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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.10.2015, RV/2100434/2014

Vertreterpauschale: Verkaufs- und Service- sowie Montagetätigkeit / fehlender Nachweis des zeitlichen Umfanges der beiden Tätigkeitsbereiche

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf., P, vertreten durch Rein & Schreck Steuerberatung GmbH, Grazer Straße 13, 8230 Hartberg, gegen die Bescheide des Finanzamtes Oststeiermark vom , betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2008 bis 2010 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Bezüglich der Bemessungsgrundlage und der festgesetzten Einkommensteuer ergeben sich gegenüber den Beschwerdevorentscheidungen vom keine Änderungen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Strittig ist im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht, ob dem Beschwerdeführer (Bf.) das Vertreterpauschale nach § 1 Z 9 der zu § 17 Abs. 6 EStG 1988 ergangenen Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl. II Nr. 382/2001, zusteht.

Das Finanzamt hat in den Beschwerdevorentscheidungen vom unter Hinweis auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung für das Jahr 2006 die Berücksichtigung des Vertreterpauschales mit nachstehender Begründung verwehrt:

"Laut Firmenbestätigung (Personaldossier) waren Sie bei der Fa. X Getränkesysteme GmbH als Servicetechniker und Monteur im Außendienst tätig, weshalb die Voraussetzungen für die Gewährung des Handelsvertreterpauschales nicht erfüllt sind."

Den dagegen eingebrachten Vorlageantrag hat die bevollmächtigte Vertreterin des Bf. wie folgt begründet:

Das Finanzamt habe die Entscheidung, das Vertreterpauschale nicht zu berücksichtigen, im Wesentlichen mit einer E-Mail von Y, Lohnverrechnerin bei der XX AG, wonach der Bf. seine Tätigkeit als "Servicetechniker und Monteur im Außendienst nach Maßgabe der an ihn gestellten Kundenanforderungen" organisiert habe, begründet. Weiters habe sie eine Kopie des Personaldossiers des Bf. übermittelt.

Zu diesen Unterlagen sei zu bemerken, dass das Personaldossier aus den Jahren 2003 bis 2005 stamme. In diesem Zeitraum sei der Bf. tatsächlich Servicetechniker und Monteur für Schank- und Kaffeemaschinen gewesen. Seine Tätigkeit habe sich allerdings in der letzten Zeit zum reinen Außendienstmitarbeiter geändert. Mit der E-Mail vom widerspreche Y allerdings einer Bestätigung vom , ausgestellt von Geschäftsführer der XXX GmbH, wonach der Bf. im Außendienst tätig gewesen sei und eine reine Vertretertätigkeit gehabt hätte.

Die Formulierung in der E-Mail von Y sei nur dadurch zu erklären, dass sie den Bf., der von der Fa. XXX GmbH im Unfrieden geschieden sei und mit seinem jetzigen Unternehmen seinem ehemaligen Arbeitgeber enorme Konkurrenz mache, schädigen habe wollen.

Auf Grund des Widerspruchs zwischen der Bestätigung der XXX GmbH vom einerseits und der E-Mail von Y vom andererseits werde vermeint, dass der Bestätigung des Geschäftsführers mehr Glauben zu schenken sei als jener der Lohnverrechnerin.

Da der Bf. in den Jahren 2008 bis 2010 reine Vertretertätigkeiten im Außendienst ausgeübt habe, werde der Antrag auf Zuerkennung des Vertreterpauschales in den Jahren 2008 bis 2010 gestellt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl. II Nr. 382/2001, lautet auszugsweise:

"Auf Grund des § 17 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400/1988, wird verordnet:

§ 1. Für nachstehend genannte Gruppen von Steuerpflichtigen werden nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 folgende Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt:

...

9. Vertreter

5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.190 Euro jährlich. Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden."

Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu im Erkenntnis vom , 2009/13/0261, Nachstehendes zu Recht erkannt:

"Eine nähere Definition des Vertreterbegriffs ist der Verordnung nicht zu entnehmen, sodass nach der ständigen Rechtsprechung auf die Erfahrungen des täglichen Lebens und die Verkehrsauffassung abzustellen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0231, unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom , 2885, 2994/80).

