Bescheid an verschmolzene gelöschte GmbH - Nichtbescheid
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/2101114/2016-RS1 | Wird eine Aktiengesellschaft nach schweizerischem Recht auf eine andere Aktiengesellschaft nach schweizerischem Recht verschmolzen und ist die aufnehmende Gesellschaft Universalsukzessor, dann tritt die aufnehmende Gesellschaft auch in die jeweiligen Rechtspositionen der übertragenden Gesellschaft ein.
Ergehen Abgabenbescheide an die gelöschte übertragende Gesellschaft, liegen Nichtbescheide vor, die keine Wirkung entfalten.
Die Beschwerde gegen diese Bescheide ist gemäß § 260 Abs. 1 lit. a iVm § 278 BAO zurückzuweisen. |
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin in der Beschwerdesache Beschwerdeführerin, vertreten durch die letzte Geschäftsführerin Geschäftsführerin, vertreten durch WTHGmbH , gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt vom betreffend Umsatzsteuer 2010, 2011 und 10/2012 beschlossen:
Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a iVm § 278 BAO als unzulässig zurückgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin war eine schweizerische Aktiengesellschaft, die Waren nach Österreich einführte. Die Verzollung der Waren in Österreich wurde von Beschwerdeführerin vorgenommen. Die Waren wurden in der Folge größtenteils in Österreich verkauft. Ein Teil der Waren wurde allerdings als innergemeinschaftliche Lieferungen nach Deutschland versendet.
Im Zuge einer Außenprüfung vertrat die Prüferin die Ansicht, dass die Beschwerdeführerin den Buchnachweis für das Vorliegen steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferungen nicht erbringen könne, weshalb die von der Bf. als steuerfrei behandelten innergemeinschaftlichen Lieferungen nachzuversteuern seien.
Das Finanzamt folgte in den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden 2010, 2011 und 10/2012, jeweils vom , den Feststellungen der Außenprüfung und setzte Umsatzsteuernachforderungen festgesetzt.
Mit Eingabe vom 19.10. und Ergänzung vom brachte die Beschwerdeführerin gegen die Festsetzung der genannten Umsatzsteuernachforderungen Beschwerde ein.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab.
Sowohl die angefochtenen Bescheide als auch die Beschwerdevorentscheidungen waren an die Beschwerdeführerin gerichtet.
Die Beschwerdeführerin stellte mit Eingabe vom einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vor.
Im Zuge seiner Recherche (IWD-Auskunft vom ) stellte das Bundesfinanzgericht fest, dass die Beschwerdeführerin bereits am im Handelsregister in der Schweiz gelöscht worden war.
Mit Beschluss des Verwaltungsrates vom wurde die Fusion der Beschwerdeführerin als übertragende Gesellschaft auf ihre 100%ige Mutter als aufnehmende Gesellschaft rückwirkend per genehmigt.
Die aufnehmende Muttergesellschaft übernahm gemäß Fusionsvertrag auf dem Weg der Universalsukzession sämtliche Aktiva und Passiva Beschwerdeführerin.
Mit Eingabe vom nahmen die Vertreter der Beschwerdeführerin den Antrag auf mündliche Verhandlung zurück.
Erwägungen
Maßgebliche gesetzliche Bestimmungen:
§ 19 Abs. 1 BAO
Bei Gesamtrechtsnachfolge gehen die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Für den Umfang der Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes.
§ 260 Abs. 1 BAO
Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig istoder
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Im Beschwerdefall ist die Rechtspersönlichkeit der Beschwerdeführerin durch die Verschmelzung auf ihre Mutter und Löschung im schweizerischen Handelsregister erloschen.
Die belangte Behörde hat die angefochtenen Bescheide gegenüber einer nicht mehr existenten Gesellschaft erlassen.
Wird ein Bescheid an eine Kapitalgesellschaft gerichtet, die zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits im Firmenbuch gelöscht ist, handelt es sich um einen Nichtbescheid, weil der behördliche Akt ins Leere gegangen ist (vgl. für viele , sowie den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , 99/13/0234).
Die Mutter der Beschwerdeführerin ist als deren Nachfolgeunternehmen auch in die Rechtstellung der verschmolzenen Beschwerdeführerin gefolgt.
Ab Fusion und in der Folge Löschung im Handelsregister war die Beschwerdeführerin nicht mehr Subjekt abgabenrechtlicher Rechte und Pflichten. Sie konnte folglich auch nicht mehr Adressat der abgabenrechtlichen Bescheide sein.
Die angefochtenen Erledigungen wurden an die Beschwerdeführerin nach deren Löschung im schweizerischen Handelsregister gerichtet. Diese Erledigungen konnten damit mangels eines existenten Bescheidadressaten keine Rechtsfolgen nach sich ziehen (siehe auch ).
Die angefochtenen Erledigungen sind folglich Nichtbescheide.
Die Beschwerde war gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückzuweisen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die rechtliche Lösung des Beschwerdefalles ist (wie oben dargestellt) durch umfangreiche Judikatur untermauert, weshalb kein Raum für die Zulassung einer ordentlichen Revision bleibt.
Folglich ist die ordentliche Revision unzulässig.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 19 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2018:RV.2101114.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at