutto 26.525,02 €. Abzüglich der Krankenversicherungsbeiträge von 1.352,72 € und der einbehaltenen Lohnsteuer von 1.635,79 € betrug die Nachzahlung für diesen Zeitraum netto 23.536,51 €.

Der Nachzahlungsbetrag von netto 23.536,51 € wurde von der Pensionsversicherungsanstalt zur Verrechnung der bestehenden Ersatzforderung der Tiroler Gebietskrankenkasse einbehalten. Dazu erging an die Bf. am eine gesonderte Verständigung, wonach von der Pensionsversicherungsanstalt mit Bescheid vom für Ersatzforderungen insgesamt 23.536,51 € einbehalten wurden. Hievon wurden an die Tiroler Gebietskrankenkasse 22.860,28 € überwiesen, der verbleibende Betrag von 676,23 € wurde an die Bf. überwiesen.

Mit Schreiben vom bestätigte die Tiroler Gebietskrankenkasse, Servicestelle B, gegenüber dem Finanzamt, dass die Bf. „für das Jahr 2015“ Zahlungen durch die Tiroler Gebietskrankenkasse erhalten habe. Alle getätigten Auszahlungen seien mit storniert worden. Die Verarbeitung und Übermittlung der Stornierungen erfolge im Februar 2017.

5. Die Pensionsversicherungsanstalt übermittelte dem Finanzamt am für die Bf. gemäß § 84 Abs. 1 EStG 1988 einen berichtigten Lohnzettel, der für den Zeitraum bis Bruttobezüge (Berufsunfähigkeitspension; KZ 210) von 18.296,32 € und steuerpflichtige Bezüge (KZ 245) von 14.882,76 € auswies. Zudem übermittelte die Pensionsversicherungsanstalt dem Finanzamt am für die Bf. gemäß § 84 Abs. 1 EStG 1988 einen Lohnzettel, der für den Zeitraum bis Bruttobezüge (Berufsunfähigkeitspension; KZ 210) von 18.607,40 € und steuerpflichtige Bezüge (KZ 245) von 15.135,84 € auswies. Mit diesen beiden Lohnzetteln wurden (auch) die Nachzahlungen der Berufsunfähigkeitspension erfasst.

6. Der vorstehende Sachverhalt ergibt sich unbestritten aus dem gesamten Akteninhalt, insbesondere aus den im Zuge des Beschwerdeverfahrens von der Bf. vorgelegten Unterlagen.

Streit besteht nun darüber, ob die in den Jahren 2014 und 2015 zugeflossenen (und im Jahr 2016 im Wege der Verrechnung bestehender Ersatzforderungen wieder zurückbezahlten) Rehabilitationsgelder der Tiroler Gebietskrankenkasse in den Streitjahren einer Besteuerung unterzogen werden dürfen.

III. Rechtslage

Gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Abweichend davon gilt gemäß § 19 Abs. 1 Z 2 1. Teilstrich EStG 1988 in der für die Streitjahre geltenden Fassung des BudBG 2012, BGBl. I Nr. 112/2011, dass Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, in dem Kalenderjahr als zugeflossen gelten, für das der Anspruch besteht bzw. für das sie getätigt werden.

Gemäß § 19 Abs. 2 EStG 1988 sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.

Gemäß § 16 Abs. 2 EStG 1988 zählt zu den Werbungskosten auch die Erstattung (Rückzahlung) von Einnahmen, sofern weder der Zeitpunkt des Zufließens der Einnahmen noch der Zeitpunkt der Erstattung willkürlich festgesetzt wurde.

IV. Erwägungen

1. Aus der Bestimmung des § 19 Abs. 1 Z 2 1. Teilstrich EStG 1988 ergibt sich, dass Pensionsnachzahlungen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, als in dem Kalenderjahr zugeflossen gelten, für das der Anspruch besteht bzw. für das sie getätigt werden. Da über die Zahlung von Pensionen (insbesondere aus der gesetzlichen Sozialversicherung) bescheidmäßig abzusprechen ist und vor Ergehen des Bescheides Akontozahlungen (insbesondere bei Witwen- und Waisenpensionen oder in zwischenstaatlichen Fällen) nicht möglich sind, wird für diese „Ausnahmefälle“ über die Regelung des § 19 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 hinaus eine Zuordnung zu jenem Zeitraum vorgesehen, zu dem die Pensionen und Bezüge wirtschaftlich gehören (vgl. EB zum BudBG 2001, 369 BlgNR XXI. GP, 10) . Diese Nachzahlungen sind somit nicht im Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses, sondern in dem Zeitraum, für den der Anspruch besteht, als Einkünfte zu erfassen (vgl. Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18 § 19 Tz 30/2).

