Vorweggenommene Betriebsausgaben einer "Bewusstseinsbildnerin"
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf, Adr_1, vertreten durch Stb, Adr_2, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde FA Innsbruck vom , betreffend Einkommensteuer 2007 bis 2012 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin (Bf) erklärte in den Jahren 2007 bis 2012 Verluste aus selbständiger Tätigkeit. Daneben war sie nichtselbständig beschäftigt und bezog ab 2010 eine Pension.
Bereits in den Erklärungen der Jahre 2003 und 2004 macht die Bf Werbungskosten für Aus- und Fortbildung geltend. Diese Aufwendungen umfassten das Honorar von Frau K für ein Seminar in der tunesischen Wüste sowie anteilige Reisekosten. Das Finanzamt ließ den Abzug dieser Ausgaben mit der Begründung nicht zu, es handle sich dabei um Kosten der privaten Lebensführung iSd § 20 EStG 1988.
Das für das Jahr 2003 geführte Berufungsverfahren, in welchem die Anerkennung der Aus- und Fortbildungskosten als Betriebsausgaben für die selbständige Tätigkeit der Bf als Bewusstseinsbildnerin begehrt wurde, endete mit der abweisenden Entscheidung des -I/06. In der Berufungsentscheidung wurde festgehalten, dass zum Entscheidungszeitpunkt der Beruf der Bewusstseinsbildnerin nach wie vor nicht ausgeübt werde und dass die Bf selbst bei einer Besprechung im Mai 2008 noch nicht sagen konnte, wann ihre Fähigkeiten und die von K erworbenen Kenntnisse die Aufnahme dieses Berufs erlauben würden.
Aufwendungen für Aus- und Fortbildung wurden 2012 letztmalig geltend gemacht.
Verfahrensgang
2013 wurde bei der Bf eine Betriebsprüfung für die Jahre 2007 bis 2012 durchgeführt. Im Zuge dieser Betriebsprüfung richtete die Betriebsprüferin einen Vorhalt zu den geltend gemachten Aufwendungen an die Bf, in welchem sie ua fragte, wie die Ausbildung zur Bewusstseinsbildnerin aufgebaut sei und in welchem Zeitrahmen sie absolviert werde, ab welchem Zeitpunkt Einnahmen aus der Tätigkeit erzielt werden sollten, sowie ob es schon Handlungen gebe, die auf die künftige Erzielung von Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit schließen ließen (zB Anmietung von Räumlichkeiten, Finanzierungskonzepte, Anschaffung von Arbeitsmitteln, Werbung usw.).
In der Vorhaltsbeantwortung wurde ausgeführt, dass während der Ausbildung verschiedenste Bewusstseinsphasen durchlaufen würden. Die Auszubildende werde stufenweise in höhere, geistige Sphären des Verstandes, der Umwelt und der Freiheit des Geistes emporgehoben. Am Ende der Entwicklung trete die Auszubildende in einen Zustand ein, der es ihr ermögliche, ebenfalls so zu arbeiten wie die derzeit Ausbildende.
Die Ausbildung erfolge individuell und sei vom individuellen gegenseitigen Kommunikationszustand abhängig. Auch der Zeitraum, in dem die Ausbildung absolviert werde, sei höchst individuell.
Aufgrund des derzeitigen Erkenntnisstandes rechne die Bf damit, dass sie die Ausbildung voraussichtlich im Jahr 2016 abschließen und mit der selbständigen Berufsausübung als Bewusstseinsbildnerin beginnen könne. Sie sei der Auffassung, dass sie ihre Tätigkeit erst dann aktiv ausüben werde, wenn sie in die entsprechende Bewusstseinsebene eingetreten sei. Eine Anmietung von Räumlichkeiten sei derzeit nicht erfolgt, die Ausbildungskosten werden vom laufenden Einkommen bestritten, eine Anschaffung von Arbeitsmitteln sei ebenso wie Werbung nicht erforderlich.
Infolge der Betriebsprüfung verfügte das Finanzamt die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2007 bis 2011 bzw. erließ den Einkommensteuerbescheid 2012, wobei es die bei der selbständigen Tätigkeit geltend gemachten Betriebsausgaben (Aus- und Fortbildungskosten sowie AfA für Energiebilder) nicht anerkannte, sondern diese Aufwendungen gem. § 20 EStG 1988 der privaten Lebensführung zuordnete.
