Keine Rückzahlung von auf Pensionseinkünfte der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft einbehaltene Lohnsteuer bei Wegzug nach Bulgarien
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache Bf., gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom , betreffend den Antrag auf Rückzahlung der im Abzugsweg einbehaltenen Lohnsteuer des Jahres 2016, Evidenznummer 1087/2017 , zu Recht erkannt:
1.) Die Beschwerde wird abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
2.) Eine Revision gegen diesen Beschluss ist g emäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I) Sachverhalt und Verfahrensgang:
Mit Eingabe vom stellte der Beschwerdeführer (Bf.) gemäß § 240 Abs. 3 BAO einen Antrag auf Rückzahlung der seitens Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (in weiterer Folge SVA) im Jahr 2016 auf seine österreichische Pension einbehaltene Lohnsteuer in der Höhe von 2.394,67 Euro.
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag ab. Begründend wurde auf Artikel 17 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Bulgarien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll, BGBl. III Nr. 30/2011, (in der Folge DBA Bulgarien) verwiesen und festgestellt, dass Artikel 17 Abs. 1 dieses Abkommens, welcher Pensionen aufgrund einer ehemaligen unselbständigen Tätigkeit betreffe, im Falle des Bf. nicht zur Anwendung komme.
In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wendete der Bf. ein, dass sein Pensionsanspruch zum überwiegenden Teil (80-85%) aus unselbständiger Tätigkeit resultiere. Dass es bei ASVG Pensionisten eine Zweiklassengesellschaft gäbe, sei dem Bf. bisher nicht bewusst gewesen. Er habe alle Pensionsbeiträge immer aus seiner eigenen Tasche bezahlt. In Artikel 17 Abs. 2 DBA Bulgarien stehe kein Wort über selbständig Erwerbstätige. Der Status einer Tätigkeit könne ja nicht für eine spätere Besteuerung einer allfälligen Pension maßgeblich sein. Wieso werde ihm keine Familienbeihilfe bezahlt, wieso könne er keine Abschreibungen geltend machen?
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.
Mit Eingabe vom beantragte der Bf. die Entscheidung über seine Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht und brachte vor, dass die gesetzten Fristen für in Bulgarien lebende Senioren viel zu kurz seien und der Zugang zu Informationen und Entscheidungen praktisch unmöglich sei. Des Weiteren sei das DBA Bulgarien so verworren geschrieben, dass nicht einmal das Bundesfinanzgericht es interpretieren könne. Wie seine Steuerpflicht zu erkennen sei, sei dem Bf. schleierhaft. Die ASVG Pension habe keinen sozialen Hintergrund, die soziale Komponente sei erst später eingefügt worden und diene der politischen Einflussnahme. Es gäbe nur eine ASVG Pension, deshalb müssten alle Bezugsberechtigten gleich behandelt werden. Daher müssten alle ASVG Pensionen, die nach Bulgarien ausbezahlt würden, in Österreich steuerfrei gestellt werden. Das Gleichheitsrecht sei stärker als irgendein Abkommen mit einem anderen Staat. Darüber hinaus seien die in der Beschwerdevorentscheidung benützten Begriffe wie „Kassenstaat“ und „öffentlicher Pensionsplan“ nirgendwo rechtsverbindlich definiert. Alle diese Begriffe würden in einer Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes aufscheinen, wo es um die Besteuerung einer PVA Pension gegangen sei. Der Bf. beantrage die Gleichstellung mit PVA Pensionisten und die Rückerstattung der Abzugsteuer.
Am legte die belangte Behörde dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde zur Entscheidung vor.
II) Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Entscheidungsrelevanter Sachverhalt:
Der Bf. ist österreichischer Staatsbürger, der am seinen Wohnsitz in Österreich aufgegeben hat und nach Bulgarien verzogen ist. Im Streitjahr 2016 bezog er Pensionseinkünfte von der SVA in der Höhe von 25.881 Euro, von welchen Lohnsteuer in der Höhe von 2.394,67 Euro einbehalten wurde. Mit Eingabe vom begehrte der Bf. die Rückzahlung der einbehaltenen Lohnsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO.
2. Beweiswürdigung
Der vorstehende Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und den Parteienvorbringen. Der Sachverhalt liegt widerspruchsfrei vor und steht mit den allgemeinen Erfahrungen im Einklang. Er wird daher der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt.
Strittig ist allein die Rechtsfrage, ob die SVA von den Pensionseinkünften des in Bulgarien ansässigen Bf. zu Recht österreichische Lohnsteuer einbehalten und abgeführt hat.
