1. Firmenbuchabfrage als Unterbrechungshandlung 2. "Nova reperta "iSd § 303 Abs.1 lit.b BAO 3. keine Befreiung von der Gesellschaftsteuer nach Art.27 § 1 Steuerreformgesetz 1993
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R über die Beschwerden der Bf., vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Porzellangasse 51, 1090 Wien , gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNR 00, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens zur Festsetzung der Gesellschaftsteuer gemäß § 2 Z 1 KVG von Amts wegen, und Aufhebung des Bescheides vom , betreffend die Festsetzung der Gesellschaftsteuer gemäß § 201 BAO mit € 0,00, sowie die damit verbundene Abweisung des Antrages gemäß § 201 BAO auf Festsetzung der Gesellschaftsteuer mit € 0,00, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Am beurkundeten die Gründer der Beschwerdeführerin, (Bf), die Übernahme des gesamten Grundkapitals in der Höhe von € 7.300.000,00. In der Folge wurde für diesen Ersterwerb gemäß § 2 Abs.1 KVG im Wege der Selbstberechnung die Gesellschaftsteuer im Betrage von € 73.000,00 abgeführt. Am bescheinigte das Finanzamt für den ersten und dreiundzwanzigsten Bezirk (Finanzamt 1/23), dass es sich bei der Bf.um eine Mittelstandfinanzierungsgesellschaft handelt, die die Voraussetzungen gemäß § 6b KStG erfüllt. Aus diesem Grunde beantragte der vormalige rechtliche Vertreter der Bf. am die Festsetzung der Gesellschaftssteuer gemäß § 201 BAO mit € 0,00, sowie die Rückerstattung der bereits entrichteten Gesellschaftssteuer. In der Folge setzte die belangte Behörde gegenüber der Bf mit Bescheid vom die Gesellschaftsteuer gemäß § 201 BAO mit € 0,00 fest und erstattete infolgedessen die entrichtete Gesellschaftssteuer von € 73.000,00 zurück.
Mit Schreiben vom teilte die nunmehrige rechtliche Vertreterin der Bf. dem FA 1/23 mit, dass die Bf. ihren Status als Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft aufgegeben hat.
Der darauf bezogene, für das gegenständliche Verfahren wesentliche, Wortlaut dieses Schreibens lautet wie folgt:
„Die (Name der Bf. wird genannt), wurde Ende 2006 gegründet. Bei der Gesellschaft handelt es sich gemäß § 26a Abs.19 KStG um eine alte Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft auf die die Bestimmungen des § 6b KStG in der Fassung vor MIFI-Gesetz 2007( BGBl I 100/2007)zur Anwendung kommen. Bisher konnte die Gesellschaft nicht sämtliche Voraussetzungen gemäß § 6b erfüllen, befand sich aber noch im Anlaufzeitraum, weshalb diese Kriterienverletzung konsequenzenlos blieb.
Die Gesellschaft gehört zum Konzern (Name wird genannt), der bekanntermaßen mit wirtschaftlichen Konsequenzen kämpft. Vor diesem wirtschaftlichen Hintergrund wird die (Name der Bf. wird genannt) nicht mehr weiter investieren, sondern den begünstigenden Zweck aufgeben.“
Mit Schreiben vom langte bei der belangten Behörde eine auf dieses Schreiben bezogene Kontrollmitteilung des FA 1/23 ein.
Am führte die belangte Behörde eine Firmenbuchabfrage zur Bf. durch. Davon befindet sich der Ausdruck im Akt. Daraus ist ersichtlich, dass sowohl eine Änderung der Rechtsform, (von AG auf GmbH), als auch eine Änderung der Geschäftsanschrift erfolgt war.