Im Betriebsprüfungsbericht wurde dazu ausgeführt, dass die Bf im Prüfungszeitraum (2007 bis 2012) nur Kosten für Aus- und Fortbildung als Bewusstseinsbildnerin als vorweggenommene Betriebsausgaben geltend gemacht und keinerlei Einnahmen erzielt habe. Ausbildungskosten seien dann abzugsfähig, wenn ein Zusammenhang zur konkret ausgeübten oder einer damit verwandten Tätigkeit vorliege. Die erworbenen Kenntnisse müssten in einem wesentlichen Umfang im Rahmen der ausgeübten Tätigkeit verwertet werden. Nicht abzugsfähig seien Bildungsmaßnahmen sowie Aufwendungen für Ausbildungen, die der privaten Lebensführung dienen (zB Persönlichkeitsentwicklung, Esoterik usw.). Die Anerkennung von Aufwendungen als vorweggenommene Betriebsausgaben setze konkrete, in der Außenwelt erkennbare Vorbereitungshandlungen für die Betriebseröffnung voraus. Die Bf befinde sich seit 2002 in "Ausbildung". Es seien bis dato keine Schritte gesetzt worden die darauf schließen ließen, dass in absehbarer Zeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Bewusstseinsbildnerin erzielt würden.
Die Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide wurde damit begründet, dass sich die Bf seit 2002 zur Bewusstseinsbildnerin ausbilde und die entsprechenden Ausgaben als vorweggenommene Betriebsausgaben steuerlich geltend gemacht habe. Sie sei fest von ihrer diesbezüglichen Berufung überzeugt. Die Bf habe gehofft, die entsprechende Bewusstseinsebene früher zu erreichen, glaube aber derzeit, dass dies erst in einigen Jahren der Fall sein werde. Eine genaue Aussage zu treffen, sei sie nicht imstande.
Das Finanzamt wies die Berufung hinsichtlich Einkommensteuer mit der Begründung ab, der Wunsch der Bf, vielleicht einmal als Bewusstseinsbildnerin tätig zu sein, sei zu unbestimmt, um abzugsfähige Ausbildungskosten anzunehmen. Da es sich auch um keine Fortbildungskosten iZm einem schon bestehenden Beruf handle, sei eine berufliche Veranlassung nicht zu erkennen.
Im Vorlageantrag erfolgte kein weiteres Vorbringen.
Beweiswürdigung
Der eingangs dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Veranlagungsakt und ist unstrittig.
Rechtslage
Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind. Dazu gehören gemäß Z. 7 leg. cit. Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen. Es muss also eine konkreter Zusammenhang der Bildungsmaßnahme mit geplanten nachfolgenden Betriebseinnahmen vorliegen, der über eine allgemeine Absichtserklärung zur künftigen Einnahmenerzielung hinausgeht (Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 4 Tz 235/1 mwN).
Dasselbe gilt für die geltend gemachte AfA für Energiebilder: Es muss ein ausreichender Zusammenhang mit künftigen Betriebseinnahmen und somit einer Einkunftsquelle bestehen. Der Entschluss eines Steuerpflichtigen zur Ausübung eines bestimmten Berufes muss klar und eindeutig nach außen in Erscheinung treten (Jakom/Lenneis EStG 2018, § 4 Rz 276 mwN).
Über die gem. § 323 Abs. 38 BAO als Beschwerde zu behandelnde Berufung wurde erwogen:
Die Bf hat im Streitzeitraum im Zusammenhang mit ihrer laut Rechtsmittelvorbringen angestrebten Tätigkeit als "Bewusstseinsbildnerin" ausschließlich Aus- und Fortbildungskosten sowie AfA für Energiebilder als Betriebsausgaben geltend gemacht, jedoch aus dieser Tätigkeit niemals Einnahmen erzielt. In der Beschwerde heißt es dazu begründend, sie habe die notwendige Bewusstseinsebene noch nicht erreicht und sei auch nicht imstande zu bestimmen, wann dies der Fall sein werde.
Die Bf konnte weder während der Betriebsprüfung noch im Rechtsmittelverfahren mit ausreichender Bestimmtheit angeben, ab wann oder in welcher Höhe künftig Einnahmen aus der Tätigkeit als Bewusstseinsbildnerin zu erzielen seien. Tatsächlich wurde die Tätigkeit nie ausgeübt und wird es laut Aktenlage nach wie vor nicht.
Dass klar erwiesene Umstände vorliegen würden, die über eine bloße Absichtserklärung der künftigen Einkünfteerzielung hinausgehen, ist aufgrund des Beschwerdevorbringens nicht anzunehmen. Die Ausführungen in der Vorhaltsbeantwortung im Zuge der Betriebsprüfung, wonach die Ausbildung individuell erfolge, individuell lange dauere und erst mit Erreichen einer bestimmten Bewusstseinsebene abgeschlossen sei, waren ebenso nicht geeignet, einen ausreichend bestimmten Zusammenhang mit künftigen Einkünften aus der Tätigkeit als Bewusstseinsbildnerin zu schaffen.
Hinzu kommt, dass es sich bei den hier zu beurteilenden Aufwendungen um solche handelt, welche ihrer Art nach eine private Veranlassung nahe legen. In solchen Fällen ist die ernsthafte Absicht zur Einkünfteerzielung umso nachdrücklicher nachzuweisen (Doralt, EStG13, § 16 Tz 203/4/2 und 203/5).
Dieser Nachweis wurde im gegenständlichen Fall nicht erbracht.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage liegt gegenständlich nicht vor, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 20 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 4 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | -I/06 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2018:RV.3100572.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at