GmbH - Verlustvortrag
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pavlik über die Beschwerde der Bf., vertreten durch Geschäftsführer, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom , betreffend Körperschaftsteuer 2012, zu Recht erkannt:
Der Bescheid wird im Sinne der Beschwerdevorentscheidung vom abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Spruchbestandteil.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die beschwerdeführende GmbH (Bf) wurde am DatumX gegründet. 2010 wurde das betriebliche Grundstück unter dem Einkaufspreis verkauft.
Auf Grund der von der Bf am eingebrachten Körperschaftsteuererklärung 2012 (K 3) setzte das zuständige Finanzamt Wien 1/23 (FA) Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv EUR 55.320,64 und die Körperschaftsteuer mit EUR 13.830,00 fest. Der Verlustabzug war in der Erklärung (Kz. 681) mit 0,00 angegeben.
In der Begründung wurde ausgeführt: „Der Verlustvortrag wurde gemäß § 2 Abs. 2b Z 2 und 3 EStG 1988 gekürzt.“
In der Berufung (nunmehr Beschwerde) vom wurde ausgeführt, es seien in den Vorjahren Verluste erklärt worden (für 2010 ein Verlust von EUR – 143.369,00 und für 2009 ein Verlust von EUR – 188.520,44). Es werde die Verrechnung des erklärten Gewinns in 2012 mit den Verlusten aus den Vorjahren beantragt.
In der Berufungsvorentscheidung (nunmehr Beschwerdevorentscheidung) vom wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb wiederum mit EUR 55.320,64 und ein Verlustabzug iHv EUR – 41.490,48 angesetzt. Das Einkommen betrug demnach EUR 13.830,16 und die Körperschaftsteuer EUR 3.458,00. Als Verlustvortrag wurden EUR 143.369,00 aus dem Jahr 2010 (Kz. 681) berücksichtigt, die in der Jahreserklärung 2010 auch angeführt waren.
In der Begründung wurde ausgeführt: „Der Verlustvortrag wurde gemäß § 2 Abs. 2b Z 2 und 3 EStG 1988 gekürzt.“
Mit Schreiben vom wurde von der Bf eine K1 Erklärung für 2012 eingebracht, in der abweichend von der ursprünglichen Erklärung lediglich in der Kz. 9090 EUR 65.867,35 eingetragen wurden, wobei händisch „Zinsen und Mieteinnahmen“ ergänzt wurde.
Mit einem als „Berufung“ bezeichneten Schreiben vom brachte die Bf i.w. vor, der von der Bf ermittelte Verlustabzug gemäß beigefügter Aufstellung weiche von dem im Bescheid berücksichtigten Betrag ab. In den Vorjahren 2005 bis 2010 seien die Steuererklärungen unter der Steuernummer 123/4567 beim Finanzamt Wien eingereicht worden. Unter Umständen seien die Verluste aus diesen Jahren nicht unter der jetzigen Steuernummer 234/5678 berücksichtigt worden.
In einer Beilage wurden Einnahmen „Vergleich Mietzahlungen“ für das Objekt Wien iHv EUR 55.320,64 und ein kumulierter Verlustvortrag 2005 – 2012 iHv EUR – 557.516,75 dargestellt.
Das FA wertete dieses Schreiben als Vorlageantrag und legte die Beschwerde dem BFG vor.
Über die Beschwerde wurde erwogen
Folgender Sachverhalt steht fest:
Die Bf wurde am gegründet.
Für 2005 wurden keine Erklärungen abgegeben. Der Verlust beträgt daher 0,00.
Für 2006 wurden keine Erklärungen abgegeben. Mit Erstbescheid vom wurden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit 0,00 im Schätzungswege festgesetzt. Der Verlust 2006 beträgt daher 0,00. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Für 2007 wurden keine Erklärungen abgegeben. Mit Erstbescheid vom wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit EUR 40.000,00 geschätzt. Im Zuge einer Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO wurden die Einkünfte am mit 0,00 festgesetzt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Verluste wurden von der Bf nicht angeführt. Der Verlust 2007 beträgt daher 0,00.
Für 2008 wurden keine Erklärungen abgegeben. Mit Erstbescheid vom wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit EUR 40.000,00 geschätzt. Im Zuge einer Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO wurden die Einkünfte am mit 0,00 festgesetzt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Verluste wurden von der Bf nicht angeführt. Der Verlust 2008 beträgt daher 0,00.
Für 2009 wurde am eine K3-Erklärung eingebracht. Mit Erstbescheid vom wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 0,00 festgesetzt. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Verluste wurden von der Bf nicht angeführt. Der Verlust 2009 beträgt daher 0,00.
Für 2010 wurde am eine K3 Erklärung eingebracht. Mit Erstbescheid vom wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit – 143.369,00 festgesetzt. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Der Verlust 2010 beträgt daher – 143.369,00.
Für 2011 wurde am eine K3 Erklärung eingebracht. Mit Erstbescheid vom wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 0,00 festgesetzt. Der Verlust 2011 beträgt daher 0,00.
