Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.09.2018, RV/3100074/2017

Anwendung des § 4 Abs. 2 EStG idF BGBl I Nr 112/2012 im Veranlagungsjahr 2009

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter_A in der Beschwerdesache Beschwerdeführerin_A, vertreten durch Steuerberater_A, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt_A vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2009 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

1.) Verfahrensgang:
Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009 mit Ausfertigungsdatum erging antrags- und erklärungsgemäß.

Anlässlich einer zur ABNr.:_1 ergangenen Außenprüfung tätigte der Betriebsprüfer_A ua. nachfolgende Feststellung:
"Tz 2. Firmenwert Übernahme Betrieb 2003:
... Vom Firmenwert sind die sogenannten firmenwertähnlichen Wirtschaftsgüter zu unterscheiden. Darunter fallen im betrieblichen Gefüge für den Unternehmenswert bedeutsame immaterielle Wirtschaftsgüter, die aber neben dem Firmenwert selbständig bewertbar sind. Sie sind nach den allgemeinen Bewertungsregeln entweder als abnutzbar oder als nicht abnutzbar zu behandeln. Darunter fallen zB Zahlungen für den Erwerb von Rezepturen (), das Markenrecht (), die Apothekenkonzession (nicht abnutzbar , , , , ; ). Es bestehen allerdings keine Bedenken, den nicht abnutzbaren Konzessionswert von Betrieb mit 25% des Kaufpreises der Betrieb anzusetzen, wobei ein auf Grund und Boden und Gebäude entfallender Kaufpreisbestandteil sowie die USt nicht zu berücksichtigen sind. Der Konzessionswert der gesamten Betrieb beträgt aber höchstens 500.000 Euro. Diese Rechtsansicht des Prüfers ist auch in den EST RL 2292 dargestellt.
Nachbesteuerung AfA Differenz aus 25 % Konzessionsanteil im Jahr 2009:
2003-2008 Betrag_1 €, Anteil 2009 Betrag_2 €,
Nachbesteuerung AfA - Diff 2003-2009 Betrag_3 €


§ 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988: Kann ein Fehler nur auf Grund der bereits eingetretenen Verjährung nicht mehr steuerwirksam berichtigt werden, gilt gemäß § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 Folgendes:
Zur Erreichung des richtigen Totalgewinnes kann von Amts wegen oder auf Antrag eine Fehlerberichtigung durch Ansatz von Zu- oder Abschlägen vorgenommen werden. Die Fehlerberichtigung ist im ersten zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch nicht verjährten Veranlagungszeitraum (2009) insoweit vorzunehmen, als der Fehler noch steuerliche Auswirkungen haben kann. ...
Erhöhung Gewinn im Jahr 2009: Betrag_3 €"
(siehe Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom in Verbindung mit der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom , beide zur ABNr.:_1).

Das Finanzamt_A folgte den Feststellungen des Betriebsprüfers und erließ - nach Wiederaufnahme des Verfahrens - ua. einen (neuen) Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009 (mit Ausfertigungsdatum ).

Die ua. gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009 fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom richtet sich einerseits gegen den Ansatz des Konzessionswertes mit 25% des damaligen Kaufpreises, da dieser mit 0,00 € anzusetzen sei, und andererseits gegen die Anwendung des Zuschlages gemäß § 4 Abs. 2 Z 2 EStG im Jahr 2009. Hierzu führte die Beschwerdeführerin begründend ua. aus wie folgt:

