Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.06.2018, RV/7102620/2017

Aussetzung der Einhebung von Glücksspielabgaben, Beurteilung der Erfolgsaussichten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Anschrift, vertreten durch Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati Rechtsanwälte GmbH, Parkring 2, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , StNr. XY Team 12, betreffend Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Schreiben (Vorlageantrag) vom beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) gemäß § 212a BAO die Aussetzung der Einhebung folgender Abgaben:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag in €
Glücksspielabgabe
11/2014
17.206,86
Glücksspielabgabe
12/2014
58.614,86
Glücksspielabgabe
01/2015
117.065,14
Glücksspielabgabe
02/2015
110.427,42
Glücksspielabgabe
03/2015
137.636,57
Glücksspielabgabe
04/2015
25.901,71
Glücksspielabgabe
05/2015
7.003,43
Glücksspielabgabe
07/2015
1.071.246,97
Glücksspielabgabe
08/2015
960.029,14
Glücksspielabgabe
09/2015
854.277,83
Glücksspielabgabe
10/2015
1.039.576,11
Glücksspielabgabe
11/2015
1.051.183,88
Glücksspielabgabe
12/2015
1.330.510,98
Glücksspielabgabe
01/2016
1.238.871,78
Glücksspielabgabe
02/2016
1.026.311,66
 
 
 
Gesamt
9.045.864,34
 
 
 
Säumniszuschlag
2014
344,14
Säumniszuschlag
2015
1.172,30
Säumniszuschlag
2015
2.341,30
Säumniszuschlag
2015
2.208,55
Säumniszuschlag
2015
2.752,73
Säumniszuschlag
2015
518,03
Säumniszuschlag
2015
140,07
Säumniszuschlag
2015
21.424,94
Säumniszuschlag
2015
19.200,58
Säumniszuschlag
2015
17.085,56
Säumniszuschlag
2015
20.791,52
Säumniszuschlag
2015
21.023,68
Säumniszuschlag
2016
26.610,22
Säumniszuschlag
2016
24.777,44
Säumniszuschlag
2016
20.526,23
 
 
 
Gesamt
180.917,29

Begründend wurde vorgebracht, dass die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhänge, gemäß § 212a Abs. 1 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen sei, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweiche, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liege, zurückzuführen sei, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragendenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.

Abgaben im Sinne der BAO seien gemäß § 3 BAO auch Nebenansprüche wie Säumniszuschläge oder Aussetzungszinsen. Sie seien einer Aussetzung - sofern sie nicht ohnehin separat mit einem Rechtsmittel bekämpft würden - auch im Zusammenhang mit einem Rechtsmittel gegen die Stammabgabe zugänglich, sofern ihre Höhe mittelbar von der Erledigung dieses Rechtsmittels abhänge.

Dabei handle es sich jedenfalls um alle Nebenansprüche, die im Falle einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Erledigung des Rechtsmittels (gegen die Stammabgabe) von Amts wegen oder auf Antrag des Abgabepflichtigen zwingend herabzusetzen seien oder deren Festsetzung diesfalls überhaupt aufzuheben sei (Ritz, BAO5 § 212a Rz 7):

In Bezug auf Säumniszuschläge folge die mittelbare Abhängigkeit aus § 217 Abs. 8 BAO, wonach die Berechnung der Säumniszuschläge im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen habe.

Ein Ausschlussgrund nach § 212a Abs. 2 BAO liege nicht vor. Gerade die Entscheidungen des ) und vom (G 26/2013, G 90/2012) und der ) zeigten, dass die Rechtsfragen nicht nur äußerst komplex seien, sondern auch im Sinne der Beschwerdeführerin entschieden würden. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hinzuweisen, dass bis dato keine Entscheidung des VwGH ergangen sei, aufgrund derer die Glücksspielabgabenpflicht im gegenständlichen Fall zu bejahen wäre.

Darüber hinaus stehe nunmehr aufgrund des Beschlusses des Obersten Gerichtshofes ( ua) fest, dass das Glücksspielmonopol unionsrechtswidrig sei. Der Antrag des OGH an den VfGH könne eine Aufhebung maßgeblicher Bestimmungen des Glücksspielgesetzes nach sich ziehen. Dabei sei keineswegs ausgeschlossen, dass diese Aufhebung nach Art. 140 Abs. 7 B-VG rückwirkend erfolge, was auch die dargelegten Auswirkungen auf die Abgabenpflicht im Beschwerdezeitraum haben könne. Sollte keine Aufhebung erfolgen oder die Aufhebung nicht rückwirkend erfolgen, so bleibe es bei der Feststellung, dass das Glücksspielgesetz unionsrechtswidrig sei, was ebenfalls die genannten Auswirkungen auf die Besteuerung habe.

Die Aussetzung sei zu bewilligen, da ansonsten kein effektiver Rechtsschutz mehr gegeben wäre.

*****

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Aussetzungsantrag ab und führte begründend aus, dass die Aussetzung nicht zu bewilligen sei, insoweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig Erfolg versprechend erscheine (§ 212a Abs. 2 lit. a BAO). Anlässlich der Entscheidung über einen Aussetzungsantrag sei somit von der Abgabenbehörde auf die Erfolgsaussichten der Beschwerde Bedacht zu nehmen, und zwar anhand des Beschwerdevorbringens (; ).

Es werde betreffend sämtliche Punkte auf die ständige Rechtsprechung des UFS bzw. BFG (UFS Wien vom , RV/1666-W/06‚ RV/1665-W/06, RV/1338-W/05, RV/0031-W/02, RV/1669-W/06, RV/1668-W/06, RV/1667-W/06, RV/1664-W/06, RV/1663-W/06; UFS Wien vom , RV/0421-W/02; UFS Wien vom , RV/0369-W/02, RV/0036-W/02; UFS Innsbruck vom , RV/0499-I/10; UFS Innsbruck vorn , RV/0500-I/10; UFS Wien vom , RV/0743-W/11; UFS Graz vom , RV/0744-G/11; ; ; , und ) sowie die Rechtsprechung des , vom , B 58-62/2014 und vom , E 293/2015 verwiesen. Aufgrund der ständigen Rechtsprechung des BFG und des VfGH sei die Beschwerde nach der Lage des Falles wenig erfolgversprechend.

So führe das Bundesfinanzgericht in seinem Erkenntnis vom , RV/7103332/2011, aus: „Durch die Glückspielgesetznovelle 2008 wurde die Besteuerung von bestimmten Glücksspielen mit Rechtsgeschäftsgebühren aus dem Gebührengesetz herausgenommen und transformiert zu den Glücksspielabgaben in das Glücksspielgesetz § 57 GSpG bis § 59 GSpG eingestellt. Wie gezeigt werden konnte, handelt es sich bei den §§ 57 ff. GSpG um die Nachfolgebestimmungen zu § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 und Z 8 GebG, weswegen viele steuerliche Grundsätze übertragen werden können. Man kann durchaus sagen, bei den Glücksspielabgaben handelt es sich um eine Art Rechtsgebühren bzw. um eine Rechtsverkehrsteuer (vgl. ).“

Die zu § 33 TP 17 GebG ergangene Rechtsprechung sei daher auch auf die Glücksspielabgabe anwendbar.

In der Abgabeneinhebung sei auch kein Eingriff in verfassungsgesetzlich geschützte Rechte zu erkennen, weil es der Abgabepflichtige in der Hand habe, Vorkehrungen für die Entrichtung der Abgabenschuld zu treffen ( und vom , B 58-62/2014).

Weiters führt der VfGH in seinem Erkenntnis vom , E 293/2015, aus: „Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Verfassungswidrigkeit des § 1 Abs. 2 GSpG sowie der Bestimmungen über die Glücksspielabgaben in den §§ 57 bis 59 GSpG behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat: Es liegt grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, wenn er das Pokerspiel dem Regime des Glücksspielgesetzes unterwirft (vgl. VfSlg. 19.767/2013). Auch die Ausgestaltung der Glücksspielabgabe nach § 57 GSpG überschreitet nicht den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (vgl. VfSlg. 10.001/1984, 10.365/1985, 11.143/1986, 11.615/1988 uva., vgl. auch VfSlg. 15.432/1999, 16.585/2002, 16.740/2002, 16.923/2003).“

Des Weiteren habe der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , E 820/2015, die Behandlung der Beschwerde gegen die Entscheidung des , die die Glücksspielabgabenpflicht gemäß § 57 Abs. 1 GSpG des Kartenpokerspiels als Cash Game oder in Turnierform, sowie von Surrender als Black Jack Variante bestätigt habe, abgelehnt und die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Der Verfassungsgerichtshof habe den Antrag des Obersten Gerichtshofes sowie andere gleichartige Anträge von Gerichten mit Beschluss vom , G 103-104/2016 ua., als unzulässig zurückgewiesen, weil die Gerichte einen zu engen Anfechtungsumfang gewählt hätten, jedoch in seinem Erkenntnis von selben Tag E 945/2016, E 947/2016, E 1054/2016 eine inhaltliche Prüfung vorgenommen und die Unionsrechtskonformität und die Verfassungsmäßigkeit der GSpG Bestimmungen bestätigt.

Aufgrund der ständigen Rechtsprechung und dem klaren Wortlaut des Gesetzes (§ 1 Abs. 2 GSpG: Poker sei ein Glücksspiel, § 57 Abs. 1 GSpG) sei die Beschwerde nach der Lage des Falles wenig erfolgversprechend, daher sei der Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO bezüglich der Glücksspielabgabe für Poker abzuweisen (vgl. ; ; ).

*********

In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führte die Bf. aus wie folgt:

1. Sachverhalt und Verfahrensgang

Der Sachverhalt dürfte hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin im Beschwerdezeitraum ausgeübten Tätigkeit dem Grunde nach weitgehend unstrittig sein.

