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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.09.2018, RV/6100443/2011

Steht die begünstigte Besteuerung gemäß § 11a EStG 1988 auch für den Gewinn des Jahres der Betriebsveräußerung zu?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin IBV in der Beschwerdesache Bf, abc, vertreten durch die Wirtschaftstreuhandgesellschaft A, xyz, über die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 des Finanzamtes vom nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am  zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Beim Beschwerdeführer (Bf), der ua. als Sanitärtechniker ein Einzelunternehmen betrieb, wurde über die Jahre 2006 bis 2008 eine Außenprüfung durchgeführt und im Bericht vom ua. Folgendes festgestellt:

TZ. 1 nicht entnommene Gewinne (§ 11a EStG 1988):

a) Mit 06/2008 sei der Betrieb verkauft worden. Für den laufenden Gewinn 2008 sei in Höhe von 100.000,-- Euro die begünstigte Besteuerung für nicht entnommene Gewinne geltend gemacht worden. Wie vom UFS am , RV/0826-W/08, entschieden, stehe diese unmittelbar vor Betriebsveräußerung beantragte Begünstigung nicht zu, da am Ende des Gewinnermittlungszeitraumes kein betriebliches Eigenkapital vorliege und das Ziel der Begünstigung, nämlich die langfristige Stärkung des Eigenkapitals, nicht gegeben sei.

Diese Feststellung führte zur Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Einkommensteuer 2008 und es wurde am unter Hinweis auf die im Rahmen der durchgeführten Außenprüfung aufgenommene Niederschrift und den Prüfungsbericht ein neuer Sachbescheid erlassen.

Mit Schriftsatz vom brachte der steuerliche Vertreter des Bf Berufung gegen den wiederaufgenommenen Einkommensteuerbescheid 2008 ein und begründete diese wie folgt:

§ 11a EStG 1988 sei nur für Übergangsgewinne und Veräußerungsgewinne nicht anwendbar, sehe aber ansonsten keine Einschränkungen, auch für den Fall einer Veräußerung oder Betriebsaufgabe, vor. Es werde dazu auch auf die EStR Rz 3860m verwiesen. Bereits der Hinweis darauf, dass die Richtlinien sieben Wirtschaftsjahre – und das sei die maximale Anzahl der Jahre im § 11a EStG 1988 – vorsehen würden, lasse eindeutig darauf schließen, dass die Finanz selbst die Bildung auch im letzten Jahr, dem Jahr der Veräußerung, zulasse. Sonst ergäbe nämlich die Nennung der Zahl sieben keinen Sinn, da bei Nichtanwendung im letzten Jahr maximal wohl nur sechs Jahresbeträge zur Verfügung stünden. Der Hinweis, dass das Ziel der Begünstigung, nämlich die langfristige Stärkung des Eigenkapitals nicht gegeben sei, sei im Falle der Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe überhaupt unverständlich. Wenn der Gesetzgeber auf jeden Fall apodiktisch sieben Jahre zur Stärkung des Eigenkapitals hätte vorsehen wollen, hätte er auch für die Betriebsveräußerungen und Betriebsaufgaben eine Nachversteuerung in die Gesetzesbestimmung aufgenommen und die Nachversteuerung von Beträgen, die kürzer als sieben Jahre das Betriebsvermögen gestärkt hätten, vorgesehen. Dies sei eindeutig nicht der Fall und es wäre willkürlich, Beträge (nur) im letzten Jahr, dem Jahr der Veräußerung oder der Betriebsaufgabe nicht zuzulassen. Dies sei aus dem Gesetzestext keinesfalls abzuleiten. Es werde daher beantragt, bei der Besteuerung des Einkommens 2008 gemäß § 11a EStG 1988 den Hälftesteuersatz auf den Betrag von 100.000,-- Euro anzuwenden.

Abschließend wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Diese Berufung wurde – ohne vorherige Erlassung einer Berufungsvorentscheidung – dem unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.

In der am abgehaltenen mündlichen Verhandlung führten die Streitparteien im Wesentlichen noch Folgendes aus:

Der steuerliche Vertreter hielt fest, aus dem Gesetz und den EStR sei nicht herauszulesen, dass die Inanspruchnahme der Begünstigung im letzten Jahr nicht möglich wäre; der Gesetzgeber hätte dies mit einem Satz lösen können, wenn er hineingeschrieben hätte, dass im Jahr der Betriebsveräußerung und der Betriebsaufgabe eine Anwendung des § 11a EStG 1988 nicht mehr möglich sei. In der vom Finanzamt erwähnten Entscheidung des UFS werde auf die Regierungsvorlage verwiesen und dort sei natürlich die allgemeine Zielsetzung angeführt. Es werde in der Regierungsvorlage aber auch festgehalten, dass die letzten sieben Jahre bei einer Betriebsveräußerung nicht nachzuversteuern seien. Der Gesetzgeber habe also gewollt, dass diese Nachversteuerung nicht passiere. Diese bedeute, dass das aktuelle Jahr und die letzten sechs Jahre davor nicht nachzuversteuern seien.

