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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 12.10.2018, RV/6100455/2013

Antrag auf Bescheidaufhebung gemäß § 295 Abs. 4 BAO und Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 4505/2018 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende A und die weiteren Senatsmitglieder B, C und D in der Beschwerdesache FG, Anschr., vertreten durch die Dr. Beisteiner Wirtschaftstreuhandgesellschaft m.b.H. Lasserstraße 2A, 5020 Salzburg, gegen die Bescheide des Finanzamtes Salzburg-Land vom , betreffend Abweisung der Anträge gemäß § 295 Abs. 4 BAO auf Aufhebung der Einkommensteuerbescheide 2001, 2002, 2003, 2004, 2005 und Anträge auf Wiederaufnahme der Verfahren gemäß § 303 BAO hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 2001, 2002, 2003, 2004, 2005, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Eingangs ist festzuhalten, dass Gegenstand des vorliegenden Verfahrens eine Angelegenheit ist, mit der sich das Bundesfinanzgericht bereits ausführlich in einem gleichgelagerten Fall im Erkenntnis vom , RV/6100744/2014, befasst hat. Auf dieses Erkenntnis wird verwiesen.

Das Bundesfinanzgericht hält in der gegenständlichen Beschwerdesache an der im genannten Erkenntnis vertretenen Rechtsansicht fest und übernimmt in den nachfolgenden Ausführungen jene des ergangenen Erkenntnisses.

Mit Eingabe vom , eingebracht am , übermittelte der Beschwerdeführer u.a. 5 Schreiben, in denen er die Aufhebung von Einkommensteuerbescheiden der Jahre 2001 bis 2005 (Einkommensteuerbescheid vom [Jahr 2001], Einkommensteuerbescheid vom [Jahr 2002], Einkommensteuerbescheid vom [Jahr 2003], Einkommensteuerbescheid vom [Jahr 2004], Einkommensteuerbescheid vom [Jahr 2005]) gemäß § 295 Abs. 4 BAO beantragte. In eventu stellte er in diesen Schreiben den Antrag auf Wiederaufnahme der Verfahren gemäß § 303 BAO betreffend Einkommensteuer hinsichtlich der Jahre 2001 bis 2005 (unter Anführung der vorhin näher bezeichneten Bescheide).

Diese Schreiben sind alle mit datiert, tragen im rechten oberen Feld alle jeweils den handschriftlich angebrachten Vermerk “X-KG FA-XY; St.Nr.“ und unterscheiden sich nur dadurch voneinander, dass auf den Schriftstücken die jeweiligen Bescheiddaten der einzelnen Jahre eingetragen wurden (dies gleichfalls in handschriftlicher Form).

Der Text dieser Schreiben lautet:

"1) Antrag auf Bescheidaufhebung gem. § 295 Abs. 4 BAO

Hiermit beantrage ich in offener Frist, den Einkommensteuerbescheid vom […] gemäß § 295 Abs. 4 BAO aufzuheben.

Begründung:Der genannte Bescheid wurde gem. § 295 Abs. 1 BAO von einem Schriftstück abgeleitet, das nach Form und Inhalt den unzutreffenden Eindruck eines Feststellungsbescheides bzw. eines Nichtfeststellungsbescheides erweckte. Zwischenzeitlich wurde die gegen dieses Schriftstück erhobene Berufung vom Unabhängigen Finanzsenat mit Berufungsentscheidung vom , RV/0204-K/07 (X-KG) als unzulässig zurückgewiesen, da es sich bei diesem um einen Nichtbescheid handelt.
Ausdrücklich ist darauf hinzuweisen, dass die mit dem AbgÄG 2011, BGBl I 2011/76 in die BAO eingefügte Bestimmung als Verfahrensvorschrift auch auf vor ihrem Inkrafttreten erlassene Änderungsbescheide iSd
§ 295 Abs. 1 BAO anzuwenden ist (Ritz, BAO4, § 295 Rz 21a).

Weiters weise ich darauf hin, dass eine Aufhebung gem. § 295 Abs. 4 BAO nicht im Ermessen der Abgabenbehörde liegt und auch dann zu erfolgen hat, wenn einer neuerlichen Änderung (§ 295 Abs. 1 BAO) des Abgabenbescheides bei nachträglicher Erlassung eines wirksamen Grundlagenbescheides der Eintritt der Bemessungsverjährung entgegensteht (Ritz, BAO4, § 295 Rz 21e).

Zur Frage der Rechtzeitig meines Antrages verweise ich auf die Grundsatzjudikatur des Verwaltungsgerichtshofs vom , 2009/15/0153 über das Verhältnis von Einkommensteuerverfahren und Feststellungsverfahren. Demnach wird "durch die Regelungen des § 188 BAO ... ein Ausschnitt des Einkommensteuer-Verfahrens der Beteiligten, der im Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer für die Beteiligten durchzuführen wäre, in ein einheitliches Sonderverfahren gebündelt". Daraus ergibt sich "sohin", dass sich "das Verfahren nach § 188 BAO als Bündelung eines Ausschnittes der Einkommensteuerverfahren aller Beteiligten" darstellt, weshalb "solcherart ... die Person, welche im Feststellungsverfahren dem Finanzamt gegenüber für die Personenvereinigung auftritt, für die Gesellschafter der Personenvereinigung (im Hinblick auf diesen Ausschnitt ihres Einkommensteuerverfahrens) tätig" wird und deren Kenntnis … auch den Beteiligten hinsichtlich ihrer Einkommensteuerverfahren zuzurechnen ist'' ().

Bei dem das Verfahren abschließenden Bescheid iSd § 304 BAO handelt es somit in derartigen Fällen um die Berufungsentscheidungen gegen jene Schriftstücke (Nichtbescheide), die nach Form und Inhalt den (unzutreffenden) Eindruck erwecken, sie seien Bescheide über die Feststellung von Einkünften (§ 188 BAO) oder Bescheide des Inhaltes, dass eine Feststellung der Einkünfte zu unterbleiben hat (Nichtfeststellungsbescheid). Daher erfolgt mein Antrag rechtzeitig iSd § 295 Abs. 4 letzter Satz BAO.

Sollte diesem Antrag nicht stattgegeben werden, beantrage ich in eventu die Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 BAO.

2) Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 BAO

Hiermit beantrage ich in offener Frist gem. § 303 BAO, das Verfahren zur Festsetzung der Einkommensteuer […] (Einkommensteuerbescheid vom […]) wieder aufzunehmen.

