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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 11.10.2018, RV/5101181/2018

Festsetzung eines Säumniszuschlages bei zu Unrecht geltend gemachter Vorsteuer.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden V und die weiteren Senatsmitglieder R, B2 sowie B1 in der Beschwerdesache Beschwerdeführer, vertreten durch Steuerberater, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt FA vom betreffend Säumniszuschlag in der Sitzung am  nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt und Parteienvorbringen

Bei der Beschwerdeführerin fand eine Prüfung hinsichtlich der Jahre 2010-2014 statt. Unter der Textziffer 1 wurde festgestellt, dass die von Dr. AB gelegten Fakturen folgende Textierung aufweisen würden: „Für die Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten samt Infrastruktur meiner Ordination im ... (Zeitraum) erlaube ich mir, den Betrag von € ... inklusive Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen." Da auf den Rechnungen weder der Steuersatz noch der auf das Entgelt entfallende Steuerbetrag ausgewiesen seien, liege keine den Bestimmungen des § 11 Abs. 1 Z. 3 UStG entsprechende Rechnung vor. Die geltend gemachte Vorsteuer werde daher nicht anerkannt (2010: 1.560,00 €).
In Textziffer 2 wurde festgehalten, dass über die Vermietung der Ordinationsräumlichkeiten samt Infrastruktur durch Dr. C keine Rechnungen mit USt-Ausweis ausgestellt worden seien. Die 2010 geltend gemachte Vorsteuer i.H.v. € 1.300,00 werde daher nicht anerkannt.

Das Finanzamt schloss sich den Feststellungen der Betriebsprüfung an und erließ am einen neuen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2010, der eine Nachforderung i.H.v. € 2.860,00 aufwies.

Am wurde der Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages erlassen. Begründend wurde ausgeführt, dass von der Umsatzsteuer 2010 i.H.v. € 2.860,00 gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO ein Säumniszuschlag mit 2 %, das seien 57,0 €, festgesetzt würde. Die Festsetzung sei erforderlich, weil die Beschwerdeführerin die oben angeführte Abgabenschuldigkeit nicht bis entrichtet habe.

Mit Schreiben von brachte die Beschwerdeführerin durch ihren steuerlichen Vertreter gegen den Bescheid betreffend Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages eine Beschwerde ein. Weiters wurde der Antrag auf Aussetzung der Einhebung hinsichtlich eines Betrages in Höhe von Euro 57,20 gestellt. In eventu wurde der Antrag auf Nachsicht gemäß § 217 Abs. 7 BAO hinsichtlich des Betrages in Höhe von 57,20 € gestellt. Begründend wurde ausgeführt, dass ein Antragsrecht auf Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung von Säumniszuschlägen voraussetzen würde, dass den Abgabenpflichtigen kein grobes Verschulden an der Säumnis treffe. Grobes Verschulden fehle, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliege. Der Umsatzsteuerbescheid 2010 sei aber auf Basis der Feststellungen der Betriebsprüfung neu erlassen worden. Das Betriebsprüfungsergebnis sei aus verfahrensökonomischen Gründen akzeptiert worden, wie wohl eine Stellungnahme von Magister X bisher nicht übermittelt worden sei (eine derartige sei mit Auskunftsbegehren von beantragt worden). Letztendlich gehe es um die Frage, ob die Vermietung von Ordinationsräumlichkeiten im Rahmen ärztlicher Tätigkeiten erfolge oder nicht. Auf eine allfällige Rechnungskorrektur sei ebenfalls aus verwaltungsökonomischen Gründen verzichtet worden. Der Verzicht auf Einwendungen könne jedoch nicht als ein schuldhaftes Verhalten der Abgabepflichtigen gewertet werden. Nach gefestigter Rechtsprechung sei das Recht auf Vorsteuerabzug ein Grundprinzip des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems, das grundsätzlich nicht eingeschränkt werden könne und das für die gesamte Steuerbelastung der vorausgehenden Umsatzstufen sofort ausgeübt werden könne. Ob daher ein allfälliger Vermieter Umsatzsteuer abführe, sei für den Vorsteuerabzug vollkommen irrelevant. Es werde daher der Antrag gestellt, den Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages ersatzlos aufzuheben bzw. Nachsicht zu gewähren, zumal die Umsatzsteuer 2010 auch bereits beglichen worden sei. Für den Fall der Nichtstattgabe der Beschwerde und Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht werde die Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat beantragt. Gemäß § 274 BAO werde weiters die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Das Finanzamt wies die Beschwerde von mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Nach Wiedergabe der gesetzlichen Grundlagen wurde begründend ausgeführt, dass im gegenständlichen Fall der Nachforderungsbetrag an Umsatzsteuer 2010 i.H.v. € 2.860,00 bis zum Fälligkeitstag nicht getilgt worden wäre, daher sei die Festsetzung eines Säumniszuschlages völlig zurecht erfolgt.