Mit dem, im Spruch dieses Erkenntnisses angeführten, Sammelbescheid verfügte die belangte Behörde zum einen, gemäß § 303 Abs.4 BAO die, Wiederaufnahme des Verfahrens, betreffend den Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber., gemäß § 2 Abs.1 KVG, betreffend die Gründung der Bf vom , sowie die Aufhebung des Bescheides gemäß § 201 BAO vom , und wies zum anderen gemäß § 307 BAO den Antrag gemäß § 201 BAO ,auf Festsetzung der Gesellschaftsteuer mit € 0,00, als unbegründet ab. Die dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerden der Bf. wies die belangte Behörde mit Beschwerdevorentscheidung in einem als unbegründet ab. Daraufhin brachte die Bf. fristgerecht einen Vorlageantrag gemäß § 264 Abs.1 BAO ein.
Die Bf. brachte im Beschwerdeverfahren folgendes vor:
Rechtswidrigkeit der Wiederaufnahme von Amts wegen:
Die Wiederaufnahme sei außerhalb der Verjährungsfrist verfügt worden. Die fünfjährige Frist zur der Geltendmachung der Gesellschaftssteuer sei mit Ende 2011 abgelaufen. Dazu stelle die Festsetzung der Gesellschaftssteuer mit € 0,00 mit Bescheid vom eine Unterbrechungshandlung iSd § 209 Abs.1 erster Satz BAO dar, womit die Verjährungsfrist um ein Jahr verlängert worden ist. Eine Unterbrechungshandlung iSd des § 209 Abs.1 zweiter Satz liege nicht vor. Der die Wiederaufnahme verfügende, Bescheid sei der Bf. erst am zugstellt worden. Sohin habe diese schriftliche Erledigung ihren Empfänger erst außerhalb der Verlängerungsfrist erreicht. Die in der Beschwerdevorentscheidung ins Treffen geführte Firmenbuchabfrage sei keine Unterbrechungshandlung iSd § 209 Abs.1 zweiter Satz BAO, da diese Abfrage nicht auf die Geltendmachung des Abgabenanspruches hingezielt habe.
Zudem liege auch kein Wiederaufnahmegrund gemäß § 303 Abs.1 lit. b vor. Bei der Mitteilung der Aufgabe des begünstigenden Zweckes sei eine nova producta, sohin eine Tatsache mitgeteilt worden, die in dem mit Bescheid vom abgeschlossenem Verfahren noch nicht existent war. Ein tauglicher Wiederaufnahmegrund gemäß der genannten Gesetzesbestimmung stelle –nach der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung – nur eine „nova reperta“ dar, sohin eine Tatsache, die in dem mit Bescheid abgeschlossenem Verfahren bereits existent aber – weil der erkennenden Behörde unbekannt - im Verfahren noch nicht berücksichtigt werden konnte.
Zur Rechtswidrigkeit, betreffend die Abweisung des Antrages gemäß § 201 BAO :
Maßgebliche Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld sei, Maßgabe des § 4 Abs.1 BAO, der Zeitpunkt indem der Tatbestand verwirklicht wurde, an den das Gesetz die Abgabenpflicht knüpft (= Zeitpunkt der Eintragung der Gesellschaft ins Firmenbuch= ). Maßgebend, ob eine Steuerbefreiung iSd Art.27 § 1 Steuerreformgesetz 1993 vorliegt, seien daher die Verhältnisse zu diesem Stichtag gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe die Bf. als Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft ISd § 6b Abs.3 KStG existiert. Der Gesetzgeber habe im Hinblick auf die Befreiung von der Gesellschaftsteuer keine Rückwirkung nachträglicher Ereignisse auf die Gesellschaftssteuerbefreiung angeordnet. Hätte der Gesetzgeber diese Rückwirkung gewollt, so hätte er eine solche wie in § 5a Abs.2 Z 3 NeuFÖG ausdrücklich angeordnet. Im Hinblick auf diese Gesetzesbestimmung eine planwidrige Lücke, anzunehmen die es im Wege der Analogie zu schließen gelte, sei deshalb verfehlt, weil bei der Auslegung des Anwendungsbereiches von Abgabentatbeständen grundsätzlich kein Raum für eine Analogie gegeben sei. Dazu wurde auf Doralt/Ruppe, Steuerrecht II, 4; Auflage, Rz 421,422 verwiesen.
