NoVA-Festsetzung mit "Jahresbescheid"
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache N.N., Straße, Gemeinde, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt vom , betreffend Normverbrauchsabgabe 2004 zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird – ersatzlos – aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang:
Am wurde die Beschwerdeführerin iZm einer Geschwindigkeitsübertretung im Stadtgebiet von Wien mit dem Fahrzeug Typ mit dem deutschen Kennzeichen Kennzeichen_D aufgehalten und eine Halterauskunft beim deutschen Kraftfahrt-Bundesamt eingeholt. Laut dieser Auskunft war als Halterin dieses Fahrzeugs die Beschwerdeführerin unter der Adresse Adresse_D, eingetragen
Am wurde die Beschwerdeführerin von der Finanzpolizei als Auskunftsperson vernommen. Laut Niederschrift gab die Beschwerdeführerin, an den gegenständlichen PKW der Marke Typ, mit dem deutschen behördlichen Kennzeichen Kennzeichen_D seit ca. 2001 zu besitzen und im Jahr 2004 nach Österreich verbracht zu haben. Aktuell habe das Fahrzeug einen Kilometerstand von ca. 312.000 Km.
Auf die Frage nach dem Mittelpunkt der Lebensinteressen gab die Beschwerdeführerin an:
"Ich bin seit 2004 in Österreich an ggstdl. Anschrift gemeinsam mit meinem Gatten Name wohnhaft.
[...]
Mein Hauptwohnsitz ist in: in Österreich von Dezember_2003 bis März_2012 in Österreich, seit März_2012 befindet sich an ggstdl. Anschrift mein Nebenwohnsitz, ein Hauptwohnsitz befindet sich seit dem Umzug nach Österreich im Jahre 2004 auch in Deutschland; an unserer gemeinsamen Wohnsituation in Österreich hat sich durch die Ummeldung am März_2012 keine Änderung ergeben."
[...]
Durchschnittlich fahre ich nach einem Monat Aufenthalt in Österreich meistens für ca. 2 Wochen zur Betreuung meiner Angehörigen nach Deutschland. Mein Gatte befindet sich meistens an unserer Wohnanschrift in Österreich. Die Intervalle sowie die Dauer der Aufenthalte in Deutschland sind abhängig von der Notwendigkeit der Betreuung meiner Angehörigen."
Die Niederschrift wurde von der Beschwerdeführerin unterfertigt.
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt für das Jahr 2004 Normverbrauchsabgabe in Höhe von € 509,91 fest ("Bescheid(e) über die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe 2004").
In der Begründung des Bescheides wurde ausgeführt:
"Diese Festsetzung erfolgt aufgrund der Daten, die am von der Finanzpolizei erhoben worden sind. Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit Hauptwohnsitz im Inland im Bundesgebiet verwendet werden, sind bis zum Gegenbeweis als Fahrzeuge mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Der Gegenbeweis wurde nicht erbracht, da die behauptete Verwendung des Fahrzeuges in Deutschland nicht ausreicht, den dauernden Standort im Inland zu widerlegen. Das Fahrzeug wird laut eigenen Angaben seit im Inland verwendet. Daher ist mit diesem Zeitpunkt die Normverbrauchsabgabe gem. § 1 Abs. 3 NoVAG vorzuschreiben.
Die Festsetzungsverjährung bei der Normverbrauchsabgabe und der Kraftfahrzeugsteuer beträgt 5 Jahre, sofern sie hinterzogen sind 10 Jahre.
Verwendet jemand ein Fahrzeug im Inland unter vorsätzlicher Verletzung der Anzeige, Offenlegungs- oder Wahrheitspflichten, und bewirkt so eine Abgabenverkürzung so macht er sich schuldig. Es ist allgemein bekannt, dass Fahrzeuge, die im Inland verwendet werden, zuzulassen und für diese Abgaben zu entrichten sind. Daran ändert auch nichts, dass im Ausland eine Kraftfahrzeugsteuer entrichtet worden ist.