Der Antrag stützt sich auf eine neu hervorgekommene Tatsache iSd § 303 Abs. 1 lit b BAO:

  • Mit am bei der Berufungswerberin eingelangten Erkenntnissen vom jeweils entschied der Verwaltungsgerichtshof in zwei Grundsatzentscheidungen wie folgt:

Soweit eine Personengesellschaft unter Benennung ihrer Gesellschafter dem Finanzamt gegenüber mit dem Begehren auf bescheidmäßige Feststellung von Einkünften nach § 188 BAO auftritt (insbesondere durch Einreichung einer entsprechenden Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften), muss die bescheidmäßige Erledigung gegenüber diesen Rechtssubjekten einheitlich ergehen. Die vom Finanzamt vorgenommenen gesplitteten Erledigungen an die Komplementäre im Sinne des § 188 BAO und an die Kommanditisten mit dem Ausspruch, dass eine Feststellung der Einkünfte gem. § 188 BAO zu unterbleiben hat, stellen demgegenüber keine Bescheide dar. Sie können daher auch keine Rechtswirksamkeit erlangen ( 2011/15/0024; , 2012/15/0031).

  • Infolge dessen wurden auch die gegen Wiederaufnahme“bescheide", Feststellungs- und Nichtfeststellungs"bescheide'' ergriffenen Berufungen vom UFS mit Berufungsentscheidung vom , GZ RV/0204-K/07 (X-KG) als unzulässig zurückgewiesen.

Nun setzt eine Maßnahme nach § 295 BAO aber die nachträgliche Erlassung eines Feststellungsbescheides (Grundlagenbescheides) voraus. Ergeht ein solcher nicht (z.B. „Nichtbescheid" als Folge fehlerhafter Adressierung, unterlassene Zustellung), so ist ein dennoch erlassener Änderungsbescheid (§ 295 Abs. 1 BAO) rechtswidrig. Zur Geltendmachung dieses Umstandes kommt auch ein Antrag auf Wiederaufnahme des „abgeleiteten" Abgabenverfahrens in Betracht, wenn die „Nichtexistenz" des Grundlagenbescheides im Verfahren zur Änderung gem. § 295 Abs. 1 BAO der für die abgeleiteten Einkommensteuer (bzw. Körperschaftsteuer) zuständigen Abgabenbehörde nicht bekannt war. Diesfalls ist der Umstand, dass kein Grundlagenbescheid erlassen wurde, im abgeleiteten Abgabenverfahren eine neu hervorgekommene Tatsache iSd § 303 BAO ( BAO-Erlässe 12/61 ,,Wiederaufnahme zur Aufhebung eines zu Unrecht auf § 295 BAO gestützten Bescheides").

Den Wiederaufnahmewerber trifft in derartigen Fällen idR kein grobes Verschulden an der Nichtgeltendmachung dieses Umstandes im abgeschlossenen Verfahren, weil er grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass kein Finanzamt einen auf § 295 Abs. 1 BAO gestützten Bescheid erlässt, obwohl die diesbezüglichen Voraussetzungen nicht vorliegen ( BAO-Erlässe 12/61).

Die Bewilligung der Wiederaufnahme, somit die Aufhebung des Änderungsbescheides (§ 295 Abs. 1 BAO) hat auch dann zu erfolgen, wenn in der Zwischenzeit ein wirksamer Grundlagenbescheid ergangen ist. Dieser saniert nämlich nicht die Rechtswidrigkeit eines trotz Fehlens der diesbezüglichen Voraussetzungen erlassenen Änderungsbescheides. Die Wiederaufnahme ist übrigens auch dann zu bewilligen, wenn die Bemessungsverjährung der Erlassung eines (dem zwischenzeitlich erlassenen Grundlagenbescheid berücksichtigenden) neuerlichen Änderungsbescheides entgegensteht ( BAO-Erlässe 12/61).

Die Rechtsansicht des BMF betreffend der auch nach Eintritt der Verjährung zu verfügenden Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens ergibt sich zwingend aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs. Dieser betont, dass „durch die Regelungen des § 188 BAO ... ein Ausschnitt des Einkommensteuer-Verfahrens der Beteiligten, der im Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer für die Beteiligten durchzuführen wäre, in ein einheitliches Sonderverfahren gebündelt“ wird. Daher stellt sich ,,sohin ... das Verfahren nach § 188 BAO ... als Bündelung eines Ausschnittes der Einkommensteuerverfahren aller Beteiligten“ dar, weshalb „solcherart ... die Person, welche im Feststellungsverfahren dem Finanzamt gegenüber für die Personenvereinigung auftritt, für die Gesellschafter der Personenvereinigung (im Hinblick auf diesen Ausschnitt ihres Einkommensteuerverfahrens) tätig“ wird und deren Kenntnis (über einen Wiederaufnahmegrund) auch den Beteiligten hinsichtlich ihrer Einkommensteuerverfahren zuzurechnen ist ( 2009/15/0153).

Bei dem das Verfahren abschließenden Bescheid iSd § 304 BAO handelt es sich daher in derartigen Fällen um die Berufungsentscheidungen gegen jene Schriftstücke (Nichtbescheide), die nach Form und Inhalt den (unzutreffenden) Eindruck erwecken, sie seien Bescheide über die Feststellung von Einkünften (§ 188 BAO) oder Bescheide des Inhaltes, dass eine Feststellung der Einkünfte zu unterbleiben hat (Nichtfeststellungsbescheid).

Da der steuerliche Vertreter jener Personengesellschaft, an der ich als Gesellschafter beteiligt bin, erst mit der Zustellung der eingangs erwähnten Grundsatzjudikatur des VwGH am davon in Kenntnis gelangte, dass die als Nichtfeststellungsbescheide bzw. Gewinnfeststellungen iSd § 188 BAO gedachten Erledigungen des Finanzamts keine Bescheidqualität ausweisen, wird der Antrag zur Wiederaufnahme des Verfahrens innerhalb der Dreimonatsfrist des § 303 Abs. 2 BAO gestellt.

Auch die Berufungsentscheidung des UFS iS X-KG, GZ RV/0204-K/07 vom wurde erst am zugestellt."

Mit zwei Sammelbescheiden, jeweils vom , wies die Abgabenbehörde die Anträge des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Begründend führte sie aus, es lägen keine auf die in den Anträgen angeführten Nichtfeststellungsbescheide gestützte Änderungsbescheide gemäß § 295 Abs. 1 BAO vor.

Gegen diese Bescheide brachte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom Berufung ein.

In der Rechtsmittelschrift bringt er Folgendes vor (Wiedergabe erfolgt auzugsweise):

"1.1 Zur historischen und teleologischen Interpretation des § 304 lit. b iVm § 295 Abs 4 BAO
 […]

Wie bereits im Wiederaufnahmeantrag ausführlich dargelegt, kann im konkreten Fall der im § 304 lit. b BAO angesprochene Bescheid nur jene Berufungsentscheidung sein, mit der sich herausstellte, dass es sich bei der als Feststellungsbescheid intendierten Erledigung des FA-X um einen absolut nichtigen Verwaltungsakt (somit um einen Nichtbescheid) gehandelt hat.

Diese Berufungsentscheidung (GZ RV/024-K/07 iS X-KG) ist jedoch erst am und somit im Monat der Antragstellung auf Wiederaufnahme des Verfahrens ergangen. Die Anträge wurden daher nicht verfristet eingebracht.