Dagegen führt die belangte Behörde im Beschwerdeverfahren folgendes ins Treffen:
Rechtmäßigkeit der Wiederaufnahme von Amts wegen:
Die Mitteilung über die Aufgabe des Status als Mittelstandsfinanzierung ab Gründung an, stelle eine nova reperta iSd § 303 Abs.2 lit.b BAO, dar, deren Kenntnis alleine oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen, im Spruch anderes lautenden, Bescheid herbeigeführt hätte. Die im Akt dokumentierte Firmenbuchabfrage vom , habe auf die Geltendmachung des Abgabenanspruches hingezielt, und begründe, nach Maßgabe des § 209 Abs.1 BAO zweiter Satz, eine nach der Erlassung des Bescheides vom , weitere Handlung zur Unterbrechung der fünfjährigen Frist gemäß § 207 Abs.2 BAO zur Bemessung der Gesellschaftssteuergemäß § 2 Abs.1 KVG..
Im Rahmen der gemäß § 20 BAO vorzunehmenden Interessensabwägung sei dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang gegenüber dem Grundsatz der Rechtsbeständigkeit (Parteiinteresse an der Rechtskraft) einzuräumen gewesen.
Rechtmäßigkeit der Abweisung des Antrages gemäß § 201 BAO
Das Fehlen der in § 6b KStG normierten Voraussetzungen nach Ablauf des in § 5 Z 14 KStG vorgesehenen Anlaufzeitraumes oder davor, führe dazu, dass es sich bei der betreffenden Gesellschaft nie um eine Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft gehandelt habe und daher zum Ausschluss der Gesellschaftssteuerbefreiung. Die Bestimmung der Befreiung von der Gesellschaftsteuer gemäß Art.27 § 1 des Steuerreformgesetzes 1993 verweist auf § 5 Z 14 KStG und knüpft dem Grunde nach an die gemäß § 6b Abs.1 KStG vorgenommene Definition einer Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft an. Somit sei die Befreiung des § 1 des Art.27 des Steuerreformgesetzes 1993 in das Ziel der ertragssteuerrechtlichen persönlichen Befreiung des § 5 Z 14 KStG eingebettet. Der Vergleich mit den Bestimmungen des Neugründungsförderungsgesetzes scheitere wegen der Verschiedenartigkeit der rechtlichen Bestimmungen.
Das Bundesfinanzgericht, (BFG), hat hiezu erwogen:
Eingangs ist vorauszuschicken, dass es sich bei den, die Wiederaufnahme des Verfahrens sowie die Verjährung der Festsetzung von Abgaben, regelnden Bestimmungen um Verfahrensbestimmungen handelt. Daher gelten die nachstehend angeführten Bestimmungen, betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Verjährung, auch für das gegenständliche Verfahren, unbeschadet dessen, dass der streitverfangene Bescheid bereits vor Inkrafttreten dieser Bestimmungen ergangen ist. (vgl. Ritz, BAO, Bundesabgabenordnung, Kommentar, 6.Auflage; )
Die auf den zu beurteilenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVG), der Bundesabgabenordnung, (BAO), des Steuerreformgesetzes 1993 sowie des Körperschaftsteuergesetzes,(KStG), lauten in ihrer verfahrensmaßgeblichen Fassung wie folgt.
§ 2 Z 1 KVG BGBl. Nr. 629/1994:
Der Gesellschaftsteuer unterliegen
1. der Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kaptalgesellschaft durch den ersten Erwerber;
§ 303 Abs.1 lit.b BAO idF BGBl I Nr 14/2013
Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
§ 304 leg.cit:
Nach Eintritt der Verjährung ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens nur zulässig, wenn der Wiederaufnahmsantrag vor Eintritt der Verjährung eingebracht ist
§ 307 Abs.1 leg.cit.
Mit dem die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid ist unter gleichzeitiger Aufhebung des früheren Bescheides die das wiederaufgenommene Verfahren abschließende Sachentscheidung zu verbinden. Dies gilt nur, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist.
§ 207 Abs.1 und Abs. BAO idF BGBl I Nr.13/2014
(1) Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.