Der Bf wies auf die lange Verfahrensdauer hin und erklärte zusätzlich, dass in den anderen vom UFS getroffenen Entscheidungen, die Betriebsveräußerung am 31.12. erfolgt sei und die Begünstigung für dieses Jahr beantragt worden sei. Hätten die Unternehmer am 01.01. das Unternehmen verkauft, wäre die Begünstigung des § 11a EStG 1988 für das Vorjahr zugestanden worden. Er habe aber ein Wirtschaftsjahr und habe Mitten im Jahr verkauft, sodass die Fälle nicht vergleichbar seien. 

Der steuerliche Vertreter hielt dazu fest, dass die Veräußerung deshalb zum erfolgt sei, da zeitgleich auch die Anteile an der Fa. U verkauft worden seien, sozusagen in Bausch und Bogen. Daher sei die Betriebsveräußerung des Einzelunternehmens  während des Wirtschaftsjahres erfolgt. Hätte man in den bereits vom UFS entschiedenen Fällen den 01.01. in den Vertrag hineingeschrieben, wäre die Versteuerung nicht erfolgt. Es sei befremdlich bzw. willkürlich, dass in dem Fall, in welchem der 01.01. in den Vertrag hineingeschrieben werde, die Inanspruchnahme der Begünstigung möglich sei, und bei Betriebsveräußerung zum 31.12. dies nicht möglich sei. Aus der Regierungsvorlage sei herauszulesen, dass bei Betriebsveräußerung dezidiert keine Nachversteuerung erfolgen solle und dass bei Berücksichtigung der sieben Jahre, das Jahr der Veräußerung nur das letzte Jahr sein könne, weil ein älteres als sieben Jahre nie von der Nachversteuerung betroffen gewesen wäre.

Die Amtsbeauftragte hielt fest, dass sie sich an die Lehre und Rechtsprechung des UFS bzw. des BFG halten müsse und es zwei Entscheidungen des UFS gebe. Zu den Argumenten des steuerlichen Vertreters sei auf das Periodenbesteuerungssystem im Steuerrecht hinweisen. Es sei periodenmäßig abzurechnen, dies hätte man überlegen müssen. Zweitens sei zu unterscheiden, ob es um die Nachversteuerung oder um die Bildung gehe. Wenn man nicht zu einer Bildung komme, weil der Normzweck nicht erfüllt sei, stelle sich die Frage der Nachversteuerung nicht.

Der steuerliche Vertreter warf ein, dass man sich den Zeitpunkt der Veräußerung wahrscheinlich überlegt hätte, wenn dies aus dem Gesetz herauslesbar gewesen wäre. Bildung und Nachversteuerung würden im selben Paragraphen behandelt werden. Es stehe nicht im Gesetz, dass die Begünstigung im Jahr der Betriebsveräußerung nicht in Anspruch genommen werden könne und der Gesetzgeber wolle, dass die letzten sieben Jahre nicht nachversteuert würden. Im EStG 1972, welches in der Entscheidung des UFS aus dem Jahr 2013 erwähnt worden sei, sei die Rücklage der letzten fünf Jahre nach § 11 aufzulösen gewesen. Dies sei dezidiert im Gesetz gestanden. Daher sei diese Bestimmung mit der im gegenständlichen Fall heranzuziehenden Bestimmung nicht vergleichbar. Der Vergleich dieser beiden Gesetzestexte sei nicht richtig. Aus der Regierungsvorlage hinsichtlich der im gegenständlichen Fall anzuwendenden Norm lasse sich aus den Ausführungen zur Nachversteuerung ableiten, dass im letzten Jahr die Begünstigung in Anspruch genommen werden dürfe.

Die Amtsbeauftragte hielt abschließend fest, dass die beiden Entscheidungen des UFS nicht bei den Höchstgerichten angefochten worden seien. Dazu verwies der steuerliche Vertreter auf die Kosten, die mit einer Anfechtung verbunden seien.

Der steuerliche Vertreter führte abschließend nochmals aus, dass aus der Regierungsvorlage ableitbar sei, dass an eine Nachversteuerung der letzten sieben Jahre nicht gedacht worden sei. Es sei auch nicht einzusehen, dass das Jahr davor noch langfristig sei und im letzten Jahr dies nicht mehr zutreffe. Es stelle sich die Frage, wo hier die Grenze zu ziehen sei. Wenn man eine Begünstigung im Jahr der Betriebsveräußerung nicht gewollt hätte, hätte der Gesetzgeber dies in das Gesetz hineinschreiben können. Bei Studium des Gesetzestextes komme man nicht auf die Idee, dass im letzten Jahr die Begünstigung nicht in Anspruch genommen werden könne. Im vorherigen Gesetz sei eine eindeutige Regelung getroffen worden. Im § 11a EStG 1988 sei nur geregelt, dass der Veräußerungsgewinn und der Aufgabegewinn nicht mit einzubeziehen seien;  man hätte zusätzlich hineinschreiben können, dass der laufende Gewinn des Jahres der Betriebsveräußerung und Betriebsaufgabe ebenfalls nicht mit einzubeziehen sei. 