Im Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht vom wurde vom steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin ausgeführt, dass sich Ausnahmen der Säumniszuschlagspflicht aus der sonstigen Hemmung der Einbringung nach § 230 BAO ergeben würden. Während gesetzlich zustehender Zahlungsfristen sei die Einbringung gehemmt. Gemäß § 210 Abs. 4 stehe eine Nachfrist von einem Monat zu, wenn die Abgabe später als ein Monat vor dem Eintritt ihrer Fälligkeit (somit vor allem nach Eintritt ihrer Fälligkeit) festgesetzt werde. Bedeutsam sei § 210 Abs. 4 BAO bei Abgaben, deren Fälligkeit speziell geregelt sei, konkret § 21 Abs. 1 UStG. Da es sich um eine Festsetzung von Abgaben nach der Fälligkeit handle, stehe dem Abgabepflichtigen für die Entrichtung eine Nachfrist von einem Monat ab der Bekanntgabe des maßgebenden Bescheides bzw. der Voranmeldung zu. Während dieser Zahlungsfrist dürften Einbringungsmaßnahmen nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden. Da die Zahlung aufgrund der Nachforderung erst nach Fälligkeit erfolgt sei, sei jedoch grundsätzlich ein Säumniszuschlag verwirkt. Der Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages i.H.v. € 57,20 sei am erlassen worden, die diesem Bescheid zugrunde liegende Umsatzsteuer sei mit Bescheid vom festgesetzt worden. Die Einmonatsfrist sei seitens der Finanzverwaltung jedenfalls nicht eingehalten worden. Der Bescheid sei daher aufzuheben. Wiederholt wurden die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung bzw. die Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat.

Im Vorlagebericht vom wies das Finanzamt nach Wiedergabe des Sachverhaltes ergänzend darauf hin, dass der Säumniszuschlag eine Forderung der Einhebung sei, weswegen die Argumentation hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 217 Abs. 4 lit. b i.V.m. § 230 Abs. 2 BAO ins Leere laufen würde. Die Fälligkeit der Vorauszahlungen an Umsatzsteuer würden jeweils am 15. Tag des auf einen Kalendermonat zweitfolgenden Kalendermonats eintreten. Für die Entstehung des Säumniszuschlages nach § 217 komme es daher auf den Zeitpunkt der Erlassung der Jahresumsatzsteuerbescheide bzw. eines Umsatzsteuerfestsetzungsbescheides nicht an. Scheinbar verwechsle der steuerliche Vertreter den Fälligkeitstag mit der Zahlungsfrist, da der Säumniszuschlag bereits am verwirkt gewesen wäre, und Formen der Einbringung mit der Einhebung. Wie bereits in der BVE vom ausgeführt, sei die Nachforderung aufgrund einer eindeutigen Rechtslage erfolgt, weshalb § 217 Abs. 7 BAO keine Anwendung finden würde. Aus den oben genannten Gründen würde beantragt, die Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages von abzuweisen.

Der Beschwerdeführer bzw. dessen Vertreter sind zur mündlichen Verhandlung am nicht erschienen. Die Ladung wurde am zugestellt.
Der Vertreter der belangten Behörde beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Beweiswürdigung

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in die vorliegenden Aktenteile.