Die von uns vertretene Rechtsansicht, dass es sich bei dem „das Verfahren abschließenden Bescheid“ iSd § 304 lit. b BAO um die Berufungsentscheidung gegen die als Feststellungsbescheid gedachte Erledigung handeln muss, folgt unmittelbar aus dem Gesetz:

• So regelt § 295 Abs. 4 BAO die auf Antrag vorzunehmende Aufhebung von auf § 295 Abs. 1 BAO gestützten Einkommensteuerbescheiden für jene Fälle, in denen sich in einem Berufungsverfahren gegen einen Feststellungsbescheid herausstellt, dass das die Form und den Inhalt eines Feststellungsbescheids habende Dokument tatsächlich kein Bescheid ist.

§ 295 Abs. 4 BAO soll insbesondere verhindern, dass Berufungen gegen Einkommensteuerbescheide vorsorglich (sicherheitshalber) nur zwecks Vermeidung des Eintritts der Verjährung mit der Behauptung eingebracht werden, es lägen ihnen Nichtbescheide zugrunde (EB zu § 295 Abs. 4 BAO idF BGBl I 2011/76).

• Folglich kann diese Norm klarer Weise nur dann ihren Zweck erfüllen, wenn sie auch in Fällen greift, in denen bereits Bemessungsverjährung eingetreten ist. Die im § 295 Abs. 4 BAO vorgesehene Antragsfrist muss daher auch Zeiträume umfassen, die nach dem Eintritt der Verjährung liegen.

• Dementsprechend verweist § 295 Abs. 4 BAO auf die Bestimmungen des § 304 BAO, der die Voraussetzungen für Wiederaufnahmen nach Eintritt der Verjährung regelt.

• Da § 295 Abs. 4 BAO als Anwendungsvoraussetzung erfordert, dass eine Zurückweisung einer Berufung (als unzulässig) gegen einen Nichtbescheid (somit gegen eine Erledigung, die als Feststellungsbescheid iSd § 188 BAO beabsichtigt war) bereits erfolgt ist, muss die in ihm eingeräumte Fristsetzung somit auch erst dann zu laufen beginnen, wenn die im ersten Satz leg. cit. angesprochene Berufungsentscheidung erst nach Eintritt der Verjährung erfolgt.

• Es kann sich bei dem im § 304 lit. b BAO angesprochenen "das Verfahren abschließenden Bescheid" daher nur um die Berufungsentscheidung gegen jenes Schriftstück (Nichtbescheid) handeln, das - wie im § 295 Abs. 4 BAO ausdrücklich normiert -, nach Form und Inhalt den unzutreffenden Eindruck erweckte, es sei ein Bescheid über die Feststellung von Einkünften.

Jede andere Auslegung würde dazu führen, dass § 295 Abs. 4 BAO seinen Zweck - nämlich die Vermeidung von vorsorglich eingebrachten Berufungen gegen Einkommensteuer- (Änderungsbescheide) zwecks Verhinderung des Eintritts der Verjährung - nicht erfüllen kann.

Eine derartige Auslegung stünde daher sowohl mit einer historischen Interpretation (klare, in den EB dokumentierte Absicht des Gesetzgebers) als auch einer teleologischen Interpretation (nach dem Sinn und Zweck der Regelung) in unauflösbarem Widerspruch. Die teleologische Interpretation ist jedoch für die Auslegung der Steuerrechtsnormen nach ständiger Rsp. des VwGH vorrangig zu beachten (Doralt/Ruppe, Steuerrecht Bd II4, Rz 421 mN).

1.2 Zur Interpretation des § 304 lit. b BAO anhand des Wesens des im § 188 BAO normierten Feststellungsverfahrens

Weiters ergibt sich die von uns vertretene Auslegung des § 304 lit. b BAO zwingend aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs. Dieser betont, dass "durch die Regelungen des § 188 BAO ... ein Ausschnitt des Einkommensteuer-Verfahrens der Beteiligten, der im Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer für die Beteiligten durchzuführen wäre, in ein einheitliches Sonderverfahren gebündelt" wird. Daher stellt sich "sohin ... das Verfahren nach § 188 BAO ... als Bündelung eines Ausschnittes der Einkommensteuerverfahren aller Beteiligten" dar, weshalb "solcherart ... die Person, welche im Feststellungsverfahren dem Finanzamt gegenüber für die Personenvereinigung auftritt, für die Gesellschafter der Personenvereinigung (im Hinblick auf diesen Ausschnitt ihres Einkommensteuerverfahrens) tätig" wird und deren Kenntnis (über einen Wiederaufnahmegrund) auch den Beteiligten hinsichtlich ihrer Einkommensteuerverfahren zuzurechnen ist ().

Der VwGH sieht somit in Bezug auf die Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens eine unmittelbare Verbindung zwischen dem Abschluss eines Berufungsverfahrens gegen einen Feststellungsbescheid und dem (abgeleiteten) Einkommensteuerbescheid.

Auch aus dieser Sichtweise folgt daher unmittelbar, dass es sich bei dem das Verfahren abschließenden Bescheid iSd § 304 BAO um die Berufungsentscheidung gegen jenes Schriftstück (Nichtbescheid) handeln muss, das nach Form und Inhalt den (unzutreffenden) Eindruck erweckte, es sei ein Bescheid über die Feststellung von Einkünften (§ 188 BAO) oder ein Bescheid des Inhaltes, dass eine Feststellung der Einkünfte zu unterbleiben hat (Nichtfeststellungsbescheid).

Die Abweisung des Wiederaufnahmeantrags bzw. des Antrags auf Aufhebung des Änderungsbescheids ist daher zu Unrecht erfolgt."

Die Abgabenbehörde legte die Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.

Gemäß § 323 Abs. 38 BAO gilt die Berufung als Beschwerde, über die das Bundesfinanzgericht zu entscheiden hat.

Mit Schreiben vom richtete der steuerliche Vertreter eine Eingabe an das Bundesfinanzgericht, in dem ergänzende Ausführungen zur Beschwerde betreffend das Jahr 2000 erfolgten (hinsichtlich des Jahres 2000 siehe das Verfahren RV/6100454/2013).

Mit Eingabe vom (übermittelt am ) zeigte der mit der Vertretung im gegenständlichen Beschwerdeverfahren bevollmächtigte steuerliche Vertreter zwecks Vermeidung von Fehlinterpretationen an, dass es im Berufungsschriftsatz vom zu einem Schreibfehler gekommen sei. Die Wortfolge unter Pkt. 1. Vollmachtsanzeige “von Herrn HG“ solle richtig “von FG“ lauten.

Am gab dieser steuerliche Vertreter namens und auftrags des Beschwerdeführers dem Bundesfinanzgericht bekannt, dass das Vollmachtsverhältnis mit aufgelöst worden sei.

Der seit mit der laufenden Vertretung des Beschwerdeführers bevollmächtigte steuerliche Vertreter, nunmehr auch die gegenständliche Angelegenheit wahrnehmend, brachte am ein Schreiben ein, in dem er im Wesentlichen Folgendes ausführte (siehe dazu im Einzelnen das Schreiben vom ):

Für das Einkommensteuerverfahren der Jahre 2001 bis 2005 müsse die Änderung/Wiederaufnahme erfolgen. Dies betreffe nicht nur die Beteiligung an der X-KG, sondern auch weitere.