Der Bf ersuchte um Berücksichtigung seiner Position bzw. seiner Interessen. Es sei im Jahr 2008 anlässlich der Lehman-Pleite nicht einfach gewesen einen Dienstleistungsbetrieb mit 50 Leuten zu verkaufen. Er ersucht um Berücksichtigung der langen Verfahrensdauer und der Tatsache der aufgrund der beantragten Aussetzung angefallenen Zinsen.

DAZU WIRD ERWOGEN:

1 Zuständigkeit:

Gemäß § 323 Abs. 38 erster Satz BAO idF BGBl. I 70/2013 sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Entsprechend dieser Übergangsbestimmung fällt die am beim unabhängigen Finanzsenat anhängig gewesene Berufung vom gegen den wiederaufgenommenen Einkommensteuerbescheid 2008 nunmehr in den Zuständigkeitsbereich des Bundesfinanzgerichtes und ist von diesem als Beschwerde im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

2 Einkommensteuer 2008:

2.1 gesetzliche Grundlagen:

Gewinnermittlungszeitraum ist nach § 2 Abs. 5 erster Satz EStG 1988 das Wirtschaftsjahr.

Das Wirtschaftsjahr umfasst gemäß § 2 Abs. 6 EStG 1988 einen Zeitraum von zwölf Monaten. Einen kürzeren Zeitraum darf es nach Z. 1 dann umfassen, wenn ein Betrieb eröffnet oder aufgegeben wird.

Der Gewinn ist gemäß § 4 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 der durch doppelte Buchführung zu ermittelnde Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen  am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres. Der Gewinn wird durch  Entnahmen nicht gekürzt und durch Einlagen nicht erhöht (Satz zwei).

Natürliche Personen, die den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln, können gemäß § 11a Abs. 1 EStG 1988 den Gewinn, ausgenommen Übergangsgewinne (§ 4 Abs. 10) und Veräußerungsgewinne (§ 24), bis zu dem in einem Wirtschaftsjahr eingetretenen Anstieg des Eigenkapitals, höchstens jedoch 100.000,-- Euro  mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 37 Abs. 1 versteuern (begünstigte Besteuerung). Der Höchstbetrag von 100.000,-- Euro steht jedem Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum nur einmal zu. Der Anstieg des Eigenkapitals ergibt sich aus jenem Betrag, um den der Gewinn, ausgenommen Übergangsgewinne und Veräußerungsgewinne, die Entnahmen (§ 4 Abs. 1) übersteigt. Einlagen (§ 4 Abs. 1) sind nur insoweit zu berücksichtigen, als sie betriebsnotwendig sind.

Sinkt in einem folgenden Wirtschaftsjahr in sinngemäßer Anwendung des Abs.  1 unter Außerachtlassung eines Verlustes das Eigenkapital, ist insoweit gemäß § 11a Abs. 3 EStG 1988 eine Nachversteuerung vorzunehmen. Nachzuversteuern ist höchstens jener Betrag, der in den vorangegangenen sieben Wirtschaftsjahren nach Abs. 1 begünstigt besteuert worden ist. Die Nachversteuerung ist zunächst für den begünstigten Betrag des zeitlich am weitest zurückliegenden Wirtschaftsjahres vorzunehmen. Die Nachversteuerung hat mit dem Steuersatz gemäß § 37 Abs. 1 des Jahres der Inanspruchnahme der Begünstigung zu erfolgen. Der Nachversteuerungsbetrag erhöht nicht den Gesamtbetrag der Einkünfte.

Im Falle der Übertragung eines Betriebes ist gemäß § 11a Abs. 5 EStG 1988 die Nachversteuerung insoweit beim Rechtsnachfolger vorzunehmen, als es zu einer Buchwertfortführung kommt.

§ 11a Abs. 1 und 2 sind gemäß § 124b Z. 154 erster Satz EStG 1988 letztmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2009 anzuwenden.

2.2 Sachverhalt:

Mit Unternehmenskaufvertrag vom 06/2008 verkaufte der Bf sein in der Rechtsform eines Einzelunternehmens am Standort def, betriebenes Planungsunternehmen an B.

Der Bf ermittelte den Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988; Bilanzstichtag war der 31.12. jeden Jahres.

In der elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärung 2008 gab der Bf den Veräußerungsgewinn mit 15.000,-- Euro und die gemäß § 11 a mit dem Hälftesteuersatz zu versteuernden nicht entnommenen Gewinne  (Kennzahl 793) mit 100.000,-- Euro an. 