Zusammenfassend werde festgehalten, dass

-) die Beschwerdeführerin sogenannte „Pokercasinos“, Gastronomiebetriebe für erlaubte Kartenspiele ohne Bankhalter, insbesondere für Poker, betreibe und dafür eine aufrechte Gewerbeberechtigung besitze;

-) in den Lokalen der Beschwerdeführerin einander Spieler zum Kartenspielen (vorwiegend Poker, sowie zu einem geringen Teil das Spiel Two Aces (eine Variante von Black Jack) träfen, wobei sich die Tätigkeit der Beschwerdeführerin auf die Zurverfügungstellung von Spieltischen und unselbständigen Hilfsdiensten mit gastronomischer Betreuung der Kartenspieler beschränke;

-) die Beschwerdeführerin an den Spielen nicht teilnehme und aufgrund von § 168 StGB auch nicht teilnehmen dürfe;

-) die Beschwerdeführerin in die Spielverträge der Spieler nicht eingebunden sei und folglich nicht wissen könne, wie viel diese an Einsatz leisten bzw. wie viel sie gewinnen oder verlieren würden.

Mit drei Bescheiden vom habe die Abgabebehörde für die oben beschriebene Tätigkeit Glücksspielabgaben für die Monate i) November und Dezember 2014, ii) Jänner, Februar, März, April, Mai, Juli, August, September, Oktober, November und Dezember 2015 sowie iii) Jänner und Februar 2016 in Höhe von insgesamt EUR 9.045.864,34 festgesetzt. Da diese Abgaben nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet worden seien, habe die Abgabenbehörde erste Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt EUR 180.917,29 festgesetzt.

Gegen die Bescheide über die Festsetzung der Glücksspielabgaben habe die Beschwerdeführerin mit Schriftsätzen vom fristgemäß Beschwerde erhoben. Die Beschwerden seien mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am , als unbegründet abgewiesen worden. Gegen diese Beschwerdevorentscheidung habe die Beschwerdeführerin binnen offener Frist einen Vorlageantrag gemäß § 264 BAO gestellt und diesen mit einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO betreffend die Stammabgabe sowie die damit in Zusammenhang stehenden ersten Säumniszuschläge verbunden.

Während das Rechtsmittel gegen die Stammabgabe nach wie vor beim BFG anhängig sei, sei der Antrag auf Aussetzung der Einhebung mit Bescheid vom , zugestellt am („bekämpfter Bescheid“), als unbegründet abgewiesen worden. Gegen diesen Bescheid richte sich die vorliegende Beschwerde.

Infolge der Abweisung des Aussetzungsantrages seien ebenfalls mit Bescheid vom Aussetzungszinsen für den Zeitraum bis in Höhe von EUR 37.886,71 festgesetzt worden.

2. Begründung

2.1 Verfassungsrechtliche Vorgaben

Nach § 254 BAO werde durch die Einbringung einer Bescheidbeschwerde die Wirksamkeit des bekämpften Abgabenbescheides nicht gehemmt. Der Bescheid sei daher trotz Einbringung eines (möglicherweise erfolgversprechenden) Rechtsmittels vollstreckbar.

Diese Problematik habe den VfGH bereits im Jahr 1986 zur Aufhebung von § 254 BAO als verfassungswidrig bewogen. Nach den Ausführungen des VfGH fordere das rechtsstaatliche Prinzip, dass sämtliche Akte der staatlichen Organe im Gesetz und mittelbar letztlich auch in der Verfassung begründet sein müssten, weshalb auch ein System von Rechtsschutzeinrichtungen bestehen müsse, welche gewährleisteten, dass nur jene Rechtsakte dauerhaft bestehen blieben, die mit dem sie bedingenden höherrangigen Recht in Einklang stünden. Diese Rechtsschutzeinrichtungen müssten ein Mindestmaß an faktischer Effizienz aufweisen, weshalb es nicht zulässig sei, Rechtsschutzsuchende generell mit allen Folgen einer potenziell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung zu belasten (; siehe hierzu auch Althuber, § 212a Abs. 2 lit. a BAO - Erfolgsaussichten der Bescheidbeschwerde, ÖStZ 2016, 673).

Der Gesetzgeber habe auf diese Entscheidung reagiert, indem er mit der Wiedereinführung des § 254 BAO mit BGBl 1987/312 auch die Möglichkeit der Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO geschaffen habe.

2.2 Voraussetzungen der Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO

Gemäß § 212a Abs. 1 BAO sei die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde (Berufung) abhänge, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweiche, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liege, zurückzuführen sei, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragendenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.

Abgaben im Sinne der BAO seien gemäß § 3 BAO auch Nebenansprüche wie bspw. Aussetzungszinsen oder Säumniszuschläge. Sie seien einer Aussetzung - sofern sie nicht ohnehin separat mit einem Rechtsmittel bekämpft würden - auch im Zusammenhang mit einem Rechtsmittel gegen die Stammabgabe zugänglich, sofern ihre Höhe mittelbar von der Erledigung dieses Rechtsmittels abhänge.

Dabei handle es sich jedenfalls um alle Nebenansprüche, die im Falle einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Erledigung des Rechtsmittels (gegen die Stammabgabe) von Amts wegen oder auf Antrag des Abgabepflichtigen zwingend herabzusetzen seien oder deren Festsetzung diesfalls überhaupt aufzuheben sei (Ritz, BAO5 § 212a Rz 7):

In Bezug auf Säumniszuschläge folge die mittelbare Abhängigkeit aus § 217 Abs. 8 BAO, wonach die Berechnung der Säumniszuschläge im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen habe.

In Bezug auf Aussetzungszinsen ergebe sich die mittelbare Abhängigkeit aus § 212a Abs. 9 BAO, wonach im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld die Berechnung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen habe.

Die Aussetzung der Einhebung sei gemäß § 212a Abs. 2 BAO nicht zu bewilligen,

-) soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheine, oder

-) soweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Punkten angefochten werde, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweiche, oder

-) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet sei.

Im bekämpften Bescheid vertrete die Abgabenbehörde die Ansicht, dass die Beschwerde wenig erfolgversprechend erscheine, weshalb die Aussetzung nicht zu bewilligen sei. Sie begründe dies unter Verweis auf Rechtsprechung des UFS/BFG und des VfGH.

2.3 Kein Ausschlussgrund nach § 212a Abs. 2 lit. a BAO

2.3.1 Vorbemerkung

Einleitend sei bemerkt, dass eine Beschwerde nur dann als wenig erfolgversprechend im Sinne des § 212a Abs. 2 lit. a BAO erscheine, wenn die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels offenkundig sei, sie also für jede mit der Sache vertraut gemachte urteilsfähige und objektiv urteilende Person erkennbar sei (; , 2000/16/0393).

Mit dieser Rechtsprechung trage der VwGH auch den verfassungsrechtlichen Vorgaben (siehe Punkt 2.1 oben) Rechnung. Denn die vom VfGH geforderte faktische Effizienz des Rechtsschutzes sei im Anwendungsbereich des § 212a BAO als Auslegungsmaxime heranzuziehen. Folglich sei der in Abs. 2 lit. a dieser Norm genannte Ausschlussgrund einschränkend zu interpretieren.

Entscheidend sei in diesem Zusammenhang, dass es nicht Aufgabe des Aussetzungsverfahrens sei, die Rechtsmittelentscheidung über die Rechtmäßigkeit der Abgabenfestsetzung vorwegzunehmen. Aus diesem Grund sei eine auf § 212a Abs. 2 lit. a BAO gestützte Abweisung eines Aussetzungsantrages immer dann unzulässig, wenn der Beschwerdeführer faktische oder rechtliche Argumente vorbringe, die - zumindest denkmöglich theoretisch - zu einer Stattgabe der Bescheidbeschwerde führen könnten (Althuber, ÖStZ 2016, 674).

Sofern zu einer Rechtsfrage nur (allenfalls ständige) Rechtsprechung des BFG/UFS existiere, sei eine Abweisung eines Aussetzungsantrages unter Hinweis auf diese Rechtsprechung unzulässig, da die Erfolgsaussichten der Bescheidbeschwerde mangels höchstgerichtlicher Entscheidungen in Wirklichkeit nicht abschließend beurteilt werden könnten (Althuber, ÖStZ 2016, 674).

2.3.2 Anwendung auf den gegenständlichen Sachverhalt

Im vorliegenden Fall habe die Abgabenbehörde mit der Abweisung des Aussetzungsantrages den Ausschlussgrund des § 212a Abs. 2 lit. a BAO zu extensiv ausgelegt. Dies widerspreche den verfassungsrechtlichen Vorgaben, der Judikatur des VwGH sowie der Meinung in der Literatur.

Aufgrund folgender Erwägungen sei der bekämpfte Bescheid rechtswidrig und die begehrte Aussetzung zu bewilligen:

Die von der Abgabenbehörde in dem bekämpften Bescheid zitierten Entscheidungen des UFS, die vor dem Jahr 2011 ergangen seien, seien jedenfalls für die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels gegen die Stammabgabe irrelevant, da die Verpflichtung zur Entrichtung von Abgaben nach § 57 GSpG erst mit in Kraft getreten sei.

Sofern Entscheidungen des UFS/BFG die Glücksspielabgabenpflicht von frei gewerblichen Pokersalons zum Gegenstand hätten, übersehe die Abgabenbehörde, dass die Abgabenpflicht bis dato in keinem einzigen Fall vom VwGH bestätigt worden sei. Beschwerden und Revisionen betreffend diese Frage seien beim VwGH anhängig. Dies sei auch der Grund dafür, warum die Abgabenbehörde in dem bekämpften Bescheid kein einziges Erkenntnis des VwGH betreffend Glücksspielabgaben ins Treffen führen könne.