Der Beschwerdeführer habe keine Kenntnis davon gehabt, dass die Änderung der Einkommensteuer auf Basis eines Nichtbescheides erfolgt sei. Der VwGH verkenne das Problem in seiner bisherigen Rechtsprechung (Erkenntnis vom , Ro 2015/13/0005) und rate den Steuerpflichtigen dafür Sorge zu tragen, dass ihre Einkommensteuerbescheide nicht in Rechtskraft erwüchsen. Dem Rat des VwGH zu folgen, sei jedoch wegen § 252 BAO rechtlich nicht möglich. Nach dieser Norm sei ein gegen den Einkommensteuerbescheid erhobenes Rechtsmittel unzulässig, wenn es mit der Begründung erhoben werde, man wende sich gegen einen Feststellungsbescheid.

Verjährung sei im vorliegenden Fall nicht eingetreten. Die Verjährung sei in den §§ 207 ff BAO geregelt. In “Nichtbescheidkonstellationen“ wie der hier zu entscheidenden sei die Verjährung bei Entscheidungen, die sich zugunsten des Steuerpflichtigen auswirkten, suspendiert und stehe der Anpassung des verjährten abgeleiteten Folgebescheides nicht im Wege. Dies folge aus § 209a Abs. 2 und Abs. 4 BAO (Festsetzung nach Verjährung) (vgl. Beiser in ÖStZ 8/2017, 208). Dies entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers. In der Folge zitiert der steuerliche Vertreter aus den Erläuterungen zum AbgÄG 2011 (RV 1212 GP XXIV 30).

Der § 209a BAO und die dort normierte Unverjährbarkeit sei auf alle im Zeitpunkt des Inkrafttretens noch nicht erledigten Fälle anzuwenden. Dies ergebe sich vor dem Hintergrund des Rechtes auf ein faires Verfahren gem. Art. 6 EMRK sowie des Sachlichkeitsgebotes (Art. 7 B-VG). Sollten Übergangsvorschriften - wie vereinzelt in der Literatur zitiert – zu anderen Ergebnissen führen, wären diese im Sinne der verfassungskonformen Rechtsauslegung nicht anzuwenden bzw. stets im Lichte des gesetzgeberischen Willens zugunsten des durch “Nichtbescheid-Bescheidung“ Geschädigten auszulegen.

Der VfGH habe mit Erkenntnis vom (G 131/2017) die Bestimmung des § 304 BAO aufgehoben. Auch wenn die genannte Bestimmung erst zum außer Kraft trete, verbiete sich eine Entscheidung auf Basis einer als verfassungswidrig erkannten Norm. In der Folge werden nähere Ausführungen zum ergangenen VfGH-Erkenntnis getätigt.

Unter “Lösungswege“ legt der steuerliche Vertreter schließlich dar, die Frage, ob der gegenständliche Fall über eine verfassungskonforme Anwendung des § 209a Abs. 2 und Abs. 4 BAO oder über die ebenfalls verfassungskonforme Nichtanwendung von § 304 BAO im Sinne eines unbefristeten Antragsrechtes zu lösen sei, könne dahin gestellt bleiben, da die Anträge vom nicht verfristet seien. Dies ergebe sich unter Berücksichtigung sämtlicher verjährungshemmender Maßnahmen im Besteuerungsverfahren. Das sei bisher im Verfahren noch nicht in dieser Tiefe vorgetragen worden.

Im Streitzeitraum sei § 304 BAO idF BGBl. I 57/2004 anzuwenden. Da die Anträge im Jahr 2012 eingebracht worden seien, sei im Zeitpunkt der Antragstellung die Frist sowohl nach § 304 lit. a als auch lit. b noch offen gewesen. Dies sei aus der nachstehend angeführten Tabelle ersichtlich. Aber auch wenn die genannte Fassung nicht zur Anwendung gelänge, führe dies unter Bedachtnahme auf die voranstehenden Ausführungen zu keinem anderen Ergebnis.

“Persönliche Einkommensteuer/Liste der Beteiligungen und abgeleiteten ESt. Bescheide


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
Beteiligung
Verwaltungs-handlungen
Verjährung § 304 lit.a / lit.b idF BGBl. I 2004/57
Verjährung § 304 idF v. idF BGBl I 3/2018
2001
FA-Y St.Nr.
: 1. Bescheid
: Änd.Bescheid
: Änd.Bescheid
a) 2010 + 7 =
2017

 
b) +5J = 2012
+ 3
2002
Gesellschaft-K [FA-XY / St.Nr.
: 1. Bescheid
: Änd.Bescheid
: Änd.Bescheid
: Änd.Bescheid
a) 2010 + 7 =
2017

 
b) 2015
+ 4
2003
Gesellschaft-L [FA-XY /St.Nr.
: 1. Bescheid
: Änd.Bescheid
: Änd.Bescheid
: Änd.Bescheid
: Berichtigung
a) 2010 + 7 =
2017

 
b) 2015
+ 5
2004
Gesellschaft-M [FA-XY /St.Nr.
 
Gesellschaft-K [FA-XY / St.Nr.
 
Gesellschaft-L [FA-XY /St.Nr.
: 1. Bescheid
: Zinsbescheid
: Änd.Bescheid
: Zinsbescheid
a) 2010 + 7 =
2017

 
b) 2015
+ 4
2005
Gesellschaft-N [FA-St.Nr.
 
FA-Y /St.Nr.
: 1. Bescheid
: Änd.Bescheid
: Änd.Bescheid
: Änd.Bescheid
: Änd.Bescheid
a) 2010 + 7 =
2017

 
b) 2015
+ 5

Mit Eingabe vom wies der steuerliche Vertreter noch einmal darauf hin, der VwGH rate in seiner Judikatur (Erkenntnis vom , Ro 2015/13/0005) aussichtslose Rechtsmittel einzulegen. Nach § 252 Abs. 1 BAO könnte nämlich ein abgeleiteter Einkommensteuerbescheid nicht mit Einwendungen gegen den Feststellungsbescheid bekämpft werden. Das gegenständliche Problem sei ausgehend von der in der Literatur vertretenen Auffassung (Beiser, ÖStZ 2013, 476 und ÖStZ 2017, 205) über § 209a BAO zu lösen. Danach stehe die Verjährung der Abgabenfestsetzung lediglich zulasten des Steuerpflichtigen entgegen. Abgabenfestsetzungen zugunsten des Steuerpflichtigen verjährten nach § 209a Abs. 2 und Abs. 4 BAO nicht. Dies habe zur Folge, dass § 295 Abs. 4 BAO ein unbefristetes Antragsrecht normiere (siehe im Einzelnen die entsprechende Eingabe).

Am fand eine mündliche Verhandlung vor dem Senat statt.