3. Rechtliche Beurteilung
§ 240 BAO lautet:
„ (1) Bei Abgaben, die für Rechnung eines Abgabepflichtigen ohne dessen Mitwirkung einzubehalten und abzuführen sind, ist der Abfuhrpflichtige berechtigt, während eines Kalenderjahres zu Unrecht einbehaltene Beträge bis zum Ablauf dieses Kalenderjahres auszugleichen oder auf Verlangen des Abgabepflichtigen zurückzuzahlen.
(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)
(3) Auf Antrag des Abgabepflichtigen (Abs. 1) hat die Rückzahlung des zu Unrecht einbehaltenen Betrages insoweit zu erfolgen, als nicht
a) eine Rückzahlung oder ein Ausgleich gemäß Abs. 1 erfolgt ist,
b) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung erfolgt ist,
c) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung zu erfolgen hat oder im Fall eines Antrages auf Veranlagung zu erfolgen hätte.
Der Antrag kann bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf das Jahr der Einbehaltung folgt, gestellt werden. Für das Verfahren über die Rückzahlung ist die Abgabenbehörde zuständig, der die Erhebung der betroffenen Abgabe obliegt. Betrifft der Antrag im Einkommensteuerrecht geregelte Abzugsteuern, so ist das Finanzamt für das Verfahren über die Rückzahlung örtlich zuständig, dem die Erhebung der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer des Antragstellers obliegt.“
§ 240 BAO stellt die verfahrensrechtliche Bestimmung für die vom Bf. begehrte Rückzahlung der von der SVA auf seine Pension einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer betreffend das Jahr 2016 dar. Aus dieser Bestimmung folgt, dass einbehaltene Abgaben, für die keine Steuerpflicht (mehr) besteht, dem Abgabepflichtigen unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag zurückzuzahlen sind.
1) In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob die Lohnsteuer auf die Pensionseinkünfte des Bf. nach innerstaatlichem materiellem Recht zu Recht oder zu Unrecht einbehalten wurden.
Dabei ist zunächst festzustellen, dass der Bf. seit der Aufgabe seines inländischen Wohnsitzes am in Österreich nicht mehr unbeschränkt steuerpflichtig ist. Gemäß § 1 Abs. 3 EStG besteht jedoch beschränkte Steuerpflicht für natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sofern sie Einkünfte gemäß § 98 EStG beziehen.
Im gegenständlichen Fall hat der Bf. auf Grund seiner früheren selbständigen Tätigkeit in Österreich, die der Pflichtversicherung nach dem gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG) unterlag, gegenüber der SVA Anspruch auf eine Pension erworben. Bei diesen, seit dem bezogenen, Rentenzahlungen handelt es sich um eine Pension aus der gesetzlichen Sozialversicherung im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988 und damit um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn).
Unter die beschränkte Steuerpflicht des § 98 Abs. 1 Z 4 EStG fallen Bezüge aus gesetzlichen Kranken- und Unfallversorgungen, aus Pensionskassen oder betrieblichen Vorsorgekassen, aus betrieblichen Kollektivversicherungen sowie Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung einschließlich der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen, wenn die seinerzeitige Berufsausübung, die den Versorgungsanspruch begründet, im Inland erfolgte oder im Inland verwertet wurde (vgl. dazu Ehrke-Rabel in Hofstätter/Reichel, ESt-Komm. § 98 Tz 62ff mwH auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).
Maßgebend für die Steuerpflicht der Pension des Bf. nach § 98 Abs. 1 Z. 4 EStG ist somit der Umstand, ob die den Pensionsanspruch begründende Arbeitsleistung des Bf. im Inland ausgeübt oder verwertet worden ist.
Aus den dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Akten geht eindeutig hervor, dass der Bf. vor seiner Pensionierung in Österreich durchgehend Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielte. Dies bestreitet der Bf. nicht. Damit steht aber fest, dass die Arbeitsleistung des Bf., die den Pensionsanspruch gegenüber der SVA begründet, in Österreich ausgeübt wurde. Die seitens der SVA im Jahr 2016 bezogene Pension erfüllt somit den Tatbestand der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988, welche gemäß § 98 Abs. 1 Z 4 1. Teilstrich EStG der beschränkten Steuerpflicht in Österreich unterliegen.
2) In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob dieser inländische Besteuerungsanspruch durch die Bestimmungen des DBA Bulgarien eingeschränkt oder gänzlich entzogen wird. Hierbei kommt Artikel 17 DBA Bulgarien über die Ruhegehälter zur Anwendung.
Artikel 17 DBA Bulgarien lautet:
„(1) Vorbehaltlich des Artikels 18 Absatz 2 dürfen Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person für frühere unselbständige Arbeit gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden.