(2) Die Verjährungsfrist beträgt bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre. Das Recht, einen Verspätungszuschlag, Anspruchszinsen, Säumniszuschläge oder Abgabenerhöhungen festzusetzen, verjährt gleichzeitig mit dem Recht auf Festsetzung der Abgabe.
§ 209 Abs.1 leg.cit.
Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3 FinStrG, § 32 Abs. 2 VStG) gelten als solche Amtshandlungen
§ 201 BAO idF BGBl I Nr 161/2005
(1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
(2) Die Festsetzung kann erfolgen,
1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,
2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,
3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 Abs. 4 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen vorliegen würden,
4. wenn sich die Selbstberechnung wegen Widerspruches mit zwischenstaatlichen abgabenrechtlichen Vereinbarungen oder mit Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union als nicht richtig erweist, oder
5. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 293b oder des § 295a die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden.
(3) Die Festsetzung hat zu erfolgen,
1. wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist, oder
2. wenn bei sinngemäßer Anwendung der §§ 303 bis 304 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag der Partei vorliegen würden.
(4) Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen.
Artikel.27 des Steuerreformgesetzes 1993, (BGBl. 818/:
Sonderregelung zur Mittelstandfinanzierungsgesellschaft auf dem Gebiet der Verkehrsteuern
§ 1. Die Ausgabe von Aktien durch Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften (§ 5 Z 14 des Körperschaftsteuergesetzes1988) ist von der Gesellschaftsteuer befreit
§ 6b KStG idF BGBl. Nr. I Nr.24/2007:
(1) Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften sind in dem in § 5 Z 14 genannten Umfang von der Körperschaftsteuer befreit, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
1. Die Gesellschaft ist eine Aktiengesellschaft, die ein Grundkapital von mindestens 7,3 Millionen Euro hat.
2. Gründer (§ 30 des Aktiengesetzes) sind mindestens zu 75% Beteiligungsfondsgesellschaften oder andere Kreditinstitute.
3. Die Gründer halten nachhaltig unmittelbar oder mittelbar Aktien im Ausmaß von höchstens 30% des Grundkapitals.
4. Die Satzung kann die Ausgabe von Genußrechten (§ 174 des Aktiengesetzes) vorsehen, wenn mit ihnen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationsgewinn der Gesellschaft verbunden und der Gesamtnennbetrag der Genußrechte mit der Höhe des aufgebrachten Grundkapitals beschränkt ist.
5. Der Geschäftsgegenstand ist auf das Veranlagen des Eigenkapitals und die damit zusammenhängenden Nebenleistungen beschränkt. Dabei erfolgt die Veranlagung zu mindestens 75% im Inland.
6. Der Finanzierungsbereich umfaßt die Veranlagung des jeweiligen Eigenkapitals der Aktiengesellschaft nach Maßgabe des Abs. 2. Die Veranlagung erfolgt nachhaltig zu mindestens 70% in Beteiligungen an gewerblichen Betrieben. Der Gesamtbetrag der Veranlagung in Beteiligungen umfaßt zu mindestens zwei Dritteln solche mit Beteiligungen an den stillen Reserven und am Firmenwert. Der Gesamtbetrag der Veranlagung in Beteiligungen erfolgt schwerpunktmäßig in österreichischen Klein- und Mittelbetrieben, deren überwiegende Tätigkeit im Inland liegt.
7. Die Veranlagung des Eigenkapitals außerhalb des Finanzierungsbereiches erfolgt ausschließlich in Form von Geldeinlagen und sonstigen Forderungen bei Kreditinstituten oder in Forderungswertpapieren.
§ 5 Z 14 leg.cit: (Befreiungen von der unbeschränkten Körperschaftssteuerpflicht)
Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften, die bis zum zur Eintragung in das Firmenbuch angemeldet werden, bis zum Ablauf des fünften auf das Jahr der Eintragung der neugegründeten Gesellschaft in das Firmenbuch folgenden Kalenderjahres und in der Folge hinsichtlich des dem Finanzierungsbereich zuzurechnenden Teiles des Einkommens nach Maßgabe des § 6b. Die Befreiung entfällt rückwirkend, wenn der angestrebte begünstigte Zweck innerhalb der ersten sieben Jahre nach der Eintragung der neu gegründeten Gesellschaft in das Firmenbuch aufgegeben wird.
