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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 03.09.2018, RV/7102159/2018

Verspätung eines Vorlageantrages

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch R in der Beschwerdesache Bf., W gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom betreffend Abweisung des Antrages auf Gewährung von erhöhter Familienbeihilfe ab Oktober 2015 beschlossen:

1. Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 264 Abs. 1 BAO i.V.m. § 260 Abs. 1 lit. b BAO als verspätet zurückgewiesen.

2. Der am beim Bundesfinanzgericht eingelangte Wiedereinsetzungsantrag vom sowie die ergänzenden Unterlagen vom werden gemäß § 308 Abs. 3 BAO i.V.m. § 249 Abs. 1 3. Satz BAO zur Erledigung an die Abgabenbehörde weitergeleitet.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom wurde der Antrag der Beschwerdeführerin (Bf.) auf Gewährung von erhöhter Familienbeihilfe für ihre Tochter S als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid wurde mit am bei der belangten Behörde persönlich überreichtem Schriftsatz Beschwerde erhoben.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung, datiert mit , als unbegründet abgewiesen.

Lt. Rückschein erfolgte die Zustellung durch Hinterlegung, wobei der Beginn der Abholfrist mit festgelegt wurde. 

Due Bf. stellte einen Vorlageantrag.

Der Vorlageantrag wurde am zur Post gegeben.

Der Bf. wurde mit Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom folgendes zur Kenntnis und Stellungnahme mitgeteilt:

Die Beschwerdevorentscheidung vom wurde durch Hinterlegung (Rsb) zugestellt.

Eine Hinterlegung setzt zunächst voraus, dass ein Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann. Wenn es weder dem Empfänger noch bei nicht eigenhändig zuzustellenden Sendungen einem Ersatzempfänger iSd § 16 ZustG zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, der Empfänger halte sich regelmäßig an der Abgabestelle auf, so ist das Dokument zu hinterlegen (vgl. dazu die Ausführungen in Ritz, BAO6, § 17 ZustG, Rz 2 bis Rz 4).

Das Geschäftsstück (der Bescheid) wurde vom Zusteller am bei der zuständigen Geschäftsstelle der Post hinterlegt.

Eine hinterlegte Sendung ist bei der zuständigen Geschäftsstelle der Post mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten (§ 17 Abs. 3 ZustG).

Ein rechtmäßige Hinterlegung hat die Wirkung einer Zustellung. Die Hinterlegung "gilt als Zustellung" unabhängig davon, ob der Empfänger tatsächlich von ihr Kenntnis erlangt hat und ob das Dokument behoben wird (vgl. Ritz, BAO6, ZustG, § 17, Rz 15 und Rz 16).

Als Zustellzeitpunkt gilt bei einer Hinterlegung im Falle eines vorangegangenen Zustellversuches der erste Tag der Abholfrist (§ 17 Abs. 3 ZustG).

Die Abholfrist hat am  begonnen (siehe Kopie des Rückscheines). 

Das Schriftstück wurde von Ihnen auch offensichtlich behoben, da sie sich im Vorlageantrag darauf beziehen.

Es ist Sache des Empfängers, Umstände vorzubringen, die geeignet sind, Gegenteiliges zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen zu lassen ().

Ihnen wird hiermit die Möglichkeit eingeräumt nachzuweisen, dass die Zustellung durch Hinterlegung, etwa durch Ortsabwesenheit, nicht zu recht erfolgte.

Die Frist zur Stellung eines Vorlageantrages beträgt (siehe auch die Rechtsmittelbelehrung) gemäß § 264 Abs. 1 BAO einen Monat.

Die Frist begann daher am und endete am

Der Vorlageantrag hätte daher spätestens am zur Post gegeben werden müssen.

Der lt. Poststempel am zur Post gegebene Vorlageantrag war daher aus derzeitiger Sicht verspätet.

Gemäß § 308 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn glaubhaft gemacht werden kann, dass Sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert waren, die Frist einzuhalten.

Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen. Ein solcher allfälliger Antrag auf Wiedereinsetzung ist beim Finanzamt einzubringen.

Als Termin zur Stellungnahme wird Ihnen der eingeräumt."

Im Antwortschreiben vom führte die Bf. u.a. folgendes aus:

...Ich lebe zusammen mit meiner schwer behinderten Tochter in der Slowakei und die

Unterkunft in Wien, Adresse****, dient mir lediglich als Schlafstelle. Ich halte

mich in Österreich aufgrund. von vereinbarten Dienstzeiten von Montagfrüh bis

Donnerstagnachmittag auf. Bestätigung meines Dienstgebers über Dienstzeiten liegt

bei.

Jeden Donnerstag nach Dienstschluss fahre ich von der Arbeitsstätte direkt nach

Hause in die Slowakei und kehre Montag Früh nach Österreich direkt zur Arbeitsstätte zurück..."

...Ich erkläre hiermit an Eides statt, dass ich weder am Montag, dem , Di dem noch am Mi, dem eine Benachrichtigung der Post über eine versuchte Zustellung und einen hinterlegten Brief vorfand. Als ich am Montag, dem wieder nach Österreich zurückkehrte, fand ich die Postbenachrichtigung im Briefkästchen vor. Daraus resultiert, dass die Postbenachrichtigung frühestens am Donnerstag, dem , also an dem Tag, wo ich nach Hause in die Slowakei gefahren bin, in mein Briefkästchen reingeworfen worden ist.... ...

...Ich kann es mir nicht erklären, aufgrund von nicht guten Erfahrungen mit der Post

vermute ich allerdings, dass der Postler keine Benachrichtigungsscheine mehr bei

sich hatte und mir erst nach Mittwoch eine Nachricht hinterlassen hat...

