Vorliegen eines haftungsbegründenden Sachverhaltes
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart vom , betreffend Haftung gemäß § 9 BAO, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird insoweit Folge gegeben, als die Haftung auf € 108.199,50 anstatt € 119.288,06 eingeschränkt wird.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Haftungsprüfungsvorhalt vom führte die Abgabenbehörde wie folgt aus:
„Die Vertreter juristischer Personen haben alle Pflichten des Vertretenen zu erfüllen.
Insbesondere haben sie dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, vorschriftsmäßig entrichtet werden.
Vertreter haften mit ihrem persönlichen Einkommen und Vermögen für unentrichtet gebliebene Abgaben des Vertretenen, wenn sie an der Nichtentrichtung dieser Abgaben ein Verschulden trifft. Leichte Fahrlässigkeit gilt bereits als Verschulden.
Sie werden daher in Ihrem eigenen Interesse ersucht, die nachfolgenden Fragen sorgfältig und vollständig zu beantworten und durch Vorlage geeigneter Unterlagen, die zu Ihrer Entlastung dienen können, zu belegen.
1. Am Konto der J-GmbH haften folgende haftungsrelevante Abgaben aus:
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Abgabe | Fälligkeit | Bescheid vom | UVA/Nova vom | Betrag |
Umsatzsteuer 2013 | 4.131,01 | |||
Umsatzsteuer 6/13 | 7.117,33 | |||
Umsatzsteuer 7/13 | 9.343,70 | |||
Umsatzsteuer 8/13 | 10.989,77 | |||
Umsatzsteuer 9/13 | 7.884,14 | |||
Umsatzsteuer 10/13 | 2.590,56 | |||
Umsatzsteuer 11/13 | 5.853,23 | |||
Umsatzsteuer 12/13 | 740,23 | |||
Umsatzsteuer 1/14 | 7.004,50 | |||
Umsatzsteuer 2/14 | 1.861,83 | |||
Umsatzsteuer 3/14 | 2.335,11 | |||
Umsatzsteuer 4/14 | 4.067,55 | |||
Umsatzsteuer 5/14 | 5.233,19 | |||
Umsatzsteuer 6/14 | 3.597,89 | |||
Umsatzsteuer 7/14 | 7.971,85 | |||
Lohnsteuer 2012 | 1.753,87 | |||
Lohnsteuer 11/13 | 2.059,15 | |||
Lohnsteuer 12/13 | 1.412,53 | |||
Lohnsteuer 1/14 | 1.528,06 | |||
Lohnsteuer 2/14 | 1.528,06 | |||
Lohnsteuer 3/14 | 1.528,06 | |||
Lohnsteuer 4/14 | 1.406,72 | |||
Lohnsteuer 5/14 | 1.494,03 | |||
Lohnsteuer 7/14 | 1.539,95 | |||
Lohnsteuer 8/14 | 1.312,33 | |||
Normverbrauchsabgabe 7/13 | 937,38 | |||
Normverbrauchsabgabe 8/13 | 900,00 | |||
Normverbrauchsabgabe 9/13 | 1.082,62 | |||
Normverbrauchsabgabe 10/13 | 582,46 | |||
Normverbrauchsabgabe 11/13 | 565,56 | |||
Normverbrauchsabgabe 12/13 | 654,29 | |||
Normverbrauchsabgabe 1/14 | 1.871,02 | |||
Normverbrauchsabgabe 2/14 | 93,84 | |||
Normverbrauchsabgabe 4/14 | 3.506,82 | |||
Normverbrauchsabgabe 5/14 | 5.858,29 | |||
Normverbrauchsabgabe 7/14 | 7,60 | |||
Dienstgeberbeitrag 2012 | 646,48 | |||
Dienstgeberbeitrag 11/13 | 1.106,57 | |||
Dienstgeberbeitrag 12/13 | 566,97 | |||
Dienstgeberbeitrag 1/14 | 585,03 | |||
Dienstgeberbeitrag 2/14 | 583,95 | |||
Dienstgeberbeitrag 3/14 | 543,21 | |||
Dienstgeberbeitrag 4/14 | 564,71 | |||
Dienstgeberbeitrag 5/14 | 541,74 | |||
Dienstgeberbeitrag 7/14 | 598,27 | |||
Dienstgeberbeitrag 8/14 | 547,98 | |||
Zuschlag zum DB 2012 | 67,20 | |||
Zuschlag zum DB 11/13 | 108,20 | |||
Zuschlag zum DB 12/13 | 55,44 | |||
Zuschlag zum DB 1/14 | 57,20 | |||
Zuschlag zum DB 2/14 | 57,20 | |||
Zuschlag zum DB 3/14 | 53,11 | |||
Zuschlag zum DB 4/14 | 55,22 | |||
Zuschlag zum DB 5/14 | 52,97 | |||
Zuschlag zum DB 7/14 | 58,50 | |||
Zuschlag zum DB 8/14 | 53,58 | |||
insgesamt: | 119.248,06 |
2. Laut Firmenbuchauszug waren sie seit als Geschäftsführer der J-GmbH bestellt. Auf Grund Ihrer Funktion als geschäftsführender Vertreter oblag Ihnen die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen der Vertretenen.