Die auf Seite 3 des bekämpften Bescheides zitierten Erkenntnisse des VwGH (, 89/16/0025; , 94/16/0085; , 2007/16/0028) seien in keiner Weise einschlägig, da sie die korrekte Berechnung der Bemessungsgrundlage für Zwecke der GrESt zum Gegenstand hätten. Keinesfalls würden diese Erkenntnisse die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels gegen die Festsetzung von Glücksspielabgaben zu begründen vermögen.

Dass der VfGH in manchen Fällen Beschwerden betreffend diese Thematik abgelehnt habe, lasse nicht den Umkehrschluss zu, dass die Glücksspielabgabenpflicht für frei gewerbliche Pokersalons bestätigt sei. Vielmehr belegten die Ablehnungen lediglich, dass von den Beschwerdeführern bis dato geltend gemachte Bedenken nach Ansicht des VfGH nicht in die verfassungsrechtliche Sphäre reichten, sondern nach Ansicht des VfGH eine - allenfalls grob - unrichtige Anwendung des einfachen Gesetzes vorliege.

Schließlich sei der Abgabenbehörde in Bezug auf das zitierte Erkenntnis des ua., welches nach ihrer Rechtsauffassung „die Unionsrechtskonformität und die Verfassungsmäßigkeit der GSpG Bestimmungen bestätigt [hat]“, wie folgt zu entgegnen:

Der VfGH habe in dem genannten Erkenntnis lediglich die Unionsrechtskonformität des Glücksspielmonopols und der damit in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen des GSpG, jedoch nicht sämtlicher (und somit auch nicht der die Glücksspielabgaben regelnden) Bestimmungen des GSpG festgestellt.

Darüber hinaus widerspreche die Beurteilung des österreichischen Glücksspielmonopols durch den VfGH aus folgenden Gründen der Rechtsprechung des EuGH (Leidenmühler, Kohärenz im österreichischen Glücksspielrecht? - Wertungswidersprüche und Judikaturdivergenzen, MuR 2016, 295 ff:

Der VfGH verstehe den vom EuGH im Rahmen der Kohärenzprüfung entwickelten verantwortungsvollen Werbemaßstab, welchen die Konzessionsinhaber bei ihrer Geschäftspolitik zu wahren hätten, im Sinne eines Erfolgsunrechts. Es komme also nur darauf an, ob der Glücksspielmarkt durch die exzessiven Werbemaßnahmen der Konzessionäre tatsächlich wachse.

Dies widerspreche der Rechtsprechung des EuGH, da dieser die Beschränkung der Werbemaßnahmen im Sinne der Normierung eines Handlungsunrechts verstehe. Somit komme es nicht darauf an, ob der Glücksspielmarkt tatsächlich wachse, sondern lediglich darauf, dass die Werbung der Konzessionsinhaber darauf abziele, den Markt zu erweitern. Wörtlich habe der EuGH zu dieser Thematik in seinem Urteil in der Rs Dickinger und Ömer wie folgt ausgeführt:

„[E]ine solche Werbung [dürfe] nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher dadurch zu fördern, dass sie zu aktiver Teilnahme am Spiel angeregt werden, etwa indem das Spiel verharmlost, ihm wegen der Verwendung der Einnahme für im Allgemeininteresse liegende Aktivitäten ein positives Image verliehen wird oder seine Anziehungskraft durch zugkräftige Werbebotschaften erhöht wird, die bedeutende Gewinne in Aussicht stellen“ (Urteil Dickinger und Ömer, C-347/09, EU:C:2011:582, Rz 68).

Darüber hinaus sei die Annahme des VfGH, dass die Werbung der Konzessionsinhaber nicht zu einem Wachstum des - aufgrund eines Zusammenspiels vieler Faktoren - volatilen Glücksspielmarktes geführt habe, fragwürdig, da ohne die exzessiven Werbemaßnahmen die Zahl der Spieler möglicherweise gesunken wäre (Leidenmühler, MuR 2016, 296).

Daraus ergebe sich, dass die Bestimmungen des GSpG nach den Maßstäben des EuGH eindeutig unionsrechtswidrig seien, da sie gegen den freien Dienstleistungsverkehr nach Art. 56 AEUV verstießen. Aufgrund des Anwendungsvorrangs der europäischen Grundfreiheiten hätten die nationalen Behörde und Gerichte die unionsrechtswidrigen Bestimmungen nicht anzuwenden.

Denn in diesem Fall dürfe ihnen - auch nicht von einem nationalen Verfassungsgericht - die Kompetenz abgesprochen werden, „alles Erforderliche zu tun, um diejenigen Rechtsvorschriften auszuschalten, die unter Umständen ein Hindernis für die volle Wirksamkeit der Gemeinschaftsnormen bilden“ (Urteil Simmenthal, 106/77, EU:C:1978:49, Rz 21/23).

Somit spreche auch das Erkenntnis des ua, nicht gegen die Bewilligung der Aussetzung der Einhebung, da die Abgabenbehörde nicht an die unionsrechtswidrige Beurteilung des VfGH gebunden sei. Vielmehr sei sie aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts sogar verpflichtet, die gegen das Unionsrecht verstoßenden Normen im GSpG nicht anzuwenden.

2.4 Auszusetzender Betrag

Gemäß § 212a Abs. 3 BAO habe der Antrag auf Aussetzung der Einhebung eine Darstellung der Ermittlung des für die Aussetzung nach § 212a Abs. 1 BAO in Betracht kommenden Abgabenbetrages zu enthalten:

Der für die Aussetzung der Einhebung in Betracht kommende Betrag werde mit EUR 9.264.648,34 (EUR 9.045.864,34 Stammabgabe + EUR 180.917,29 erste Säumniszuschläge + EUR 37.866,71 Aussetzungszinsen) beziffert.

3. Antrag

Die Beschwerdeführerin stelle daher den Antrag, der Beschwerde stattzugeben und auszusprechen, dass dem Antrag auf Aussetzung der Einhebung in der im Rubrum genannten Höhe stattgegeben werde.

*****

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und verwies auf die ausführliche Bescheidbegründung.

Darüber hinaus sei dem Vorbringen der Beschwerdeführerin zu widersprechen, dass keine offenkundige Aussichtslosigkeit vorliege.

Gemäß § 212a Abs. 1 BAO sei die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhänge, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweiche, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liege, zurückzuführen sei, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.

Gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO sei die Aussetzung nicht zu bewilligen, insoweit die Beschwerde nach der Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheine.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () sei es nicht Aufgabe eines Aussetzungsverfahrens, die Beschwerdeentscheidung vorwegzunehmen, sondern hätten die Abgabenbehörden (und Gerichte) bei Prüfung der Voraussetzungen für eine Aussetzung der Einhebung die Erfolgsaussichten lediglich anhand des Beschwerdevorbringens zu beurteilen, wobei nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/17/0055, insbesondere auch auf die jeweils herrschende (insbesondere publizierte) Rechtsprechung Bedacht zu nehmen sei. Ein Rechtsmittel erscheine nur insoweit wenig erfolgversprechend, als seine Erfolglosigkeit offenkundig sei. Als offenkundig erfolglos könne eine Beschwerde etwa insoweit angesehen werden, als sie nach Maßgabe des § 252 BAO zwingend abzuweisen sei, das Beschwerdebegehren mit der Rechtslage eindeutig in Widerspruch stehe, der Abgabepflichtige eine der ständigen Judikatur der Höchstgerichte widersprechende Position beziehe oder ein Bescheid in Punkten angefochten werde, in denen er sich auf gesicherte Erfahrungstatsachen oder auf eine länger während unbeanstandet geübte Verwaltungspraxis stütze.

Aufgrund der ständigen Rechtsprechung und dem klaren Wortlaut des Gesetzes seien die anhängigen Rechtsmittel nach Lage des Falles als wenig erfolgsversprechend anzusehen.

So führe das Bundesfinanzgericht in seinem Erkenntnis vom , RV/7103332/2011, aus: „Durch die Glückspielgesetznovelle 2008 wurde die Besteuerung von bestimmten Glücksspielen mit Rechtsgeschäftsgebühren aus dem Gebührengesetz herausgenommen und transformiert zu den Glücksspielabgaben in das Glücksspielgesetz § 57 GSpG bis § 59 GSpG eingestellt. Wie gezeigt werden konnte, handelt es sich bei den §§ 57 ff GSpG um die Nachfolgebestimmungen zu § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 und Z 8 GebG, weswegen viele steuerliche Grundsätze übertragen werden können. Man kann durchaus sagen, bei den Glücksspielabgaben handelt es sich um eine Art Rechtsgebühren bzw. um eine Rechtsverkehrsteuer (vgl. ).“

Die zu § 33 TP 17 GebG ergangene Rechtsprechung (neben etlichen UFS und BFG Entscheidungen und höchstgerichtlich ua. , ) sei daher auch auf die Glücksspielabgabe anwendbar.

Wenn die Beschwerdeführerin (Bf.) vorbringe, dass die österreichische Monopolregelung und -praxis unionsrechtswidrig und die Monopolregelung des Glücksspielgesetzes (GSpG) nicht anzuwenden sei, so sei dem entgegenzuhalten:

Der Verfassungsgerichtshof habe den Antrag des Obersten Gerichtshofes sowie andere gleichartige Anträge von Gerichten mit Beschluss vom , G 103-104/2016 ua., als unzulässig zurückgewiesen, weil die Gerichte einen zu engen Anfechtungsumfang gewählt hätten, jedoch in seinem Erkenntnis von selben Tag E 945/2016, E 947/2016, E 1054/2016 eine inhaltliche Prüfung vorgenommen und die Unionsrechtskonformität und die Verfassungsmäßigkeit der GSpG Bestimmungen bestätigt.