In dieser Verhandlung erklärte der steuerliche Vertreter, auf dem Antragsformular betreffend das Jahr 2004 sei versehentlich der Name des Beschwerdeführers und dessen Steuernummer nicht angeführt worden. Selbstverständlich sei immer beabsichtigt gewesen auch für dieses Jahr einen Antrag auf Bescheidaufhebung gemäß § 295 Abs. 4 BAO bzw. in eventu Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO zu stellen. Der steuerliche Vertreter verwies auf die bisherigen Schriftsätze, wobei er zunächst auf den prioritär geltenden Schriftsatz vom hinwies und in weiterer Folge auf die übrigen Eingaben einschließlich des letzten Schriftsatzes vom Bezug nahm. Er beantragte noch einmal der Beschwerde stattzugeben, währenddessen der Vertreter der Amtspartei unter Hinweis auf die erlassenen Bescheide und die darin enthaltenen Begründungen den Antrag stellte, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Laut den im Abgabeninformationssystem enthaltenen Daten sind für die Jahre 2001 bis 2005 folgende Einkommensteuerbescheide an den Beschwerdeführer ergangen, die alle in Rechtskraft erwachsen sind:

2001:


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Bescheid
Datum
Anmerkung
(entnommen der Bescheidbegründung)
1) Erstbescheid
 
2) Änderung gem. § 295 (1) BAO
aufgrund bescheidmäßiger Feststellungen des FA-Y zu St.Nr. vom
Gesellschaft-O
3) Änderung gem. § 295 (1) BAO
aufgrund bescheidmäßiger Feststellungen des FA-Y zu St.Nr. vom
Gesellschaft-O

2002:


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Bescheid
Datum
Anmerkung
1) Erstbescheid
 
2) Änderung gem. § 295 (1) BAO
aufgrund bescheidmäßiger Feststellungen des FA-YY zu St.Nr. vom
Gesellschaft-K
3) Änderung gem. § 295 (1) BAO
aufgrund bescheidmäßiger Feststellungen des FA-Y zu St.Nr. vom
Gesellschaft-O
4) Änderung gem. § 295 (1) BAO
aufgrund bescheidmäßiger Feststellungen des FA-XY zu St.Nr. vom
Gesellschaft-K

2003:


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Bescheid
Datum
Anmerkung
1) Erstbescheid
 
2) Änderung gem. § 295 (1) BAO
aufgrund bescheidmäßiger Feststellungen des FA-Y zu St.Nr. vom
Gesellschaft-O
3) Änderung gem. § 295 (1) BAO
aufgrund bescheidmäßiger Feststellungen des FA-XY
a) vom zu St.Nr. 
Gesellschaft-L
b) vom zu St.Nr. Gesellschaft-K
4) Aufhebung gem. § 299 BAO
Bescheid vom
 
5) Änderung gem. § 295 (1) BAO
aufgrund bescheidmäßiger Feststellungen des FA-XY zu St.Nr. vom
Gesellschaft-L
6) Zurückweisungsbescheid
Antrag auf Aufhebung Einkommensteuerbescheid
 
7) Berichtigung gem. § 293 BAO
des geänderten Bescheides vom
 
8) Gegenstandsloserklärung gem. § 256 (3) BAO
Berufung vom
 
9) Aufhebung gem. § 299 BAO
Bescheid vom
 
10) Änderung gem. § 295 (1) BAO
 
siehe dazu Anmerkung am Ende der Tabellen

2004:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bescheid
Datum
 
1) Erstbescheid
vorläufige Festsetzung
 
2) Änderung gem. § 295 (1) BAO
vorläufige Festsetzung
aufgrund bescheidmäßiger Feststellungen des FA-XY vom
a) zu St.Nr.
Gesellschaft-M
b) zu St.Nr.
Gesellschaft-K
c) zu St.Nr.
Gesellschaft-L

2005:


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Bescheid
Datum
 
1) Erstbescheid
vorläufige Festsetzung
 
2) Bescheid
Zurücknahme Berufung vom
 
3) Änderung gem. § 295 (1) BAO
vorläufige Festsetzung
aufgrund bescheidmäßiger Feststellungen des FA-XX zu St.Nr. vom
Gesellschaft-P
4) Änderung gem. § 295 (1) BAO
vorläufige Festsetzung
aufgrund bescheidmäßiger Feststellungen des FA-Y zu St.Nr. vom
Gesellschaft-O
5) Änderung gem. § 295 (1) BAO
vorläufige Festsetzung
aufgrund bescheidmäßiger Feststellungen des FA-XY zu St.Nr. vom
Gesellschaft-M
6) Änderung gem. § 295 (1) BAO
vorläufige Festsetzung
aufgrund bescheidmäßiger Feststellungen des FA-Y zu St.Nr. vom
Gesellschaft-O

Zu dem in der Tabelle 2003 zuletzt angeführten Einkommensteuerbescheid vom gilt es Folgendes festzuhalten:

Dieser Bescheid trägt folgende Bezeichnung:
“Einkommensteuerbescheid 2003
Änderung gem. § 295 (1) BAO zu Bescheid vom

In der Begründung heißt es:

“Die Änderung gem. § 295 BAO erfolgte aufgrund der bescheidmäßigen Feststellungen des Finanzamtes Salzburg-Land zu St.Nr. vom .

Gem. § 299 (1) BAO kann die Abgabenbehörde einen Bescheid aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Da die inhaltliche Rechtswidrigkeit eine nicht bloß geringfügige Auswirkung hat, war die Aufhebung des im Spruch bezeichneten Bescheides von Amts wegen zu verfügen.
Die Zinsen iHv 8.769,55 € für Fremdkapital, das für den Erwerb des Rentenstammrechtes aufgenommen wurden, werden gem. § 16 (1) Z 1 EStG als Werbungskosten berücksichtigt (EStR, Rz 7018).“

Dazu sei der Klarstellung halber angemerkt:

Der erste Satz der Begründung enthält eine missglückte Aussage, da laut der Aktenlage keine bescheidmäßigen Feststellungen des FA Salzburg-Land vom existieren. Bei der angegebenen Steuernummer handelt es sich im Übrigen um die Steuernummer des Beschwerdeführers.

Der gegenständliche Bescheid wird zwar als gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderter Bescheid bezeichnet, eine Änderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO wurde damit jedoch nicht durchgeführt. Gegenstand des Verfahrens war vielmehr ausschließlich die Berücksichtigung von Zinsen für Fremdkapital als Werbungskosten gemäß § 16 EStG 1988 (siehe dazu Absatz 2 der Bescheidbegründung).

1) Zu Anträge auf Wiederaufnahme gem. § 303 BAO

a) Neuerungstatbestand allgemein

Nach der bis gültigen Rechtslage war dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig war und Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkamen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne grobes Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Dieser Antrag war gem.  § 303 Abs. 2 BAO binnen einer Frist von drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, bei der Abgabenbehörde einzubringen, die im abgeschlossenen Verfahren den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Es ist nach der Aktenlage unbestritten, dass diese Frist eingehalten wurde. Auf die diesbezügliche Gesetzesänderung muss hier damit nicht eingegangen werden.

b) Rechtliche Beurteilung als Neuerungstatbestand

Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann unter anderem dann wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Tatsachen im Sinne des § 303 BAO sind also ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände, also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis geführt hätten, wie etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften.

Neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung solcher Sachverhaltselemente - auch wenn diese späteren rechtlichen Erkenntnisse (neuen Beurteilungskriterien) durch die Änderung der Verwaltungspraxis oder der Rechtsprechung gewonnen werden - sind keine derartigen Tatsachen (vgl. unter Hinweis auf mit weiteren Nachweisen).

Genau das ist hier aber der Fall.

Der Beschwerdeführer beruft sich als Wiederaufnahmegrund ausschließlich auf die Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates, nicht aber darauf, dass ihm die dieser Entscheidung zugrunde liegenden Tatsachen (hier die Frage der Uneinheitlichkeit aufgrund der Aufspaltung in zwei Erledigungen) bis dahin nicht bekannt gewesen wären. Diese Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates enthält damit keine neuen Tatsachen, sondern ausschließlich eine rechtliche Beurteilung der Grundlagenbescheide. Das stellt aber – nach der zitierten Judikatur des VwGH – keinen Wiederaufnahmegrund dar.

Eine Wiederaufnahme ist deshalb hier schon aus diesem Grund ausgeschlossen. Die vorgebrachten Wiederaufnahmsgründe sind aber auch nicht entscheidungsrelevant.

c) Entscheidungsrelevanz für die gänzliche Beseitigung

Eine Wiederaufnahme ist nämlich nur dann zulässig, wenn die Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Der Wiederaufnahmegrund muss entscheidungsrelevant sein (z.B. ).

Auch wenn dies den zu beurteilenden Wiederaufnahmsanträgen nicht ausdrücklich zu entnehmen ist, lässt sich aus ihnen ableiten, dass sie einzig auf die Wiederaufnahme des Verfahrens und die gleichzeitige ersatzlose Beseitigung der jeweils letztgültigen, auf § 295 Abs. 1 BAO gestützten Einkommensteuerbescheide abzielen. Dass dies prinzipiell möglich wäre, wurde vor kurzem höchstgerichtlich bestätigt ( ).

Die Entscheidungsbefugnis des Bundesfinanzgerichtes ist mit der Sache der bekämpften Bescheide begrenzt. Die gegenständlichen Verwaltungsverfahren wurden durch die Anträge des Beschwerdeführers in Gang gesetzt. Mit dem bekämpften Bescheid sprach das FA darüber ab. Sache des Beschwerdeverfahrens ist damit lediglich diese Entscheidung. Für die Überprüfung durch das Bundesfinanzgericht bedeutet das, dass nur über die Wiederaufnahmsgründe abgesprochen werden darf, über die der bekämpfte Bescheid des Finanzamtes abgesprochen hat (vgl. ).

Hier ist das nur die in den genannten Anträgen enthaltene Tatsache, dass der Unabhängige Finanzsenat 2012 im Zurückweisungsbescheid feststellte, dass die als Feststellungsbescheide intendierten Schriftstücke betr. die X-KG keine rechtlichen Wirkungen entfaltet haben. Da jede darüber hinausgehende Prüfung anderer Umstände die damit abgesteckte gerichtliche Kompetenz überschreiten würde, hat das Bundesfinanzgericht ausschließlich zu beurteilen, ob die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens im Spruch anders lautende, nach § 295 Abs. 1 BAO geänderte Einkommensteuerbescheide herbeigeführt hätte.

Das Ergebnis ist eindeutig:

Die Frage der Existenz dieser Feststellungsbescheide spielte nach der Aktenlage für die Rechtfertigung und den Inhalt der Änderungsbescheide gem.  § 295 Abs. 1 BAO keine Rolle. Keiner der in den Jahren 2001 bis 2005 ergangenen Änderungsbescheide stützte sich auf Grundlagenbescheide zur “X-KG“ . Aus den Begründungen der Änderungsbescheide geht im Gegenteil klar hervor, dass sie ausschließlich auf Feststellungsbescheiden zur “Gesellschaft-O“ (FA-Y, St.Nr.; 2001, 2002, 2003 und 2005), “Gesellschaft-K“ (FA-YY, St.Nr. bzw. FA-XY, St.Nr.; 2002, 2003 und 2004), “Gesellschaft-L“ (FA-XY, St.Nr.; 2003 und 2004), “Gesellschaft-M“ (FA-XY, St.Nr.; 2004 und 2005) und “Gesellschaft-P“(FA-XX, St.Nr.; 2005) basierten.

Die ersatzlose Beseitigung dieser Änderungsbescheide scheidet also schon deshalb aus, weil die Bescheidqualität der Grundlagenbescheide betr. die X-KG für die Rechtfertigung der Existenz der Änderungsbescheide nicht entscheidungsrelevant ist. Selbst wenn man sich die Tatsache, dass es sich bei den Feststellungen betr. die X-KG um „Nichtbescheide“ gehandelt hat, hinzudenkt, hat das keinen Einfluss auf sie.

Die Wiederaufnahmsanträge enthalten weder die Behauptung noch die Tatsache, dass die Frage der rechtlichen Existenz der Grundlagenbescheide auch Einfluss auf die Höhe des (Nicht)Ansatzes der Beteiligungsergebnisse X-KG hätte. Auch der als Wiederaufnahmsgrund genannte Zurückweisungsbescheid des Unabhängigen Finanzsenates sprach nur aus, dass den bekämpften Feststellungsbescheiden ihre rechtliche Existenz fehlt. Aus ihm ergeben sich keine Aussagen über tatsächliche Existenz und Höhe von Beteiligungsergebnissen. Aus diesem Grund sprach das Finanzamt im bekämpften Bescheid auch nicht darüber ab. Das verbietet gleichzeitig mangels streitverfangener Sache dem Bundesfinanzgericht diesbezügliche Beurteilungen.

Der in den Anträgen vorgebrachte und damit hier zu beurteilende Wiederaufnahmsgrund (Nichtexistenz der Feststellungsbescheide X-KG) war jedenfalls nicht entscheidungsrelevant für die Existenz der Änderungsbescheide.

Ein Eingehen auf das Beschwerdevorbringen (Vorliegen von verjährungshemmenden Maßnahmen, Anwendung des § 209a BAO etc.) erübrigt sich damit.

Die Abweisung der Wiederaufnahmsanträge war zu bestätigen.

Dem steht der Umstand nicht entgegen, dass im Adressfeld des angefochtenen Sammelbescheides nicht der Beschwerdeführer, sondern “HG“ genannt ist. Diese Angabe steht in klarem Widerspruch zu den übrigen Angaben dieses Bescheides, welche sich eindeutig auf den Beschwerdeführer beziehen.