3. Da die unter Punkt 1 angeführten haftungsrelevanten Abgabenbeträge während Ihrer Vertretungsperiode fällig bzw. nicht entrichtet wurden, muss das Finanzamt bis zum Beweis des Gegenteiles davon ausgehen, dass Sie der Ihnen aufgetragenen Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Vertretenen nicht vorschriftsgemäß nachgekommen sind.
4. Die genannten Beträge sind bei der J-GmbH als uneinbringlich anzusehen. Dies ergibt sich zweifelsfrei daraus, dass mit Beschluss vom Da2 des Landesgerichtes X das Konkursverfahren gemäß § 139 IO (nach Vollzug der Schlussverteilung) aufgehoben wurde.
5. Sofern die Gesellschaft bereits zu den jeweiligen Fälligkeitstagen der Abgaben nicht mehr über ausreichende liquide Mittel zur (vollen) Bezahlung aller Verbindlichkeiten verfügte, werden Sie ersucht, dies durch eine Auflistung sämtlicher Gläubiger mit zum Zeitpunkt der Abgabenfälligkeiten (siehe Punkt 1) gleichzeitig oder früher fällig gewordenen Forderungen darzulegen. In dieser Aufstellung müssen alle damaligen Gläubiger der Gesellschaft (auch die zur Gänze bezahlten) sowie die auf einzelne Verbindlichkeiten (Gläubiger) geleisteten Zahlungen (Quoten) enthalten sein. Außerdem sind alle verfügbar gewesenen liquiden Mittel (Bargeld und offene Forderungen) anzugeben bzw. gegenüber zu stellen.
Es steht Ihnen frei, die maßgebliche finanzielle Situation zum Eintritt der Abgabenfälligkeiten, die offenen Verbindlichkeiten und die erbrachten Tilgungsleistungen an alle einzeln anzuführenden Gläubiger auch auf andere Art und Weise einwandfrei bekannt zu geben.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliegt Ihnen als Vertreter, Nachweise dafür, wie viel Zahlungsmittel zur Verfügung gestanden sind und in welchem Ausmaß die anderen Gläubiger noch Befriedigung erlangten, zu erbringen. Im Fall der Nichterbringung dieser Nachweise muss das Finanzamt davon ausgehen, dass Sie die Ihnen obliegende Verpflichtung, die fällig gewordenen Abgaben aus den verwalteten Mitteln zu entrichten, schuldhaft verletzt haben, und diese Pflichtverletzung auch ursächlich für den Abgabenausfall ist.
6. Wird der Nachweis einer Gläubigergleichbehandlung nicht in nachvollziehbarer Weise erbracht, liegt es im Ermessen des Finanzamtes, die Haftung für die unter Punkt 1 genannten Abgabenbeträge auszusprechen, bei Benachteiligung des Abgabengläubigers im Ausmaß der nachgewiesenen Benachteiligung der Abgabenschuldigkeiten gegenüber den anderen Verbindlichkeiten (z.B. ). Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Eine Betrachtung der Gläubigergleichbehandlung hat zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu erfolgen.
Da der öffentliche Auftrag zur Ergreifung aller Mittel, vollstreckbare Abgaben einzubringen, bei einer vorzuwerfenden Pflichtverletzung allfällige Einzelinteressen verdrängt (z.B. ), sähe sich das Finanzamt veranlasst, die gesetzliche Vertreterhaftung gegen Sie im erforderlichen Ausmaß geltend zu machen.
Unter diesen Umständen haften Sie für die uneinbringlichen Abgabenschuldigkeiten im vollen Ausmaß (zB. ).
7. Ausnahme vom Gleichbehandlungsgrundsatz besteht für Abfuhrabgaben, nämlich für die Kapitalertragsteuer (), Beträge gemäß § 99 EStG 1988 und hier für die Lohnsteuer.
8. Wurden Forderungen an Banken oder an andere Gläubiger abgetreten (Generalzession, Mantelzession)?
Kopien der Verträge sind vorzulegen.
9. Wie sind Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse?
Woraus bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt?
Beiliegende Formulare (EV6 und EV7) sind vollständig auszufüllen.