So führe der VfGH auszugsweise aus:

„(...) 2.3. Im Ergebnis führt diese Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union dazu, dass sich die Prüfung der Unionsrechtskonformität einer nationalen Rechtsvorschrift nicht auf deren Norminhalt beschränken darf. Es sind vielmehr auch die tatsächlichen Wirkungen dieser Rechtsvorschrift nach ihrer Erlassung in die Beurteilung miteinzubeziehen. Nur dann, wenn die tatsächlichen Wirkungen in Einklang mit dem Ziel stehen, das mit der in Frage stehenden Rechtsvorschrift verfolgt werden soll, ist die Regelung als ‚kohärent‘ anzusehen und folglich in Einklang mit den Vorgaben des Unionsrechts. Im Bereich des Glücksspiels kommt hiebei Werbemaßnahmen eine besondere Bedeutung zu: Je nach Sachlage können diese die Zielerreichung konterkarieren oder ein dafür notwendiges Mitte! darstellen. Letztlich legt der Gerichtshof der Europäischen Union allerdings nur Leitlinien für die Kohärenzprüfung fest. Diese ist Sache der nationalen Gerichte, die in gesamthafter Betrachtung die für ihre Beurteilung notwendigen Erhebungen anstellen müssen.

2.4. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union sind die Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit, näherhin des Betriebs von Glücksspielautomaten, durch das Glücksspielmonopol des Bundes (§§ 3 ff. GSpG) sowie die zahlenmäßige Beschränkung der Konzessionen zum Betrieb von Glücksspielautomaten, nicht unionsrechtswidrig:

2.4.1. Der Verfassungsgerichtshof kann nicht erkennen, dass die einschlägigen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes dem Unionsrecht widersprechen.

Damit entspricht der österreichische Rechtsrahmen im Hinblick auf die Regulierung des Glücksspielsektors den in der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union festgelegten Anforderungen (vgl. ua. , Gambelli ua.; , C-390/12, Pfleger ua.; , C-98/14, Berlington Hungary Tanácsadó és Szolgáltató kft ua.; , C-464/15, Admiral Casinos & Entertainment AG ua.).

2.4.2. Der Verfassungsgerichtshof kann zudem nicht erkennen, dass die einschlägigen Bestimmungen auf Grund ihrer tatsächlichen Auswirkungen dem Unionsrecht widersprechen: (...)

2.4.3. Ausgehend von den sachverhaltsmäßigen Feststellungen des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich, das sich eingehend mit den tatsächlichen Auswirkungen der einschlägigen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes, unter anderem mit den Auswirkungen der Werbetätigkeiten der Konzessionäre und Bewilligungsinhaber, auseinander setzte, kann der Verfassungsgerichtshof keine Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols bzw. der zahlenmäßigen Beschränkungen der Glücksspielkonzessionen erkennen.

(...) Da - wie gezeigt - eine Unionsrechtswidrigkeit der einschlägigen glücksspielrechtlichen Bestimmungen nicht zu erkennen ist, fehlt es schon an einem wesentlichen Kriterium für einen Sachverhalt, der als sogenannte Inländerdiskriminierung am Gleichheitsgrundsatz zu prüfen wäre. Ein Verstoß gegen das Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art. 7 Abs. 1B-VG und Art. 2 StGG wegen Inländerdiskriminierung scheidet somit aus.“

Obwohl der VfGH den Antrag des OGHs aus formellen Gründen zurückgewiesen habe, nehme er zu diesem auch in seinem Erkenntnis Stellung, da die Beschwerden gleichlautend gewesen seien. Er stelle hiermit einem Bezug her und könne somit nicht behauptet werden, der VfGH hätte nur formell entschieden:

„2.4.4. Der Verfassungsgerichtshof folgt daher nicht der vom Obersten Gerichtshof vertretenen Rechtsauffassung: Der Oberste Gerichtshof geht in seinem beim Verfassungsgerichtshof zu G 103-104/2016 protokollierten und von den beschwerdeführenden Parteien zur Begründung ihrer Beschwerden herangezogenen Antrag auf Grund des in den Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof jeweils festgestellten Sachverhalts zum tatsächlichen Werbeauftritt der Konzessionäre nach dem Glücksspielgesetz und der daraus vom Obersten Gerichtshof abgeleiteten Nichteinhaltung eines maßvollen Werbemaßstabs im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union von der Unionsrechtswidrigkeit der Regelungen betreffend die Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit aus. Der Verfassungsgerichtshof vermag sich dieser Auffassung jedoch - wie schon oben ausgeführt - nicht anzuschließen; der Oberste Gerichtshof betrachtet nämlich isoliert konkrete Werbetätigkeiten einzelner Konzessionäre, ohne eine gesamthafte Würdigung aller Auswirkungen auf dem Glücksspielmarkt im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union vorzunehmen.“

Des Weiteren nehme er zu der Rechtsprechung des VwGH zur Unionswidrigkeit Stellung:

„(...) 2.5. Dieses Ergebnis wird auch durch die jüngere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gestützt: Der Verwaltungsgerichtshof setzte sich in seinem Erkenntnis vom , Ro 2015/17/0022, eingehend mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union und der unionsrechtlichen Zulässigkeit von Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten durch das Glücksspielgesetz, insbesondere auch unter Berücksichtigung der Werbemaßnahmen der im Glücksspielbereich tätigen Unternehmen, auseinander. Der Verwaltungsgerichtshof kam dabei zum Ergebnis, dass ausgehend von den Ergebnissen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eine Unionsrechtswidrigkeit der einschlägigen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes nicht zu erkennen ist.“

Der VfGH habe eine umfangreiche über den Antragsinhalt hinausgehende Prüfung der Bestimmungen durchgeführt und sei zum Schluss gekommen, dass die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte sohin nicht stattgefunden habe und darüber hinaus das Verfahren auch nicht ergeben habe, dass die beschwerdeführenden Parteien in von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden seien.

Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen sei es auch ausgeschlossen, dass sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt worden seien.

Auch der VwGH habe mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2015/17/0022, die Vereinbarkeit des österreichischen GSpG mit dem Unionsrecht bestätigt.

Der VwGH habe - wie in der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) gefordert - eine ausführlich begründete Gesamtwürdigung aller Umstände vorgenommen (vgl. Rz 69 bis 122). Der VwGH habe ausgesprochen, dass durch das GSpG die angestrebten Ziele des Spielerschutzes, der Spielsuchtbekämpfung, der Verringerung der Beschaffungskriminalität sowie der Verhinderung von kriminellen Handlungen gegenüber Spielern in kohärenter und systematischer Weise verfolgt würden (vgl. Rz. 119 und 122). Diese Ziele dienten auch nicht bloß als Vorwand, um eine Einnahmenmaximierung zugunsten des Staatshaushaltes zu rechtfertigen (vgl. Rz 122). Das GSpG diene erfolgreich den Zielen des Spielerschutzes samt Suchtbekämpfung und Geringhaltung der Beschaffungskriminalität sowie Kriminalität gegenüber Spielern (vgl. Rz 116). Der VwGH erachte es als geeignet, dass insbesondere weniger suchtgeneigte Glücksspiele massiv beworben würden, um Spieler von illegalen Spielmöglichkeiten zu den legalen hinzuleiten (vgl. Rz 115). Der VwGH sei daher nach Gesamtwürdigung zum Ergebnis gekommen, dass die Bestimmungen des GSpG nicht unionsrechtswidrig seien (vgl. Rz 123) und eine Inländerdiskriminierung nicht vorliege, weil nach dem GSpG Inländer und Ausländer gleich behandelt würden (vgl. Rz 124).

Auf die ausführliche Entscheidung werde verwiesen.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) vom , Ra 2015/17/0063, habe der VwGH ausgesprochen, dass das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) für die Behandlung der in der Beschwerde vorgebrachten Unanwendbarkeit des GSpG von Amts wegen zu ermitteln habe, ob ein Sachverhalt mit Auslandsbezug vorliege und das Unionsrecht damit überhaupt anzuwenden sei. Diese Entscheidung entspreche der ständigen Rechtsprechung des VwGH, beginnend mit , dass in Fällen mit behauptetem Unionsrechtsbezug, amtswegig Feststellungen zum Vorliegen eines Auslandsbezugs und zur Anwendbarkeit des Unionsrechts zu treffen seien. Dieses Erkenntnis stelle - entgegen zum Teil anderslautender Presseaussendungen - kein Abgehen von der oben zitierten Entscheidung des VwGH zur Bestätigung der Unionsrechtskonformität dar, sondern bestätige die bisherige ständige Rechtsprechung des VwGH zum Amtswegigkeitsgrundsatz und zum Prinzip der Erforschung der materiellen Wahrheit durch die Landesverwaltungsgerichte.

Darüber hinaus sei in den Erkenntnissen des , und des , festgestellt worden, dass aus Sicht der Gebühren und Verkehrsteuern die glücksspielabgabenrechtliche Gleichbehandlung von Konzessionären und Nichtkonzessionen nicht für ein fiskalistisches, einnahmenmaximierendes Glücksspielmonopol spreche, sondern jeder mit der glücksspielgesetzlichen Rechtsverkehrsteuer belegt werde, der den Abgabentatbestand verwirkliche, d.h. spezielle Glücksverträge abschließe und von einem geografischen Ort im Inland daran teilnehme.

Selbst wenn man sich das Glücksspielmonopol „wegdenke“, hätte dies rechtsverkehrsteuerlich die Folge, dass:

-) die Konzessionäre zwar nicht mehr konzessions- bzw. spielbankabgabepflichtig, dafür aber in wesentlich gleicher Höhe glücksspielabgabepflichtig bzw. rechtsgeschäftsgebührenpflichtig gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 GebG wären und

-) die Bf. wie bisher gemäß § 57 Abs. 1 GSpG glücksspielabgabenpflichtig mit 16% bliebe.