"§ 4 Abs 2 Z 2 EStG ist eine Norm des materiellen Einkommensteuerrechtes, weil sie Einfluss auf die Höhe des Gewinnes/Verlustes aus der betrieblichen Einkunftsquelle nimmt. Daran ändert sich nichts, dass mit dem AbgÄG 2012 die (nicht auf ESt beschränkte) verfahrensrechtliche Norm des § 293c BAO aufgehoben wurde.
Gemäß § 124b Z 225 EStG tritt § 4 Abs 2 Z 2 EStG idF des AbgÄG 2012 mit in Kraft und ist erstmals auf Fehler anzuwenden, die Veranlagungszeiträume ab 2003 betreffen. Nach einhelliger Lehre und ständiger Rechtsprechung gilt der Grundsatz: Während Normen des Verfahrensrechtes auch für Verfahrensschritte Anwendung finden, die sich auf vor dem Inkrafttreten verwirklichte Sachverhalte beziehen (; Stoll, BAO-Kommentar, 62), erfassen materielle Abgabengesetze grundsätzlich erst Tatbestände, die sich ab dem Inkrafttreten verwirklichen (vgl. ; , 96/14/0017, Slg 7135/F; Mairinger/Twardosz, ÖStZ 2007, 16). § 4 Abs 2 Z 2 EStG ist, weil sie Einfluss auf die Höhe des Betriebsgewinnes, der Einkünfte und des Einkommens nimmt, unzweifelhaft eine materiell-rechtliche Bestimmung. Das bedeutet: Erstmals wenn das Veranlagungsjahr 2013 das älteste, nicht verjährte Jahr (betreffend ESt) ist, können Zuschläge nach § 4 Abs 2 Z 2 EStG für Zwecke der Berechnung der Einkommensteuer vorgenommen werden, wobei diese Zuschläge Fehler ab dem Veranlagungsjahr 2003 betreffen können. Erstmals das Einkommen 2013 kann sohin durch Zu- und Abschläge nach § 4 Abs 2 Z 2 EStG idF AbgÄG 2012, erhöht/vermindert werden (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG, § 4 Tz. 167). Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Fehler, deren Ursache in einem Veranlagungszeitraum 2003 liegen, grundsätzlich nach § 4 Abs 2 EStG idF AbgÄG 2012 berichtigt werden können. Soweit diese Fehlerberichtigung aber nicht entsprechend dem Grundsatz der periodenrichtigen Gewinnermittlung an der Wurzel steuerwirksam erfolgen kann, setzt die steuerwirksame Berichtigung voraus, dass das Veranlagungsjahr 2013 der älteste noch nicht verjährte Veranlagungszeitraum ist, in dem nun mehr durch Zu- und Abschläge der geforderte richtige Totalgewinn erzielt wird (vgl. BFG-Erkenntnis vom , RV/2100388/2013)."