10. Ist ein Schuldenregulierungsverfahren (Privatkonkurs) geplant?
Zur Stellungnahme wird Ihnen eine Frist bis zum eingeräumt.“
Mit Haftungsbescheid vom nahm die Abgabenbehörde den Beschwerdeführer (Bf) als Haftungspflichtigen gemäß § 9 i.V.m. §§ 80 ff. Bundesabgabenordnung für die nachstehend angeführten aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Firma J-GmbH, Firmenbuchnummer Z2, Adr, im Ausmaß von € 119.288,06 in Anspruch:
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Abgabenart | Zeitraum | Höhe in Euro |
Umsatzsteuer | 2013 | 4.131,01 |
Umsatzsteuer | 06/2013 | 7.117,33 |
Umsatzsteuer | 07/2013 | 9.343,70 |
Umsatzsteuer | 08/2013 | 10.989,77 |
Umsatzsteuer | 09/2013 | 7.884,14 |
Umsatzsteuer | 10/2013 | 2.590,56 |
Umsatzsteuer | 11/2013 | 5.853,23 |
Umsatzsteuer | 12/2013 | 740,23 |
Umsatzsteuer | 01/2014 | 7.004,50 |
Umsatzsteuer | 02/2014 | 1.861,83 |
Umsatzsteuer | 03/2014 | 2.335,11 |
Umsatzsteuer | 04/2014 | 4.067,55 |
Umsatzsteuer | 05/2014 | 5.233,19 |
Umsatzsteuer | 06/2014 | 3.597,89 |
Umsatzsteuer | 07/2014 | 7.971,85 |
Lohnsteuer | 2012 | 1.753,87 |
Lohnsteuer | 11/2013 | 2.059,15 |
Lohnsteuer | 12/2013 | 1.412,53 |
Lohnsteuer | 01/2014 | 1.528,06 |
Lohnsteuer | 02/2014 | 1.528,06 |
Lohnsteuer | 03/2014 | 1.528,06 |
Lohnsteuer | 04/2014 | 1.406,72 |
Lohnsteuer | 05/2014 | 1.494,03 |
Lohnsteuer | 07/2014 | 1.539,95 |
Lohnsteuer | 08/2014 | 1.312,33 |
Normverbrauchsabgabe | 07/2013 | 937,38 |
Normverbrauchsabgabe | 08/2013 | 900,00 |
Normverbrauchsabgabe | 09/2013 | 1.082,62 |
Normverbrauchsabgabe | 10/2013 | 582,46 |
Normverbrauchsabgabe | 11/2013 | 565,56 |
Normverbrauchsabgabe | 12/2013 | 654,29 |
Normverbrauchsabgabe | 01/2014 | 1.871,02 |
Normverbrauchsabgabe | 02/2014 | 93,84 |
Normverbrauchsabgabe | 04/2014 | 3.506,82 |
Normverbrauchsabgabe | 05/2014 | 5.858,29 |
Normverbrauchsabgabe | 07/2014 | 7,60 |
Dienstgeberbeitrag | 2012 | 686,48 |
Dienstgeberbeitrag | 11/2013 | 1.106,57 |
Dienstgeberbeitrag | 12/2013 | 566,97 |
Dienstgeberbeitrag | 01/2014 | 585,03 |
Dienstgeberbeitrag | 02/2014 | 583,95 |
Dienstgeberbeitrag | 03/2014 | 543,21 |
Dienstgeberbeitrag | 04/2014 | 564,71 |
Dienstgeberbeitrag | 05/2014 | 541,74 |
Dienstgeberbeitrag | 07/2014 | 598,27 |
Dienstgeberbeitrag | 08/2014 | 547,98 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 2012 | 67,20 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 11/2013 | 105,20 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 12/2013 | 55,44 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 01/2014 | 57,20 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 02/2014 | 57,20 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 03/2014 | 53,11 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 04/2014 | 55,22 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 05/2014 | 55,97 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 07/2014 | 58,50 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 08/2014 | 53,58 |
Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt:
„Gem. § 9 Abs. 1 BAO haften die in den § 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Nach § 80 Abs. 1 leg.cit. haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen nur dann zur Haftungsinanspruchnahme, wenn die Verletzung schuldhaft erfolgte. Eine bestimmte Schuldform ist hiefür nicht erforderlich (z.B. ; ;). Daher reicht leichte Fahrlässigkeit jedenfalls aus.
Die genannten Beträge sind bei der J-GmbH als uneinbringlich anzusehen. Dies ergibt sich zweifelsfrei daraus, dass laut Beschluss des Landesgerichtes X vom Da2 das Konkursverfahren gemäß § 139 IO (nach Vollzug der Schlussverteilung) aufgehoben wurde.
Sie sind seit Geschäftsführer der GmbH und die Fälligkeit der Abgaben fällt in Ihren Verantwortungszeitraum.
Der Geschäftsführer haftet für die nicht entrichtete Umsatzsteuer der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung standen, hiezu nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten.
Unterbleibt der Nachweis, können ihm die uneinbringlichen Abgaben zur Gänze vorgeschrieben werden ().
Wurden unbestritten erzielte Einnahmen nicht zumindest anteilsmäßig auch zur Abstattung der Abgabenschuldigkeiten herangezogen, kann von einer die Haftung auslösenden Benachteiligung des Abgabengläubigers ausgegangen werden.