Dem anlässlich der Betriebsveräußerung zum erstellten Jahresabschluss (Rumpfwirtschaftsjahr) wurde eine Aufstellung § 11 a EStG 1988 angehängt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Steuerliches Ergebnis
169.013,21
Korrekturen Gewinn
0,00
Korrigiertes steuerliches Ergebnis
169.031,21
Entnahmen
-97.039,62
Einlagen
73.521,30
Eigenkapitalanstieg
145.494,89
EK-Abfall aus 2003
0,00
Maximal begünstigungsfähig
100.000,00
Begünstigt besteuert
100.000,00

Im Veranlagungsjahr 2008 bezog der Bf bezog zusätzlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb aufgrund einer Beteiligung an der Fa. U und der Fa. H

2.3 rechtliche Würdigung:

Im gegenständlichen Fall ist strittig, ob die begünstigte Besteuerung gemäß § 11a EStG 1988 auch für das Wirtschaftsjahr, an dessen Ende eine Betriebsveräußerung steht, in Anspruch genommen werden kann.

Im Zusammenhang mit dieser Thematik ist eine Entscheidung des , und eine weitere Entscheidung vom , RV/0033-F/11, ergangen. Zur Frage, ob diese Entscheidungen aufgrund eines vergleichbaren Sachverhaltes tatsächlich heranziehbar sind, darf Folgendes festgehalten werden:

Bei den betrieblichen Einkunftsarten, wie den Einkünften aus Gewerbebetrieb, werden die in einem Wirtschaftsjahr erwirtschafteten Einkünfte als Gewinn bezeichnet. Die Ermittlung des Gewinns erfolgt für jeden Betrieb gesondert. Gewinn ist das steuerliche Ergebnis des einzelnen Betriebes in einem Wirtschaftsjahr. 

Gewinnermittlungszeitraum ist gemäß § 2 Abs. 5 EStG 1988 das Wirtschaftsjahr. Das Wirtschaftsjahr deckt sich grundsätzlich mit dem Kalenderjahr (nur unter bestimmten Voraussetzungen ist auch ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr zulässig). Ein Wirtschaftsjahr hat nach § 2 Abs. 6 EStG 1988 zwölf Monate zu umfassen. Einen kürzeren Zeitraum darf es nach § 2 Abs. 6 Z. 1 EStG 1988 umfassen, wenn ein Betrieb eröffnet oder aufgegeben wird. Im Falle einer Betriebsveräußerung (Betriebsaufgabe) während des Kalenderjahres und eines am 31.12. endenden Wirtschaftsjahres umfasst das Wirtschaftsjahr notwendigerweise einen kürzeren Zeitraum als zwölf Monate, nämlich die Monate Jänner bis zum Monat der Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe (= Rumpfwirtschaftsjahr). (Vgl. ).

Das Wirtschaftsjahr ist jenem Kalenderjahr zuzuordnen, in welches das Ende des Wirtschaftsjahres fällt. Der Gewinn eines Rumpfwirtschaftsjahres wird ebenfalls dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem das Rumpfwirtschaftsjahr endet, wobei der Einkommensbesteuerung jeweils das Einkommen eines Kalenderjahres zugrunde gelegt wird (Grundsatz der Periodenbesteuerung).

Aufgrund dieser Ausführungen lässt sich festhalten, dass  - unabhängig davon, ob sich das Wirtschaftsjahr mit dem Kalenderjahr deckt oder davon abweicht bzw. ob die Betriebsveräußerung (Betriebsaufgabe) während des Kalenderjahres oder zu Beginn oder aber am Ende des Kalenderjahres erfolgt - mit der Betriebsveräußerung (Betriebsaufgabe) jedenfalls das Wirtschaftsjahr endet. Auch wenn in den genannten Entscheidungen die Betriebsveräußerung (Betriebsaufgabe) jeweils am 31.12., somit am letzten Tag des Kalenderjahres, und im gegenständlichen Fall am 30.06., somit während des Kalenderjahres erfolgte, ändert diese Tatsache nichts daran, dass mit der Betriebsveräußerung (Betriebsaufgabe) das Wirtschaftsjahr endet. Es macht daher keinen Unterschied, zu welchem Zeitpunkt die Betriebsveräußerung (Betriebsaufgabe) erfolgt, da die Betriebsveräußerung (Betriebsaufgabe) immer zum Ende des Wirtschaftjahres führt. Für die Beurteilung der strittigen Rechtsfrage ist auch unerheblich, ob das (letzte) Wirtschaftsjahr zwölf Monate umfasste oder nur mehr ein Rumpfwirtschaftsjahr vorliegt. Da den genannten Entscheidungen des UFS jeweils eine Betriebsveräußerung (Betriebsaufgabe) zugrundelag und die Geltendmachung einer Begünstigung nach § 11a EStG 1988 für jenes Wirtschaftsjahr, welches mit der Betriebsveräußerung (Betriebsaufgabe) endete, erfolgte,  lassen sich diese Entscheidungen daher grundsätzlich zur Klärung der im gegenständlichen Fall zu beurteilenden Streitfrage heranziehen.