Das Finanzamt_A wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab und legte in der händischen Bescheidbegründung (mit Ausfertigung vom selben Tag) begründend ua. dar, dass die Bewertung des Konzessionswertes zutreffend vorgenommen worden wäre. Zur bekämpften Anwendbarkeit des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG führte die Abgabenbehörde aus wie folgt:
"Nach Ansicht des Finanzamtes_A kann dem Gesetzgeber des AbgÄG 2012 nicht unterstellt werden, durch die Novellierung des § 4 Abs 2 EStG eine Norm geschaffen zu haben, die regelmäßig frühestens im Jahr 2019, somit sieben Jahre nach dem Beginn seiner Geltung anwendbar sein soll. Mit dem AbgÄG 2012 hat der Gesetzgeber auch § 293c BAO aus dem Rechtsbestand eliminiert. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage führen diesbezüglich aus: „§ 209c BAO soll durch die Änderung im § 4 Abs 2 EStG 1988 ersetzt werden." Daraus lässt sich erkennen, dass Fälle nicht steuerwirksamer „Wurzelberichtigungen", die bis zum durch Anwendung des § 293c BAO korrigierbar waren, ab in Anwendung des § 4 Abs 2 Z 2 EStG sanierbar sein sollen. Der Gesetzgeber ist offenkundig davon ausgegangen, dass § 4 Abs 2 EStG in seiner novellierten Fassung ab seinem Inkrafttreten () auf alle Fälle anzuwenden ist, in denen eine seinem Tatbestand entsprechende Fehlerkorrektur erfolgen kann. Mit der Bestimmung bezweckt der Gesetzgeber im Interesse der richtigen Totalgewinnbesteuerung eine zeitlich unbegrenzte Korrektur mit steuerlicher Wirkung. Diese Korrektur soll verwaltungsökonomisch erfolgen, daher hat sich der Gesetzgeber für ein Zu-/Abschlagskonzept entschlossen. Ein Zu- oder Abschlag iSd § 4 Abs 2 Z 2 EStG stellt keinen eigenständigen materiellrechtlichen Besteuerungstatbestand dar. Lediglich die richtigen steuerlichen Folgen werden für den Zeitraum der eingetretenen Verjährung durch § 4 Abs 2 Z 2 EStG vollzugsvereinfachend nachgeholt. Die über die Norm mögliche Fehlerkorrektur über die Verjährung hinaus ist ihrem entscheidenden Gehalt nach eine die korrekte Abgabenbemessung und damit eine das Abgabenverfahren betreffende Norm. Mit AbgÄG 2015 BGBl. I Nr. 2015/163 wurde der § 124b Z 185 EStG wie folgt geändert: „§ 4 Abs. 2 und 3 und § 28 Abs. 7, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBL I Nr. 112/2012, treten mit in Kraft und sind erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2004 auf Fehler anzuwenden, die Veranlagungszeiträume ab 2003 betreffen." Den Erläuterungen zur Regierungsvorlage ist zu entnehmen: „Die Änderung diente ausschließlich der Klarstellung... Demzufolge können die §§ 4 Abs 2 erstmalig bei der Veranlagung zur Anwendung gebracht werden, die den zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung ersten nicht verjährten Zeitraum betrifft. Dies ist die erstmals von der Norm betroffenen Fehler des (verjährten) Jahres 2003 das Veranlagungsjahr 2004" (ErläutRV 896 BlgNr 25. GR 8). Da die Voraussetzungen vorliegen, war die gesetzliche Bestimmung anzuwenden.
Berechnung des Zuschlages
Bei der Berechnung des Zuschlages der Außenprüfung wurde das Jahr 2009 in die Berechnung miteinbezogen. Da das Jahr 2009 allerdings noch nicht verjährt war, handelt es sich hierbei um eine Berichtigung der Abschreibung für dieses Veranlagungsjahr und nicht um einen Zuschlag iSd § 4 Abs 2 Z 2 EStG. Es ändert sich allerdings dadurch nicht der Spruchbetrag.
Zuschlag laut Außenprüfung € Betrag_3
Verminderung 2009 € -Betrag_2 
Zuschlag laut Beschwerdevorentscheidung € Betrag_1
Afa Berichtigung für 2009 € Betrag_2
Gesamtauswirkung auf den Gewinn € 0,00"

Die Beschwerdeführerin begehrte mit Schreiben vom fristgerecht die Vorlage der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2009 hinsichtlich des Beschwerdepunktes "Nichtanwendbarkeit des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG" an das Bundesfinanzgericht.

2.) Sachverhalt und Beweiswürdigung:

2.a) Die Beschwerdeführerin betrieb im strittigen Zeitraum die mit Vertrag vom Datum 2003 erworbene "Unternehmen_A" in Ort_A.
Die Betrieb wurde um einen Kaufpreis von Betrag_4 zuzüglich des Wertes für das Lager an Waren, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen angeschafft, wovon als Firmenwert Betrag_5 aktiviert und ab dem Jahr 2003 eine jährliche Absetzung für Abnutzung geltend gemacht wurde (Ansatz von AfA im Jahr 2003 in Höhe von AfA_1 sowie ab 2004ff in Höhe von AfA_2).