Für den Beschwerdefall bedeutet dies, dass der Zufluss der mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom für die Streitjahre (konkret für den Zeitraum bis ) nachträglich zuerkannten Pensionszahlungen (Berufsunfähigkeitspension) in diesen Streitjahren anzunehmen ist. Dementsprechend übermittelte die Pensionsversicherungsanstalt dem Finanzamt am und (berichtigte) Lohnzettel für den Zeitraum bis und bis , mit denen (auch) die Nachzahlungen der Berufsunfähigkeitspension erfasst wurden. Die der Bf. für den Zeitraum bis nachträglich im Jahr 2016 zugeflossenen Pensionsbezüge (Berufsunfähigkeitspension) wurden daher zu Recht als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden 2014 und 2015 erfasst.

An der Erfassung der nachträglich zuerkannten Pensionszahlungen in den Jahren, für die der Anspruch bestanden hat, ändert sich durch die - zwecks Verrechnung der bestehenden Ersatzforderung der Tiroler Gebietskrankenkasse erfolgte - Einbehaltung durch die Pensionsversicherungsanstalt nichts.

2. Nach dem festgestellten Sachverhalt wurden der Bf. von der Tiroler Gebietskrankenkasse für den Zeitraum bis Rehabilitationsgelder von brutto 4.468,44 € (steuerpflichtige Bezüge nach Ausscheiden der sonstigen Bezüge: 3.830,09 €) und für den Zeitraum bis Rehabilitationsgelder von brutto 17.728,05 € (steuerpflichtige Bezüge nach Ausscheiden der sonstigen Bezüge: 15.195,47 €) gewährt. § 19 Abs. 1 EStG 1988 legt diesbezüglich fest, dass Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen sind, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.

Die erwähnten, von der Tiroler Gebietskrankenkasse ausbezahlten Rehabilitationsgelder sind der Bf. in den Kalenderjahren ihres Bezuges, demnach in den Streitjahren 2014 und 2015, zugeflossen. Die im Jahr 2016 erfolgte Rückzahlung dieser Rehabilitationsgelder (durch Gegenverrechnung mit der nachträglich für denselben Zeitraum zuerkannten Berufsunfähigkeitspension) ändert weder etwas an der Qualifikation der Leistungen als Rehabilitationsgelder noch etwas an der Tatsache, dass diese Geldbeträge der Bf. in den Jahren 2014 und 2015 zugeflossen sind.

3. Rückzahlungen von Einnahmen in den Folgejahren sind Änderungen, die den einmal erfolgten Zufluss nicht mehr rückgängig machen können (; ; ; ; ; ebenso BFH, BStBl. 1996 II 201 zur Rückzahlung von zu Unrecht ausbezahltem Arbeitslosengeld; BFH, BStBl. 2006 II 832 zu irrtümlich ausgezahlten Krankenbezügen trotz Bezuges einer Berufsunfähigkeitsrente und anschließender Rückzahlung durch den Arbeitnehmer; vgl. auch Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18 § 19 Tz 11); dies selbst dann nicht, wenn schon im Zeitpunkt des Zuflusses feststehen sollte, dass die Einnahme in späteren Kalenderjahren ganz oder teilweise zurückzuzahlen ist (; ; vgl. auch Jakom/Vock, EStG, 2018, § 19 Rz 15).

Die der Bf. von der Tiroler Gebietskrankenkasse für den Zeitraum bis und bis ausbezahlten Rehabilitationsgelder wurden daher zu Recht als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden 2014 und 2015 erfasst.

4. Die Rückzahlung der Rehabilitationsgelder im Jahr 2016 kann zu Werbungskosten führen. So zählt gemäß § 16 Abs. 2 EStG 1988 zu den Werbungskosten auch die Erstattung (Rückzahlung) von Einnahmen, sofern weder der Zeitpunkt des Zufließens der Einnahmen noch der Zeitpunkt der Erstattung willkürlich festgesetzt wurde.