Im gegenständlichen Fall war Bilanzstichtag der 31.12. jeden Jahres. Das Wirtschaftsjahr deckte sich somit mit dem Kalenderjahr. Da der Bf sein Einzelunternehmen aber im Monat Juni 2008 veräußerte, umfasste das Wirtschaftsjahr 2008 nicht mehr zwölf Monate, sondern nur die Monate Jänner 2008 bis Juni 2008. Es liegt insoweit ein Rumpfwirtschaftsjahr vor, welches dem Kalenderjahr 2008 zuzurechnen ist.

Laut dem Jahresabschluss zum kam es im Rumpfwirtschaftsjahr 2008, an dessen Ende die Betriebsveräußerung stand, zu einem Eigenkapitalanstieg in Höhe von 145.494,89 Euro, sodass der Bf die Begünstigung nach § 11a EStG 1988 für den Betrag von 100.000,-- Euro in Anspruch nahm. Im Hinblick auf die erfolgte Betriebsveräußerung beurteilte das Finanzamt die Inanspruchnahme des § 11a EStG 1988 aber als nicht zulässig. 

Hinsichtlich entgeltlicher Betriebsübertragungen enthält § 11a EStG 1988 keine ausdrückliche  Regelungen. Die Streitfrage ist daher im Auslegungswege zu klären.

Dazu wird festgehalten, dass bei der Interpretation einer Gesetzesnorm auf den Wortsinn und insbesondere auch auf den Zweck der Regelung, auf den Zusammenhang mit anderen Normen sowie die (aus den Gesetzesmaterialien hervorgehende) Absicht des Gesetzgebers abzustellen ist. (vgl. , , ).

Die Erläuternden Bemerkungen (RV 59 der Beilagen XXII GP) führen zu § 11a EStG 1988 "Begünstigte Besteuerung für nicht entnommene Gewinne" auszugsweise Folgendes aus:

Allgemeine Zielsetzung der Neuregelung
Im Interesse der Förderung der Eigenkapitalbildung soll der Anstieg des Eigenkapitals steuerlich begünstigt werden. Die bisherige Regelung des § 11, die ebenfalls dieser Zielsetzung gedient hat, erwies sich aus verschiedenen Gründen als unzulänglich. Aus diesem Grund soll eine neu konzipierte Regelung geschaffen werden, die eine höhere Anreizwirkung zur Eigenkapitalbildung entfaltet. Angestrebt wird dies mit einem neuen Instrumentarium, das zum Unterschied von der Regelung des § 11 nicht bloß indirekt über eine Verzinsung des Eigenkapitalzuwachses Anreizwirkungen entfaltet, sondern direkt die Eigenkapitalbildung fördert. In diesem Sinne sollen Gewinne, die für einen Anstieg des Eigenkapitals „reserviert“ werden, einer begünstigten Besteuerung zugeführt werden.

….

Ermittlung des Eigenkapitals
Vorgeschlagen wird eine vom betriebswirtschaftlichen Kapitalbegriff abweichende eigenständige Definition des Eigenkapitalanstiegs. ….
Der für die Begünstigung maßgebliche Eigenkapitalanstieg ermittelt sich aus dem laufenden Gewinn des Wirtschaftsjahres, zuzüglich „betriebsnotwendiger“ Einlagen und abzüglich Entnahmen. Veräußerungs- und Übergangsgewinne bleiben außer Ansatz. ….

Nachversteuerung
Der Förderung des Eigenkapitalzuwachses wird eine "Entförderung" bei späterem Eigenkapitalabbau zur Seite gestellt. Dies soll in der Weise bewerkstelligt werden, dass im Falle des Abbaus der seinerzeit geförderten Eigenkapitalbildung eine Nachversteuerung einsetzt. Diese besteht darin, dass der Betrag der Eigenkapitalminderung gewinnerhöhend anzusetzen ist und mit dem ermäßigten Steuersatz des § 37 Abs. 1 erfasst wird. Eigenkapitalabbau ist dabei die "Vorzeichenumkehrung" des Eigenkapitalanstiegs (also die Entnahmen abzüglich betriebsnotwendiger Einlagen übersteigen den Gewinn). Eigenkapitalminderungen auf Grund von Verlusten werden dabei allerdings ausgeblendet. Dies deshalb, weil es sich dabei um keinen "willentlichen" Eigenkapitalabbau handle. Somit kommt es nur insoweit zur Nachversteuerung, als der Kapitalabbau auf Entnahmen zurückzuführen ist. Als Maßnahme einer nachträglichen "Entförderung" ist die Nachversteuerung überdies mit der Summe der innerhalb der letzten sieben Wirtschaftsjahre geförderten - das heißt, mit dem ermäßigten Satz versteuerten - Gewinne begrenzt.  ....