Da die widerrechtliche Verwendung eines Kfz mit ausländischem Kennzeichen im Inland seit dem Jahr 2004 vorliegt, handelt es sich um hinterzogene Abgaben, weshalb eine Festsetzung für die Jahre ab 2004 erfolgt.
Bemessungsgrundlage:
Als Bemessungsgrundlage für ein Gebrauchtfahrzeug ist gem. § 5 (2) NoVAG der gemeine Wert heranzuziehen. Dieser wird anhand der inländischen Eurotax-Notierung ermittelt, wobei der Mittelwert zwischen „Händler-Einkaufspreis und Händler-Verkaufspreis (jeweils ohne Umsatzsteuerkomponente und Nova-Komponente) als gemeiner Wert gilt.
Berechnung Bemessungsgrundlage:
Eurotax-Einkaufswert zum : € 7.261
Eurotax-Verkaufswert zum : € 9.260
Mittelwert: € 8.260,60
abzüglich Ust und 8 °/o Nova: € 6.373,84 = Bemessungsgrundlage für Nova."
Mit Schreiben vom erhob die Beschwerdeführerin Berufung gegen den NoVA-Bescheid für das Jahr 2004 und führte darin aus:
"… hiermit lehne ich die obengenannten Bescheide ab, da der Sachverhalt meiner Beweise zum Zeitpunkt der Anwesenheit der Kollegen von der Finanzpolizei, anscheinend nicht vollständig verstanden wurde bzw. nicht schriftlich aufgenommen wurde.
Weiterhin ist Ihre Behauptung, dass „Das Fahrzeug laut eigenen Angaben seit dauernd im Inland verwendet wird“ nicht korrekt. Korrekt ist, dass ein Umzug bzw. Einrichtung eines zweiten Wohnsitzes in Österreich Ende 2003/Anfang2004 stattfand, d. h. nicht, dass der Wagen andauernd im Inland war.
Im März vorigen Jahres bekam ich von der Bundespolizeidirektion Wien eine Strafverfügung sowie eine Aufforderung zur Rechtfertigung über den gleichen Vorwurf, nämlich dass ich versäumt hätte, mein Fahrzeug nach einem Monat ab Einbringung ins Bundesgebiet, auf österreichische Kennzeichentafeln umzumelden.
Daher wurde ich aufgefordert zu beweisen, dass mein Wohnsitz in Österreich in den Jahren 2004 bis 2012 nicht mein Lebensmittelpunkt war.
Diesen Beweis habe ich erbracht und füge die entsprechenden Dokumente bei (Aufforderung zur Rechtfertigung inkl. meiner E-Mails). Am bekam ich eine Mitteilung von der Bundespolizeidirektion Wien, dass mein Strafverfahren eingestellt wurde (siehe Anlage). Demnach ist der Fall erledigt und ich kann weiterhin meine deutschen Tafeln behalten.
[...]
Zusammenfassend möchte ich feststellen, dass es sich in meinem Fall nicht um eine „vorsätzliche Verletzung der Anzeige“ handelt. Mein Hauptwohnsitz in Deutschland besteht nach wie vor (seit dem Jahre 2001) und daran wird sich auch nichts ändern.
Daher soll mein Fahrzeug weiterhin in Deutschland gemeldet bleiben."
[...]
Mit Schreiben vom hatte die Bundespolizeidirektion die Beschwerdeführerin wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 82 Abs. 8 KFG zur Rechtfertigung aufgefordert.