Zunächst war zu klären, ob die streitverfangene Wiederaufnahme des Verfahrens innerhalb der Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs.2 iVm § 209 Abs.Abs.1 BAO erfolgt ist.
Unstrittig ist, dass die Frist zur Festsetzung der Gesellschaftssteuer gemäß § 2 Abs.1 KVG fünf Jahre nach Ablauf des Jahres indem der Abgabenanspruch entstanden ist abläuft, und daher im zu beurteilenden Fall mit Ende 2011 geendet hat und dass mit der Erlassung des Bescheides vom eine diese Frist um ein Jahr verlängernde Unterbrechungshandlung anzusehen ist.
Strittig ist, ob die Firmenbuchabfrage der belangten Behörde vom , als Unterhandlung anzusehen ist, die die Verjährungsfrist um ein weiteres Jahr verlängert hat.
Dazu war zu erwägen:
Der VwGH stellt mit Erkenntnis VwGH, , 2006/16/0041, fest:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 209 Abs.1 BAO in der Fassung vor dem AbgÄG 2004 ist eine nach außen erkennbare Amtshandlung eine nach außen in Erscheinung tretende Amtshandlung im Sinne von im Außenbereich wahrnehmbarer behördlicher Maßnahme (vgl. etwa das hg..Erkenntnis v , Zl. 2004/130080, mwN) die auf die Geltendmachung eines Abgabenanspruches oder die Feststellung von Abgabenpflichtigen zumindest im Ergebnis ausgerichtet sind. Amtshandlungen sind (bei Zutreffen der weiteren gesetzlichen Voraussetzungen) nur dann unterbrechungswirksam, wenn sie in ihrer rechtlichen Gestalt als Behördenmaßnahme über den Amtsbereich hinaustreten und hiefür ein aktenmäßiger Nachweis besteht vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/13/0076, mwN). Die Amtshandlung muss, um Unterbrechungswirkung zu haben, nach außen wirksam und nach außen einwandfrei erkennbar sein.(vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/16/0379, vgl. auch die in Ritz, BAO-Kommentar3, unter RZ 2ff zu § 209 wiedergegebene Rechtsprechung)
Die im vorliegende Fall zu beurteilende, nachweislich dokumentierte Firmenbuchanfrage erfolgte nach Kenntnisnahme des Schreibens der rechtlichen Vertretung der Bf. vom , und unmittelbar vor Erstellung des bekämpften Wiederaufnahmebescheides. Diese Firmenbuchabfrage diente offensichtlich dazu die gültige Rechtsform sowie die Geschäftsanschrift der Bf.im Hinblick auf die Bescheiderstellung festzustellen. Diese Abfrage ergab eine Änderung in beiden Fällen und ermöglichte der belangten Behörde die Erstellung eines den Vorgaben des § 93 Abs.2 BAO entsprechenden Bescheides, und die Anführung einer korrekten Zustellverfügung..
Diese Firmenbuchabfrage ist damit zumindest im Ergebnis auf die Geltendmachung eines Abgabenanspruches und auf die Feststellung des Abgabenpflichtigen ausgerichtet.
Das bedeutet, dass diese Firmenbuchabfrage als eine Unterbrechungshandlung anzusehen ist, die die Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs.2 BAO um ein weiteres Jahr verlängert hat, wodurch die am erfolgte Zustellung des bekämpften Wiederaufnahmebescheides an die Bf., innerhalb der bis Ende 2013 verlängerten Verjährungsfrist erfolgt ist.
Darüber hinaus war zu prüfen, ob der Wiederaufnahme von Amts wegen eine „nova reperta“ (= eine im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides gemäß § 201 BAO vom , über die Festsetzung der Gesellschaftsteuer mit € 0,00 existente Tatsache) iSd § 303 Abs.1 lit. b BAO zu Grunde liegt.