(2) Ungeachtet des Absatzes 1 dürfen Ruhegehälter und ähnliche Zahlungen, die auf Grund eines öffentlichen Pensionsplans im Rahmen des Sozialversicherungssystems eines Vertragsstaats geleistet werden, nur in diesem Staat besteuert werden.“
In den erläuternden Bemerkungen zu diesem Gesetz (NR: GP XXIV RV 943 AB 1004 S.86 BR: AB 8432 S.791) wird insbesondere Folgendes ausgeführt:
„Vorblatt: 6. Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:
Die Vereinbarkeit mit dem EU-Recht ist gegeben …
Zu den Art. 14. 17 und 18:
In diesen Artikeln ist die Aufteilung der Besteuerungsrechte an Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit geregelt. Nach Art. 14 werden private Aktivbezüge, das sind Aktivbezüge, die nicht unter Art. 18 fallen, im Allgemeinen in jenem Staat besteuert, in dem die betreffende Tätigkeit ausgeübt wird.
Das Besteuerungsrecht für private Ruhebezüge (das sind solche die nicht unter Art 18 fallen) ist in Anwendung der OECD-Grundsätze dem Wohnsitzstaat zugewiesen (Art. 17 Abs. 1) Für Sozialversicherungspensionen (Art. 17 Abs. 2) gilt hingegen das Kassenstaatsprinzip.“
In folgenden von der Republik Österreich abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen wurde – so wie im Artikel 17 Abs. 2 des DBA Bulgarien für Sozialversicherungspensionen und ähnlichen Zahlungen aus dem Sozialversicherungssystem – abweichend vom OECD-Musterabkommen – das Kassenstaatsprinzip und damitdas Besteuerungsrecht des Quellenstaates normiert (vgl. Loukota/Jirousek, Internationales Steuerrecht, Pkt. 19.4. Sozialversicherungspensionen, Pistone/Stiastny, Dienstnehmereinkünfte in den österr. DBA Pkt. 4.3.):
„Algerien, Belgien, Belarus, Bulgarien, China, Dänemark, Deutschland, Finnland, Griechenland – 2007, Hongkong, Indonesien, Japan, Kanada, Luxemburg, Marokko, Mazedonien, Mongolei, Nepal, Niederlande, Neuseeland, Norwegen, Philippinen, Rumänien -2005, San Marino, Serbien, Schweden, Südafrika, Türkei, Ukraine, USA, Venezuela, Weißrussland“.
Artikel 18 Nr. 2 des Musterkommentars zum OECD-Musterabkommen sieht vor, dass die Vertragsstaaten für Sozialversicherungsrenten ausdrücklich dem Kassenstaat das Quellenbesteuerungsrecht einräumen können. Es steht den Vertragsstaaten daher frei, in ihren zweiseitigen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung eine solche Bestimmung aufzunehmen.
Für den gegenständlichen Fall steht somit fest, dass die von der SVA an den Bf. geleistete Pension den Tatbestand des Artikel 17 Abs. 2 DBA Bulgarien erfüllt und deshalb das Besteuerungsrecht der Republik Österreich als Quellenstaat zusteht. Durch das DBA Bulgarien bleibt daher die beschränkte Steuerpflicht des Bf. hinsichtlich seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 98 Abs. 1 Z. 4 1. Teilstrich EStG bildende Pension in vollem Umfang bestehen.
Wenn der Bf. vorbringt, dass es nur eine ASVG-Pension gäbe und alle Bezugsberechtigten gleich zu behandeln seien, ist ihm beizupflichten. Denn wie bereits oben ausgeführt, sieht Artikel 18 Nr. 2 des Musterkommentars zum OECD-MA für alle gesetzliche Pensionen die Besteuerung an der Quelle vor. Auf die Konstruktion der Pensionsversicherung kommt es dabei nicht an. Ausschlaggebend ist einzig, dass es sich um eine gesetzliche Pensionsversicherung (PVA, GSVG, SVB …) mit gesetzlich festgelegter Beitragspflicht handelt. Wenn der Bf. daher unter Hinweis auf das Gleichheitsrecht eine steuerliche Gleichstellung mit PVA-Pensionisten fordert, ist darauf hinzuweisen, dass es diesbezüglich keine Unterscheidung und daher auch keine Gleichheitswidrigkeit im Hinblick auf die Besteuerung der Rentenzahlungen der verschiedenen Pensionsversicherungen gibt.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
C) Unzulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im gegenständlichen Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, da die im Beschwerdefall angesprochene Rechtsfrage im Gesetz eindeutig gelöst ist.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 240 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 Art. 17 Abs. 2 DBA BG (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bulgarien (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 30/2011 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2018:RV.7102573.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at