Im Streitjahr 2012 betragen die Einkünfte aus Gewerbebetrieb EUR 55.320,64 (Vergleich Mietzahlungen). Als Verlustvortrag sind EUR – 143.369,00 aus dem Jahr 2010 zu berücksichtigen.
Beweiswürdigung:
Die Feststellungen der Jahre 2005 – 2011 beruhen auf den Angaben des FA und damit übereinstimmenden Abfragen im AIS des Bundes. Wenn die Bf vorbringt, Verluste der Vorjahre wären möglicherweise unter einer anderen Steuernummer erklärt worden, so entspricht dies nicht der Aktenlage und den Abfragen im AIS des Bundes und kann nicht nachvollzogen werden. Tatsache ist, dass – entgegen den Angaben in der Beschwerde – im Jahr 2009 kein Verlust erklärt wurde.
Nach der Aktenlage und den getätigten Abfragen ist ersichtlich, dass der Abgabenakt unter der Steuernummer 123/4567 innerhalb des FA im Jahr 2008 abgetreten wurde und unter der Steuernummer 234/5678 weiter geführt wurde. Alle abgegebenen Erklärungen, egal unter welcher Steuernummer, wurden vom FA erfasst. Fest steht, dass unter keiner der angeführten Steuernummern in den Jahren 2005 – 2008 Erklärungen abgegeben oder Verluste erklärt wurden. Die Verluste dieser Jahre betragen daher 0, was für 2006 – 2008 auch vom Finanzamt bescheidmäßig und rechtskräftig im Schätzungswege festgestellt wurde. 2009 wurde eine Erklärung abgegeben, allerdings keine Verluste angeführt, sodass die Verluste bescheidmäßig und rechtskräftig vom Finanzamt mit 0 festgesetzt wurden.
2010 wurde aG der eingebrachten Steuererklärung der Verlust bescheidmäßig und rechtskräftig mit EUR – 143.369,00 festgesetzt.
2011 wurde aG der eingebrachten Steuererklärung der Verlust rechtskräftig mit 0 festgesetzt.
Daher ist im Jahr 2012 ein Verlustvortrag iHv EUR – 143.369,00 vorhanden.
Die Höhe der Einkünfte im Jahr 2012 wurde mit EUR 55.320,64 erklärt. Auch in der Beschwerde wurde auf den erklärten Gewinn verwiesen. Die mit Schreiben vom abgegebene K1 Erklärung, in welcher in der Kz. 9090 (übrige Erträge) EUR 65.867,35 samt händischer Ergänzung eingetragen wurde, kann nicht nachvollzogen werden und wird vom BFG der Entscheidung nicht zu Grunde gelegt, zumal in der Beilage zum Schreiben vom wiederum Einnahmen iHv EUR 55.320,64 als „Vergleich Mietzahlungen“ dargestellt wurden, sodass Einnahmen in dieser Höhe glaubwürdiger erscheinen und somit angesetzt werden. Durch den Ansatz niedrigerer Einnahmen kann die Bf auch nicht beschwert sein.
Der in der Beilage zum Schreiben vom deklarierte kumulierte Verlustvortrag iHv EUR – 557.516,75 widerspricht den rechtskräftigen bescheidmäßigen Feststellungen des Finanzamtes in den Jahren 2006 – 2011 und kann daher schon aus diesem Grund keine Berücksichtigung finden. Im Jahr 2005 wurde keine Erklärung abgegeben und ist daher von einem Verlust von 0 auszugehen, zumal die Bf erst am gegründet wurde. Der in der Beilage zum Schreiben vom für 2005 behauptete Verlust ist weder nachvollziehbar noch überprüfbar.
Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 4 Abs 1 erster Satz EStG 1988 ist Gewinn der durch doppelte Buchführung zu ermittelnde Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres.
Gemäß § 18 Abs 6 EStG 1988 sind als Sonderausgaben auch Verluste abzuziehen, die in einem vorangegangenen Jahr entstanden sind (Verlustabzug). Dies gilt nur, wenn die Verluste durch ordnungsmäßige Buchführung ermittelt worden sind und soweit die Verluste nicht bereits bei der Veranlagung für die vorangegangenen Kalenderjahre berücksichtigt wurden.
Gemäß § 2 Abs 2b Z 2 erster Satz EStG 1988 können vortragsfähige Verluste iSd § 18 Abs 6 und 7 nur im Ausmaß von 75% des Gesamtbetrages der Einkünfte abgezogen werden (Vortragsgrenze). Insoweit die Verluste im laufenden Jahr nicht abgezogen werden können, sind sie in den folgenden Jahren unter Beachtung der Vortragsgrenze abzuziehen.
Gemäß § 8 Abs 4 Z 2 KStG 1988 in der im Beschwerdejahr geltenden Fassung ist der Verlustabzug iSd § 18 Abs 6 und 7 EStG 1988 bei Körperschaften als Sonderausgabe zu berücksichtigen.
Da der Verlustabzug gemäß § 18 Abs 6 zweiter Satz EStG 1988 nur zulässig ist, wenn die Verluste durch ordnungsmäßige Buchführung ermittelt worden sind, ist er damit auf betriebliche Einkünfte und außerdem auf die Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 und § 5 EStG 1988 eingeschränkt.