Demnach sind Vertreter Personen, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind. Der Arbeitnehmer muss eine ausschließliche Vertretertätigkeit ausüben (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0231, sowie Fellner in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer Kommentar, Band III, Tz 71 zu § 17 EStG 1988, mwN). Eine andere Außendiensttätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, ist keine Vertretertätigkeit (zB Kontroll- oder Inkassotätigkeit, beratende Tätigkeit) (vgl. Lenneis in Jakom, EStG6, § 16 Rz 66).

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, steht nur eine "völlig untergeordnete andere Tätigkeit" der Inanspruchnahme des Vertreterpauschales nicht entgegen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2003/15/0044, VwSlg. 8008/F, und vom , 2008/15/0231).

Wenn die belangte Behörde im Rahmen der freien Beweiswürdigung, insbesondere auf Grundlage der vom Beschwerdeführer vorgelegten Stellenbeschreibung, zum Ergebnis gelangt ist, dass bei dessen Tätigkeit als "EDV Organisationsberater" keine ausschließliche Vertretertätigkeit vorliegt und dass den Aufgaben des Beschwerdeführers, die nicht unmittelbar Vertretertätigkeit darstellen, nicht völlig untergeordnete Bedeutung zukommt, so kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden."

Unter Bedachtnahme auf die dargestellte Rechtslage konnte der Beschwerde im Streitpunkt aus nachstehenden Erwägungen kein Erfolg beschieden sein:

Die vom Geschäftsführer der XXX GmbH ausgestellte, dem Vorlageantrag beigeschlossene Bestätigung vom , aus der der Bf. seine Anspruchsberechtigung für die Inanspruchnahme des Vertreterpauschales ableitet, weist nachstehenden Inhalt auf:

"Zur Vorlage an das
Finanzamt

                                                                  Q,

Bestätigung

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit bestätigen wir, dass Herr Bf., geb. 00.00.0000, im Zeitraum  bis in unserem Unternehmen vorwiegend im Außendienst beschäftigt war. Im Rahmen seiner Vertretertätigkeit war Herr Bf. für den Verkauf von Schankanlagen zuständig.

Mit freundlichen Grüßen

XXX GmbH

Firmenstempel und Unterschrift

Es ist festzustellen, dass sich diese "Bestätigung" ausdrücklich nur auf den Zeitraum bis bezieht und damit bereits aus diesem Grund kein taugliches  Beweismittel für die vom Bf. in den Streitjahren 2008 und 2009 ausgeübte Tätigkeit darstellt. Überdies liefert diese "Bestätigung" auf Grund der gewählten Formulierung - "Im Rahmen seiner Vertretertätigkeit war Herr Bf. für den Verkauf von Schankanlagen zuständig." -  für das Streitjahr 2010 keinen zwingenden Beweis, dass der Bf. tatsächlich ausschließlich als Vertreter im Sinne der Pauschalierungsverordnung tätig gewesen ist. Vielmehr wird mit der Formulierung "im Rahmen seiner Vertretertätigkeit" unausgesprochen zum Ausdruck gebracht, dass daneben auch noch ein anderer Arbeitsbereich, im vorliegenden Fall die Service- und Montagetätigkeit, bestanden hat.  

Hingegen beziehen sich die im Vorhalt des Finanzamtes vom an die Fa. X Getränkesysteme GmbH gerichteten Fragen ausdrücklich auf den "Zeitraum 2006-2010" und damit auf alle Streitjahre.

In Beantwortung dieses Vorhaltes hat Y, Personalverrechnung, in der E-Mail vom , dem Finanzamt ua. Folgendes mitgeteilt:

"Herr Bf. organisierte seine Tätigkeit als Servicetechniker und Monteur im Außendienst nach Maßgabe der an ihn gestellten Kundenanforderungen. Diese Anforderungen waren meist sehr kurzfristig und teilweise nicht planbar.