Übertragung betrieblicher Einheiten
....
Die Veräußerung eines Betriebs führt beim Veräußerer zu keiner Nachversteuerung der in den letzten sieben Wirtschaftsjahren in Anspruch genommenen Eigenkapitalbegünstigungen. ….“ 
In den Fällen einer entgeltlichen Teilbetriebsübertragung ändert sich für den Veräußerer nichts, der Veräußerungsgewinn (verlust) ist allerdings kein laufender Gewinn und vermehrt somit nicht das eigenkapital. Entnimmt der Veräußerer den Veräußerungsgewinn, so führt das nicht zu einer Reduktion des Eigenkapitals. .... 

In den vom Bundesministerium für Finanzen erstellten EStR 2000 Rz 3860a wird ebenfalls festgehalten, dass § 11a EStG 1988 durch das Budgetbegleitgesetz 2003 im Interesse der Förderung der Eigenkapitalbildung eingefügt wurde. Danach werden Gewinne, die für einen Anstieg des Eigenkapitals „reserviert“ werden, einer begünstigten Besteuerung zugeführt.

In Rz 3860i wird Allgemeines zu der Nachversteuerung - gleichlautend wie in den Erläuternden Bemerkungen - ausgeführt und festgehalten, dass ua. bei Veräußerung oder Aufgabe des gesamten Betriebes keine Nachversteuerung ausgelöst wird.

Laut Rz 3860m der EStR 2000 führt die Veräußerung eines Betriebes oder eines Mitunternehmeranteils beim Veräußerer zu keiner Nachversteuerung der in den letzten sieben Wirtschaftsjahren in Anspruch genommenen Eigenkapitalbegünstigungen. Im Fall der Veräußerung des gesamten Betriebes oder des gesamten Mitunternehmeranteils oder der einer Veräußerung gleichzuhaltenden Umgründung mit Gewinnverwirklichung bezüglich des gesamten Betriebes oder des gesamten Mitunternehmeranteils kann es nur hinsichtlich von Entnahmen, die nicht mit der Veräußerung zusammenhängen, zu einer Nachversteuerung kommen. Entnahmen im Rahmen des Veräußerungsvorganges selbst führen zu keiner Nachversteuerung. Entsprechendes gilt im Fall der Betriebsaufgabe. In den Fällen einer entgeltlichen Teilbetriebsübertragung oder der entgeltlichen Übertragung eines Teiles eines (privaten) Mitunternehmeranteils ändert sich für den Veräußerer nichts, der Veräußerungsgewinn(verlust) ist allerdings kein laufender Gewinn (Verlust) und vermehrt (vermindert) somit nicht das Eigenkapital.

Die Begünstigung des § 11a EStG 1988 liegt darin, dass ein Anspruch auf Anwendung des halben Durchschnittssteuersatzes nach § 37 Abs. 1 EStG 1988 besteht, soweit der in einem Wirtschaftsjahr (auch Rumpfwirtschaftsjahr) erzielte Gewinn durch den Eigenkapitalanstieg dieses Wirtschaftsjahres gedeckt ist. Der Anstieg des Eigenkapitals ist jedoch pro Wirtschaftsjahr nur im Höchstbetrag von 100.000,-- Euro nach § 11a Abs. 1 EStG 1988 begünstigt, sodass insoweit auch die Höhe des begünstigt zu versteuernden Gewinnes begrenzt ist. (Vgl. Hoftstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Rz 4 zu § 11a).

Zweck (= Telos) der Begünstigung des § 11a EStG 1988 ist - wie auch den Erläuternden Bemerkungen und den EStR zu entnehmen ist -  zweifellos die Förderung der längerfristigen Eigenkapitalbildung in Betrieben. Der Zweck einer längerfristigen Eigenkapitalbildung ergibt sich auch aus § 11a Abs. 3 EStG 1988, wonach dann, wenn in den nachfolgenden sieben Jahren infolge von Entnahmen das Eigenkapital sinkt, eine Nachversteuerung begünstigter Gewinne vorzunehmen ist. Für steuerbegünstigte Eigenkapitalzuwächse gilt daher eine Behaltefrist von sieben Jahren. (Vgl. auch Doralt/Heinrich, EStG12, § 11a Rz 55, Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Rz 3 zu § 11a).

Die Begünstigung kann im Rahmen eines Wahlrechts in Anspruch genommen werden. Das Wahlrecht kann jährlich unabhängig von der Vorgangsweise in früheren oder späteren Zeiträumen pro Wirtschaftsjahr immer wieder "neu" ausgeübt werden. Der Steuerpflichtige muss sich auch nicht schon ab Beginn des Betriebes oder der Mitunternehmerstellung für die Eigenkapitalbegünstigung entscheiden. (Vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Rz 4 zu § 11a,  Doralt/Heinrich, EStG12, § 11a Rz 2).