In Folge der in den Jahren 2015 und 2016 durchgeführten Außenprüfung zur ABNr.:_1 vertrat das Finanzamt_A in dem streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009 die Auffassung, dass der Firmenwert auf den (abschreibbaren) Wert des Unternehmens (Betrieb) und auf den (nicht abschreibbaren) Konzessionsanteil (Gebietsschutz) aufzuteilen sei. Der Konzessionsanteil sei mit 25% des Kaufpreises anzusetzen und die zu Unrecht geltend gemachte AfA ab 2003 zu berichtigen (im Jahr 2003 mit dem Betrag von Betrag_6 sowie für die Jahre 2004ff je Betrag_2 €, sohin in Summe für die Jahre 2003 bis 2008 Betrag_1 € sowie einem Anteil 2009 Betrag_2 €). Im Jahr 2009 betrage somit nach § 4 Abs. 2 Z 2 EStG die Nachbesteuerung Afa - Differenz 2003 bis 2009 den Betrag von Betrag_3 €. In der Beschwerdevorentscheidung berichtigte die Abgabenbehörde den ermittelten Zuschlag um die Abschreibung des Jahres 2009 auf Betrag_1 €, brachte im Gegenzug jedoch erstmals eine AfA-Berichtigung für das Jahr 2009 im Ausmaß von Betrag_2 € zum Ansatz (Gewinnauswirkung sohin 0,00 €).

Die Abgabepflichtige bestreitet in der Beschwerde vom in Verbindung mit dem Vorlageantrag vom eine gesetzliche Befugnis der Abgabenbehörde, im Einkommensteuerbescheid 2009 eine Berichtigung der zu Unrecht geltend gemachten Abschreibung für Abnutzung der Jahre 2003 bis 2008 durch Ansatz eines Zuschlages gemäß § 4 Abs. 2 Z 2 EStG vornehmen zu können.

2.b) Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus der vorliegenden Aktenlage, insbesondere aus den inhaltlich übereinstimmenden Parteienvorbringen im Bericht des Finanzamtes_A über das Ergebnis der Außenprüfung vom in Verbindung mit der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom , beide zu ABNr.:_1, dem Einkommensteuerbescheid 2009 (mit Ausfertigungsdatum ), der Beschwerde der Abgabepflichtigen vom sowie der Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2009 vom in Verbindung mit der händischen Bescheidbegründung des Finanzamtes_A zur Beschwerdevorentscheidung vom .

3.) Rechtslage:
Die Vermögensübersicht (Jahresabschluss, Bilanz) ist gemäß § 4 Abs. 2 EStG idF Abgabenänderungsgesetz 2012, AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, nach den allgemeinen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu erstellen. Nach Einreichung der Vermögensübersicht beim Finanzamt gilt Folgendes:
1. Eine Änderung der Vermögensübersicht ist nur mit Zustimmung des Finanzamts zulässig (Bilanzänderung). Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Änderung wirtschaftlich begründet ist.
2. Entspricht die Vermögensübersicht nicht den allgemeinen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung oder den zwingenden Vorschriften dieses Bundesgesetzes, ist sie zu berichtigen (Bilanzberichtigung). Kann ein Fehler nur auf Grund der bereits eingetretenen Verjährung nicht mehr steuerwirksam berichtigt werden, gilt Folgendes:
– Zur Erreichung des richtigen Totalgewinnes kann von Amts wegen oder auf Antrag eine Fehlerberichtigung durch Ansatz von Zu- oder Abschlägen vorgenommen werden.
– Die Fehlerberichtigung ist im ersten zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch nicht verjährten Veranlagungszeitraum insoweit vorzunehmen, als der Fehler noch steuerliche Auswirkungen haben kann.
– Die Nichtberücksichtigung von Zu- oder Abschlägen gilt als offensichtliche Unrichtigkeit im Sinne des § 293b der Bundesabgabenordnung.

Nach § 124b Z 225 EStG idF Abgabenänderungsgesetz 2015, AbgÄG 2015, BGBl. I Nr. 163/2015, treten § 4 Abs. 2 und 3 EStG und § 28 Abs. 7 EStG, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 112/2012, mit in Kraft und sind erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2004 auf Fehler anzuwenden, die Veranlagungszeiträume ab 2003 betreffen.