In einem Fall, in welchem unter Berücksichtigung der Rechtslage und der Begründung des Bescheides eindeutig und offenkundig bloß ein Fehler in der Bezeichnung des Bescheidadressaten, also ein Vergreifen im Ausdruck und damit eine gemäß § 293 Abs. 1 BAO berichtigungsfähige (wenn auch allenfalls noch nicht bescheidmäßig berichtigte) Unrichtigkeit gegeben ist, kann nicht von einem (unzulässigen) Umdeuten, sondern von einem (zulässigen und gebotenen) "Deuten" des bloß fehlerhaft bezeichneten Bescheidadressaten gesprochen werden, bzw. steht die Anführung eines unrichtigen Bescheidadressaten einer derartigen Deutung nicht entgegen (vgl. dazu die ständige Rechtsprechung des VwGH z.B. Erkenntnis vom , 2005/16/0187).

Im Beschwerdefall wurde zwar im Adressfeld des angefochtenen Sammelbescheides der Name “HG“ angeführt, dessen Steuernummer auch auf dem Bescheid aufscheint. Im Spruch des Bescheides wird aber ausschließlich der Beschwerdeführer genannt, und dies nicht nur mit Angabe seines Vor- und Zunamens, sondern auch seiner Wohnanschrift. Im Spruch wird weiters auf die Anträge vom Bezug genommen, die unbestritten vom Beschwerdeführer am eingebracht wurden. Auf dem Rückschein des Bescheides scheint gleichfalls der Name des Beschwerdeführers und dessen Steuernummer auf.

Unter Bedachtnahme auf diese Umstände ist davon auszugehen, dass es sich beim Namen “HG“ im Adressfeld des Bescheides bloß um ein Vergreifen im Ausdruck handelt und als richtiger Bescheidadressat, an den sich die Behörde wenden wollte, zweifelsfrei der Beschwerdeführer anzusehen ist.

2) Zu Anträge auf Bescheidaufhebungen gem. § 295 Abs. 4 BAO

§ 295 Abs. 4 BAO wurde mit Wirksamkeit ab ( § 323 Abs. 31 BAO ) mit dem Abgabenänderungsgesetz 2011 (AbgÄG 2011, BGBl. I Nr. 76/2011) neu in die BAO eingefügt. Als Verfahrensvorschrift gilt sie auch für vor ihrem Inkrafttreten erlassene Änderungsbescheide ( § 295 Abs. 1 BAO ), wenn die Antragsfrist des § 304 noch nicht abgelaufen war (vgl. Ritz, BAO5, § 295 Tz 21a). Die § 295 Abs. 1 bis 3 BAO galten auch schon davor und wirkten bzw. wirken wie folgt:

  • (Nur) Wenn ein Feststellungsbescheid („Grundlagenbescheid“) abgeändert, aufgehoben oder erlassen wird ist ein von ihm abzuleitender Bescheid von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder aufzuheben (§ 295 Abs. 1 BAO).

  • Auch eine Änderung oder Aufhebung eines Bescheides aufgrund einer mittelbaren Abhängigkeit von einem anderen Bescheid setzt voraus, dass dieser Grundlagenbescheid nachträglich abgeändert, aufgehoben oder erlassen wurde (§ 295 Abs. 3 BAO).

Beides ist nicht der Fall, wenn sich – wie hier - aufgrund der Erlassung eines Zurückweisungsbescheides erst später herausstellt, dass einem vermeintlichen Grundlagenbescheid tatsächlich keine Bescheidqualität zukam.
In diesem Fall wurde mit dem Zurückweisungsbescheid kein Bescheid abgeändert, aufgehoben oder erlassen. Das verbietet dem FA, einen solchen Fehler gem.  § 295 Abs. 1 oder 3 BAO zu korrigieren (vgl. und -L/09; , RD/0012-W/11).
Dies wird von der Beurteilung getragen, dass die Zurückweisung einer Beschwerde (bzw. früher Berufung) nur im Hinblick auf das durch sie angestoßene Berufungs- bzw. Beschwerdeverfahren rechtsgestaltend wirkt und nur das rechtswirksam abschließt. Im Hinblick auf den davon abgeleiteten Bescheid fehlte einem solchen Zurückweisungsbescheid bis August 2011 jede rechtsgestaltende bzw. feststellende Wirkung. Diese Auslegung bekräftigte der Gesetzgeber im Jahr 2011 mit der Schaffung des § 295 Abs. 4 BAO . Wäre nämlich einem solchen Zurückweisungsbescheid die Wirkung eines Grundlagenbescheides im Sinne der ersten drei Absätze des § 295 BAO zugekommen, wäre Abs. 4 entbehrlich gewesen.

§ 295 Abs. 4 BAO lautete von bis , wobei der Begriff Berufung mit Wirksamkeit ab durch den Begriff Bescheidbeschwerde ersetzt wurde (BGBl. I Nr. 70/2013):

"Wird eine Berufung, die gegen ein Dokument, das Form und Inhalt eines
- Feststellungsbescheides (§ 188) oder eines
- Bescheides, wonach eine solche Feststellung zu unterbleiben hat,
gerichtet ist, als nicht zulässig zurückgewiesen, weil das Dokument kein Bescheid ist, so sind auf das Dokument gestützte Änderungsbescheide (Abs. 1) auf Antrag der Partei (§ 78) aufzuheben. Der Antrag ist vor Ablauf der für Wiederaufnahmsanträge nach § 304 maßgeblichen Frist zu stellen."

Der Gesetzgeber begründete diese neue Regel mit folgenden Worten (1212 d.B. XXIV. GP – RV Seite 30 f):

„Stellt sich erst im Laufe eines Berufungsverfahrens (oder eines VwGH-Beschwerdeverfahrens) heraus, dass eine als Feststellungsbescheid (Feststellung von Einkünften nach § 188 BAO) intendierte Erledigung ein absolut nichtiger Verwaltungsakt (ein „Nichtbescheid“) ist, aber von der rechtlichen Existenz eines Feststellungsbescheides ausgehende Änderungsbescheide (§ 295 Abs. 1 BAO) erlassen und formell rechtskräftig wurden, so erscheint ein Antragsrecht auf Beseitigung solcher zu Unrecht von den Tatbestandsvoraussetzungen für ihre Erlassung ausgehender (rechtswidriger) Bescheide zweckmäßig.

Ein solches Antragsrecht dient der Vermeidung aufwendiger Verwaltungsverfahren, sowohl für die Abgabenbehörden (erster und zweiter Instanz) als auch für die Abgabepflichtigen, und dient daher der Vermeidung von Kosten für die Verwaltung und für die Abgabepflichtigen. Ein derartiger (vermeidbarer) Mehraufwand würde insbesondere durch aufwendige, die Einkommensteuer- bzw. Körperschaftsteuerverfahren betreffende Wiederaufnahmsverfahren (vor allem bei Wiederaufnahmsanträgen die Prüfung des der Bewilligung allenfalls entgegenstehenden groben Verschuldens des Wiederaufnahmswerbers) entstehen.

