Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.09.2018, RV/5101817/2016

Glücksspielabgabe für Onlineglücksspiele - Teilnahme vom Inland aus

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf. (vormals vBf.), Adresse, vertreten durch RA, AdresseRA, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , StNr. x/x betreffend Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 2 GSpG


für den Zeitraum 1/2012,
für den Zeitraum 2/2012,
für den Zeitraum 3/2012,
für den Zeitraum 4/2012,
für den Zeitraum 5/2012,
für den Zeitraum 6/2012,
für den Zeitraum 7/2012,
für den Zeitraum 8/2012,
für den Zeitraum 9/2012,
für den Zeitraum 10/2012,
für den Zeitraum 11/2012, 
für den Zeitraum 12/2012,

sowie

für den Zeitraum 1/2013,
für den Zeitraum 2/2013,
für den Zeitraum 3/2013,
für den Zeitraum 4/2013,
für den Zeitraum 5/2013,
für den Zeitraum 6/2013,
für den Zeitraum 7/2013,
für den Zeitraum 8/2013,
für den Zeitraum 9/2013,
für den Zeitraum 10/2013,
für den Zeitraum 11/2013, 
für den Zeitraum 12/2013,

sowie

für den Zeitraum 1/2014,
für den Zeitraum 2/2014,
für den Zeitraum 3/2014,
für den Zeitraum 4/2014,
für den Zeitraum 5/2014,
für den Zeitraum 6/2014,
für den Zeitraum 7/2014,
für den Zeitraum 8/2014,


zu Recht erkannt:

Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die Vorschreibungen bleiben unverändert.

Es wird kein Normprüfungsantrag gestellt.

Es wird kein Ersuchen um Vorabentscheidung an den EuGH gerichtet.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Einleitung des Verfahrens vor dem Finanzamt

Onlineglücksspiel: Bf. (vormals vBf.), die Beschwerdeführerin (im Folgenden als Bf. bezeichnet) mit Sitz auf A bietet unter der Internetadresse www.ww Glücksspielprodukte (wie z.B. Arcade, Bingo, Poker und Virtual Sports) an. Die Bf. gehört zur CG-Gruppe mit dem Hauptsitz in B. Die Lizenz der Bf., ausgestellt von der a Lotterie- und Wettbehörde, umfasst das Anbieten von Glücksspielen. Um an den Spielen teilnehmen zu können, muss sich der Spielteilnehmer bei der Bf. registrieren. Während des Registrierungsprozesses wird der Kunde ausdrücklich gebeten, seinen Wohnort (Adresse und Land) bekannt zu geben. Über eine Konzession nach § 14 GSpG verfügt die Bf. nicht.

Teilnahme vom Inland aus anhand der Registrierungsadresse: Am erstattete die Bf. für den Zeitraum bis Selbstanzeige gemäß § 29 FinStrG. Mit dieser Selbstanzeige wurde gleichzeitig der Antrag auf Festsetzung der Glücksspielabgabe für den Zeitraum 01/2011 – 08/2014 gestellt.

Der Bf. liegen keine Informationen vor, die es dem Unternehmen ermöglichen, in verlässlicher Weise festzustellen, ob eine Teilnahme von Österreich aus stattgefunden hat. In der Berechnung der Glücksspielabgabe sind all jene Spielumsätze enthalten, die von Kunden erzielt wurden, die sich mit einer österreichischen Adresse bei der Bf. registriert haben. Da es sich bei der österreichischen Registrierungsadresse um die am wenigsten willkürliche Methode handelt, um eine Bestimmung der Teilnahme von Österreich aus festzustellen, wurde diese von der Bf. herangezogen.

2. Glücksspielabgabenbescheide vom

Hinsichtlich der Zeiträume 1-12/2011 führte das Finanzamt eine Außenprüfung durch und setzte mit Glücksspielabgabenbescheid vom gemäß § 201 BAO als Sammelbescheid Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 2 GSpG für den Zeitraum 01 bis 12/2011 fest.
Die dagegen erhobene Beschwerde wurde im Beschwerdeverfahren vor dem BFG unter der Geschäftszahl Gz. RV/7104384/2015 abgehandelt. Nach Durchführung eines umfangreichen Beweisverfahrens mit Vorbereitungsvorhalt und einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat am erging am zu obiger Gz. ein  Erkenntnis, mit welchem die Beschwerde mit ausführlicher Begründung zu den Beschwerdepunkten Indizienbeweis, Registrierungsadresse, Schätzung des Anteils der "nicht vom Inland aus" Teilnehmenden mittels Indiz der IP-Adressen, Verfassungswidrigkeit des Grundtatbestandes, Verletzung europarechtlich gewährleisteter Grundfreiheiten sowie Verletzung der Mehrwertsteuerrichtlinie durch die Glücksspielabgaben abgewiesen wurde.