Eine formell ordnungsmäßige Buchführung ist nicht Voraussetzung; der Verlustabzug ist zulässig, „wenn der Verlust – allenfalls auch nach Korrektur der Buchhaltung durch den Steuerpflichtigen oder auf Grund einer Betriebsprüfung – seiner Höhe nach errechnet werden kann und das Ergebnis auch überprüfbar ist“ (). Die Buchführung muss nur im Entstehungsjahr ordnungsmäßig sein (BFH , VI 49/61 S, BStBl 1962 III 386; -I/02); die ordnungsmäßige Buchführung ist nur notwendig, um den Verlustabzug der Höhe nach richtig ermitteln zu können.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird die Höhe eines Verlustes mit rechtskraftfähiger Wirkung im Steuerbescheid des Verlustjahres festgesetzt. Es wird damit im Sinne des § 92 Abs 1 lit b BAO eine abgabenrechtlich bedeutsame Tatsache festgestellt. Der Ausspruch eines Verlustes oder eines negativen Gesamtbetrages der Einkünfte im betreffenden Steuerbescheid wirkt auf ein späteres Verlustabzugsverfahren derart ein, dass der ursprüngliche Verlustausspruch für den nachfolgenden Verlustvortrag betragsmäßig verbindlich wird (vgl. ; ; , sowie Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 18 Abs. 6 und 7, Tz. 4; Doralt/Renner, EStG10, § 18, Tz. 297ff; Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 18, Tz. 106).
Damit wird der Verlustabzug der Höhe nach mit Bindung für die Folgejahre rechtskräftig festgestellt ( bzw ). Vgl auch , wonach dem Ausspruch eines Verlustes oder eines negativen Einkommens im betreffenden Körperschaftsteuerbescheid eine, wenngleich außerhalb von § 191 Abs 3 BAO gelegene Bindungswirkung zukommt. Gemäß § 198 Abs 2 BAO sind auch die Bemessungsgrundlagen vom Spruch eines Abgabenbescheides mit umfasst. Ein solcherart festgestellter Verlust wirkt auch auf ein späteres Verlustabzugsverfahren derart ein, dass der ursprüngliche Verlustausspruch für den nachfolgenden Verlustvortrag jedenfalls betragsmäßig verbindlich wird; ein Abweichen von den seinerzeit ermittelten Besteuerungsgrundlagen (Verlust) kommt insoweit nicht in Betracht. Diese Bindungswirkung kann auf § 252 Abs 2 BAO gestützt werden, wonach Abgabenbescheide, denen Entscheidungen anderer, zeitlich und sachlich vorangegangener Bescheide zu Grunde liegen, in diesem Bereich auch dann nicht anfechtbar sind, wenn die ursprünglichen Entscheidungen keine rechtsförmlichen Grundlagenbescheide iSd §§ 188 ff BAO dargestellt haben. Dieser Bindungswirkung kann auch durch § 295 BAO Rechnung getragen werden (vgl ).
Auf Grund dieser Rechtslage ist daher im ggstdl Fall ein Verlustvortrag von EUR 143.369,00 (aus dem Jahr 2010) gegeben. Dies beruht auf den bindenden Steuerbescheiden der Jahre 2006 – 2011. Für 2005 wurde keine Erklärung abgegeben, sodass der Verlust mit 0 anzusetzen ist. Der nunmehr angeführte diesbezügliche Verlust ist weder nachvollziehbar noch rechnerisch überprüfbar.
Wie das FA im Vorlagebericht zu Recht ausführt, ist nicht ersichtlich, warum die im § 2 Abs 2b EStG 1988 normierte Vortragsgrenze von 75% nicht zur Anwendung kommen sollte. Diese wurde vom Finanzamt richtig berechnet und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der BVE korrekt mit 13.830,16 festgesetzt. Ebenso wurde der Verlustvortrag in richtiger Höhe berücksichtigt.
Der Bescheid war daher im Sinne der Beschwerdevorentscheidung des FA abzuändern.
Zur Zulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Lösung ggstdl Rechtsfragen steht im Einklang mit der einheitlichen Judikatur des VwGH, sodass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Bemessungsgrundlagen und Höhe der Abgabe (Beträge in Euro):
Die Körperschaftsteuer wird für 2012 festgesetzt mit 3.458,00
Das Einkommen im Jahr 2012 beträgt 13.830,16
Berechnung der Körperschaftsteuer:
Einkünfte aus Gewerbebetrieb 55.320,64
Gesamtbetrag der Einkünfte 55.320,64
Verlustabzug – 41.490,48
Einkommen 13.830,16
Die Körperschaftsteuer vom Einkommen beträgt:
Gem. § 22 KStG 1988 25% von 13.830,16 3.457,54
Körperschaftsteuer 3.457,54
Rundung gem. § 39 Abs 3 EStG 1988 0,46
Festgesetzte Körperschaftsteuer 3.458,00
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 Abs. 2b Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 4 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 18 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 8 Abs. 4 Z 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 § 92 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 191 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 198 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 252 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | -I/02 BFH , VI 49/61 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2018:RV.7102276.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at