Nach der Erläuterung zur Änderung von 124b Z 225 durch AbgÄG 2015 (EB zur Regierungsvorlage RV 896; GP XXV) dient diese Änderung ausschließlich der Klarstellung. Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2012, BGBl I 2012/112, wurde die in § 4 Abs. 2 verankerte Regelung über die steuerwirksame Korrektur periodenübergreifender Fehler aus verjährten Veranlagungszeiträumen in das EStG 1988 aufgenommen; die Regelung wurde mit in Kraft gesetzt. Gleichzeitig wurde durch § 323 Abs. 33 BAO u.a. die Verfahrensnorm des § 293c BAO, die ebenfalls eine Berichtigung periodenübergreifender Fehler zum Gegenstand hatte, mit außer Kraft gesetzt. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des gegenständlichen Gesetzes führen diesbezüglich begründend aus, dass "§ 293c BAO durch die Änderung im § 4 Abs. 2 ersetzt werden soll". Die Zusammenschau der beiden legistischen Maßnahmen lässt erkennen, dass das Inkrafttreten der Regelung im EStG und das Außerkrafttreten des § 293c BAO demselben legistischen Konzept folgt und zeitlich aufeinander abgestimmt ist. Demzufolge können die §§ 4 Abs. 2 bis 3 und 28 Abs. 7 ab erstmalig bei der Veranlagung zur Anwendung gebracht werden, die den zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung ersten nicht verjährten Zeitraum betrifft. Dies ist für die erstmals von der Norm betroffenen Fehler des (verjährten) Jahres 2003 das Veranlagungsjahr 2004. Dies soll nunmehr auch sprachlich klar zum Ausdruck gebracht werden. Da die Bestimmung keinen eigenständigen materiellen Besteuerungstatbestand für im jeweils betroffenen Veranlagungsjahr verwirklichte Sachverhalte schafft, sondern - im Interesse der richtigen Gesamtbesteuerung - lediglich die nachträgliche Korrektur einer falschen rechtlichen Beurteilung in Bezug auf bereits verwirklichte Sachverhalte zum Gegenstand hat, ist sie ihrem wesentlichen Gehalt nach nicht als materiell-rechtliche Norm einzustufen. Damit ist es zulässig, die Anwendung der Bestimmung auch auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits abgelaufene Veranlagungsjahre zu beziehen, denn nach Rechtsprechung und Lehre (vgl. ; Stoll, BAO-Kommentar, 62) können Normen des Verfahrensrechts auch auf Verfahrensschritte angewendet werden, die Zeiträume vor dem Inkrafttreten der Norm betreffen (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18, § 124b Tz 2f).

Der Verwaltungsgerichtshof hat diesbezüglich in seiner Entscheidung vom , Ra 2016/15/0026, betreffend Einkommensteuer 2005, wie folgt ausgeführt:

"19 Gemäß § 4 Abs. 2 EStG 1988 idF vor dem Abgabenänderungsgesetz 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, muss der Steuerpflichtige die Vermögensübersicht (Jahresabschluss, Bilanz) nach den allgemeinen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung erstellen. Ist die Vermögensübersicht nicht nach diesen Grundsätzen erstellt oder verstößt sie gegen zwingende Vorschriften des EStG 1988, so muss er sie auch nach dem Einreichen beim Finanzamt berichtigen.
20 Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (zu dieser Rechtslage), dass Unrichtigkeiten in der Bilanz bis zur Wurzel zu berichtigen sind, und zwar auch dann, wenn die Berichtigung für die abgelaufenen Jahre etwa wegen der Rechtskraft der Veranlagungsbescheide oder wegen eingetretener Bemessungsverjährung keine Änderung der Abgabenvorschreibung zur Folge hat. Das Gesetz räumt der Richtigkeit der Periodenbesteuerung den Vorrang gegenüber dem Grundsatz der "Gesamtgewinnbesteuerung" ein (vgl. , VwSlg. 8645/F, und vom , 2009/15/0115, VwSlg. 8684/F).
21 Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 76/2011, wurde § 293c BAO eingefügt. Nach dieser Bestimmung konnte die Abgabenbehörde auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen einen Abgaben- oder Feststellungsbescheid insoweit berichtigen, als in ihm ein Sachverhalt nicht mehr berücksichtigt werden durfte, der sich in der Folge bei der- oder denselben Partei(en) mehrfach oder gar nicht abgabenrechtlich auswirkt, obwohl seine einmalige Berücksichtigung in einer periodenübergreifenden Betrachtung geboten wäre. Gleichzeitig wurde insbesondere in § 208 Abs. 1 BAO die Bestimmung lit. f angefügt, wonach die (Bemessungs-)Verjährung in den Fällen des § 293c BAO mit dem Ablauf des Jahres beginnt, in dem der Abgabenbehörde die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 293c BAO bekannt wurde.
22 Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1212 BlgNR 24. GP 29 f), sollte dieser "neue Verfahrenstitel" im Interesse eines insgesamt richtigen Besteuerungsergebnisses eine steuerwirksame Korrektur im "Wurzeljahr" des Fehlers ermöglichen. Die Korrektur sei nur im Rahmen des durch die absolute Verjährung gesteckten Rahmens von zehn Jahren ab Entstehen des Abgabenanspruches möglich. Fehler, deren Wurzel außerhalb dieses Zeitraumes liege, seien somit nicht mehr korrigierbar.
23 Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, wurde u.a. § 293c BAO mit außer Kraft gesetzt; nach § 323 Abs. 33 BAO gilt dies nicht für vor diesem Tag erfolgte Berichtigungen gemäß § 293c BAO sowie für vor diesem Tag eingebrachte Anträge auf Berichtigung gemäß § 293c BAO. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1960 BlgNR 24. GP 56) solle § 293c BAO durch die Änderung in § 4 Abs. 2 EStG 1988 ersetzt werden.
24 § 4 Abs. 2 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2012 lautet: ...
25 § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 gilt im Rahmen der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (§ 4 Abs. 3 letzter Satz EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2012) und bei Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 28 Abs. 7 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2012) sinngemäß.
26 Gemäß § 124b Z 225 EStG 1988 (idF BGBl. I Nr. 112/2012) trat (u.a.) § 4 Abs. 2 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2012 mit in Kraft und ist erstmals auf Fehler anzuwenden, die Veranlagungszeiträume ab 2003 betreffen.
27 Diese Inkrafttretensbestimmung warf Fragen auf (vgl. Zorn/Varro in Doralt et al, EStG17, § 4 Tz 167). Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2015, BGBl. I Nr. 163/2015, wurde § 124b Z 225 EStG 1988 dahin geändert, dass § 4 Abs. 2 und 3 und § 28 Abs. 7, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 112/2012, mit in Kraft treten und erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2004 auf Fehler anzuwenden sind, die Veranlagungszeiträume ab 2003 betreffen. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (896 BlgNR 25. GP 8) soll es sich hiebei um eine Klarstellung handeln.
28 Das Bundesgesetzblatt I Nr. 163/2015 wurde am ausgegeben. Das angefochtene Erkenntnis wurde am genehmigt und durch Zustellung an das Finanzamt und den Mitbeteiligten jeweils am erlassen. Im vorliegenden Fall ist daher § 124b Z 225 EStG 1988 bereits in der Fassung des BGBl. I Nr. 163/2015 anzuwenden. Es ist somit § 4 Abs. 2 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2012 bei der Veranlagung für das Kalenderjahr (insbesondere) 2005 anzuwenden, wobei Fehler zu berücksichtigen sind, die Veranlagungszeiträume ab 2003 betreffen."