Aus dieser Aufforderung zur Rechtfertigung vom geht hervor, dass der Beschwerdeführerin folgende Tat zur Last gelegt wurde:
"Das Kraftfahrzeug mit dem ausländischen Kennzeichen Kennzeichen_D (D) wurde am um 08.24 Uhr in Wien 22., Wagramer Straße Höhe Kagraner Brücke Richtung stadtauswärts gelenkt. Als Zulassungsbesitzerin, welche den Hauptwohnsitz oder Sitz seit Dezember_2003 ohne Unterbrechung im Inland hat, haben Sie dieses Kraftfahrzeug in das Bundesgebiet eingebracht und in diesem verwendet, obwohl die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gem § 37 KFG nur während eines Monats ab der Einbringung in das Bundesgebiet zulässig ist. Nach Ablauf dieser Frist sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet abzuliefern.
Sie werden aufgefordert einen Nachweis vorzulegen, dass der Wohnsitz in Österreich nicht der Lebensmittelpunkt war."
In ihrer E-Mail vom an die Bundespolizeidirektion Wien führte die Beschwerdeführerin aus:
"… hiermit erhebe ich Einspruch gegen die Strafverfügung Geschäftszahl.
Im Jahre 2003 haben wir einen zweiten Wohnsitz in Österreich eingerichtet. Der Wohnsitz in Deutschland blieb bestehen. Damals haben wir an mehreren Stellen angefragt, wie man das handhabt, wenn man in mehreren Ländern einen Wohnsitz hat. Niemand war in der Lage mir eine richtige Auskunft darüber zu geben, deswegen nahm ich an, dass ich in jedem Land jeweils mit Hauptwohnsitz gemeldet sein muss.
Als Sie uns nun informiert haben, habe ich meinen österreichischen Wohnsitz auf Nebenwohnsitz verändert (siehe Anlage). Ich hoffe, dass die Sache damit bereinigt ist. Ich bitte Sie, die Strafverfügung erneut zu bearbeiten und bitte um eine Ermäßigung der Strafe."
[...]
Mit Schreiben vom teilte die Bundespolizeidirektion Wien der Beschwerdeführerin mit, dass das gegen sie eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 VStG eingestellt worden sei.
Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde dem UFS vorgelegt.
In der Stellungnahme zur Beschwerde wurde seitens des Finanzamtes ausgeführt:
"Die Berufung richtet sich gegen die Festsetzung der Nova und Kraftfahrzeugsteuer für ein Kfz mit deutschem Kennzeichen.
Laut Niederschrift und ZMR-Daten des betreffenden Zeitraum 2004 bis 2012 befindet sich der Hauptwohnsitz seit Dezember_2003 im Inland. Auch wurde angegeben, dass das fragliche Fahrzeug im Jahr 2004 nach Österreich verbracht worden sei. Eine Änderung im März 2012 auf Nebenwohnsitz ändert nichts daran, dass der Lebensmittelpunkt der Familie im Inland liegt. Genau so wenig ändern auch die - allerdings nur behaupteten und durch kein Fahrtenbuch oder dergleichen nachgewiesenen - Fahrten (durchschnittlich nach einem Monat Aufenthalt am Familienwohnsitz 14 Tage bei Angehörigen in BRD) ins Ausland nichts an der Nova-Pflicht im Inland. Die Kraftfahrzeugsteuer war vorzuschreiben, da das Fahrzeug nicht im Inland zugelassen worden ist.
Die Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens der BPD Wien ist für die Finanzverwaltung nicht bindend.
Von der Erlassung einer BVE wurde abgesehen, da durch die Berufung keine neuen Tatsachen vorgebracht worden sind."
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes
Gemäß § 323 Abs 38 BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.
2. Feststellungen
Die Beschwerdeführerin war im Zeitraum vom Dezember_2003 bis zum März_2012 in Inlandsadresse, als Hauptwohnsitz gemeldet und dort auch wohnhaft. Am März_2012 änderte die Beschwerdeführerin diese Meldung auf Nebenwohnsitz.
Am wurde die Beschwerdeführerin iZm einer Geschwindigkeitsübertretung im Stadtgebiet von Wien mit dem Fahrzeug Typ mit dem deutschen Kennzeichen Kennzeichen_D von der Polizei aufgehalten.
Halterin des genannten Fahrzeuges war die Beschwerdeführerin.