Aus Sicht der Gebühren und Verkehrsteuern habe eine Unionsrechtswidrigkeit nicht verortet werden können, weswegen sich für die Bf., die keinen grenzüberschreitenden Tatbestand verwirkliche, auch keine Verfassungswidrigkeit im Sinne einer Inländerdiskriminierung ergeben könne.

Darüber hinaus habe der VfGH mehrfach die Verfassungskonformität der Glücksspielabgabe und des GSpG ausgesprochen:

Der VfGH habe am , B 1337/11, und am , B 1339/11, zu § 14 GSpG festgestellt, dass die Beschränkung der Anzahl der Konzessionen für Lotterien geeignet sei, die im öffentlichen Interesse gelegenen Ziele (Verhinderung von Straftaten, Verhinderung einer übermäßigen Anregung zur Teilnahme durch unreglementierte Konkurrenz etc) zu erreichen, da die Konzessionsaufsicht bei einer beschränkten Anzahl wirksamer sei. Die Beschränkung verstoße weder gegen das Recht auf Erwerbsfreiheit gemäß Art. 6 StGG noch sei sie sonst unsachlich.

Nach dem Erkenntnis des , setze die Bundesverfassung den Begriff des Monopols als Ausnahme vom Grundrecht der Erwerbsfreiheit voraus. Das Glücksspielmonopol widerspreche nicht der in Art. 6 StGG garantierten Erwerbsfreiheit (; o.A. Glücksspielgesetz 6, 39, 55).

Zur Frage der Beschränkung der Lotterienkonzessionen habe der VwGH mit Erkenntnis vom , 2011/17/0303, entschieden, dass eine beschwerdeführende Partei durch die Erteilung der Konzession an einen Mitbewerber nur dann in ihren subjektivöffentlichen Rechten verletzt worden sein könne, wenn sie selbst die Voraussetzungen für die Erteilung der Konzession erfülle.

Hinsichtlich der Besteuerung von Cash Games habe der die Behandlung der Beschwerde aufgrund von Aussichtslosigkeit abgelehnt, wörtlich:

„Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Verfassungswidrigkeit des § 1 Abs. 2 GSpG, sowie die Bestimmungen über die Glücksspielabgaben in den §§ 57 bis 59 GSpG behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat: Es liegt grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, wenn er das Pokerspiel dem Regime des Glücksspielgesetzes unterwirft (vgl. VfSlg. 19.767/2013). Auch die Ausgestaltung der Glücksspielabgabe nach § 57 GSpG überschreitet nicht den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (vgl. VfSlg. 10.001/1984, 10.365/1985, 11.143/1986, 11.615/1988 uva; vgl. auch VfSlg. 15.432/1999, 16.585/2002, 16.740/2002, 16.923/2003).“

Schließlich werde angemerkt, dass neben dem oben genannten Erkenntnis des , mehrere Gerichte selbständig die Vereinbarkeit des österreichischen Glücksspielgesetzes mit dem Unionsrecht geprüft und das österreichische Glücksspielmonopol für zulässig befunden hätten bzw. keine Zweifel hegten:

BFG:

RS/7100015/2012 vom
RV/7103459/2012 vom
RV/7101758/2012 vom
RV/7101758/2012 vom

LVwG Niederösterreich:

LVwG ME-14-0044 vom
LVwG NK-13-0058 vom
LVwG ME-13-0002 vom (Verweis auf ME-14-0044)
LVwG WB-14-0029 vom
LVwG-S-1271/001-2015 vom (keine Bedenken)
LVwG-S-1365/001-2015 vom (keine Bedenken)
LVwG-S-742/001-2014 vom (keine Bedenken)
LVwG-S-732/001-2014 vom

LVwG Oberösterreich:

LVwG 410428/8/Zo/HUE/PP - LVwG 410429/8/Zo/HUE/PP vom
LVwG 410340/8/Zo/HUE - 410342/8/Zo/HUE/PP vom
LVwG 410345/10/HW/BD vom
LVwG 4i0401/5/Zo/PP vom
LVwG-410552/ll/Zo vom
LVwG-410704/7/MS - LVwG 410705/2/MS vom
LVwG-410547/ll/FP vom
LVwG-410573/11/ER vom
LVwG-410803/ll/WG vom
LVwG-410805/11/Wg - LVwG-410806/2/Wg vom
LVwG-410839/20/WG vom
LVwG-410730/11/KH vom
LVwG-410788-410790/17/KH vom
LVwG-410726/17/Wg/BZ vom
LVwG-410631/8/Zo/HUE vom
LVwG-410743/10/ZO/HK vom
LVwG-410710/7/Kof/HUE vom
LVwG-410827/6/ER vom
LVwG-410703/11/FP/BZ vom
LVwG-410877/11/MS vom
LVwG-410728/13/FP/BZ vom
LVwG-410725/8/MS vom
LVwG-410646/14/Zo/HUE vom
LVwG-410727/9/Zo/BZ vom
LVwG-410846/7/KLE - LVwG-410847/7/KLE vom
LVwG-410689/7/Zo/HUE - 410690/2 vom
LVwG-410679/9/Zo/BZ vom
LVwG-410738/10/MS/HUE+LVwG-410741/10/MS/HUE-410742/10 vom
LVwG-410814/11/MS/HUE - 410816/2 vom
LVwG-410636/7/ER - LVwG-410637/7/ER vom
LVwG-410946/8/MS vom
LVwG-410952/8/MS vom
LVwG-410755/13/FP/HUE vom
LVwG-410838/10/MS/BZ vom
LVwG-410654/15/FP/BZ vom
LVwG-410569/12/Kof/AM vom
LVwG-410861/16/MS vom
LVwG-410570/12/Kof/AM vom
LVwG-410572/12/Kof/AM vom
LVwG-410924/8/KLe - 410926/2/KLe vom
LVwG-410873/10/KLe vom
LVwG-410958/10/KLe vom
LVwG-411024/9/MS vom
LVwG-410673/9/Kof/AM vom
LVwG-410890/12/MS - 410891/2/MS vom
LVwG-410756/12/MS vom
LVwG-410995/7/KLe vom
LVwG-410767/11/MS/HUE - LVwG-410768/2/MS/HUE vom
LVwG-410641/7/ER/AM vom
LVwG-410850/19/MS vom
LVwG-411061/11/MS vom
LVwG-410885/9/KLe vom
LVwG-410886/8/KLe vom
LVwG-411033/9/KLE vom
LVwG-410887/8/KLe vom
LVwG-411069/7/KLe vom
LVwG-410750/21/WG/BZ vom
LVwG-410753/20/WG/BZ vom
LVwG-410938/33/Wg - 4010939/2 vom
LVwG-410740/24/WG/BZ vom
LVwG-410936/26/Wg - 410937/2/Wg vom
LVwG-410857/23/Wg - 410858/2 vom „Jänner 2016“ (sic!)
LVwG-410770/14/Wg/HUE - 410771/2 vom
LVwG-410855/21/Wg - 410856/2 vom
LVwG-410783/28/Wg/HUE - 410785/2 vom
LVwG-410964/20/Wg - 410966/2 vom
LVwG-411013/3/KH/HUE vom
LVwG-411014/3/KH/AM vom
LVwG-410779/9/MS/HUE - 410782/3 vom
LVwG-410970/10/Zo vom
LVwG-410758/9/Zo/BZ vom
LVwG-410699/13/Zo/H U E - 410700/2 vom
LVwG-410852/8/MS/HUE - 410853/2 vom
LVwG-410711/12/ER vom
LVwG-410766/14/ER vom
LVwG-410761/13/KH/HUE - 410763/2 vom
LVwG-410956/9/KH/AM vom
LVwG-410843/17/KH/HUE - 410844/2 vom
LVwG-410869/19/KH/HUE - 410870/2 vom
LVwG-410982/ll/MS/HUE - 410985/3 vom
LVwG-410571/9/FP/BZ vom
LVwG-410634/21/FP/HUE vom
LVwG-410875/12/ER-LVwG-410876/2/ER vom
LVwG-410959/6/FP/HUE vom
LVwG-410811/16/FP/HUE - 410813/2 vom
LVwG-411060/8/Zo/BZ vom
LVwG-410835/9/FP/BZ vom
LVwG-410836/9/FP/BZ vom
LVwG-410837/9/FP/BZ vom
LVwG-411011/14/Wg vom
LVwG-411012/14/Wg vom
LVwG-410840/7/Zo/AM vom
LVwG-410996/7/Zo/AM vom
LVwG-410676/14/FP/AI4-LVwG-410677/2/FP/AM vom
LVwG-410797/24/FP vom
LVwG-410932/7/ER vom
LVwG-411181/10/BP/HUE - 411182/8 vom
LVwG-410944/11/KLe vom
LVwG-411131/6/KLe vom
LVwG-411081/10/KLe - 411083/2 vom
LVwG-410948/11/KLE vom
LVwG-410949/11/KLE vom
LVwG-410678/13/HW/BZ vom
LVwG-411030/11/Wg - 411032/2 vom
LVwG-410927/8/FP/AM - 410928/2 vom
LVwG-411088/7-411089/2/KLe/BZ vom
LVwG-411076/7/Wg vom
LVwG-411090/6/KLe/BZ - 411091/2 vom
LVwG-410713/14/HW/BZ vom
LVwG-411139/6/KLE - 411140/2 vom
LVwG-411141/6/KLE vom
LVwG-410659/6/Zo vom
LVwG-411142/7 - 411143/2/KLE vom
LVwG-410619/13/HW/BZ vom
LVwG-410716/10/Zo - 410717/2 vom
LVwG-410627/12/HW/BZ vom
LVwG-411123/10/KLE vom
LVwG-410859/14/Zo vom
LVwG-410786/14/Zo vom
LVwG-410772/10/Zo/AM - 410774/10 vom
LVwG-410732/8/FP/AM -410734/2 vom
LVwG-411092/8/KH/AM vom
LVwG-410963/19/HW-LVwG-410971/15/HW vom
LVwG-410878/16/HW vom
LVwG-411165/11/BP/HUE -411166/2 vom
LVwG-411147/9/Bp vom
LVwG-410807/9/Zo - 410808/2 vom
LVwG-410819/7/Zo - 410820/2 vom
LVwG-410860/12/FP vom
LVwG-411246/9/BP/BZ vom
LVwG-411221/9/KH/AM vom
LVwG-411215/9/KH/AM vom
LVwG-411259/7/Wg vom
LVwG-411258/7/Wg vom
LVwG-411085/8/Zo vom
LVwG-411216/8/Zo vom
LVwG-411008/8/ZO vom
LVwG-411062/12/Wg - 411064/2 vom
LVwG-411106/8/Wei/BZ - 411107/2 vom
LVwG-411020/10/Wei/BZ - 411023/2 vom
LVwG-411104/8/Wei/BZ - 411105/2 vom
LVwG-411136/8/Kof- 411138/3 vom
LVwG-410957/8/Kof vom
LVwG-411180/11/Wei/BZ vom
LVwG-411178/11/Wei/BZ vom
LVwG-411124/9/Wei/BZ - 411126/2 vom
LVwG-410975/6/KLe/HUE - 410977/2 vom
LVwG-411223/6/KLE vom
LVwG-411046/10/Wei/BZ vom
LVwG-411096/8/KLE vom
LVwG-411184/7/KLE vom
LVwG-411145/11/Wei/BZ vom
LVwG-411040/12/KH/HUE vom
LVwG-411134/7/KH - 411135/2 vom
LVwG-411173/6/KH vom
LVwG-411213/3/KOF/HK vom
LVwG-411086/8/KOF/HK vom
LVwG-411114/11/Wg-LVwG-411116/2 vom
LVwG-411194/10/Wg vom
LVwG-411078/9/Wg vom
LVwG-411042/6/KOF/MSt - LVwG-411043/2 - LVwG-411047/2/KOF/MSt - LVwG-411048/2 vom
LVwG-411098/11/Wei/BZ vom
LVwG-411041/12/KH/HUE vom
LVwG-411099/10/Wei/BZ vom
LVwG-411117/7/KLe/HUE-LVwG-411120/2 vom
LVwG-411276/9/Wg vom
LVwG-411331/6/Wg vom (kein Auslandsbezug, keine Bedenken)
LVwG-411167/11/Wg - 411168/2 vom
LVwG-411101/12/Wei/BZ vom
LVwG-411002/11/FP/BZ vom
LVwG-410895/6/Zo vom
LVwG-410896/6/Zo vom
LVwG-411277/9/Kof vom
LVwG-411293/9/Kof vom
LVwG-410954/7/Zo vom
LVwG-411175/6/Kof vom