Rechtslage

§ 217 BAO lautet auszugsweise:
(1) Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.
(2) Der erste Säumniszuschlag beträgt 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
(4) Säumniszuschläge sind für Abgabenschulden insoweit nicht zu entrichten, als
b) ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 gehemmt ist.
(7) Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei der Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

§ 230 BAO lautet auszugsweise:
(2) während einer gesetzlich zustehenden oder durch Bescheid zuerkannte Zahlung Frist dürfen Einbringungsmaßnahmen nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden.

§ 210 Abs. 4 BAO lautet:
Werden Abgaben, ausgenommen Nebenansprüche, später als einen Monat vor ihrer Fälligkeit festgesetzt, so steht dem Abgabepflichtigen für die Entrichtung der Abgabennachforderung eine Frist von einem Monat ab der Bekanntgabe des maßgeblichen Bescheides zu.

§ 12 Abs. 1 Z 1 lit a) 1. Satz UStG 1994 lautet:
Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen: Die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.

Gemäß § 11 Abs. 1 Z 3 lit e UStG 1994 müssen Rechnungen das Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 4) und den anzuwendenden Steuersatz, im Falle einer Steuerbefreiung einen Hinweis, dass für diese Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt.

Gemäß § 11 Abs. 1 Z 3 lit f) 1. Satz UStG 1994 müssen Rechnungen den auf das Entgelt (lit. e) entfallenden Steuerbetrag enthalten.

Rechtliche Erwägungen

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d) nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe des § 217 BAO Säumniszuschläge zu entrichten.

Der erste Säumniszuschlag beträgt 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (§ 217 BAO).

Im gegenständlichen Fall ergab der wiederaufgenommene Umsatzsteuerbescheid 2010 eine Nachzahlung in Höhe von € 2.860,00, weil vom Finanzamt der Vorsteuerabzug in dieser Höhe versagt wurde. Ergibt sich aufgrund der Umsatzsteuerveranlagung eine Nachforderung, so wird dadurch keine von der Selbstberechnung oder Festsetzung abweichende Fälligkeit begründet. Nachforderungen an Umsatzsteuer aus der Jahreserklärung sind zwangsläufig nicht entrichtete Vorauszahlungen oder verminderte Überschüsse. Gemäß § 21 Abs. 5 UStG 1994 wird für Nachforderungen auf Grund einer Veranlagung keine von Abs. 1 oder 3 abweichende Fälligkeit begründet. Eine von der Bescheidzustellung abhängige Fälligkeit ist nicht vorgesehen.

Es ist unbestritten, dass der Betrag von € 2.860,00 nicht bis entrichtet worden war. Der Tatbestand des § 217 Abs. 1 BAO ist daher erfüllt.

Wenn der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin meint, der Vorsteuerabzug sei zu Unrecht nicht anerkannt worden, so ist dem entgegenzuhalten, dass dieser Einwand der gegenständlichen Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen kann, zumal die Festsetzung eines Säumniszuschlages (lediglich) in Bestand einer formellen Zahlungsverpflichtung voraussetzt ().

Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt (§ 217 Abs. 7 BAO).

Anträge gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind grundsätzlich unbefristet und können auch in einer Beschwerde oder im Vorlageantrag betreffend den Säumniszuschlagsbescheid gestellt werden (Fischerlehner, Abgabenverfahren², § 217 Anm. 11; -RS1).

Für die Herabsetzung des Säumniszuschlages bzw. die Unterlassung der Festsetzung eines solchen kommt es auf die Umstände der konkreten Säumnis an. Entscheidend ist nach der zitierten Gesetzesstelle, ob den Abgabenpflichtigen an der Säumnis ein grobes Verschulden trifft. Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt (vgl Ritz, BAO6, § 217, Tz 43). Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Keine bloße leichte Fahrlässigkeit liegt aber vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt ().

In der Beschwerde vom bringt der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass der Verzicht auf Einwendungen gegen den materiellrechtlichen Umsatzsteuerbescheid 2010 nicht als schuldhaftes Verhalten der Abgabepflichtigen gewertet werden könne. Das Recht auf Vorsteuerabzug sei ein Grundprinzip des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems, das grundsätzlich nicht eingeschränkt werden könne. Ob daher ein allfälliger Vermieter Umsatzsteuern abführe, sei für den Vorsteuerabzug vollkommen irrelevant.