4.) Erwägungen:
4.a) Das Finanzamt_A hat in der Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2009 (mit Ausfertigungsdatum ) das Beschwerdebegehren betreffend die Bewertung des Konzessionswertes als unbegründet abgewiesen und den im bekämpften Bescheid vorgenommenen Ansatz des Konzessionswertes mit 25% des Firmenwertes bestätigt. Die Abgabepflichtige hat sich hiergegen im Vorlageantrag vom  nicht beschwert, sondern die Vorlage ausdrücklich nur auf den Beschwerdepunkt "Nichtanwendbarkeit des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG" eingeschränkt.
Das Bundesfinanzgericht erhebt gegen die gegenständlichen, nunmehr außer Streit stehenden Ausführungen der Abgabenbehörde betreffend die Bewertung des Konzessionswertes keine Einwendungen, sondern schließt sich diesen vielmehr vollinhaltlich an. Diese stellen somit durch diesen Verweis einen Bestandteil der vorliegenden Entscheidung dar.

4.b) Im vorliegenden Fall verbleibt somit ausschließlich die Anwendbarkeit des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG strittig.

Wie vom Verwaltungsgerichtshof in obiger Entscheidung eindeutig klargestellt wurde, ist durch die Abänderung des § 124b Z 225 EStG idF BGBl. I Nr. 163/2015 die Bestimmung des § 4 Abs. 2 EStG idF BGBl. I Nr. 112/2012 auch bei der Veranlagung für Kalenderjahre vor dem Jahr 2013 anzuwenden.

Das Finanzamt_A erließ den bekämpften Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009 (mit Ausfertigungsdatum ) nach dem Inkrafttreten der Novellierung des § 124b Z 225 EStG durch Abgabenänderungsgesetz 2015, BGBl. I Nr. 163/2015 (Ausgabe des Bundesgesetzblattes I Nr. 163/2015 am ). Entgegen dem Beschwerdevorbringen war die Abgabenbehörde demzufolge nicht nur berechtigt, sondern dazu angehalten, im bekämpften Bescheid 2009 die in den Jahren 2003 bis 2008 zu hoch vorgenommene Absetzung für Abnutzung auf Rechtsgrundlage des § 4 Abs. 2 EStG durch Ansatz von Zuschlägen zu berichtigen.

Die hiergegen erhobenen Einwendungen der Beschwerdeführerin unter Verweis auf Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG17 (), § 4 Tz. 167, können der Beschwerde zu keinem Erfolg verhelfen, stellen diese Ausführungen doch ausschließlich auf die gesetzliche Bestimmungen vor dem Abgabenänderungsgesetz 2015, BGBl. I Nr. 163/2015, ab. Dem Beschwerdevorbringen wird durch die gesetzliche Klarstellung in § 124b Z 225 EStG idF BGBl. I Nr. 163/2015, dass § 4 Abs. 2 EStG erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2004 Anwendung findet, jegliches Substrat entzogen. Diesbezüglich wird auch ausdrücklich auf die Ausführungen in der Erläuterung zur Änderung von 124b Z 225 EStG durch AbgÄG 2015 (EB zur Regierungsvorlage 896 BlgNR 25. GP 8) verwiesen. Das vorgebrachte Erkenntnis des , wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Entscheidung vom , Ra 2015/15/0062, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Finanzamt_A hat in der Beschwerdevorentscheidung vom die im bekämpften Bescheid bzw. die in der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom vorgenommene Berechnung des Zuschlages nach § 4 Abs. 2 Z 2 EStG sowie die Höhe der AfA zutreffend berichtigt. Diese Ausführungen stellen einen Bestandteil dieser Entscheidung dar.
Die Berechnungsberichtigung hat keine Gesamtauswirkung auf die Höhe der streitgegenständlichen Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Zusammenfassend ist auszuführen, dass die Abgabenbehörde die Berichtigung gemäß § 4 Abs. 2 EStG im bekämpften Bescheid zutreffend vorgenommen hat und dieser sohin rechtmäßig erging; die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

5.) Zulässigkeit einer Revision:
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei den zu lösenden Rechtsfragen an der zitierten Entscheidung des VwGH, darüber hinaus hing die Entscheidung im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.

Innsbruck, am

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