LVwG Kärnten:

KLVwG-1227-1229/8/2015 vom (keine Bedenken)

LVwG Salzburg:

LVwG-10/35/13 2014 vom
LVwG-10/298/17-2015 vom
LVwG-10/372/15-2015 vom
LVwG-10/387/6-20i5 vom
LVwG-10/388/5-2015 vom
LVwG-10/341/9-2015 vom
LVwG-10/314/5-2015 vom
LVwG-10/336/9-2015 vom
LVwG-10/401/6-2015 vom
LVwG-10/24/19-2015 vom
LVwG-10/438/10-2015 vom
LVwG-10/385/8-2016 vom
LVwG-10/454/5-2016 vom
LVwG-10/344/5-2016 vom
LVwG-10/345/5-2016 vom
LVwG-10/340/19-2016 vom
LVwG-10/397/10-2016 vom
LVwG-10/396/10-2016 vom
LVwG-10/398/10-2016 vom
LVwG-10/400/7-2016 vom
LVwG-10/466/6-2016 - LVwG-10/467/6-2016 vom
LVwG-10/473/6-2016 vom
LVwG-10/470/5-2016 vom
405-10/33/1/8-2016 vom
LVwG-10/368/8-2016 vom
LVwG-10/369/7-2016 vom
LVwG-10/472/7-2016 vom
405-10/38/1/7-2016 - 405-10/39/1/7-2016 vom
LVwG-10/382/5-2016 vom
LVwG-10/328/8-2016 vom
405-10/44/1/9-2016 vom
LVwG-10/393/5-2016 vom
LVwG-10/404/6-2016 vom
405-10/63/1/7-2016 vom

LVwG Tirol:

LVwG-2014/14/3251-5 vom
LVwG-2014/14/3394-6 vom (Verweis auf Vorarlberg LVwG-1-663/R10-2014)
LVwG-2014/18/2511-11 - LVwG-2014/18/3122-8 vom
LVwG-2014/42/3140-2 vom
LVwG-2014/46/3119-8 vom
LVwG-2014/46/3120-8 vom
LVwG-2014/14/1820-7 vom
LVwG-2015/18/1532-4 vom
LVwG-2014/30/2505-9 vom
LVwG-2015/14/0416-5 vom
LVwG-2014/18/3498-5 vom
LVwG-2015/30/0419-8 vom
LVwG-2015/30/2097-5 vom
LVwG-2015/29/0711-5 vom
LVwG-2015/29/2819-7 vom
LVwG-2015/18/0947-5 vom
LVwG-2015/29/1248-5 vom
LVwG-2015/29/1533-9 vom
LVwG-2015/29/1534-6 vom
LVwG-2015/30/0418-8 vom
LVwG-2015/21/0512-2 vom
LVwG-2015/18/0815-3 vom
LVwG-2015/18/1628-4 vom
LVwG-2015/18/2390-3 - LVwG-2015/18/2391-4 vom

LVwG Vorarlberg:

LVwG-1-700/E15 2013 vom (Kein Zweifel)
LVwG-1-790/R7-2014 vom
LVwG-1 -789/R7-2014 vom
LVwG-1-662/R4-2014-14 vom
LVWG-1-663/R10-2014-11 vom
LVwG-440-002/R2-2015-7 vom
LVwG-1-047/R10-2015 vom

LVwG Wien:

VGW 001/023/5739/2014 3 vom
VGW 001/059/28733/2014-13 - VGW 001/V/059/31531/2014 vom
VGW-001/076/4041/2015-5 vom
VGW-001/076/4040/2015-6 vom
VGW-001/059/3558/2015-8 - VGW-001/V/059/3585/2014 vom (EuGH Rspr konkret nicht anwendbar)
VGW-002/032/10316/2015-15 vom
VGW-002/032/10312/2015-17 - VGW-002/V/032/10314/2015-17 vom
VGW-002/032/11590/2015-6 vom
VGW-002/032/11591/2015-6 - VGW-002/V/032/11592/2015-6 vom
VGW-002/032/11225/2015-7 - VGW-002/V/032/11226/2015 vom
VGW-002/032/11221/2015-7 - VGW-002/V/032/11223/2015 vom
VGW-002/032/11635/2015-7 - VGW-002/V/032/11636/2015-7 - VGW-002/V/032/11637/2015-7 vom
VGW-002/032/11217/2015-15 vom
VGW-002/032/13026/2015 - VG-002/V/032/13027/2015 vom
VGW-002/032/15017/2015 - VG-002/V/032/138/2016 vom
VGW-002/032/13714/2015-8 vom
VGW-002/032/13194/2015-15 - VGW-002/V/032/565/2016 - VGW-002/032/1801/2016 vom
VGW-001/047/4021/2015-11 vom

LG Korneuburg:

10 Cg 41/14k vom

LG St. Pölten:

42 Cg 62/15w vom

LG Steyr:

4 Cg 81/14S vom

LG Weis:

26 Cg 50/15d vom (Keine abschließende Beurteilung)
26 Cg 49/15g vom (Keine abschließende Beurteilung)
8 Cg 55/14 f vom (non liquet)
8 Cg 56/14 b vom (non liquet)
8 Cg 57/14z vom (non liquet)
8 Cg 103/14i vom (non liquet)

OLG Linz:

3 R 115/15Z vom
6 R 102/15k vom
6 R 103/15g vom
6 R 153/15k vom
6 R 154/15g vom
2 R 164/15y vom

VwGH:

(mit Hinweis, dass sich das LVwG OÖ im Sinne der Rechtsprechung des VwGH ausführlich mit der Frage der Unionsrechtwidrigkeit des GSpG befasst habe und zum Ergebnis gekommen sei, dass eine solche nicht vorliege)

Ra 2015/17/0095 vom
Ra 2015/17/0096 vom
Ra 2015/17/0098 vom
Ra 2016/17/0025 bis 0027 vom
Ra 2016/17/0045 vom
Ra 2016/17/0001 bis 0002 vom
Ra 2016/17/0022 bis 0024 vom
Ra 2016/17/0036 vom
Ra 2016/17/0035 vom
Ra 2016/17/0039 vom
Ra 2016/17/0040 vom
Ra 2016/17/0043 vom
Ra 2016/17/0055 bis 0056 vom
Ra 2015/17/0186 bis 0187 vom
Ra 2015/17/0130 vom
Ra 2016/17/0054 vom
Ra 2015/17/0147 vom
Ra 2015/17/0135 vom

Aufgrund der ständigen Rechtsprechung und dem klaren Wortlaut des Gesetzes (§ 1 Abs. 2 GSpG: Poker sei ein Glücksspiel, § 57 Abs. 1 GSpG) sei die Beschwerde nach der Lage des Falles wenig erfolgversprechend. Die Beschwerde sei daher als unbegründet abzuweisen.