Die Haftung erfährt dann eine Einschränkung auf den Benachteiligungsbetrag, wenn der Haftende den Nachweis erbringt, welcher Abgabenbetrag auch bei einer gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger uneinbringlich geworden wäre (ohne diesen Nachweis haftet er für den Gesamtbetrag der uneinbringlich gewordenen Abgabenschuldigkeiten). Der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung gilt auch für Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich waren (Barzahlung von Wirtschaftsgütern, Zug-um-Zug-Geschäfte).
Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der Abgabenvorschriften zu entrichten gewesen wären (z.B. ; ; ).
Der Vertreter hat für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen (zB. ). Ihm obliegt kein negativer Beweis, sondern die konkrete (schlüssige) Darstellung der Gründe, die etwa der rechtzeitigen Abgabenentrichtung entgegenstanden ().
Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre ().
Ausnahme vom Gleichbehandlungsgrundsatz besteht für Abfuhrabgaben, nämlich für die Kapitalertragsteuer (), Beträge gemäß § 99 EStG 1988 und hier die Lohnsteuer.
Der Geschäftsführer haftet für die nichtentrichtete Lohnsteuer, weil diesfalls nur eine vom Arbeitnehmer geschuldete Abgabe einzubehalten und abzuführen gewesen ist. Reichen die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht aus, so hat er die Lohnsteuer von dem tatsächlichen zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten (§ 78 Abs.3 EStG 1988). In solchen Fällen dürfen Löhne somit nicht in voller Höhe ausbezahlt werden und sind sie (wie auch andere Schuldigkeiten) anteilig zu kürzen; die auf den gekürzten Lohnbetrag entfallende Lohnsteuer ist zur Gänze zu entrichten (vgl. z.B. ).
Die Heranziehung zur Haftung gemäß § 9 Bundesabgabenordnung (BAO) in Verbindung mit § 80 Abs.1 der Bundesabgabenordnung (BAO) wurde im Rahmen der Ermessensentscheidung gemäß § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände getroffen. Dem Gesetzesbegriff „Billigkeit" ist dabei die Bedeutung „berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff „Zweckmäßigkeit" ist insbesondere die Bedeutung „öffentliches Anliegen an der Einhebung der Abgaben" beizumessen.
Im Hinblick darauf, dass die Vertreterhaftung für den praktischen Vollzug der Abgabengesetze ein unerlässliches Element des Abgabenausfalls darstellt und die im vorliegenden Fall festgestellten Pflichtverletzungen des Vertreters (§ 80 BAO) in der Entrichtung der Abgaben nicht bloß von geringem Ausmaß sind, waren bei der Ermessensübung dem öffentlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen Abgabeneinhebung der Vorzug zu geben und die gegenständliche Haftungsheranziehung bescheidmäßig auszusprechen.
Persönliche Umstände des Haftenden sind im Rahmen der Ermessensübung zur Geltendmachung der Haftung nicht maßgeblich ().
Da der Haftungsprüfungsvorhalt vom , trotz Fristverlängerung bis zum nicht beantwortet wurde, war auf Grund der Aktenlage zu entscheiden.“
Mit Eingabe vom erhob der Bf das Rechtsmittel der Beschwerde und führte wie folgt aus:
„Ich war seit als Geschäftsführer der J-GmbH bestellt. Ich bin jederzeit während meiner Vertretungsperiode meiner aufgetragenen Erfüllung als Vertretungsbefugter nachgekommen, meine abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen.
Der Betrag von € 119.248,06 ist aufgrund des Beschlusses vom Da2 des Landesgerichts X als uneinbringlich anzusehen.
Dass die Gesellschaft bereits zu den jeweiligen Fälligkeitstagen der Abgaben nicht mehr über liquide Mittel zur vollen Bezahlung aller Verbindlichkeiten verfügte, ist in mehreren Punkten eindeutig zu sehen (Übermittlung Girokontoauszüge 2014 und 2015 werden separat persönlich am Finanzamt Oberwart nachgereicht - ebenso eine Gläubigerliste).
Die vorhandenen liquiden Mittel dienten zur Aufrechterhaltung und Weiterführung des Betriebes.
Die Abgabenbehörden (BGKK und Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart) wurden im gleichen Ausmaß befriedigt. Die laufenden Zahlungen wurden durch den Gerichtsvollzieher bzw. durch die Einbringungsstelle des Finanzamtes bar getätigt (Nachweis; Exekutionsregister der J-GmbH).
Die Zahlungen an Gläubiger wurden nur mehr zwecks Aufrechterhaltung bzw. Fortführung des Betriebes getätigt; wie beispielsweise Betriebskosten (Strom, Wasser, Telefon), Wareneinkauf für durchzuführende Reparaturen.
Löhne für Mitarbeiter wurden 4 Monate vor Konkurseröffnung nicht mehr geleistet.
Geschäftsführerbezüge die letzten 7 Monate vor Konkurs nicht.
Eine gesonderte Aufstellung wird ihnen in den nächsten Tagen samt Originalunterlagen persönlich am Amt übergeben.
