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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.07.2018, RV/7102208/2016

Kosten für doppelte Haushaltsführung nur dann Werbungskosten, wenn diese beruflich veranlasst sind.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Wien (nunmehr Adresse), über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 12/13/14 Purkersdorf vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) E. L. machte in ihrer elektronischen Arbeitnehmerveranlagung 2013 Aufwendungen in Höhe von € 7.348,68 als Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung geltend.

Das Finanzamt ersuchte die Bf.
- um Bekanntgabe, wo sich der Familienwohnsitz befindet,
- um schriftliche Stellungnahme bezüglich der beruflichen Notwendigkeit der doppelten Haushaltsführung,
- belegmäßigen Nachweis der Kosten für den Haushalt am Beschäftigungsort,
- Nachweis des Vorliegens eines Mehraufwandes (Mietvertrag, Besitzurkunden, etc. des beibehaltenen Haushaltes).

Die Bf. führte in der Beantwortung aus, dass sie den Familienwohnsitz schon vor einiger Zeit nach NÖ verlegt und den Mittelpunkt ihres Lebensinteresses und Familienwohnsitz nach Niederösterreich verlagert habe, wo Sie ein Haus habe, in dem sie mit ihrem Mann lebe.

Leider sei ihr ein tägliches Pendeln von ihrem Beschäftigungsort in Wien nach Hause unmöglich geworden. In Wien habe sie eine kleine zweckgemäß eingerichtete Wohnung, für die sie jedoch nur einen befristeten Mietvertrag habe. Da der Familienwohnsitz nicht sehr gut ans öffentliche Verkehrsnetz angebunden sei, würde eine tägliche Heimkehr zu ihrem Mann mitunter mehr als 90 Minuten dauern (siehe Beilage Pendlerrechner des BMF -Fahrzeit 101 Minuten).

Sie sei erst durch die Broschüre „Tipps zur Arbeitnehmerveranlagung 2013" auf die Möglichkeit, eine doppelte Haushaltsführung geltend zu machen, aufmerksam geworden, sonst hätte sie diese schon früher in ihrer Erklärung aufgenommen. Sie habe allerdings nur die Aufwendungen für Miete inkl. Betriebskosten ihrer Wohnung als Werbungskosten angesetzt, nicht jedoch Fahrtkosten bzw. die Pendlerpauschale für die Heimfahrten zum Familienwohnsitz (die ihr eigentlich auch zustehen würden).

Weiters führte die Bf. aus, dass gemäß Lohnsteuerrichtlinien 2002 RZ 341 ff sowie des entsprechenden Erkenntnisses des der die unzumutbare Entfernung und Zeit (mehr als 60 Minuten) für die Heimfahrt zum Familienwohnsitz neu definiert (siehe Beilage), ihr die Geltendmachung des Mehraufwandes durch die doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten zustehe.

Als Beilagen übermittelte sie die gewünschten Kopien der Einzahlungsbelege für den Mietzins (Auftraggeber Gatte) sowie den befristeten Mietvertrag, Mieter sind die Bf. und Gatte, als Nachweis der Kosten für den Haushalt am Beschäftigungsort Wien. Weiters lege die Bf. einen Grundbuchauszug (Eigentümer die Bf. und ihr Gatte) als Nachweis des Familienwohnsitzes für ihr kleines Haus in N. (lt. Grundbuchsauszug 2003 erworben) bei.

Das Finanzamt erließ den Einkommensteuerbescheid 2013 und anerkannte die Kosten für die doppelte Haushaltsführung nicht als Werbungskosten an, da die tägliche Hin- und Rückfahrt zwischen N. und Wien möglich sei.
Laut nachgereichter Unterlagen sei das Pendlerpauschale (samt Pendlereuro) berücksichtigt worden.