*********

Mit Schreiben vom beantragte die Bf. die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und brachte ergänzend vor:

2.2 Replik zu den Ausführungen der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung

Wenngleich die zwölf Seiten lange Beschwerdevorentscheidung suggeriere, die belangte Behörde hätte sich ausführlich mit den von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde geltend gemachten Bedenken auseinandergesetzt, sei das Gegenteil der Fall:

Einleitend verweise die belangte Behörde auf Seite 1 des bekämpften Bescheides auf „die ausführliche Begründung“ in ihrem Bescheid und führe anschließend aus, dass eine Beschwerde als offenkundig erfolglos zu qualifizieren sei, wenn „der Abgabepflichtige eine der ständigen Judikatur der Höchstgerichte widersprechende Position bezieht oder ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er sich [...] auf eine länger während unbeanstandet geübte Verwaltungspraxis stützt.“ (Seite 2 des bekämpften Bescheides)

Sie widerlege jedoch nicht das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach die Glücksspielabgabenpflicht für frei gewerbliche Pokersalons nicht durch höchstgerichtliche Rechtsprechung gedeckt sei. Darüber hinaus sei es schlichtweg unzutreffend, dass eine über längere Zeit unbeanstandet gebliebene Verwaltungspraxis dazu führe, dass eine Beschwerde als wenig erfolgversprechend qualifiziert und die Aussetzung der Einhebung verweigert werden dürfe (vgl. Althuber, ÖStZ 2016, 674).

In weiterer Folge zitiere die belangte Behörde ein Erkenntnis des BFG (Seite 2 des bekämpften Bescheides), welches - wie bereits oben dargelegt - die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels ebenso wenig zu belegen vermöge. Auch die wörtliche Zitierung mehrerer Passagen aus dem Erkenntnis des ua (Seiten 2 ff des bekämpften Bescheides), spreche nicht für die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels, da der VfGH nicht die Rechtmäßigkeit von Glücksspielabgaben zu beurteilen gehabt und er zudem das Unionsrecht im Widerspruch zur Rechtsprechung des EuGH ausgelegt habe (Leidenmühler, Kohärenz im österreichischen Glücksspielrecht? - Wertungswidersprüche und Judikaturdivergenzen, MuR 2016, 295 ff).

Zu widersprechen sei auch der Ansicht der belangten Behörde, wonach der VwGH mit Erkenntnis vom , Ro 2105/17/0022, „die Vereinbarkeit des österreichischen GSpG mit dem Unionsrecht“ bejaht habe (Seite 4 des bekämpften Bescheides). Richtig sei, dass er lediglich die Unionsrechtskonformität des Glücksspielmonopols, jedoch nicht der Glücksspielabgabenpflicht bejaht habe. Entbehrlich seien aus demselben Grund auch die Erwägungen der belangten Behörde zum Erkenntnis des (Seiten 4 f des bekämpften Bescheides).

Darüber hinaus beträfen auch die auf Seite 5 des bekämpften Bescheides angeführten Beschlüsse des VfGH (, B 1337/11; B 1339/11) nicht die Glücksspielabgabenpflicht, sondern die Frage der Rechtmäßigkeit der zahlenmäßigen Beschränkung von Lotteriekonzessionen. Sie seien daher für die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels gegen die Stammabgabe ebenso irrelevant, wie das von der belangten Behörde ins Treffen geführte Erkenntnis des , welches ebenfalls die Beschränkung von Lotteriekonzessionen zum Gegenstand gehabt habe.

Hinsichtlich der auf Seite 6 des bekämpften Bescheides angeführten Beschlüsse des VfGH zur Glücksspielabgabenpflicht werde - wie bereits in der Beschwerde vom - darauf hingewiesen, dass aus der Ablehnung der Beschwerden durch den VfGH nicht abgeleitet werden könne, dass die Glücksspielabgabenpflicht für frei gewerbliche Pokersalons höchstgerichtlich bestätigt sei. Vielmehr belegten die Beschlüsse lediglich, dass die von den Beschwerdeführern bis dato geltend gemachte Bedenken nach Ansicht des VfGH nicht in die verfassungsrechtliche Sphäre reichten.

Schließlich vermöge auch die seitenlange Anführung (Seiten 6-12 des bekämpften Bescheides) von Entscheidungen verschiedenster innerstaatlicher Gerichte ohne nähere Ausführungen zu deren Relevanz für den gegenständlichen Sachverhalt die Entscheidung der belangten Behörde nicht rechtfertigen. Zum einen handle es sich mit Ausnahme der zitierten VwGH-Erkenntnisse nicht um höchstgerichtliche Entscheidungen, welche die belangte Behörde keinesfalls zur Abweisung des Aussetzungsantrages wegen mangelnder Erfolgsaussichten des Rechtsmittels gegen die Stammabgabe berechtigten; zum anderen gehe es in diesen Urteilen nämlich - wie die belangte Behörde auf Seite 6 des bekämpften Bescheides auch selbst eingestehe - um die Frage der Rechtmäßigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols, jedoch nicht der Glücksspielabgaben.

Im Ergebnis habe die belangte Behörde in dem bekämpften Bescheid keines der in der Beschwerde vorgebrachten Argumente widerlegt. Sie habe es nicht einmal versucht, sondern lediglich unreflektiert verschiede Entscheidungen diverser Gerichte aneinandergereiht, deren Relevanz für den gegenständlichen Fall nicht gegeben sei.

2.3 Auszusetzender Betrag

Gemäß § 212a Abs. 3 BAO habe der Antrag auf Aussetzung der Einhebung eine Darstellung der Ermittlung des für die Aussetzung nach § 212a Abs. 1 BAO in Betracht kommenden Abgabenbetrages zu enthalten:

Der für die Aussetzung der Einhebung in Betracht kommende Betrag werde mit EUR 9.268.520,96 (EUR 9.045.864,34 Stammabgabe + EUR 180.917,29 erste Säumniszuschläge + EUR 37.866,71 Aussetzungszinsen + EUR 3.872,62 Aussetzungszinsen) beziffert.

3. Antrag

Die Beschwerdeführerin stelle daher den Antrag,

1) gemäß § 264 BAO auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht; und

2) der Beschwerde stattzugeben und auszusprechen, dass dem Antrag auf Aussetzung der Einhebung stattgegeben werde.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zu Grunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.

Die Aussetzung der Einhebung ist gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO nicht zu bewilligen, soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint.

Es ist nicht Aufgabe des Aussetzungsverfahrens gemäß § 212a BAO, die Beschwerdeentscheidung vorweg zu nehmen. Vielmehr sind die Erfolgsaussichten der Beschwerde anhand des Beschwerdevorbringens zu beurteilen (vgl. ) .

Im Zuge der Beurteilung einer Beschwerde nach § 212a Abs. 2 lit. a BAO sind deren Erfolgsaussichten lediglich abzuschätzen. Eine Beschwerde kann nicht schon deshalb von Vornherein als wenig erfolgversprechend angesehen werden, weil sich der erstinstanzliche Bescheid im Bereich des möglichen Verständnisses einer verschiedene Interpretationen zulassenden Vorschrift bewegt und zur konkreten Streitfrage noch keine eindeutige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt. Lediglich dann, wenn die Beschwerde einen Standpunkt vertritt, welcher mit zwingenden Bestimmungen ganz eindeutig und ohne jeden Zweifel unvereinbar ist oder mit der ständigen Rechtsprechung in Widerspruch steht, könnte von einer wenig erfolgversprechenden Beschwerde die Rede sein ().

In ihrem Antrag auf Aussetzung der Einhebung wandte die Bf. ein, dass die Entscheidungen des , und vom , G 26/2013 und G 90/2012, sowie der , in ihrem Sinne entschieden worden seien und bis dato noch keine Entscheidung des VwGH zur Glücksspielabgabenpflicht ergangen sei.

Dem ist wie folgt zu entgegnen:

-) , und und G 90/2012:

"Glücksspiele im Sinne dieses Bundesgesetzes sind gemäß § 1 Abs. 2 GSpG (idF AbgÄG 2014, BGBl I 2014/13, ab ) insbesondere die Spiele Roulette, Beobachtungsroulette, Poker, Black Jack, Two Aces, Bingo, Keno, Baccarat und Baccarat chemin de fer und deren Spielvarianten. Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, aus Gründen der Rechtssicherheit durch Verordnung weitere Spiele als Glücksspiele im Sinne des Abs. 1 zu bezeichnen.

Der Bundesminister für Finanzen kann gemäß § 22 GSpG (idF vor dem AbgÄG 2014, BGBl I 2014/13, bis ) das Recht zum Betrieb einer weiteren Spielbank durch Erteilung einer Konzession gemäß § 21 übertragen, wenn er diese zum ausschließlichen Betrieb eines Pokersalons für Pokerspiele ohne Bankhalter im Lebendspiel beschränkt. Dabei reduziert sich das erforderliche eingezahlte Grundkapital auf mindestens 5 Millionen Euro.

Der Bundesminister für Finanzen kann gemäß § 22 GSpG (idF vor dem StRefG 2015/2016, BGBl I 2015/118, vom bis ) das Recht zum Betrieb weiterer drei Spielbanken durch Erteilung von Konzessionen gemäß § 21 übertragen, wenn er diese zum ausschließlichen Betrieb jeweils eines Pokersalons für Pokerspiele ohne Bankhalter im Lebendspiel beschränkt. Dabei reduziert sich das erforderliche eingezahlte Grundkapital auf mindestens 5 Millionen Euro.