Ich stelle daher den Antrag aufgrund oben angeführter Gründe den Haftungsbescheid entsprechend zu korrigieren.“
Mit Beschwerdevorentscheidung wies die Abgabenbehörde die Beschwerde ab und führte zur Begründung wie folgt aus:
„Die Beschwerde gegen oben genannten Bescheid richtet sich gegen die Inanspruchnahme zur Haftung in Höhe von € 119.288,06 mit folgender Begründung:
Die Partei sei während der Vertretungsperiode den abgabenrechtlichen Verpflichtungen jederzeit nachgekommen.
Der Haftungsbetrag sei aufgrund des Beschlusses des Landesgerichtes X als uneinbringlich anzusehen.
Die vorhandenen liquiden Mittel hätten zur Aufrechterhaltung und Weiterführung des Betriebes gedient.
Die Zahlungen an die BGKK und das Finanzamt seien in gleichem Ausmaß durch Gerichtsvollziehung und Einbringungsstelle erfüllt worden.
Löhne für Mitarbeiter seien die letzten vier Monate vor Konkurseröffnung nicht mehr bezahlt worden.
Eine Aufstellung der Zahlungen werde in den nächsten Tagen samt Originalunterlagen persönlich übergeben.
Es werde daher der Antrag gestellt, den Haftungsbescheid entsprechend zu korrigieren.
Dazu ist seitens des Finanzamtes festzustellen:
Herr KW, Versicherungsnummer Z3, war vom bis zur Konkurseröffnung beim Landesgericht X am Da1 eingetragener handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. J-GmbH (FN Z2).
Am Da2 wurde das Konkursverfahren beschlussmäßig gemäß § 139 IO (nach Vollzug der Schlussverteilung) aufgehoben. Die Quote betrug 1,23026%.
In der Folge erließ die Behörde am einen Haftungsprüfungsvorhalt mit Frist zur Beantwortung bis zum . Diese Frist wurde auf Antrag der Partei bis verlängert. Eine Beantwortung des Vorhalts erfolgte nicht.
Am erließ das Finanzamt auf Grund der Aktenlage einen Haftungsbescheid über € 119.288,06.
Gegen diesen Bescheid erhob die Partei das Rechtsmittel der Beschwerde mit oben angeführter Begründung.
Dieser Sachverhalt war unter Berücksichtigung der Beschwerdeeinwendungen rechtlich zu würdigen wie folgt:
Wie bereits im Haftungsbescheid ausgeführt, haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen gemäß § 80 Abs. 1 BAO alle Pflichten zu erfüllen, die den von Ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung. Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben bei der Primärschuldnerin im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden. Im gegenständlichen Fall steht diese Uneinbringlichkeit nach Schlussverteilung und der folgenden Aufhebung des Konkursverfahrens am Da2 objektiv fest.
Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen nur dann zur Haftungsinanspruchnahme, wenn die Verletzung schuldhaft erfolgte. Eine bestimmte Schuldform ist hierfür nicht erforderlich. Daher reicht leichte Fahrlässigkeit.
In der Beschwerde wird gegen das Vorliegen eines Verschuldens eingewendet, dass die Partei während ihrer Vertretungsperiode den abgabenrechtlichen Verpflichtungen jederzeit nachgekommen sei.
Hierzu ist seitens des Finanzamtes auszuführen, dass Herr KW im genannten Haftungszeitraum alleiniger Geschäftsführer der J-GmbH war. Es oblag ihm als Geschäftsführer daher generell die Obsorge für die Erfüllung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen der Primärschuldnerin im Zeitraum seiner handelsrechtlichen Geschäftsführung. Seitens der Partei konnte das Nichtvorliegen einer Pflichtverletzung bis dato nicht nachvollziehbar dargelegt werden. Die allgemeine Behauptung einer pflichtgemäßen Vertretung reicht noch nicht aus, eine schuldbefreiende Wirkung betreffend die abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu begründen.
Die Behörde folgt den Ausführungen im Haftungsbescheid.
Hatte der Geschäftsführer Gesellschaftsmittel zur Verfügung, die zur Befriedigung sämtlicher Schulden der Gesellschaft nicht ausreichten, so ist er für die Umsatzsteuer, Dienstgeberbeiträge und Dienstnehmerzuschläge nur dann haftungsfrei, wenn er nachweist, dass die noch vorhandenen Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden.
Unterbleibt dieser Nachweis, können ihm die uneinbringlichen Abgaben zur Gänze vorgeschrieben werden. Einen solchen Nachweis hat die Partei nicht angetreten.
Die Partei führt in ihrer Beschwerde dazu nichts aus, sondern verweist allgemein auf die Nichteinbringlichkeit des Haftungsbetrages bei der Primärschuldnerin.
Es besteht aber für den Vertreter eine qualifizierte Mitwirkungspflicht in der Form, dass dieser im Haftungsverfahren die Gleichbehandlung aller Gläubiger ziffernmäßig darzustellen hat.