Ein schriftlicher Dienstvertrag mit Herrn Bf. wurde nicht abgeschlossen, sein Personal-Dossier finden Sie bitte im Anhang."

In diesem wird die Tätigkeit des Bf. bei X mit "Servicetechniker und Montagen für Schank- und Kaffeemaschinen, Schwerpunkt Steiermark und südliches Niederösterreich" angegeben.

Mit diesen unmissverständlichen, auf alle Streitjahre bezogenen Ausführungen der für die Personalverrechnung zuständigen Bediensteten des Arbeitgebers ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes wohl eindeutig bewiesen, dass der Bf. keine ausschließliche Vertretertätigkeit im Sinne der eingangs zitierten Verordnung ausgeübt hat. Den Ausführungen im Vorlageantrag, wonach diese Beschreibung des Tätigkeitsbereiches nur damit erklärbar sei, dass man dem Bf. nach seinem Ausscheiden aus der Firma Schaden zufügen wollte, ist Folgendes entgegenzuhalten:

Abgesehen davon, dass der Bf. Beweise für seine Behauptung, man habe ihm nach dem Ausscheiden aus der Firma Schaden zufügen wollen, schuldig bleibt, kann eine derartige Absicht ohne Darlegung näherer Umstände der für die Personalverrechnung zuständigen Bediensteten wohl nicht unterstellt werden. Im Übrigen deckt sich ihre Beschreibung des Tätigkeitsbereiches des Bf. auch mit den Angaben im aktenkundigen Personaldossier.

Auch wenn dazu vom Bf. im Vorlageantrag behauptet wird, dass das Personaldossier aus den Jahren 2003 bis 2005 stamme und er in diesem Zeitraum tatsächlich Servicetechniker und Monteur für Schank- und Kaffeemaschinen gewesen sei, seine Tätigkeit sich "allerdings in der letzten Zeit zum reinen Außendienstmitarbeiter geändert hat", kann daraus nichts für ihn gewonnen werden. Denn mit diesen völlig unbestimmten Ausführungen, ohne auch nur ansatzweise einen konkreten Zeitpunkt für die behauptete Änderung des Tätigkeitsbereiches anzuführen, liefert er keinen Beweis dafür, dass er in den Streitjahren als Vertreter im Sinne der eingangs zitierten Verordnung tätig gewesen ist.

Selbst wenn der Bf. tatsächlich auch zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften im Außendienst tätig gewesen ist, scheitert die Gewährung des Vertreterpauschales daran, dass er einen Nachweis, dass der anderen Außendiensttätigkeit als Servicetechniker und Monteur von Schankanlagen nur eine völlig untergeordnete Bedeutung zugekommen ist, schuldig geblieben ist. Denn konkrete Angaben über das Ausmaß der Verkaufstätigkeit einerseits sowie der Service- und Montagetätigkeit andererseits werden von ihm nicht gemacht. Damit ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes keinesfalls als erwiesen anzunehmen, dass die für die Gewährung des Vertreterpauschales schädliche Service- und Montagetätigkeit nicht mehr als 15 bis 20% der gesamten Arbeitszeit betragen hat (vgl. Jakom/Lenneis, EStG 6. Auflage, § 16 Rz 66 und ).

Bezüglich des im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht nicht mehr strittigen Antrages auf Berücksichtigung des Pendlerpauschales wird auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidungen vom , die auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2006 verweisen, hingewiesen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. In der vorliegenden Beschwerde werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht das Vertreterpauschale nur dann zu, wenn der neben der Verkaufstätigkeit ausgeübten Tätigkeit im Außendienst, im vorliegenden Fall Service- und Montagetätigkeit, nur eine völlig untergeordnete Bedeutung zukommt. Diese Sachverhaltsfrage war im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu entscheiden (vgl. und die dort zitierte Judikatur und Literatur); die Revision ist somit nicht zulässig.

Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Z 9 Durchschnittssätze für Werbungskosten, BGBl. II Nr. 382/2001
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.2100434.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at