Streitgegenständlich im hier anhängigen Beschwerdeverfahren sind die Bescheide vom , mit welchem die zusammengesetzte Festsetzung der Glücksspielabgabe für die Zeiträume 1-12/2012, 1-12/2013, 1-08/2014 erfolgte. Ebenso wie im Glücksspielabgabenbescheid vom betreffend den Zeitraum 1-12/2011 wurden auch in den beschwerdegegenständlichen Bescheiden vom als Bemessungsgrundlagen die von der Bf. bekannt gegebenen Jahresbruttospieleinnahmen herangezogen, welche durch die Teilnahme an Ausspielungen von Kunden, die mit einer inländischen Wohnanschrift auf der Glücksspielplattform der Bf. registriert waren, erwirtschaftet wurden.

  

3. Beschwerden

In den fristgerecht eingebrachten Beschwerden beantragte die Bf.

1. die direkte Vorlage der Beschwerden an das Bundesfinanzgericht ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung gem. § 262 Abs. 2 BAO,

2. die Anberaumung einer mündliche Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 Z. 1 BAO,

3. die Verhandlung der Beschwerden vor einem Senat gem. § 272 Abs. 2 lit. a BAO,

4. die angefochtenen Glücksspielabgabenbescheide zur Gänze aufzuheben und die Abgabe mit 0,00 Euro festzusetzen.


In den Beschwerdebegründungen führte die Bf. unter Punkt F lit b als Gegenstand der Beschwerde die "Rüge von Ermittlungsfehlern seitens der Behörde, welche die Tatbestandsvoraussetzung der 'Teilnahme vom Inland aus' zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Glücksspielabgabe allein auf Basis der im Zeitpunkt der Registrierung angegebenen Wohnadresse des Kunden - ohne Berücksichtigung auch nur irgendeines anderen verfügbaren Indizes - vorgenommen hat. Ein Vergleich des Registrierungsortes mit der verwendeten IP-Adresse zeigt auch in vergleichbaren Verfahren, dass es bei im Inland registrierten Kunden zu Abweichungen von bis zu 38% kommen kann. Darüber hinaus wird die Verfassungswidrigkeit des Grundtatbestandes gerügt".

Zusammengefasst lassen sich daher - wie im Erkenntnis , folgende Beschwerdepunkte festmachen: 

Indizienbeweis: Der VwGH habe in seinem Erkenntnis , 2013/16/0085,zur Frage, ob an einer Wette vom Inland aus teilgenommen wird ausgesprochen, dass es zulässig ist, die Teilnahme vom Inland anhand von Indizien zu ermitteln. Dabei sei der Verwaltungsgerichtshof von zwei Indizien ausgegangen, nämlich von der Wohnadresse des Spielteilnehmers bzw. der Registrierung mit einer inländischen IP Adresse. Daraus könne das Finanzamt keinesfalls ableiten, dass ein (1) Indiz für die Sachverhaltsdarstellung der Teilnahme vom Inland aus genüge.

Registrierungsadresse: Diese sei ein statisches Merkmal, das keinen zwingenden Rückschluss auf den physischen Aufenthaltsort eines Kunden im Zeitpunkt der Teilnahme an einem Glücksspiel erlaube. Es lasse sich auch nicht mit abschließender Sicherheit feststellen, ob der vom Spielteilnehmer angegebene Wohnort noch aktuell ist oder ob er falsche Aussagen gemacht habe. Die Spielteilnehmer würden nicht nur von ihrer Wohnadresse aus an Glücksspielen teilnehmen, es seien auch Auslandaufenthalte von Spielteilnehmern mit österreichischer Registrierungsadresse zu berücksichtigen. Die Bf. hegte aber keinen Zweifel, dass die Teilnahme vom Inland aus an den physischen Aufenthaltsort des Spielteilnehmers im Zeitpunkt der Teilnahme anknüpft.