Der Eigenkapitalanstieg ist - vom betriebswirtschaftlichen und unternehmensrechtlichen Kapitalbegriff abweichend - eigenständig in § 11a EStG 1988 definiert. Die Komponenten des Eigenkapitalaufbaus sind neben dem laufenden Gewinn betriebsnotwendige Einlagen und Entnahmen. Schematisch dargestellt ist der Anstieg des Eigenkapitals folgendermaßen zu ermittlen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
 
Gewinn (§ 4 Abs. 1, § 5)
-
Übergangsgewinn (§ 4 Abs. 10)
-
Veräußerungsgewinne (§ 24)
-
Entnahmen (§ 4 Abs. 1)
+
betriebsnotwendige Einlagen (§ 4 Abs. 1)
=
Eigenkapitalanstieg/abfall (maximal 100.000,-- Euro)

(vgl. Doralt/Heinrich, EStG12, § 11a Rz 7).

Zwar ist für die Begünstigung des § 11a EStG 1988 - wie soeben dargestellt - der laufende steuerpflichtige Gewinn eines Wirtschaftsjahres maßgeblich. Nach Meinung des unabhängigen Finanzsenates und des Bundesfinanzgerichtes steht im Hinblick auf den Zweck der Steuerbegünstigung für nichtentnommene Gewinne – die längerfristige Eigenkapitalbildung – diese aber nur dann zu, wenn der neugebildete Eigenkapitalanstieg zumindest in das nächste Jahr übertragen wird. Führt eine Betriebsveräußerung zum Ablauf des (letzten) Wirtschaftsjahres dieses Betriebes und könnte - wie der  Bf vermeint - der laufende Gewinn dieses Wirtschaftsjahres der begünstigten Besteuerung zugewiesen werden, so würde die Begünstigung des § 11a EStG 1988 für die Bildung von Eigenkapital gewährt werden, welches dem Betrieb nicht einmal über das Jahr der Inanspruchnahme der Begünstigung hinaus zur Verfügung stünde . Denn wenn ein Betrieb zur Gänze veräußert oder liquidiert wird, verliert das Kapital des Veräußerers seine Zweckbestimmung als betriebliches Eigenkapital. Das Ziel und der Zweck der Begünstigung des § 11a EStG 1988, nämlich die längerfristige Eigenkapitalstärkung des Betriebes, ist daher in zeitlicher und sachlicher Hinsicht nicht erreichbar. Eine teleologische Interpretation des § 11a EStG 1988 muss daher zu dem Ergebnis führen, dass diese Steuerbegünstigung für laufende Gewinne des Wirtschaftsjahres, an dessen Ende die Betriebsveräußerung steht, nicht zusteht. (Vgl. , RV/0033-F/11).

Es trifft zwar zu, dass nach den Erläuternden Bemerkungen wie auch nach den EStR 2000 die Betriebsveräußerung und Betriebsaufgabe zu keiner Nachversteuerung im Sinne des § 11a Abs. 3 EStG 1988 führen soll. Aus dem Umstand, dass in diesen Fällen eine Nachversteuerung begünstigt besteuerter Beträge unterbleiben soll, folgt aber nicht, dass für den laufenden Gewinn des Veräußerungs- (Aufgabe)jahres diese Begünstigung zusteht. (vgl. RV/0033-F/11).

Wurde die begünstigte Besteuerung für nichtentnommene Gewinne in Anspruch genommen, sieht § 11a Abs. 3 EStG 1988 eine Nachversteuerung vor, wenn in einem folgenden Wirtschaftsjahr in sinngemäßer Anwendung des Abs. 1 unter Außerachtlassung eines Verlustes das Eigenkapital durch Entnahmen sinkt. Ein nachversteuerungsrelevanter Eigenkapitalabfall wird grundsätzlich als Entnahme von in vergangenen Jahren (!) begünstigt besteuerten Gewinnen gewertet. Begrenzt ist diese Nachversteuerung mit jenem Betrag, der in den vorangegangenen (!) sieben Wirtschaftsjahren nach Abs. 1 begünstigt besteuert worden ist. (Vgl. Hofstätter/Reichel, Rz 5 zu § 11a, Doralt/Heinrich, EStG12, Rz 43a zu § 11a).

Die Nachversteuerung ist also mit der Summe der innerhalb der vorangegangenen (!) sieben Wirtschaftsjahre geförderten Gewinne (vor dem Absinken des Eigenkapitals im achten Jahr!) begrenzt, da die bereits geförderten Gewinne im Wirtschaftsjahr des Eigenkapitalabbaus wieder "entfördert" werden sollen.

Die Erläuternden Bemerkungen und die EStR 2000, RZ 3860m enthalten folgenden gleichlautenden Wortfolge:  Die Veräußerung eines Betriebs führt beim Veräußerer "zu keiner Nachversteuerung der in den letzten sieben Wirtschaftsjahren in Anspruch genommenen Eigenkapitalbegünstigungen". Unter "Nachversteuerung" ist aus der Sicht des Bundesfinanzgerichts eine Nachversteuerung im Sinne des § 11a Abs. 3 EStG 1988 zu verstehen, die  mit der Summe der innerhalb der vorangegangenen (!) sieben Wirtschaftsjahren geförderten Gewinne begrenzt ist. Das Wirtschaftsjahr, an dessen Ende die Betriebsveräußerung (Betriebsaufgabe) steht ist somit das achte und nicht das siebte Jahr. Dies kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass von den "in Anspruch genommenen Eigenkapitalbegünstigungen", also von in der Vergangenheit liegenden Eigenkapitalbegünstigungen, die Rede ist. Aus den Erläuternden Bemerkungen und den EStR 2000 lässt sich somit nicht schließen, dass im Veräußerungs-(aufgabe)jahr (dem achten Jahr) eine Eigenkapitabegünstigung zustünde, welche nicht nachzuversteuern wäre.    