Für das Vorliegen eines solchen Wiederaufnahmegrundes ist maßgebend, ob der Abgabenbehörde in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung gelangen hätte können.( vgl. ; ,2006/15/0006 ,2009/15/0135;, 2011/15/0157)
Die rechtliche Vertretung der Bf. teilt dem, iSd § 6b Abs.3 KStG zuständigen, Finanzamt mit Schreiben vom mit, dass die Bf. bishernicht sämtliche Voraussetzungen nach § 6b KStG erfüllen konnte. Dieses Schreiben hat dem genannte Finanzamt Anlass zur o.a. Kontrollmitteilung an die belangte Behörde geboten. Aus dem Wortlaut bishernicht sämtliche Voraussetzungen nach § 6b KStG erfüllen konnte, ergibt sich, dass die Bf. von vorne herein die nach §6 Ab Abs.1 Z 1-7 KStG erforderlichen Voraussetzungen für die Befreiung von der Körperschaftsteuer, in dem in § 5 Z 14 KStG, genannten Umfang, nicht erfüllt hat. In Art 27 § 1 Steuerreformgesetz 1993 wird im Zusammenhalt mit der Befreiung von der Gesellschaftsteuer für die Ausgabe von Aktien durch eine Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft auf § 5 Z 14 KStG verwiesen und in dieser Gesetzesbestimmung ist von der Befreiung der Körperschaftsteuer nach Maßgabe des § 6b die Rede. Sohin ist auch für die, in Art.237 § 1 Steuerreformgesetz 1993 aufgezeigte, Befreiung von der Gesellschaftsteuer die Erfüllung der Voraussetzungen des 6b Abs.1 Z 1-7 KStG unabdingbar.
Wäre der belangten Behörde im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom bekannt gewesen, dass diese Voraussetzungen für die Befreiung von der Gesellschaftssteuer von der Bf. nicht zur Gänze erfüllt worden sind, so wäre sie bereits zu diesem Zeitpunkt zu dem Schluss gelangt, dass die Bestimmungen des § 201 BAO die von der Bf. begehrte Festsetzung der Gesellschaftssteuer mit € 0,00 nicht tragen, und hätte bereits zu diesem Zeitpunkt mit Abweisung dieses Antrages vorgehen können.
Dem von der Bf. ins Treffen geführten Argument, die Abweisung des Antrages gemäß § 201 BAO hätte deshalb nicht erfolgen dürfen, weil der in § 5 Z 14 KStG rückwirkende Entfall der Befreiung von der Körperschaftssteuer für die Befreiung gemäß Art.27 § 1 Steuerreformgesetz 1993 keine Anwendung findet, da eine solche Rückwirkung darin nicht ausdrücklich festgehalten wird, und im Gesellschaftssteuerrecht der Abgabenanspruch gemäß § 4 Abs.1 BAO entsteht, was bedeutet, dass für die Beurteilung der Steuerschuld die Verhältnisse im Zeitpunkt der Eintragung des Unternehmens ins Firmenbuch maßgeblich sind, war entgegenzuhalten:
In Art. 27 § 1 des Steuerreformgesetzes 1993 wird ausdrücklich auf die komplette Bestimmung des § 5 Z 14 KStG hingewiesen. Aus dieser Bestimmung des Steuerreformgesetzes geht die Unbeachtlichkeit des zweiten Satzes des § 5 Z 14 KStG für die Erlangung der Gesellschaftssteuerbefreiung für Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften nicht hervor. Die von der Bf. geforderte (weitere) ausdrückliche Anordnung der Anwendung dieser Bestimmung auf Art.27 § 1 Steuerreformgesetz 1993, ist somit- aus h.o. Sicht nicht- erforderlich. Das bedeutet, dass für die Ausgabe von Aktien durch Mittelstandfinanzierungsgesellschaften nach Maßgabe des § 6b KStG die Befreiung von der Gesellschaftssteuer erst nach Ablauf des im zweiten Satz des § 5 Z 14 KStG normierten Anlaufzeitraumes abschließend beurteilt werden kann. Im Zeitpunkt der Firmenbucheintragung ist eine abschließende Beurteilung nicht möglich.