Schätzung des Anteils der „nicht vom Inland aus“ Teilnehmenden mittels Indiz der IP-Adressen: Andererseits lasse die „Geolokalisation“ des Spielteilnehmers über die IPAdresse ebenfalls nur bedingte Rückschlüsse auf den Aufenthaltsort des Spielteilnehmers im Zeitpunkt der Teilnahme an einem Glücksspiel zu. Dazu erläuterte die Bf. die Nutzung von Anonymisierungsdiensten, Proxyservern und von Firmennetzwerken. Oft seien sich die Spielteilnehmer selbst nicht mehr bewusst, dass sie sich auf österreichischem Territorium befänden, wie das beispielsweise bei Sportlern beim Skifahren oder Wandern der Fall sein kann. Außerdem dürfen IP-Adressen nicht gespeichert werden.

Verfassungswidrigkeit des Grundtatbestandes: Da § 57 Abs. 2 GSpG iVm § 12a GSpG so formuliert sei, dass weder die Bf., noch das Finanzamt die Bemessungsgrundlage ermitteln könnten, liege eine Verletzung des Legalitätsprinzips gemäß Art. 18 B-VG, eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, eine Verletzung des Grundsatzes „nulla poena sine lege, nullum crimen sine lege“ gemäß Art. 7 EMRK, sowie eine Verletzung des Rechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums vor.

Verletzung europarechtlich gewährleisteter Grundfreiheiten:

Die Glücksspielabgabenpflicht iSd § 57 GSpG bestehe für Anbieter von Onlineglücksspielen, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässig seien und Glücksspiele im Internet anbieten, ohne über eine österreichische Konzession zu verfügen bzw. überhaupt verfügen zu können. Ausländische Marktteilnehmer würden daher vom österreichischen Glücksspielmarkt regulatorisch ausgeschlossen, sie müssen aber trotzdem Glücksspielabgaben entrichten. Das Zusammentreffen des Glücksspielmonopols und der Glücksspielabgabenpflicht für konzessionslos anbietende Glücksspielunternehmen zeige, dass hier eine Abschottung des österreichischen Glücksspielmarktes vor Konkurrenz und gleichzeitig die Gewährleistung eines möglichst hohen Steueraufkommens aus der Durchführung von Glücksspielen bezweckt und umgesetzt werde. Im gegenständlichen Fall würden daher ausländische Glücksspielanbieter in ihrem durch die Dienstleistungsfreiheit geschütztem Recht auf ungehinderte Erbringung und Entgegennahme von Dienstleistungen innerhalb der Europäischen Union beschränkt.

Verletzung der Mehrwertsteuerrichtlinie durch die Glücksspielabgaben

Die Glücksspielabgaben würden die wesentlichen Merkmale einer Mehrwertsteuer aufweisen und seien folglich unionsrechtswidrig, weil diese proportional zum Preis der Dienstleistung seien und wie eine echte Umsatzsteuer letztendlich vom Kunden getragen würden.


Die Bf. stellte daher die Anregungen

1. das Bundesfinanzgericht möge einen Normprüfungsantrag (Antrag auf Aufhebung von § 57 GSpG und § 59 Abs. 5 GSpG wegen Verfassungswidrigkeit) an den Verfassungsgerichtshof stellen und

2. hinsichtlich der Auslegung des Unionsrechts möge das Bundesfinanzgericht an den EuGH ein Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art. 267 AEUV richten und folgende Fragen zur Entscheidung vorlegen:

„- Handelt es sich bei der Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 2 iVm § 12a GSpG unionsrechtlich und wirtschaftlich um eine Mehrwertsteuer, die in dieser Form dem Art.
401 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie widerspricht?

- Widerspricht die Bestimmung des § 57 Abs. 2 GSpG, wonach die Steuerpflicht eines Glücksspielanbieters an die Teilnahme des Kunden vom Inland aus anknüpft, den
Grundfreiheiten des AEUV, wenn typischerweise nur ausländische Glücksspielanbieter die
Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmales feststellen müssen, eine sichere Feststellung der
Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmales der Teilnahme vom Inland aus aber weder durch
den Steuerpflichtigen noch durch die Abgabenbehörde möglich ist, die Nichterfüllung
entsprechender Abgabenpflichten aber finanzstrafrechtlich bewehrt ist.“


4.MitVorlageberichten vom legte das Finanzamt die Beschwerden ohne Erlassung von Beschwerdevorentscheidungen dem Bundesfinanzgericht vor.


5.Im an das Bundesfinanzgericht gerichteten Schriftsatz vom zieht die Bf. die entsprechenden, in den Beschwerden vom gestellten Anträge auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Senat bei Aufrechterhaltung der übrigen Anträge und Anregungen zurück und führt ergänzend zum Beschwerdevorbringen aus, dass für den Fall, dass das Bundesfinanzgericht die verfassungs- und europarechtlichen Bedenken nicht teilt, die Bf. "die Berücksichtigung der bekannt gegebenen IP-Adressdaten bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage" begehrt.