In diesem Zusammenhang ist zu klären, ob es überhaupt zutrifft, dass der Vorsteuerabzug in Zusammenhang mit dem Mietaufwand für das Jahr 2010 tatsächlich zu Unrecht versagt worden ist.

Dem steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin ist insofern zuzustimmen, als der Vorsteuerabzug das zentrale Element des geltenden Umsatzsteuersystems ist. Der Vorsteuerabzug steht jedoch nur zu, wenn die im § 12 UStG 1994 normierten Voraussetzungen vorliegen. Nach § 12 Abs 1 Z 1 lit a UStG 1994 kann der Unternehmer nur eine Steuer als Vorsteuer abziehen, die der leistende Unternehmer in einer Rechnung gemäß § 11 an ihn gesondert ausgewiesen hat. Das Vorliegen einer Rechnung iSd § 11 ist eine materiell-rechtliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug. In der Rechnung muss der auf das Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung entfallende Steuerbetrag gem § 11 Abs 1 Z 3 lit f UStG 1994 getrennt angeführt sein. Fehlt dieses Merkmal, so ist der Vorsteuerabzug jedenfalls zu versagen.

Es ist unbestritten, dass Dr. AB und Dr. C jeweils Rechnungen ohne Umsatzsteuerausweis legten. Damit ergibt sich jedoch in direkter Anwendung der gesetzlichen Regelung des § 12 UStG, dass ein Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist. Das Finanzamt hat den Vorsteuerabzug somit zu Recht versagt.

Nimmt ein zur Selbstbe­rechnung verpflichteter Eigenschuldner (zB Arbeitgeber für Dienstgeberbeiträge) oder Abfuhr­pflichtiger (zB Arbeitgeber für Lohnsteuer) die Selbstbe­rechnung vor und entrichtet er (zeitge­recht) den selbst berechneten Betrag, so ist für § 217 Abs 7 BAO ausschlag­gebend, ob ihn an einer Fehlbe­rechnung (gemeint ist eine zu niedrige Berechnung) ein grobes Verschulden trifft. Dies wird beispielsweise nicht der Fall sein, wenn der Selbstbe­rechnung eine vertretbare Rechtsansicht zugrunde liegt (vgl. Ritz, BAO6, § 217 Tz 48; ). Dies gilt insbesondere dann, wenn ein zur Selbstbe­rechnung verpflichteter Eigenschuldner (z. B. Unternehmer für Umsatz­steuervoraus­zahlungen) von einer vertretbaren Rechtsansicht ausgehend die Selbstbe­rechnung der Abgabe vornimmt und den selbst berechneten Betrag zeitge­recht entrichtet. Allerdings ist die Qualität des Verschuldens lediglich anhand des Parteienvorbringens zu beurteilen, da § 217 Abs 7 BAO einen Begünstigungstatbestand normiert, wonach auf Antrag des Steuer­pflichtigen von der Anlastung eines Säumniszuschlages ganz oder teilweise Abstand zu nehmen ist, wenn ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft. Ein derartiges Verfahren, das auf die Erlangung einer abgaben­rechtlichen Begünstigung gerichtet ist, wird vom Antrags­prinzip beherrscht. Dies bedeutet, dass der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhalts­ermittlung gegenüber der Offenlegungs­pflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund tritt (vgl. ). Dieser hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen all jener Umstände aufzuzeigen, auf welche die abgaben­rechtliche Begünstigung gestützt werden kann.  

Ein Vorbringen dahingehend, weshalb die Beschwerdeführerin an der unrichtigen Berechnung der Umsatzsteuer 2010 bzw an dem zu Unrecht vorgenommenen Vorsteuerabzug kein grobes Verschulden trifft, wurde nicht erstattet. Jedenfalls ist davon auszugehen, dass sowohl der Beschwerdeführerin als auch dem steuerlichen Vertreter bekannt ist, dass für den Vorsteuerabzug ein gesonderter Steuerausweis essentiell ist. Inwiefern sie an dem zu unrecht vorgenommenen Vorsteuerabzug kein Verschulden treffen könnte, wurde weder dargelegt noch ergeben sich hierfür Anhaltspunkte aus den vorliegenden Akten.