Unstrittig ist, dass dieses Fahrzeug seit Ende des Jahres 2003 bzw Anfang des Jahres 2004 in Österreich verwendet wird.
Das Finanzamt hat der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom für das Jahr 2004 Normverbrauchsabgabe für das genannte Fahrzeug vorgeschrieben.
Ein von der Bundespolizeidirektion Wien gegen die Beschwerdeführerin iZm der Nutzung des genannten Fahrzeuges wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 82 Abs. 8 KFG eingeleitetes Strafverfahren wurde eingestellt.
3. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, und zwar insbesondere aus dem Bescheid vom , der Beschwerde vom , den ZMR-Abfragen, der Aufforderung zur Rechtfertigung durch die Bundespolizeidirektion Wien vom , den Emails der Beschwerdeführerin an die Bundespolizeidirektion Wien vom und , der Mitteilung über die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens durch die Bundespolizeidirektion Wien vom , der Halterauskunft des deutschen Kraftfahrt-Bundesamtes vom .
4. Rechtliche Beurteilung
4.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Bei der Normverbrauchsabgabe handelt es sich um eine Selbstberechnungsabgabe iSd § 201 BAO ().
§ 201 BAO ist anzuwenden, wenn die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen anordnen oder gestatten.
§ 11 Normverbrauchsabgabegesetz ordnet die Selbstberechnung der Normverbrauchsabgabe für den Kalendermonat an.
Der Anmeldungszeitraum für die Normverbrauchabgabe als Selbstbemessungsabgabe ist gemäß § 11 Normverbrauchsabgabegesetz der Kalendermonat, in dem die Steuerschuld entsteht.
Die Festsetzung der Normverbrauchabgabe kann daher ebenfalls nur zeitraumbezogen für den jeweiligen Kalendermonat erfolgen.
Nach § 93 Abs 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen; er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.
§ 198 Abs 2 BAO zufolge haben Abgabenbescheide im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten.
Zur Bemessungsgrundlage (Grundlagen der Abgabenfestsetzung) gehören Größen, aus denen die Abgaben unmittelbar abgeleitet werden. Hiezu gehört notwendigerweise auch der Zeitraum, für den die jeweilige Abgabe vorgeschrieben wird (vgl. Ritz, BAO6, § 198 Rz 16 und die dort angeführte Judikatur). Die Bemessungsgrundlage wird somit als unabdingbarer Spruchbestandteil normiert (vgl. ).
Die Angabe des Zeitraumes (des Kalendermonats), für den die Normverbrauchabgabe vorgeschrieben wird, ist daher zwingend erforderlich.
Daraus folgt, dass der Zeitraum der NoVA-Entstehung Spruchbestandteil des NoVA-Festsetzungsbescheides ist. Aus dem Spruch des Bescheides muss ableitbar sein, wann das Finanzamt die Entstehung der Steuerschuld angenommen hat.
Die Normverbrauchabgabe ist - wie oben ausgeführt - eine Steuer, die jeweils für den Zeitraum eines Kalendermonats festgesetzt wird (vgl. ua -I/08 und RV/0391-I/08; -I/08). Dabei ist derjenige Monatszeitraum zu wählen, innerhalb dessen sich der Zeitpunkt der Entstehung der NoVA-Schuld befindet.
Ein „NoVA-Jahresbescheid“ ist gesetzlich nicht vorgesehen und somit unzulässig.
Der Abgabepflichtige ist daher auch nicht verpflichtet, dem Finanzamt gegenüber eine „Nova-Jahreserklärung“ einzureichen.
Der beschwerdegegenständliche Bescheid enthält als Zeitraum „2004“ ("Bescheid(e) über die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe 2004"). Dies ist als Angabe des Zeitraumes – des Kalendermonats – nicht ausreichend. Im Übrigen liegt im Beschwerdefall auch keine – unter bestimmten Voraussetzungen zulässige - zusammengefasste Festsetzung mehrerer Abgaben derselben Abgabenart in einem Bescheid vor, da nicht die Normverbrauchabgabe für mehrere einzelne Monate des Jahres 2004 festgesetzt wurde.