Ergänzend führt die Bf. aus (vgl. Punkt B des Schriftsatzes):

"Das Bundesfinanzgericht hat im Rahmen einiger anderer Verfahren seit Einbringung der Beschwerden bereits richtig festgestellt, dass es für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmales der Teilnahme an Glücksspielen vom Inland aus nur auf den physischen Aufenthaltsort (als geografisch festlegbaren Ort) ankommt. Staatszugehörigkeit, Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt sind dagegen nicht entscheidend.

Nach dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2013/16/0085 stellen sowohl die Registrierungsadresse als auch die IP-Adressen grundsätzlich geeignete Indizien für die Ermittlung der Teilnahme vom Inland aus dar. In der Beschwerde wurden von der Bf. daher Daten zu den Abweichungen der durch die IP-Adressen indizierten Aufenthaltsorte von der Registrierungsadresse vorgelegt (Beilage ./13 der Bescheidbeschwerde vom ). Diese Daten wurden von einer Konzerngesellschaft im Rahmen der Detailanalyse der Daten jeder einzelnen Spielteilnahme ihrer Kunden mit ausschließlicher Verwendung nicht-österreichischer IP-Adressen ermittelt und angewandt. Sie stellen daher in relevanter Weise auf die zugrunde liegenden Einzelspiele ab und indizieren einen nicht-österreichischen Aufenthaltsort der Kunden bei ihrer Teilnahme an den Glücksspielen, sodass schon alleine deshalb sehr gravierende Zweifel an der Richtigkeit der (von der Finanzverwaltung angestrebten ) Ermittlung der 'Teilnahme vom Inland aus' nur anhand der ursprünglichen Registrierungsadressen aufkommen müssen. Es entspricht auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Adresse, die im Rahmen der (erstmaligen) Registrierung angegeben wird, aufgrund der Tatsache, dass die Produkte der Bf. über das Internet zu jeder Zeit von jedem beliebigen Ort aus erreicht werden können, nicht mit dem physischen Aufenthaltsort zu einem (viel) späteren Zeitpunkt gleichgesetzt werden kann. Dies wird auch durch die vorgelegten Daten zu den signifikanten Abweichungen der (jeweils für die einzelnen Spielteilnahmen) durch die IP-Adressen indizierten Aufenthaltstorten von der bei der erstmaligen Registrierung (einmalig) angegebenen Adresse bestätigt, weshalb die vom Finanzamt vorgenomme Berechnung der Glücksspielabgabe nur auf Grundlage der Registrierungsadresse sich nach Ansicht der Bf. als falsch erweist.

Die in der Beschwerde übermittelten IP-Adressen stellen daher weitere geeignete Indizien dar, die aus den genannten Gründen einen der Registrierungsadresse mindestens gleichwertigen Beweiswert aufweisen und daher bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen sind. Eine selektive Auswahl nach Gutdünken bzw. Präferenz ohne ausreichende Begründung, weshalb die Registrierungsadresse 'wahrscheinlicher' zum richtigen Ergebnis führt, steht der Abgabenbehörde nicht zu (vgl. u.a. und , 2010/15/0188), will sie sich nicht dem Risiko einer verfassungswidrigen Vorgehensweise aussetzen.

Das alleinige Abstellen auf Registrierungsadressen bei der Ermittlung der Teilnahme vom Inland aus (und damit der Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe) ist daher rechtswidrig."

6. Beweisverfahren

Beweis wurde erhoben:

- durch Einsicht in den dem Bundesfinanzgericht vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Finanzamtsakt

- durch Einsicht in die von der Bf. vorgelegten Darstellungen und Artikel

- durch Abfrage in der Finanzdokumentation Findok zwecks Einsicht in das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Gz. RV/7104384/2015.


7. Festgestellter Sachverhalt:

Im Rahmen der vorliegenden Beschwerdeverfahren sind die Glücksspielabgabenbescheide vom betreffend 1-12/2012, 1-12/2013 und 1-8/2014 verfahrensgegenständlich. Im Beschwerdeverfahren zu Gz. RV/7104384/2015 betreffend den Glücksspielabgabenbescheid vom betreffend Glücksspielabgabe für 1-12/2011 wurde bereits mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom über die Beschwerde der Bf. entschieden. Auf Grund des gleichen Sachverhaltes - nur andere Zeiträume betreffend - und Identität der Bf. wird auf die diesbezüglichen Feststellungen im vorgenannten Judikat RV/7104384/2015, Punkt 5. verwiesen.