Den Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, führte Herr K bis dato nicht.
Der pauschale Einwand, die vorhandenen liquiden Mittel hätten zur Aufrechterhaltung und Weiterführung des Betriebes gedient, sowie BGKK und Finanzamt seien im gleichen Ausmaß durch Gerichtsvollziehung und Einbringungsstelle befriedigt worden, widerspricht daher der gesetzlichen Konkretisierungspflicht und genügt der dem Vertreter obliegenden Beweislast nicht.
Eine Ausnahme vom Gleichbehandlungsgrundsatz besteht zudem für die Lohnsteuer.
Bezüglich der mit Haftungsbescheid geltend gemachten Lohnsteuer ergibt sich die schuldhafte Verletzung der Vertreterpflichten durch deren Nichtabfuhr, wonach jede Zahlung von Arbeitslöhnen, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch auf die darauf entfallende und einzubehaltende Lohnsteuer ausreichen, eine schuldhafte Verletzung der abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters darstellt.
Hier haftet der Geschäftsführer für den Fall, dass die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichen, lediglich für den von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangten niedrigeren Betrag.
Auch dies wurde im Haftungsbescheid vom bereits ausgeführt und wurden in der Beschwerde keine Gründe vorgebracht, warum der Geschäftsführer hinsichtlich dieser auferlegten Pflicht nicht Sorge getragen hat. Die Behauptung, es seien die Löhne für Mitarbeiter die letzten vier Monate nicht mehr geleistet worden, wurde der Behörde weder bewiesen noch glaubhaft gemacht und konnte somit auf Grund der Aktenlage nicht verifiziert werden.
Eine Nachreichung der Originalunterlagen, sowie einer Zahlungsaufstellung erfolgte bis dato nicht.
Die Geltendmachung der Haftung im Sinne des § 9 BAO liegt im Ermessen der Abgabenbehörde, das sich innerhalb der vom Gesetz aufgezeigten Grenzen des § 20 BAO zu halten hat. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen Dem Gesetzesbegriff Billigkeit ist dabei berechtigtes Interesse der Partei, dem Gesetzesbegriff Zweckmäßigkeit das öffentliche Anliegen an der Einbringung der Abgaben mit allen gesetzlich vorgesehenen Mitteln und Möglichkeiten beizumessen.
Berücksichtigt man die Tatsache, dass die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten nur im Haftungswege beim Beschwerdewerber einbringlich gemacht werden können, so war im gegenständlichen Fall dem Interesse der Allgemeinheit an der Abgabeneinbringung (Zweckmäßigkeitserwägung) gegenüber dem Interesse des Beschwerdeführers, nicht zur Haftung in Anspruch genommen zu werden (Billigkeitserwägung), der Vorzug zu geben.
Gründe für ein Absehen von der Geltendmachung der Haftung als Ausfluss des Ermessens lagen im gegenständlichen Fall nicht vor, sodass für das Finanzamt die Zweckmäßigkeitsüberlegung überwog, da diese Geltendmachung eine geeignete Maßnahme war, um den Abgabenausfall zu verhindern.
Aus diesen Gründen konnte die Behörde daher zu Recht von einer schuldhaften Pflichtverletzung als Ursache für die Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben ausgehen und es war wie im Spruch zu entscheiden.“
Mit Vorlageantrag vom stellte der Bf den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht und brachte Folgendes vor:
„Die Beschwerdevorentscheidung wurde am zugestellt. Der Antrag richtet sich gegen die Inanspruchnahme zur Haftung in der Höhe von € 119.288,06.
Die Beschwerde richtet sich im Wesentlichen auf folgende Punkte:
Dem Beschwerdeführer wurde vorgeworfen, dass er als Partei keinen Nachweis erbracht hat, dass die noch vorhandenen liquiden Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden.
In der Beilage wird ein Schreiben seitens der Sparkasse B (Hausbank) beigefügt, aus welchem hervorgeht, dass im Zeitraum 07-11/ 2014 ein Betriebsmittelrahmen in der Höhe von € 150.000 vorhanden war, dieser allerdings stets ausgenützt war, sodass keine liquiden Mittel zur Befriedigung von Gläubigerforderungen zur Verfügung standen.
Als weiterer Beweis wird eine Aufstellung der sonstigen Betriebsausgaben vorgelegt, woraus ersichtlich ist, dass lediglich geringfügig vorhandene Mittel dafür eingesetzt wurden, um den laufenden Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten (Strom, Wasser, Gas, Telefon, EDV Wartung für Werkstättensoftware, Feuerversicherung, usw.). Die exekutiven Maßnahmen der Behörde (BGKK, FA Oberwart) blieben aufgrund von Vermögenslosigkeit erfolglos.