Anzumerken ist, dass zB die Erlassung eines (gesetzlich zulässigen) Umsatzsteuerjahresbescheides eine andere Sache betrifft als jene eines Festsetzungsbescheides, auch wenn dessen Zeitraum im Zeitraum des (im Fall der Umsatzsteuer gesetzlich zulässigen) Jahresbescheides beinhaltet ist ().
Sache des beschwerdegegenständlichen Bescheides ist die Festsetzung von Normverbrauchsabgabe für das Jahr 2004. Eine Festsetzung der Normverbrauchabgabe für diesen Zeitraum ist aber gesetzlich nicht vorgesehen und mithin unzulässig.
Der Bescheid war schon aus diesem Grund ersatzlos aufzuheben.
Es war folglich spruchgemäß zu entscheiden.
Ergänzend ist noch folgendes anzumerken:
Gemäß § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre.
Für die Normverbrauchsabgabe beträgt die Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs 2 BAO fünf Jahre ().
§ 323 Abs. 27 BAO sieht vor, dass die zehnjährige Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben gemäß § 207 Abs 2 BAO idF BGBl. I Nr. 105/2010 für Abgaben, für die der Abgabenanspruch nach dem entstanden ist, gilt.
Im Beschwerdefall ist das Finanzamt hinsichtlich der Normverbrauchabgabe unzweifelhaft von einer Verlängerung des Verjährungszeitraums über die Frist von fünf Jahren hinaus ausgegangen und hat sich auf das Vorliegen der Voraussetzungen der längeren (zehnjährigen) Frist für hinterzogene Abgaben gestützt.
Die Verlängerung der Verjährungsfrist nach § 207 Abs. 2 Satz 2 BAO setzt eine Hinterziehung von Abgaben voraus, eine solche Hinterziehung verlangt nach § 33 Abs. 1 FinStrG Vorsatz. Eine (allenfalls auch grob) fahrlässige Abgabenverkürzung (§ 34 FinStrG) bewirkt keine Verlängerung der Verjährungsfrist ().
Ein nicht entschuldbarer Rechtsirrtum (vgl. zur Gleichstellung von Rechtsirrtum und Tatirrtum im Bereich des Finanzstrafrechts: ) schließt nach § 9 FinStrG Vorsatz aus und bewirkt lediglich das Vorliegen von (grober) Fahrlässigkeit ().
Die Abgabenbehörde ist nicht daran gehindert, im Abgabenverfahren - ohne dass es einer finanzstrafbehördlichen oder gerichtlichen Entscheidung bedarf - festzustellen, dass Abgaben iSd § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO hinterzogen sind. Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, setzt aber konkrete und nachprüfbare Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus.
Vorsätzlich handelt, wer ein Tatbild mit Wissen und Wollen verwirklicht. Vorsätzliches Handeln beruht nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH zwar auf einem nach außen nicht erkennbaren Willensvorgang, ist aber aus dem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten des Täters zu erschließen, wobei sich die diesbezüglichen Schlussfolgerungen als Ausfluss der freien Beweiswürdigung erweisen (vgl. , Ro 2015/15/0027).
Ob eine Abgabe hinterzogen ist, ist eine Vorfrage (Ritz, BAO6, § 207 Rz 15 unter Hinweis auf ua , 0084; ; bis 0078; ).
Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, setzt eindeutige, ausdrückliche und nachprüfbare bescheidmäßige Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus (Ritz, BAO6, § 207 Rz 15 unter Hinweis auf ua ; , 2007/15/0292; , 2009/16/0032), und zwar auch dann, wenn im Verwaltungsverfahren noch keine Verjährungseinrede erhoben wurde. Dabei ist vor allem in Rechnung zu stellen, dass eine Abgabenhinterziehung nicht schon bei einer (objektiven) Abgabenverkürzung vorliegt, sondern Vorsatz als Schuldform erfordert, und eine Abgabenhinterziehung somit erst als erwiesen gelten kann, wenn - in nachprüfbarer Weise - auch der Vorsatz feststeht ().