Da die Rehabilitationsgelder der Tiroler Gebietskrankenkasse dem Zu- und Abflussprinzip unterliegen, ergibt sich aus § 16 Abs. 2 iVm § 19 Abs. 2 EStG 1988, dass die Rückzahlung dieser Gelder für das Kalenderjahr als Ausgabe abzusetzen ist, in dem die Rückzahlung geleistet worden ist (somit im Jahr 2016).

5. In der mündlichen Verhandlung argumentierte der Vertreter der Bf. damit, dass es sich bei der im Jahr 2016 (im Wege der Gegenverrechnung) erfolgten Rückzahlung der Rehabilitationsgelder um ein auf die Jahre 2014 und 2015 rückwirkendes Ereignis handle, das zu einem Ausgleich (einer Neutralisierung) mit den in diesen Streitjahren monatlich ausbezahlten (damit zugeflossenen) Rehabilitationsgeldern führen müsste. Wenn damit die Bestimmung des § 295a BAO angesprochen werden sollte, ist dem Folgendes zu entgegnen:

§ 16 Abs. 2 EStG 1988 steht in einem gewissen Konkurrenzverhältnis zu § 295a BAO, demzufolge ein Bescheid (auf Antrag oder von Amts wegen) insoweit abgeändert werden kann, als ein Ereignis eintritt, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand oder Umfang eines Abgabenanspruchs hat.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat, ist § 295a BAO eine rein verfahrensrechtliche Bestimmung, die in keiner Weise Einfluss auf den Tatbestand materieller Abgabengesetze nimmt (zB ; ; ; ). Es ist daher eine Frage des Inhalts bzw. der Auslegung der (materiellrechtlichen) Abgabenvorschriften, ob einem nachträglich eingetretenen Ereignis abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit zukommt (zB ; ; ; vgl. auch Ritz, BAO6, § 295a Tz 3 und 4). Es ist sohin an Hand der materiellen Abgabengesetze zu prüfen, ob ein Anwendungsfall des § 295a BAO vorliegen kann.

6. Die materiellrechtliche Norm des § 16 Abs. 2 iVm § 19 Abs. 2 EStG 1988 beinhaltet eine eindeutige Aussage, dass die Erstattung (Rückzahlung) von Einnahmen in dem Kalenderjahr als Ausgabe anzusetzen ist, in dem die Erstattung (Rückzahlung) erfolgt. Abflüsse im Sinn des § 19 Abs. 2 EStG 1988 führen daher, weil sie eine solche abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit nicht entfalten, zu keiner Rückwirkung iSd § 295a BAO. § 16 Abs. 2 iVm § 19 Abs. 2 EStG 1988 geht damit der Bestimmung des § 295a BAO vor (vgl. ; vgl. auch Jakom/Lenneis, EStG, 2018, § 16 Rz 54; Jakom/Vock, EStG, 2018, § 19 Rz 2).

In diesem Zusammenhang wird auch auf die Rechtsprechung des Unabhängigen Finanzsenates () verwiesen, wonach die Rückzahlung einer Ausgleichszulage kein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO darstellt, welches in den Besteuerungszeitraum des seinerzeitigen Zuflusses eingreift, sondern im Zeitpunkt des Abflusses gemäß § 19 Abs. 2 EStG 1988 zu erfassen ist. Die Behandlung der gegen diese Berufungsentscheidung eingebrachten Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , 2012/13/0098 (nicht im RIS enthalten), abgelehnt.

In der Erstattung (Rückzahlung) von Rehabilitationsgeld ist somit kein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO zu erblicken. Damit ist aber eine Einnahmensaldierung der in den Streitjahren zugeflossenen Rehabilitationsgelder mit den im Jahr 2016 erfolgten korrespondierenden Rückzahlungen ausgeschlossen.

V. Zulässigkeit einer Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Es ergibt sich bereits aus dem Gesetz (§ 19 Abs. 1 EStG 1988), dass die in den Streitjahren zugeflossenen Rehabilitationsgelder in diesen Jahren steuerlich als Einnahmen zu erfassen sind. Bei der Beurteilung, dass Rückzahlungen dieser Einnahmen im Folgejahr den einmal erfolgten Zufluss nicht mehr rückgängig machen können und solche Abflüsse auch keine abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit entfalten, konnte sich das Bundesfinanzgericht auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Innsbruck, am

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