Steht fest, dass eine Mittelstandfinanzierungsgesellschaft nach Maßgabe des § 60b den begünstigten Zweck innerhalb dieses Anlaufzeitraumes aufgegeben hat, so wirkt dieser Umstand auf den Entstehungszeitpunkt der Gesellschaftssteuer zurück, was bedeutet, dass bereits zu diesem Zeitpunkt, die, für die Befreiung von der Gesellschaftsteuer maßgeblichen Voraussetzungen, nicht vorgelegen sind.
Stellt das Finanzamt einen solchen Sachverhalt im Zusammenhalt mit einem Antrag gemäß § 201 auf Festsetzung der Gesellschaftsteuer mit € 0,00 fest, so hat es diesen Antrag, mangels Vorliegens der dafür erforderlichen Voraussetzungen, abzuweisen.
Abschließend ist festzuhalten, dass die Verfügung einer Wiederaufnahme im Ermessen der Behörde liegt.. Dabei kommt dem Gleichheitssatz, dem Normzweck und der Abwägung der in § 20 BAO angeführten Kriterien (Zweckmäßigkeit: Öffentliches Interesse an der Einbringung der Abgaben; Billigkeit: Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei ) Bedeutung zu.
Bezogen auf den zu beurteilenden Fall bedeuten diese rechtlichen Ausführungen folgendes:
Zweck des § 303 BAO ist es, eine neuerliche Bescheiderlassung dann zu ermöglichen, wenn Umstände gewichtiger Art hervorkommen. Ziel ist ein insgesamt rechtmäßiges Ergebnis.(vgl. ; , 94/13/0032; , 99/14/0067). Daher ist bei der Ermessensentscheidung im Zusammenhalt mit der Wiederaufnahme des Verfahrens grundsätzlich dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (der Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang einzuräumen. Deshalb, sowie im Hinblick auf den nicht unbeträchtlichen Steuerbetrages, von € 73.000,00, sowie aufgrund dessen, dass sich nach Aktenlage keine Anhaltspunkte für eine Unbilligkeit der Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens gegenüber der Bf. ergeben haben oder von der Bf. aufgezeigt worden sind, lag die Verfügung der streitverfangenen Wiederaufnahme im pflichtgemäßen Ermessen der belangten Behörde.
Aus den aufgezeigten Gründen erfolgte daher die Verfügung der Wiederaufnahme, betreffend die das Verfahren zur Festsetzung der Gesellschaftsteuer nach § 2 Z 1 KVG und die damit verbundene neuerliche Sachentscheidung (§ 307 BAO) der Abweisung des Antrages gemäß § 201 BAO auf Festsetzung der Gesellschaftsteuer mit € 0,00 zu Recht.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Gemäß § 280 Abs.1 lit.d BAO haben Ausfertigungen von Erkenntnissen und Beschlüssen der Verwaltungsgerichte den Spruch einschließlich der Entscheidung, ob eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof nach Art.133 Abs.4 B-VG zulässig ist, zu enthalten.
Gemäß Art. 133 Abs.4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlich Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Feststellungen über die Eignung der Firmenbuchabfrage als taugliche Unterbrechungshandlung iSd § 209 Abs.1 BAO, sowie die Feststellungen über das Vorliegen einer „nova reparta“ im Wiederaufnahmeverfahren, ergeben sich aus dervorstehend aufgezeigten höchstgerichtlichen Rechtsprechung, die Anwendung der vollständigen Bestimmung des § 5 Z 14 KStG auf Art.27 § 1 Steuerreformgesetz 1993 ergibt sich aus dem Inhalt der zuletzt angeführten Gesetzesbestimmung.
Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 Z 1 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934 § 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 304 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 307 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 207 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 5 Z 14 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 § 6b KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2018:RV.7104535.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
GAAAC-18753