Im Vorlageantrag wurde schließlich vorgebracht, dass der beschwerdegegenständliche Säumniszuschlagsbescheid nicht zulässig sei, weil im Zeitpunkt seiner Erlassung die Einbringung gehemmt gewesen sei. Diesem Vorbringen ist Folgendes entgegenzuhalten:

Bei der Veranlagung zur Umsatzsteuer (§ 21 Abs 4 UStG) handelt es sich um eine Festsetzung der Abgabe nach der Fälligkeit. Dem Abgabenpflichtigen steht für die Entrichtung eine Nachfrist von einem Monat ab der Bekanntgabe des Umsatzsteuerbescheides zu. Gegenüber der nach § 21 UStG bereits eingetretenen Fälligkeit begründet die gem. § 210 Abs. 4 BAO einzuräumende Nachfrist keinen neuen Fälligkeitszeitpunkt. (vgl. Fischerlehner, Abgabenverfahren², § 210 Anm. 6)

Fälligkeitstag der Nachforderung aus der Veranlagung der Umsatzsteuer 2010 gemäß Bescheid vom war daher der . Nach Ablauf des genannten Tages trat gemäß § 217 Abs. 1 BAO die infolge Nichtentrichtung der Abgabe die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages ein.

Die Fälligkeit der Vorauszahlungen an USt tritt gem § 21 Abs 1 UStG 1972 und 1994 jeweils am 15ten Tag des auf einen Kalendermonat folgenden zweitfolgenden Kalendermonats ein. Für die Entstehung des Säumniszuschlags nach § 217 BAO kommt es daher auf den Zeitpunkt der Erlassung der Jahresumsatzsteuerbescheide bzw eines Umsatzsteuer-Festsetzungsbescheides nicht an. ()

Säumniszuschläge fallen grundsätzlich immer dann an, wenn Abgaben nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden und keine im Gesetz taxativ aufgezählten Aufschiebungsgründe oder Ausnahmetatbestände gesetzt wurden. Da im Beschwerdefall die Umsatzsteuer als Selbstbemessungsabgabe jeweils schon lange vor ihrer bescheidmäßigen Nachforderung fällig geworden ist (§ 21 UStG), somit der Umsatzsteuerbescheid die mit Ablauf des gesetzlichen Fälligkeitstages verwirkte Säumniszuschlagsverpflichtung nicht mehr berührte, kann auch die Nachfrist gemäß § 210 Abs. 4 BAO  keine Auswirkung auf den mit Ablauf des Fälligkeitstages bereits entstandenen Säumniszuschlagsanspruches bewirken (). Im Erkenntnis vom , 94/13/0242, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass gegenüber der nach § 21 UStG bereits eingetretenen Fälligkeit die gemäß § 210 Abs 4 BAO einzuräumende Nachfrist keinen neuen Fälligkeitszeitpunkt begründet.

Dem steuerlichen Vertreter ist insofern zuzustimmen, dass der Beschwerdeführerin für die Entrichtung der Umsatzsteuer 2010 eine Nachfrist von einem Monat ab der Bekanntgabe des Bescheides zusteht und innerhalb dieses Zeitraumes keine Einbringungsmaßnahmen gesetzt werden dürfen. Er übersieht jedoch offensichtlich, dass diese Nachfrist keine neue Fälligkeit begründet und die Verpflichtung zur Entrichtung eines ersten Säumniszuschlages in Zusammenhang mit der Umsatzsteuer 2010 iHv € 2.860,00 (bzw. der zu Unrecht geltend gemachten Vorsteuer in dieser Höhe) bereits in dem Zeitpunkt entstanden ist, als die Vorsteuer zu Unrecht geltend gemacht worden ist.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Ausführungen der Beschwerdeführerin bzw. ihres steuerlichen Vertreters nicht geeignet waren, ihr Begehren auf Nichtfestsetzung des beschwerdegegenständlichen Säumniszuschlages betreffend Umsatzsteuer 2010 in Höhe von 57,20 € zu stützen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Säumniszuschlages folgt der Senat der höchstgerichtlichen Judikatur. Somit wurden im Beschwerdefall Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht berührt, weshalb eine (ordentliche) Revision nicht zulässig ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 230 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 210 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.5101181.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at