Die Behauptung, es seien die Löhne für Mitarbeiter für die letzten vier Monate nicht mehr geleistet worden, ist aufgrund der Beilagen zum Konkursverfahren bzw. aufgrund des Schreibens der Masseverwalterin nun auch schriftlich widerlegbar. Ebenso beigelegt ist die Anmeldung zweier ehemaliger Dienstnehmer hinsichtlich bestehender Abfertigungsansprüche gegenüber der J-GmbH bei IEF.
Die nun vorgelegten schriftlichen Beweise stellen eindeutig dar, dass es im Zuge des Konkursverfahrens zu keiner Gläubigerbevorzugung kam.
Er ersuche deshalb, der Beschwerde voll inhaltlich stattzugeben.“
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Unbestritten ist, dass dem Bf als selbstständig vertretungsbefugtem Geschäftsführer der Abgabepflichtigen laut Eintragung im Firmenbuch von bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der J-GmbH mit Beschluss des Landesgerichtes X vom Da1, Z1, die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag.
Die ebenfalls nicht bestrittene Uneinbringlichkeit der Abgabenforderungen bei derJ-GmbH stand spätestens mit der Eintragung der amtswegigen Löschung der Gesellschaft am im Firmenbuch fest ().
Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , 97/15/0115) ist es im Falle der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht Sorge getragen hat, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf. In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der GmbH haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht.
Bezüglich der mit Haftungsbescheid geltend gemachten Lohnsteuer ergibt sich die schuldhafte Verletzung der Vertreterpflichten durch deren Nichtabfuhr durch den Bf nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () aus der Bestimmung des § 78 Abs. 3 EStG, wonach jede Zahlung voller vereinbarter Arbeitslöhne, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die darauf entfallende und einzubehaltende Lohnsteuer ausreichen, eine schuldhafte Verletzung der abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters darstellt.
Hatte der Geschäftsführer Gesellschaftsmittel zur Verfügung, die zur Befriedigung sämtlicher Schulden der Gesellschaft nicht ausreichten, so ist er nur dann haftungsfrei, wenn er im Verwaltungsverfahren nachweist, dass er die vorhandenen Mittel zur anteiligen Befriedigung aller Verbindlichkeiten verwendet und somit die Abgabenschulden nicht schlechter behandelt hat. Wenn die Behauptung und Nachweisung des Ausmaßes der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel im Verwaltungsverfahren unterlassen wird, kommt eine Beschränkung der Haftung bloß auf einen Teil der uneinbringlichen Abgabenschulden nicht in Betracht.
Zum Vorbringen des Bf, dass er während seiner Vertretungsperiode seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen jederzeit nachgekommen sei, ist zu bemerken, dass das Abgabenkonto der J-GmbH laut Kontoabfrage seit durchgehend einen beträchtlichen Rückstand auswies, welcher schließlich auf € 151.730,44 anwuchs, sodass keine Rede davon sein kann, dass er seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen jederzeit nachgekommen wäre, zumal auch entsprechend den Ausführungen in der Beschwerde Zahlungen vielfach erst im Wege der Vollstreckung erfolgten.
Dass für die Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben keine Mittel zur Verfügung gestanden wären, wurde vom Bf auch nicht behauptet. Vielmehr brachte er vor, dass die Gesellschaft bereits zu den jeweiligen Fälligkeitstagen der Abgaben nicht mehr über liquide Mittel zur vollen Bezahlung aller Verbindlichkeiten verfügt habe.
Bestätigt wird das Vorhandensein von Mittel für die Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben auch durch die laut Kontoabfrage bis (€ 95,00, € 125,00 und € 221,53) auf das Abgabenkonto der Primärschuldnerin geleisteten Zahlungen, zumal nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () die Tatsache der teilweisen Abgabenentrichtung auf das Vorhandensein liquider Mittel schließen lässt.
Trotz Aufforderung vom auf Vorlage des Nachweises der Gläubigergleichbehandlung und Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Folgen der Unterlassung wurde dieser Nachweis nicht erbracht. Vielmehr bringt der Bf lediglich vor, dass die vorhandenen liquiden Mittel zur Aufrechterhaltung und Weiterführung des Betriebes gedient hätten.
Dem ist entgegen zu halten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sich der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung auch auf Zahlungen bezieht, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich sind, und kann eine Bevorzugung von Gläubigern auch in der Barzahlung von Wirtschaftsgütern in Form von Zug-um-Zug-Geschäften bestehen ().
Dass nach dem unter Hinweis auf eine Aufstellung der sonstigen Betriebsausgaben erstattetem Vorbringen des Bf lediglich geringfügig vorhandene Mittel dafür eingesetzt wurden, um den laufenden Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten, ist dabei nicht von Bedeutung.
Hatte der Geschäftsführer Gesellschaftsmittel zur Verfügung, die zur Befriedigung sämtlicher Schulden der Gesellschaft nicht ausreichten, so ist er nur dann haftungsfrei, wenn er im Verwaltungsverfahren nachweist, dass er die vorhandenen Mittel zur anteiligen Befriedigung aller Verbindlichkeiten verwendet und somit die Abgabenschulden nicht schlechter behandelt hat. Wenn die Behauptung und Nachweisung des Ausmaßes der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel im Verwaltungsverfahren unterlassen wird, kommt eine Beschränkung der Haftung bloß auf einen Teil der uneinbringlichen Abgabenschulden nicht in Betracht.