8. Rechtslage und rechtliche Erwägungen des Bundesfinanzgerichtes dazu:

Hinsichtlich der gesetzlichen Grundlagen, der verfassungs- und unionsrechtlichen Einwände und des Vorwurfes der Bf. betreffend fehlender Ermittlungen durch die Abgabenbehörde wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die umfangreichen Ausführungen im Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes RV/7104384/2015 (vgl. Punkte 6 ff.) und den Erwägungsteil unter Punkt 12. verwiesen.

Hinsichtlich der ergänzenden Ausführungen der Bf. im Schriftsatz vom betreffend Berücksichtigung der IP-Adressdaten bei Ermittlung der Bemessungsgrundlagen unter Verweis auf und Beilage./13 zu den streitgegenständlichen Beschwerden ist anzumerken:

Die als "Summary of Registration data" bezeichnete Beilage./13 enthält eine die Kalenderjahre 2011 bis August/2014 betreffende, und darin jeweils wieder nach Monaten untergliederte Aufstellung, worin die Summe der Einnahmen nach Registrierungsdaten (Revenue - Summary of Registration data) jener Einnahmensumme nach IP-Daten (Revenue - Summary of IP-data) gegenübergestellt und die sich daraus ergebende prozentuelle Abweichung nach Monaten dargestellt wird. Dadurch ließen sich laut der Bf. Abweichungen der durch die IP-Adressen indizierten Aufenthaltsorte von der Registrierungsadresse ableiten. Die Daten seien von einer Konzerngesellschaft im Rahmen einer Detailanalyse der Daten je Spielteilnahme der Kunden mit ausschließlicher Verwendung nicht-österreichischer IP-Adressen ausgewertet worden und würden einen nicht-österreichischen Aufenthaltsort der Kunden bei Spielteilnahme indizieren.

Bereits in ihren Beschwerden nimmt die Bf. unter Punkt G II. ("Fehlerhafte Ermittlung des Grundtatbestandes durch die Behörde") darauf Bezug, indem sie ausführt, dass "die von der Bf. zur Verfügung gestellten Daten (IP-Adressen) einer anderen Konzerngesellschaft zeigen, dass es bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage anhand der Registrierungsadresse im Vergleich zur IP-Adresse zu Abweichungen von bis zu 94% kommen kann. Der Behörde ist bereits aus anderen Verfahren bekannt, dass zwischen der angegebenen Adresse und dem anhand der IP-Adresse ermittelten Aufenthaltstort Abweichungen von bis zu 38% bestehen"  

Die Bf. kommt jedoch selbst in ihren unter Punkt III. 1b der Beschwerdeschriften erfassten Ausführungen zur Verfassungswidrigkeit des Grundtatbestandes zur Schlussfolgerung, dass weder die Registrierungsadresse noch u.a. aus technischen und datenschutzrechtlichen Grundsätzen die IP-Adresse eine taugliche Methode zur Bestimmung der "Teilnahme vom Inland aus" darstellten. 

Wenndie Bf. somit in ihren Beschwerdeergänzungen vom beantragt, das Bundesfinanzgericht möge die beschwerdegegenständlichen Bescheide aufheben und die Glücksspielabgabe unter Berücksichtigung der signifikanten Abweichungen zwischen den vorgelegten Indizien Registrierungsadresse und IP-Adresse neu festsetzen", ist dem entgegenzuhalten, dass aus Beilage./13 keine neuen Erkenntnisse bzw. weitere geeignete Indizien zu gewinnen sind. Zum einen handelt es sich, wie die Bf. selbst ausführt, um die von einer anderen Konzerngesellschaft zur Verfügung gestellten Daten, welche schon bereits deswegen mangels Sachverhaltsidentität nicht im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens herangezogen werden können. Zum anderen ist die Allgemeinheit einer Prozentangabe nicht geeignet, eine Indizwirkung zum Aufenthaltsort eines Spielteilnehmers zum Zeitpunkt der Teilnahme am Glücksspiel herzustellen.