...Daraufhin habe ich mich am Montag, dem mit der Bitte um Hilfe bei der

Beantwortung des Schreibens an meine Finanzberaterin, Frau Mag. A,

gewendet. Ihre Assistentin, Frau B, hat mir die in der deutschen Sprache

verfasste Antwort für das Finanzamt am Mittwochabend, dem per email

übermittelt. Kopie ihrer E-Mail liegt bei. Ich habe das Antwortschreiben dann am

nächsten Tag ausdrucken lassen und samt geforderten übersetzten Unterlagen an

das Finanzamt übermittelt.

Da ich davon ausgegangen bin, dass die Frist erst dann zu laufen beginnt, wenn der

Empfänger ein Schreiben von der Post abholt und somit darauf reagieren kann, war

ich der Überzeugung doch noch in der Frist zu sein....

Am langten beim Bundesfinanzgericht zum Nachweis dieses Vorbringens weitere Unterlagen ein.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Unbetsritten ist, dass auf dem Rückschein betreffend Übermittlung der Beschwerdevorentscheidung an die Bf. als Beginn der Abholfrist der angegeben ist.

Gemäß § 17 Abs. 1 Zustellgesetz (ZustellG) ist, wenn eine Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabenstelle aufhält, das Schriftstück im Fall der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt zu hinterlegen. Gemäß § 2 leg. cit. ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-,Haus-,Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

Gemäß Abs. 3 leg.cit. ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestellt nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist gemäß § 17 Abs. 4 ZustellG auch dann gültig, wenn die in § 17 Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

Beim Rückschein (Formular 4 zu § 22 ZustellG) handelt es sich um eine öffentliche Urkunde, die nach § 47 AVG iVm § 292 ZPO die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich hat. Existiert über die Zustellung durch Hinterlegung eine öffentliche Urkunde (Rückschein), die zunächst vollen Beweis darüber macht, dass die darin beurkundeten Zustellvorgänge auch eingehalten wurden, so ist es die Sache dessen, demgegenüber die Zustellung nicht wirksam sein soll, den Gegenbeweis der Vorschriftswidrigkeit der Hinterlegung zu führen, was das Aufstellen entsprechender Behauptungen über die beim Zustellvorgang unterlaufenen Fehler voraussetzt ( vgl. , v. , 95/19/0764 und v. , 96/01/0479; Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar zu §§ 17 und 22 ZustellG mit weiteren Hinweisen). Die bloße Behauptung, keine Hinterlegungsanzeige vorgefunden zu haben, ist nicht als Angebot eines Gegenbeweises anzusehen ().

Die Unkenntnis von einer gesetzmäßigen Zustellung kann allenfalls ein Grund für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 308 BAO) sein, die Unwirksamkeit der Zustellung kann daraus jedoch nicht abgeleitet werden (). Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand muss binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses bei der Behörde, bei der die Frist wahrzunehmen war, eingebracht werden (§ 308 Abs. 3 BAO).

Nach § 264 Abs. 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97 (BAO) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen gemäß § 97 Abs. 1 lit a BAO durch Zustellung.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit b BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 264 Abs. 4 lit e BAO ist § 260 Abs. 1 BAO auf Vorlageanträge sinngemäß anzuwenden.

Die Bf. bringt vor, am Dienstag, den , keine Benachrichtigung über eine Hinterlegung vorgefunden zu haben, sondern erst am Montag den 12.2. und äußert die  Vermutung, der Zusteller habe keine Benachrichtigungsscheine dabeigehabt, und diesen erst nach Mittwoch, dem 7.2. hinterlassen.

Wie bereits oben ausgeführt, handelt es sich bei dem Rückschein um eine öffentliche Urkunde, die die Vermutung der Richtigkeit für sich hat. Diese Vermutung kann nur durch qualifizierte Gegenbeweise entkräftet werden.

Die Behauptung, keine Benachrichtigung vorgefunden zu haben, ist schon nach der o.a. Judikatur des Verwaltungsgserichtshofes kein tauglicher Beweis. Gleiches gilt nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes auch für die von der Bf. im Schriftsatz vom aufgestellte Vermutung, der Zusteller habe (am 6.2.) keine Benachrichtigungsscheine mitgehabt. Da der Rückschein jedoch unzweifelhaft als Beginn der Abholfrist den 6.2. ausweist, vermutet die Bf. mit diesem Vorbringe, der Zusteller habe am 5.2. einen Zustellversuch unternommen, jedoch erst am Donnerstag, den 8.2 oder am Freitag, den 9.2. diesen gleichsam rückdatiert.

Der Bf. ist es daher nicht gelungen, die Vermutung der Richtigkeit des Rückscheines zu entkräften.

Es erübrigen sich daher auch Ausführungen darüber, ob die Zustellung infolge Ortsabwesenheit der Bf. rechtswidrig gewesen sein könnte.

Beginn der Abholfrist und damit Beginn des Fristenlaufes für die Stellung des Vorlageantrages war daher der

und endete diese gemäß § 108 Abs. 3 BAO am .

Die Bf. räumt selbst ein, den Vorlageantrag erst am zur Post gegeben zu haben.

Dieser ist daher verspätet.

Das Vorbringen, erst am eine Verständigung über die Hinterlegung im Postkasten vorgefunden zu haben, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

Der mit Schreiben vom zugleich gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie die am nachgereichten Unterlagen werden zugleich mit einer Ausfertigung dieses Beschlusses dem Finanzamt übermittelt.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Beurteilung des Vorlageantrages als verspätet weicht nicht von der Judikatur des Verwaltungsgserichtshofes ab, weshalb eine ordentliche Revision nicht zulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 308 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 17 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
Schlagworte
Vorlageantrag verspätet
fehlerhafte Zustellung
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7102159.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at