Die Bf. brachte gegen den Einkommensteuerbescheid Beschwerde ein und führt begründend aus:
"In obengenanntem Bescheid verwehren Sie mir Werbungskosten für die doppelte Haushaltsführung mit der Begründung „Da die tägliche Hin- und Rückfahrt zwischen N. und Wien möglich ist...".
Ob eine tägliche Hin- und Rückfahrt zwischen Familienwohnsitz und Beschäftigungsort möglich ist, ist laut Oberstem Gerichtshof nicht aufgrund der (vom Finanzamt oft angewendeten) RZ 342 der Lohnsteuerrichtlinie zu beurteilen - der Oberste Gerichtshof wörtlich „ In Rz 342 der Lohnsteuerrichtlinien 2002 - mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt keine für den Verwaltungsgerichtshof beachtliche Rechtsquelle ... " (VwGH ZI. 2009/13/0132-6)
Weiters führt der VwGH aus „Die bloße Angabe der Entfernung reiche nicht aus, um die Zumutbarkeit der täglichen Rückkehr begründen zu können ...".
Vielmehr - und das ist in diesem OGH-Entscheid einmal mehr dargestellt - gehe es dabei um den sogenannten „Einzugsbereich".
Um die Zumutbarkeit der täglichen Rückkehr geht es hingegen - nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 91/13/0229, VwSlg 6918/F) - bei der Auslegung des Begriffes "Einzugsbereich" in § 34 Abs. 8 EStG 1988, wobei schon im Erkenntnis vom , 92/15/0131, 0132, auf die Bestimmung im Studienförderungsgesetz 1983 verwiesen wurde, nach der "eine Fahrzeit von mehr als je einer Stunde zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel (...) jedenfalls nicht mehr als zumutbar anzusehen" sei ... Die dazu in der Folge ergangene Verordnung sieht für Entfernungen über 80 km von einer Zumutbarkeitsprüfung ab und orientiert sich für Entfernungen bis zu 80 km am Maßstab einer Fahrzeit unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel von nicht mehr als einer Stunde..."

Eine entsprechende Anknüpfung an diesen Begriff „Einzugsbereich" finden Sie auch in den bereits ergangenen Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom und .
Und in der Folge wird klargestellt, dass auch die „Bestimmung des § 9 Abs. 2 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 i.d.F. (für das Streitjahr 2007) BGBl. 1 Nr. 77/2004 und (seit 2008) BGBl. 1 Nr. 104/2007, die - hier nicht für in Ausbildung befindliche Personen, sondern für Arbeitnehmer - von einer Begrenzung der zumutbaren täglichen Wegzeit mit insgesamt nicht wesentlich mehr als zwei Stunden ausgeht. ..."
Daraus wäre zu schließen:
Bei einer Entfernung über 80 Kilometer ist jedenfalls von einer Zumutbarkeitsprüfung generell abzusehen - und darunter ist eine Stunde für die Zurücklegung des Weges als Grenze anzusehen - eine tägliche Rückkehr ist unzumutbar, wenn die einfache Fahrt zwischen Familien-Wohnsitz und Beschäftigungsort mehr als eine Stunde dauert.
Da gemäß Pendlerrechner (der entgegen der oft verwendeten Randziffern) bindenden Rechtscharakter hat - und bei mir Fahrzeiten weit über einer Stunde nötig sind (siehe Beilage zu Ihrem Ersuchen um Ergänzung) - weil es bei meinem Familienwohnsitz keine optimale Verkehrsanbindung gibt - bitte ich Sie, den Bescheid vom zu meinen Gunsten abzuändern und zusätzlich zur gewährten Pendlerpauschale auch die Werbungskosten für die doppelte Haushaltsführung zu akzeptieren und den Bescheid entsprechend abzuändern.
Sollten Sie jedoch im Zuge Ihrer Beschwerdevorentscheidung zu einem negativen Ergebnis kommen und bei Ihrer bisherigen Abweisung meines Antrages bleiben, stelle ich hiermit gleichzeitig einen Vorlageantrag zur Vorlage beim Bundesfinanzgericht (BFG)."

Das Finanzamt entschied abweisend mit folgender Beschwerdevorentscheidung:

"Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr ist grundsätzlich dann anzunehmen, wenn
der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort mehr als 80 Kilometer entfernt ist
und die Fahrzeit mehr als eine Stunde beträgt (). Der zitierte Passus aus dem VwGH-Urteil, welches Ihnen bekannt ist, hat mittlerweile auch Einzug in die Lohnsteuerrichtlinien gefunden, an die das Finanzamt bei seiner Entscheidungsfindung sehr wohl gebunden ist, nicht jedoch der VwGH oder OGH. Aus Ihren eigenen übermittelten Unterlagen geht hervor, dass die einfache Wegstrecke zwischen dem Haus in N. und der Arbeitsstätte in Wien (gerundet) 57 km beträgt und eine Fahrtzeit von 70 Minuten vorliegt. Dies deckt sich mit den Überprüfungen seitens des Finanzamtes.
Es kann hier daher in keinem Fall von einer grundsätzlichen Unzumutbarkeit ausgegangen werden. Es wird somit den Ausführungen im Erstbescheid Folge gegeben und die Beschwerde abgewiesen."

Die Bf. stellte den Antrag ihre Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorzulegen und führte begründend gleichlautend wie in der Beschwerde aus.