Die Abgabenbehörde hat diesfalls die maßgeblichen Hinterziehungskriterien des Straftatbestandes nachzuweisen (vgl. Zl. 97/15/0056).
Für die Beurteilung der "hinterzogenen Abgabe" gilt die Unschuldsvermutung und wegen der die Abgabenbehörde treffenden Beweislast für die Hinterziehung auch der Zweifelsgrundsatz als verfahrensrechtliche Richtschnur ().
Das Finanzamt hat zur Frage, ob eine hinterzogene Abgabe - also vorsätzliches Handeln - vorliegt, lediglich ausgeführt: "Verwendet jemand ein Fahrzeug im Inland unter vorsätzlicher Verletzung der Anzeige, Offenlegungs- oder Wahrheitspflichten, und bewirkt so eine Abgabenverkürzung so macht er sich schuldig. Es ist allgemein bekannt, dass Fahrzeuge, die im Inland verwendet werden, zuzulassen und für diese Abgaben zu entrichten sind. Daran ändert auch nichts, dass im Ausland eine Kraftfahrzeugsteuer entrichtet worden ist.
Da die widerrechtliche Verwendung eines Kfz mit ausländischem Kennzeichen im Inland seit dem Jahr 2004 vorliegt, handelt es sich um hinterzogene Abgaben, weshalb eine Festsetzung für die Jahre ab 2004 erfolgt."
Diese allgemeinen Aussagen der Behörde nehmen keinen Bezug auf das Verhalten der Beschwerdeführerin, die der Wertung des Finanzamtes ausdrücklich widersprochen und erläutert hat, dass ihr eine sie treffende Verpflichtung zur Anmeldung des Fahrzeugs in Österreich – auf Grund der konkreten Umstände - nicht bekannt war. Nach ihren Aussagen ging die Beschwerdeführerin ua davon aus, dass in Folge der Beibehaltung des Wohnsitzes in Deutschland keine Verpflichtung zur Anmeldung des Fahrzeuges in Österreich bestanden hätte. Weiters gab sie an, Erkundigungen eingezogen zu haben und immer wieder nach Deutschland zu fahren. Letzteres ist ein Umstand den der Kilometerstand des Fahrzeuges (zum ca. 312.000 Km) zumindest als glaubhaft erscheinen lässt.
Eine nähere Begründung, warum im konkreten Fall der Beschwerdeführerin Vorsatz vorliegen soll, ist durch das Finanzamt nicht erfolgt. Das Finanzamt hat nicht nachvollziehbar dargestellt, wieso die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Verwendung des Kraftfahrzeuges im Inland vorsätzlich gehandelt haben soll .
Gegen das Vorliegen vorsätzlichen Handelns seitens der Beschwerdeführerin spricht jedenfalls, dass die Bundespolizeidirektion Wien das Verwaltungsstrafverfahren gegen die Beschwerdeführerin eingestellt hat.
Auf Grund der zwingenden Aufhebung des beschwerdegegenständlichen Bescheides waren die dargestellten Erwägungen hinsichtlich Vorliegens einer hinterzogenen Abgabe iSd § 207 Abs. 2 BAO aber nicht mehr relevant.
4.2. Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösenden Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Mit der vorliegenden Entscheidung ist das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB die Erkenntnisse vom , 95/17/0480; , 2005/15/0122; , Ro 2015/15/0035) abgewichen.
Es war daher gemäß § 25a Abs. 1 VwGG zu entscheiden, dass eine Revision im Beschwerdefall nicht zulässig ist.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 323 Abs. 38 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 93 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 198 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | -I/08 -I/08 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2018:RV.7101227.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at