In der Literatur wurden Zweifel geäußert, ob das Unterbleiben einer Nachversteuerung begünstigter Gewinne der letzten sieben Jahre vor der Betriebsveräußerung oder –einstellung dem Zweck und der Systematik des § 11a EStG 1988 entspricht. So ist den Ausführungen von Heinrich in Doralt/Heinrich, EStG12, § 11a TZ 55, Folgendes zu entnehmen:

Werde ein Betrieb zur Gänze veräußert oder liquidiert, verliere das Kapital des Veräußerers seine Zweckbestimmung als betriebliches Eigenkapital. Im Hinblick auf steuerliche Rechtsfolgen dürfe es aber keinen Unterschied machen, ob Kapital seine Zweckbestimmung als betriebliches Eigenkapital durch Entnahme oder durch Veräußerung oder Liquidation des Betriebes verliere. Aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber nur für den Fall einer Betriebsübertragung unter Buchwertfortführung (§ 11a Abs. 5 EStG 1988) zumindest indirekt vorgesehen habe, dass es im Zeitpunkt der Übertragung zu keiner Nachversteuerung komme, könnte e contratrio geschlossen werden, dass es in den Fällen einer Betriebsveräußerung stets zu einer Nachversteuerung komme.

Aus der Sicht des Bundesfinanzgerichts dienen die Ausführungen in den Erläuternden Bemerkungen und den EStR, wonach es anlässlich einer Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe zu keiner Nachversteuerung entsprechend der Bestimmung des § 11a Abs. 3 EStG 1988 kommen soll, lediglich der Verdeutlichung des Willens des Gesetzgeber, welcher  - wie die genannte Literaturstelle zeigt -  unklar sein könnte.   

Die am Unterbleiben der Nachversteuerung begünstigt besteuerter Beträge geäußerten Bedenken gelten im Übrigen umso mehr für die Beanspruchung der Begünstigung des laufendes Gewinnes im Jahr der Betriebsveräußerung, ist doch in diesem Fall der Gewinn nicht einmal über ein Jahr hinaus als Eigenkapital geblieben. Zudem ist eine Begünstigung in diesem Falle weder aus dem Wortlaut des § 11a EStG 1988 noch aus den Erläuternden Bemerkungen abzuleiten. Dass die EStR 2000 nicht ausdrücklich erwähnen, dass die Begünstigung für nicht entnommene Gewinne im Jahr der Betriebsveräußerung nicht zusteht, bedeutet nicht, dass sie zusteht. (vgl. RV/0033-F/11).

Auch der Umstand, dass gemäß § 11a EStG 1988 Veräußerungs- und Übergangsgewinne von der Begünstigung ausgeschlossen sind, spricht nicht für das Begehren des Bf. Der Ausschluss dieser Gewinnbestandteile von der Begünstigung des § 11a EStG 1988 ist nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates und des Bundesfinanzgerichtes nur von Bedeutung, wenn diese im Unternehmen verbleiben, etwa wenn ein Teilbetrieb veräußert wird und die daraus erzielten Erträge im Restunternehmen reinvestiert werden. Wird hingegen der gesamte Betrieb veräußert, ergibt sich die Nichtbegünstigung des Veräußerungsgewinnes ebenso wie des letzten laufenden Gewinnes bereits aus der Zwecksetzung des § 11a EStG 1988. (Vgl. Doralt/Heinrich, EStG12, TZ 11 mit der Kritik an dieser Rechtsfolge, RV/0033-F/11).

Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 ist somit als unbegründet abzuweisen.

Abschließend wird angemerkt, dass nach § 124b Z. 154 EStG 1988  § 11 a Abs. 1 und 2 EStG 1988 letztmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2009 angewendet werden konnte.

3 Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist nach § 133 Abs. 4 erster Satz B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall ist eine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur streitgegenständlichen Frage nicht ersichtlich. Dennoch wird die Revision nicht zugelassen, da nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wegen des kleinen Kreises potentiell betroffener Personen nicht vorliegt, wenn die revisionsgegenständliche Regelung bereits außer Kraft getreten ist (, , Ro 2016/17/0014, , Ro 2016/01/0007). Dies trifft im gegenständlichen Fall zu, da  § 11a Abs. 1 und 2 EStG 1988 bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2009, somit schon vor der Erlassung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 2008 am , letztmals angewendet werden konnte.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.6100443.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at