Weiters soll die Möglichkeit antragsgemäßer Aufhebung rechtswidriger, zu Unrecht auf § 295 Abs. 1 BAO gestützter Bescheide vorsorglich eingebrachte Berufungen gegen solche Änderungsbescheide vermeiden; solche Berufungen werden bereits derzeit gegen Änderungsbescheide eingebracht mit der bloßen (sicherheitshalber vorgebrachten) Behauptung, es lägen ihnen „Nichtbescheide“ zugrunde (etwa als Folge fehlerhafter Adressierungen, mangelnder tatsächlicher Zustellung, fehlenden Hinweises auf die Zustellfiktion des § 101 Abs. 3 BAO oder keine Zustellung an die nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person). Die Erledigung solcher Berufungen setzt Ermittlungen des für die Erhebung der betroffenen Einkommensteuer (bzw. Körperschaftsteuer) zuständigen Finanzamtes voraus. Ein derartiger Verwaltungsaufwand würde nicht anfallen, wenn dem Abgabepflichtigen bekannt ist, dass er den auf § 295 Abs. 1 BAO gestützten Bescheid für den Fall, dass sich nachträglich im die Feststellung der Einkünfte betreffenden Berufungsverfahren herausstellt, dass sich die Berufung gegen einen absolut nichtigen Verwaltungsakt richtet, auf Antrag aufheben lassen kann.“

§ 295 Abs. 4 BAO sollte damit das Rechtsschutzdefizit, dass auf der fehlenden Grundlagenbescheidwirkung der hier relevanten Zurückweisungsbescheide basierte, durch die Schaffung eines Antragsrechtes beseitigen.

Ziel der Auslegung ist es, den objektiven Willen einer Vorschrift zu erfassen. Diesem Auslegungsziel dienen die grammatikalische, die systematische, die teleologische und die historische Auslegung. Diese Auslegungsmethoden schließen einander nicht gegenseitig aus, sondern ergänzen sich ( ). Die Basis der Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der Wortlaut der Gesetzesbestimmung in ihrem Sinnzusammenhang ( ; , 95/15/0012).

Die Grenze jeglicher Auslegung liegt im äußerst möglichen Wortsinn ( ; , 99/13/0135; , 2006/15/0129). Dieser Wortsinn begrenzt die Antragsfrist hier – entgegen dem Beschwerdebegehren – klar und unmissverständlich. Das zwingt zu einer engen Interpretation. § 295 Abs. 4 BAO verweist auf den „Ablauf der für Wiederaufnahmsanträge nach § 304 maßgeblichen Frist“ und schaltet diese beiden Fristen damit zweifelsfrei gleich. Hier liegen keine Hinweise vor, die auf eine Verspätung der Anträge hinweisen.

§ 295 Abs. 4 BAO regelt klar und eindeutig, dass Änderungsbescheide gem.  § 295 Abs. 1 BAO auf Antrag der Partei (§ 78) aufzuheben sind, wenn sie sich auf ein Dokument stützten, dass sich nachträglich als „Nichtbescheid“ erweist. Der Zweck der Regelung ist, einen Bescheid zu beheben, weil zu Unrecht das Vorliegen des Verfahrenstitels des § 295 Abs. 1 BAO zu seiner Änderung angenommen wurde (vgl. ).

Sachverhaltsmäßige Bedingung ist also, dass sich der Änderungsbescheid zu Unrecht auf dieses Dokument stützte. Ist dies – wie hier – nicht der Fall, weil völlig andere Grundlagenbescheide abgeändert, aufgehoben oder erlassen wurden und nur diese Tatsache vom Finanzamt als Grund für die Änderung des abgeleiteten Bescheides herangezogen wurde, kommt die Anwendung des § 295 Abs. 4 BAO schon aus diesem Grund nicht in Frage. Auch wenn man sich den „Nichtbescheid“ wegdenkt, den der Antrag nennt, wäre ein Änderungsbescheid zu erlassen gewesen.

Damit konnte auch den hier strittigen Anträgen auf Aufhebung der Änderungsbescheide kein Erfolg beschieden sein.

Zulässigkeit einer Revision:

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Strittig ist hier im Kern zu Punkt 1 (Wiederaufnahme), ob die rechtliche Beurteilung einer als Feststellungsbescheid intendierten Erledigung als „Nichtbescheid“ eine neue Tatsache im Sinne des § 303 BAO darstellt. Dass dies nicht der Fall ist, ist höchstgerichtlich eindeutig und einheitlich geklärt (siehe oben). Zudem ist diese Frage hier nicht von Relevanz, weil sie für die gem. § 295 Abs. 1 BAO geänderten Bescheide nicht von Bedeutung war.

Zu Punkt 2 ist im Kern nur strittig, ob ein Antrag gem.  § 295 Abs. 4 BAO auch dann zur Aufhebung eines Änderungsbescheides führen kann, wenn sich die Änderung überhaupt nicht auf das Dokument stützte, das sich im Zuge der Zurückweisung einer Beschwerde (bis „Berufung“) als „Nichtbescheid“ entpuppte. Hier stützte sich keiner der Änderungsbescheide auch nur auf einen der den Anträgen zugrunde liegenden „Nichtbescheide“, weshalb die Lösung der vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Rechtsfrage hier schon aus diesem Grund leicht und eindeutig ist. Damit liegt – entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers – zumindest für diese konkrete Sachverhaltskonstellation keine klärungsbedürftige Frage grundsätzlicher Bedeutung vor. Sowohl der klare Gesetzeswortlaut wie auch die gesamte einschlägige Literatur (vgl. Ritz, BAO5, § 295 Tz 21a ff; Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 295 Anm 23 ff; Tanzer/Unger, BAO 2014/2015, „D. Abänderung von abgeleiteten Bescheiden ( § 295 BAO )“; Beiser, ÖStZ 2013, 476; Pfau, RdW 2012, 759; Keppert/Koss, SWK 28/2013, 1241) ziehen die hier beantragte Aufhebung und damit die gänzliche Beseitigung des Änderungsbescheides nur dann in Erwägung, wenn sich die Änderung auf einen „Grundlagenbescheid“ stützte, der nachträglich als „Nichtbescheid“ beurteilt wurde. Damit ist diese Frage im Gesetz so eindeutig geregelt, dass nur eine Möglichkeit der Auslegung ernstlich in Betracht zu ziehen ist und Auslegungszweifel nicht entstehen. Diese Einschätzung teilt auch der VwGH ( ). Auch ohne dieses höchstgerichtliche Erkenntnis wäre in einem solchen Fall mangels Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung die Revision nicht zuzulassen (vgl. Twardosz in Twardosz (Hrsg), Handbuch VwGH-Verfahren3 (Mai 2014), Pkt. 2.4.2 unter Hinweis auf ; so auch Pinetz, ecolex 2014, 1102 unter Hinweis auf Thienel in Holoubek/Lang, Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz (2013), 331 (364) und Kodek in Rechberger, ZPO3, § 502 Rz 16).

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