Es ist daher bei gleicher Sachlage dem Erkenntnis des zu folgen, worin im Punkt 11. (Zum Vorwurf fehlender Ermittlungen durch das Finanzamt) ausgeführt wird:  

Die Bf. hat in ihrer Beschwerde unter dem Punkt III. 1. b) 'IP-Adresse als ungeeignetes Merkmal zur Bestimmung der 'Teilnahme vom Inland aus' festgestellt:

„Technisch ist es also durchaus möglich, dass eine Teilnahme an einem Spiel vom Ausland aus erfolgt, dem Teilnehmer aber eine österreichische IP-Adresse zugeordnet wird bzw. umgekehrt eine Teilnahme am Spiel vom Inland aus erfolgt, dem Teilnehmer aber eine ausländische IP-Adresse zugeordnet wird.“

Die Bf. hat darauf hingewiesen, dass nach ihrer Auffassung die IP-Adresse eines Kunden keine taugliche Methode zur Feststellung darstellt, ob die Teilnahme vom Inland aus erfolgt. In einem ähnlich gelagerten Beschwerdefall () hat sich die geringe Aussagekraft der IP-Adresse im Zuge eines Versuchs gezeigt, in dem bei einer Person, die mit ihrem Handy in Wien an einem Glücksspiel teilgenommen hat, eine ausländische IP-Adresse aufschien. Aufgrund der Unverlässlichkeit der IP-Adresse wurde bei der Berechnung der Glücksspielabgabe zu Recht der Registrierung in Österreich der Vorzug gegeben.

Auch im Erwägungsteil des zitierten Erkenntnisses RV/7104384/2015 wird unter Punkt "Kein Verstoß der Glücksspielabgaben gegen Art. 18 Abs. 1 B-VG unter Bezug auf die Teilnahme vom Inland aus" zum Anknüpfungspunkt Registrierungsadresse bzw. IP-Adresse Bezug genommen, wenn es heißt:

Ebenso wissen bei Onlineglücksspielen sowohl Anbieter als Spielteilnehmer, wo sie sich geografisch jeweils zum Zeitpunkt des Abschlusses des Glücksvertrages befinden. Im gegenständlichen Fall wurde von der Bf. die Methode der Selbstberechnung nach dem registrierten Wohnort des Spielteilnehmers zugrunde gelegt, was ein geeignetes Indiz darstellt und sich daher die Berechnung des Finanzamtes als richtig erweist. Eine Onlineanbieterin von Glücksspielen treffende Selbstberechnungs- und Abfuhrproblematik macht aber den Steuergegenstandstatbestand noch nicht verfassungswidrig.

Zum Aufenthaltsort des Spielteilnehmers zum Zeitpunkt der Teilnahme am Glücksspiel wird festgestellt, dass in diesem Moment nur die Bf. über die Adressen der Spielteilnehmer verfügt, unter welchen diese registriert sind. Die Abgabenbehörde hat zum Zeitpunkt der Spielteilnahme diese Adressen jedenfalls nicht. Die IP-Adressen kann die Bf. zum Zeitpunkt der Spielteilnahme zuordnen und verwalten, nicht jedoch die Abgabenbehörde. Die Bf. hätte vom Spielteilnehmer Informationen verlangen können, wo er sich im Zeitpunkt der Teilnahme gerade befand. Die Abgabenbehörde hat keinesfalls die Möglichkeit, Informationen vom Spielteilnehmer verlangen zu können, wo er sich im Zeitpunkt der Teilnahme am Glücksspiel gerade befand."

Aus dem ergänzenden Vorbringen der Bf. lassen sich somit keine neuen Erkenntnisse gewinnen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.


Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der in Rede stehenden Gesetzesbestimmungen stellen mangels Zuständigkeit keine vom Verwaltungsgerichtshof im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu lösende Rechtsfrage dar.

Hinsichtlich der Zulassung der ordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof betreffend Fragen der Unionsrechtskonformität der Besteuerung von Online-Glücksspielen wird der Begründung des Bundesfinanzgerichtes im Erkenntnis vom , RV/7104384/2015 gefolgt, wonach eine Revision für zulässig erachtet wird, zumal zur Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 57 Abs. 2 GSpG noch keine dezidierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt. Durch die zur vergleichbaren Bestimmung des § 33 TP 17 GebG ergangene Judikatur ist zwar geklärt, dass sowohl die inländische Wohnsitzadresse als auch die inländische IP-Adresse Indizien für die 'Teilnahme vom Inland“'darstellen. Nicht geklärt ist, ob sich die Abgabenbehörde bei der Festsetzung der Glücksspielabgabe auch auf nur eines der genannten Indizien stützen darf.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Glücksspiel
betroffene Normen
§ 57 Abs. 2 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 14 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 12a GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 57 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 59 Abs. 5 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.5101817.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at