Gemäß § 60 Abs. 24 GSpG (idF vor dem BGBl I 2013/167, bis ) steht § 2 in der Fassung dieses Bundesgesetzes bis zur Erteilung einer Konzession im Sinne des § 22, längstens bis , dem Betrieb eines Pokersalons für Pokerspiele ohne Bankhalter im Lebendspiel dann nicht entgegen, wenn dieser Betrieb bereits auf Grundlage der Rechtslage zum zulässig gewesen wäre und bereits vor dem auf Basis einer aufrechten gewerberechtlichen Bewilligung erfolgt ist.

Gemäß § 60 Abs. 33 GSpG (idF vor dem StRefG 2015/2016, BGBl I 2015/118, bis ) § 2 Abs. 4 ist auf Pokerangebote auf Grundlage einer gewerberechtlichen Bewilligung, die zum aufrecht war, ab anzuwenden.

Gemäß § 60 Abs. 36 GSpG ist § 2 Abs. 4 auf Pokerangebote auf Grundlage einer gewerberechtlichen Bewilligung, die zum aufrecht war, ab anzuwenden (StRefG 2015/2016, BGBl I 2015/118, ab ).

Verbotene Ausspielungen sind gemäß § 2 Abs. 4 GSpG Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind."

Daraus, dass durch die erstgenannte Entscheidung des VfGH die Wortfolge „zur Erteilung einer Konzession im Sinne des § 22, längstens bis“ in § 60 Abs. 24 GSpG und durch das zweitgenannte Urteil des VfGH das Wort „Poker“ in § 1 Abs. 2 GSpG, § 22 GSpG samt Überschrift „Pokersalons“ sowie § 60 Abs. 24 GSpG aufgehoben wurden, lässt sich für die Bf. nichts gewinnen, da der VfGH diese §§ und Wörter nicht deshalb aufhob, weil er vermeinte, dass Pokerspiele keine Glücksspiele wären („Punkt 2.2.6.: Der Verfassungsgerichtshof kann dem Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes daher nicht entgegentreten, wenn dieser das Pokerspiel allgemein in den Katalog der Glücksspiele in § 1 Abs. 2 GSpG aufnimmt.“), sondern weil § 22 GSpG wegen der Beschränkung auf eine einzige zu erteilende Konzession und damit einhergehender Monopolisierung des Marktes gegen den Gleichheitsgrundsatz verstieß. Die Aufhebung des Wortes „Poker“ in § 1 Abs. 2 GSpG und des § 60 Abs. 24 GSpG erfolgte lediglich wegen des untrennbaren Zusammenhanges mit § 22 GSpG, der VfGH stellte jedoch klar, dass diese Regelungen für sich genommen nicht verfassungswidrig sind.

Durch das Abgabenänderungsgesetz 2014, BGBl I 2014/13) ist das Wort „Poker“ wieder in § 1 Abs. 2 GSpG enthalten. § 22 GSpG war damit kurzfristig mit der Maßgabe, dass statt einer einzigen Konzession drei Konzessionen zum Betrieb von Pokersalons erteilt werden können, in Geltung und wurde mit dem StRefG 2015/2016, BGBl I 2015/118, mit dem auch § 60 Abs. 36 GSpG als Nachfolgerbestimmung des § 60 Abs. 24 bzw. Abs. 33 GSpG in Kraft trat, ab endgültig aufgehoben.

Da durch den Wegfall der Bestimmung des § 22 GSpG betreffend Vergabe von einer bzw. drei Konzessionen die Verfassungswidrigkeit beseitigt wurde, konnte § 1 Abs. 2 GSpG auch wieder Poker als Glücksspiel zu Recht (demonstrativ) aufzählen.

Obgleich kein diesbezügliches Vorbringen erstattet wurde, wird hinsichtlich der Glücksspielabgabenpflicht für Pokersalons mit landesrechtlicher Gewerbeberechtigung iSd § 60 Abs. 36 GSpG auf die Begründung zur Entscheidung des BFG vom gleichen Tag, RV/7102140/2017, verwiesen.

-) :

Mit diesem Beschluss stellte der OGH an den VfGH ua die Anträge, § 2 Abs. 2 GSpG (Unternehmerbegriff), § 2 Abs. 4 GSpG (verbotene Ausspielungen) und § 3 GSpG (Glücksspielmonopol des Bundes) sowie in eventu das Glücksspielgesetz zur Gänze als verfassungswidrig aufzuheben, da die von den konzessionierten Lotterie- und Spielbankengesellschaften in Österreich betriebene Werbung nicht ausschließlich dazu gedient habe, Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken, sondern den Zweck verfolgt habe, insbesondere jene Personen zur aktiven Teilnahme am Spiel anzuregen, die bis dato nicht bereit gewesen seien zu spielen, weshalb Bedenken an der Unionsrechtskonformität des Glücksspielmonopols sowie wegen des Verstoßes gegen die Dienstleistungsfreiheit bzw. dessen Verfassungswidrigkeit wegen Inländerdiskriminierung bestünden.

Der Rechtsansicht der Bf., dass dadurch die Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols bereits feststünde, wird der , entgegengehalten, mit dem diese Anträge zur Gänze zurückgewiesen wurden, da zum einen der Anfechtungsumfang der einzelnen Bestimmungen zu eng gewählt wurde und zum anderen die Anfechtung des gesamten Glücksspielgesetzes unzulässig ist, weil nicht sämtliche Bestimmungen des Glücksspielgesetzes in einem untrennbaren Zusammenhang stehen und auch verfassungsrechtliche Bedenken nicht gegen sämtliche Bestimmungen des Glücksspielgesetzes dargelegt wurden.

-) bis dato noch keine Entscheidung des VwGH zur Glücksspielabgabenpflicht ergangen:

Diesem Einwand ist zu entgegnen, dass der VwGH mittlerweile die Revision gegen das Erkenntnis des , betreffend Festsetzung von Glücksspielabgaben im Zusammenhang mit der Betreibung eines Pokersalons mit seinem Erkenntnis vom , Ro 2015/16/0024, als unbegründet abgewiesen hat.

Darüber hinaus wird auf den Beschluss des in der gleichen Sache vorweg angerufenen , verwiesen, in dem eine Verletzung in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Freiheit der Erwerbsbetätigung nicht erkannt wurde und auch die Ausgestaltung der Glücksspielabgabe nach § 57 GSpG im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gelegen angesehen wurde.

Die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Union für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, sind gemäß Art. 56 AEUV nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Das Europäische Parlament und der Rat können gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren beschließen, dass dieses Kapitel auch auf Erbringer von Dienstleistungen Anwendung findet, welche die Staatsangehörigkeit eines dritten Landes besitzen und innerhalb der Union ansässig sind.

Weiters brachte die Bf. in ihrer Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid das Vorliegen der Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols ins Treffen, da die Bestimmungen des GSpG gegen den freien Dienstleistungsverkehr nach Art. 56 AEUV verstießen.

Nach der Judikatur des EuGH ist Art. 56 AEUV dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, sofern diese Regelung nicht wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt und nicht tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen ().

Entgegen der Rechtsansicht der Bf. ist im gegenständlichen Fall die Lösung der Frage, ob die Bestimmungen der §§ 3 ff GSpG betreffend das Glücksspielmonopol des Bundes und dessen Ausnahmen dem Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung entsprechen, nicht von Bedeutung, da die Bf. aufgrund des § 60 Abs. 36 GSpG wegen der erteilten gewerberechtlichen Bewilligung in ihrem Pokersalon erlaubte Ausspielungen iSd § 2 Abs. 1 GSpG veranstaltet und organisiert und somit der Glücksspielabgabe gemäß §§ 57 ff GSpG unterliegt (nähere Begründung siehe erneut RV/7102140/2017).

Solange die Bestimmung des § 60 Abs. 36 GSpG in Kraft ist, kann nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes vor dem eine Einschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs nach Art. 56 AEUV nicht vorliegen.

Abschließend wird auf die Judikatur des , hingewiesen:

„Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (vgl VfSlg 9.750/1983, 18.183/2007) darf der Gesetzgeber die Steuerquellen bestmöglich erschließen und dabei auch andere als fiskalische Zwecke mitverfolgen. Dabei ist die Zielsetzung, eine Zunahme von Spielautomaten (um die es in den zitierten Erkenntnissen ging) durch höhere Abgaben zu verhindern und ihre Anzahl eher zu verringern, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dass dadurch - wie bei jeder Besteuerung - die Rentabilität herabgesetzt und ein Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten gebracht werden kann, ist unbeachtlich, solange nicht die Ausübung eines ganzen Erwerbszweigs unmöglich gemacht wird. Der Wesensgehalt der Grundrechte - besonders auf Unversehrtheit des Eigentums und Freiheit der Erwerbsausübung - wird dadurch nicht berührt. Wie der Verfassungsgerichtshof weiter ausführte (VfSlg 19.580/2011), ist dem Gesetzgeber auch nicht entgegenzutreten, wenn er statt eines Verbots die Eindämmung der Automatenaufstellung oder des Spielens durch eine höhere Abgabenbelastung erreichen möchte. Sollten dadurch potenzielle Spieler wegen mangelnder Attraktivität vom Spielen abgehalten werden, liegt dies genau in der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Absicht des Gesetzgebers.“

Fazit:

Da die Beschwerde insgesamt daher iSd § 212a Abs. 2 lit. a BAO wenig erfolgversprechend erscheint, kommt eine Bewilligung der beantragten Aussetzung der Einhebung nicht in Betracht.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 2 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 56 AEUV, ABl. Nr. C 83 vom S. 47
Verweise


VwGH, Ro 2015/16/0024

ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7102620.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at