Ergänzend führt die Bf. nur aus, dass selbst bei günstiger Verbindung laut Fahrplan eine Zeit von 70 Minuten für die einfache Strecke nötig, also mehr als eine Stunde, die als Grenze gelte.

Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und führte in der Stellungnahme aus, dass eine Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr vom Beschäftigungsort zum Familienwohnsitz dann gegeben sei, wenn dieser mehr als 80km entfernt sei und die Fahrzeit mehr als Stunde betrage. Weiters wies das Finanzamt darauf hin, dass die Miete der Wohnung in Wien nach den vorgelegten Überweisungsbestätigungen durch den Ehegatten der Bf. bezahlt worden sei.
 

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt wird der Beschwerde zu Grunde gelegt:

Die Bf. machte in ihrer Einkommensteuererklärung 2013 Aufwendungen in Höhe € 7.348,68 (Kosten für die Wiener Wohnung) als Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung geltend.
Laut den vorgelegten Zahlscheinen betreffend das Jahr 2013 hat Gatte die Miete bezahlt.

Die Bf. führte aus, dass sie ihren Wohnsitz nach N. verlegt habe, wo sie mit ihrem Mann in einem Haus, welches seit 2003 ihr und ihrem Gatte gehöre, wohne.
Ihre Arbeitsstätte befindet sich in Wien.

Betreffend die Wohnung in Wien legte die Bf. einen Mietvertrag (befristet bis ) zwischen der BUWOG und ihr und ihrem Gatten vor. 
Ab ist die Bf. mit ihrem Hauptwohnsitz in der Adresse, gemeldet.

Laut den von der Bf. vorgelegten Unterlagen beträgt (unstrittig) die einfache Wegstrecke von ihrer Wohnung zu ihrer Arbeitsstätte 57 km, die Fahrtzeit beträgt 70 Minuten.

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob die von der Bf. erklärten Kosten für die Wohnung in Wien Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung darstellen.

Der Sachverhalt war rechtlich wie folgt zu begründen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.
Werbungskosten sind bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen auch Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden.

Liegt der Familienwohnsitz eines Steuerpflichtigen außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, können (Mehr-)Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung, wie zB die Aufwendungen für die Wohnung am Beschäftigungsort und die Kosten für Familienheimfahrten, steuerlich berücksichtigt werden, wenn die doppelte Haushaltsführungberuflich bedingt ist (vgl. ). Eine berufliche Veranlassung der mit einer doppelten Haushaltsführung verbundenen Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen und eine daraus resultierende Qualifizierung als Werbungskosten liegt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann vor, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann (vgl. , mwN).

Die doppelte Haushaltsführung ist dann als beruflich veranlasst anzusehen, wenn die Gründung des zweiten Hausstandes einen objektiven Zusammenhang mit der Berufstätigkeit aufweist; eine berufliche Veranlassung in diesem Sinne liegt hingegen nicht vor, wenn der Arbeitnehmer seine Familienwohnung aus privaten Gründen vom bisherigen Wohnort, der auch der Beschäftigungsort ist, wegverlegt und am Beschäftigungsort einen zweiten Hausstand führt (vgl. ; und , mwN). (vgl. RV/0997-W/07)

Wird so - wie im gegenständlichen Fall - der Familienwohnsitz nicht aus beruflichen Gründen vom bisherigen Wohnort in Wien, der auch der Beschäftigungsort ist, wegverlegt und am Beschäftigungsort ein zweiter Haushalt geführt, liegt keine berufliche Veranlassung für eine doppelte Haushaltsführung vor (vgl. nochmals ).

Dass die Verlegung des bisherigen Familienwohnsitzes der Bf. von Wien nach N. aus privaten Gründen, und zwar, da die Bf. und ihr Gatte in N. seit 2003 ein Haus besitzen, erfolgte, ist unbestritten.
Die Verlegung des Familienwohnsitzes der Bf. nach N. stand weder mit der Erwerbstätigkeit der Bf. noch mit einer Erwerbstätigkeit ihres Ehemanns in irgend einem Zusammenhang, weil der Ehemann der Bf. im Streitjahr bereits im Ruhestand war.

Im gegenständlichen Beschwerdefall ist die Wahl des Familienwohnsitzes außerhalb der üblichen Entfernung auf der privaten Sphäre zuzuordnende Gründe zurückzuführen.

Da somit die Voraussetzungen für eine beruflich bedingte doppelte Haushaltsführung nicht vorlagen, war wie im Spruch zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht orientiert sich bei den zu lösenden Rechtsfragen an der einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Wien, am

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