Aufgrund des Unterbleibens des Nachweises, konnte die Abgabenbehörde somit von einer schuldhaften Pflichtverletzung ausgehen und die uneinbringlichen Abgaben dem Vertreter zur Gänze vorschreiben ( ).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () entbindet allerdings auch eine qualifizierte Mitwirkungspflicht des Vertreters die Behörde nicht von jeglicher Ermittlungspflicht; eine solche Pflicht besteht etwa dann, wenn sich aus dem Akteninhalt deutliche Anhaltspunkte für das Fehlen der Mittel zur Abgabenentrichtung ergeben.
Nach der Aktenlage bestehen in Hinblick auf das Ausbleiben der auf das Abgabenkonto der Primärschuldnerin geleisteten Zahlungen nach dem und der Bestätigung der Sparkasse B, aus welcher hervorgeht, dass im Zeitraum 07-11/2014 ein Betriebsmittelrahmen in der Höhe von € 150.000 vorhanden war, dieser allerdings stets ausgenützt war, sodass keine liquiden Mittel zur Befriedigung von Gläubigerforderungen zur Verfügung standen, deutliche Anhaltspunkte für das Fehlen der Mittel zur Abgabenentrichtung, sodass mangels dem entgegenstehender Feststellungen der Abgabenbehörde davon auszugehen, dass ihr ab diesem Zeitpunkt keine liquiden Mittel zur Abgabenentrichtung zur Verfügung standen.
Der Beschwerde ist daher hinsichtlich der nach dem fälligen Abgaben (mit Ausnahme der Lohnsteuer) Folge zu geben, weil der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht verletzt, wenn eine Abgabe nicht entrichtet wird, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat (vgl. ).
Dies betrifft die Umsatzsteuer 7/14 in Höhe von € 7.971,85, die Normverbrauchsabgabe 7/14 in Höhe von € 7,60, den Dienstgeberbeitrag 8/14 in Höhe von € 547,98 und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 8/14 in Höhe von € 53,58, welche am fällig wurden.
Hinsichtlich der Lohnsteuer, des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlags zum Dienstgeberbeitrag 2012 in Höhe von € 1.753,87, € 686,48 und € 67,20 ist zu bemerken, dass diese in Jahresbeträgen ohne nähere Aufgliederung festgesetzt wurden.
Da der Bf somit von der Abgabenbehörde nicht in die Lage gesetzt wurde, konkret vorzubringen, weshalb er welche der gemäß § 79 Abs. 1 EStG bzw. § 43 Abs. 1 FLAG für jeden Monat zu entrichtende Abgabe nicht (vollständig) abgeführt oder entrichtet hat, und so den ihm auferlegten Entlastungsbeweis zu erbringen, war der angefochtene Haftungsbescheid vom hinsichtlich dieser Abgabenbeträge wegen der vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 2013/16/0199, auf dessen Ausführungen im Übrigen verwiesen wird, dadurch festgestellten Rechtswidrigkeit aufzuheben (vgl. ).
Der Einwand, es seien die Löhne für Mitarbeiter für die letzten vier Monate nicht mehr geleistet worden, übersieht, dass eine Haftung für Lohnsteuer nur bis August 2014 ausgesprochen wurde, sodass lediglich die Lohnsteuer 8/14 davon betroffen ist.
Inwiefern die behauptete Nichtauszahlung der Löhne der Mitarbeiter für die letzten vier Monate und der Geschäftsführerbezüge des Bf für die letzten 7 Monate vor Konkurseröffnung eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides begründen sollte, wurde vom Bf jedoch nicht dargelegt.
Die haftungsgegenständliche Lohnsteuer wurde laut Aktenlage aufgrund der Selbstbemessung und Meldung durch die Abgabepflichtige am Abgabenkonto verbucht. D ie Meldung von einbehaltenen Lohnabgaben an das Finanzamt spricht dafür, dass die entsprechenden Löhne tatsächlich ausbezahlt worden sind () .
Auch ist die Behauptung, die Lohnsteuer werde zu Unrecht geltend gemacht, weil mangels Lohnzahlungen kein Lohnsteueranspruch entstanden sei, nicht zielführend, da es sich dabei um eine Einwendung gegen den Abgabenanspruch handelt. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens war jedoch allein die Entscheidung über die Haftung gemäß § 9 BAO. In diesem Verfahren können Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgaben nicht mit Erfolg vorgetragen werden (vgl. ).
Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf konnte die Abgabenbehörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.
Auf Grund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bf für die laut Kontoabfrage vom nach wie vor unberichtigt aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der J-GmbH im Ausmaß von € 108.199,50 zu Recht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision:
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.
Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2018:RV.7106610.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at