Festsetzung von Verspätungszuschlägen aufgrund verspäteter Abgabe der Umsatzsteuererklärungen durch einen ausländischen Unternehmer
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache BF, vertreten durch Steuerberatung, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Graz-Stadt vom , betreffend Verspätungszuschlag betreffend Umsatzsteuer 2013 und 2014 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Der Verspätungszuschlag betreffend die Umsatzsteuer wird für das Jahr 2013 mit 3 % von 94.188,18 Euro festgesetzt mit 2.825,64 Euro.
Der Verspätungszuschlag betreffend die Umsatzsteuer wird für das Jahr 2014 mit 2 % von 72.337,92 Euro festgesetzt mit 1.446,76 Euro.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (BF), ein deutsches Unternehmen, reichte die Umsatzsteuererklärungen für die Zeiträume 2013 und 2014 erstmals am ein.
Das Finanzamt setzte für die verspätete Abgabe Verspätungszuschläge mit Bescheid vom fest.
Dagegen wurde Beschwerde vom erhoben: die BF sei ihrer Umsatzsteuerpflicht irrtümlich in Deutschland nachgekommen und habe die Umsatzsteuer dort abgeführt, der festgesetzte Verspätungszuschlag sei daher nicht zulässig.
Es werde gebeten, diesen zu stornieren.
Das Finanzamt gab dieser Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom teilweise statt und halbierte die festgesetzten Verspätungszuschläge auf 5 % und 4 %.
Begründend wurde ausgeführt:
"Eine Verspätung ist nicht entschuldbar, wenn den Abgabepflichtigen daran ein Verschulden trifft. Bereits leichte Fahrlässigkeit schließt die Entschuldbarkeit aus (; , 2006/14/0054; , 2004/17/0217; , 2008/15/0035). Leicht fahrlässig ist ein Verhalten, wenn es auf einem Fehler beruht, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch macht. Im Rahmen der kaufmännischen Sorgfaltspflicht ist dem Unternehmen/einem Steuerpflichtigen zuzumuten, sich bei internationalen Geschäftstätigkeiten mit den relevanten steuerlichen Vorschriften derjenigen Länder auseinanderzusetzen bzw. den steuerlichen Rat eines Steuerberaters einzuholen, in denen er seine Geschäfte abwickelt (siehe ÖStZB 1983, S. 45).
Beim grenzüberschreitenden Handel kommt schon wegen der grundsätzlichen Schwierigkeit der Überprüfbarkeit der Vorgänge im Bestimmungsland, der Einhaltung der Rechtsvorschriften besonderes Gewicht zu. Es wurde demnach die zumutbare Sorgfalt zur Beschaffung der richtigen Rechtskenntnis nicht beachtet und es liegt daher schuldhaftes, nicht entschuldbares Verhalten vor. Da die steuerlichen Auswirkungen im Berufungsfall nicht nur gering waren und die Nichtabgabe der Erklärungen sich über mehrere Perioden erstreckte, ist der Zweckmäßigkeit im Sinne der Sicherung des Steueraufkommens der Vorrang vor der Billigkeit zu geben. Die Festsetzung des Verspätungszuschlages dem Grunde nach erfolgte daher zu Recht.
Hinsichtlich des Ausmaßes der Höhe des Verspätungszuschlages ist aber zu bedenken, dass der Beschwerdeführer durch die Entrichtung der Abgaben in Deutschland nur einen geringen finanziellen Vorteil im Hinblick auf die Nichterklärung in Österreich hatte. Der Vorteil liegt in der Differenz der Steuersätze von 19 % in Deutschland und 20% in Österreich. Er beträgt somit 1% der Bemessungsgrundlage.
Bei der Ermessensübung gem. § 20 BAO ist zudem zu berücksichtigen:
- das Ausmaß der Fristüberschreitung,
- die Höhe des durch die verspätete Einreichung der Abgabenerklärung erzielten finanziellen Vorteils (vgl. -G/02, FJ 2004, 77; ; , 2006/14/0054; , 2008/15/0035; BMF, AÖF 2006/128, Abschn. 5; ; , RV/0098-L/06),
- das bisherige steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen
- ausnahmsweise oder wiederholte Verspätung
- der Grad des Verschuldens (, 1179/70; , 2006/14/0054; ; , RV/0193-L/08),
- die persönlichen, insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse des Abgabepflichtigen (BMF, AÖF 2006/128, Abschn. 4).
Für einen Verspätungszuschlag sprechen das Ausmaß der Fristüberschreitung (seit 2013), die erzielte Umsatz/Vermögenslage und der erzielte Steuervorteil.
Positiv berücksichtigt wurde das bisherige steuerliche Verhalten (erstmalig), und die umgehende Sanierung der Verspätung nach Kenntniserlangung des Unternehmens.
Unter Würdigung aller Kriterien ergibt sich nun für die verspätete Abgabe der Umsatzsteuererklärungen der Jahre 2013 u. 2014 ein Verspätungszuschlag in Höhe von 5 % für 2013 (Euro 4.709,40) und von 4 % für 2014 (Euro 2.893,51)."
Im Schreiben vom , das als Vorlageantrag gewertet wurde, bat die BF darum, die Verspätungszuschläge im Billigkeitsweg zu erlassen. Die BF habe versehentlich die Umsatzsteuer an das deutsche Finanzamt abgeführt, eben 19 % statt 20 %.
Nach Feststellung des Fehlers seien die Steuererklärungen sofort berichtigt worden. zu keinem Zeitpunkt habe die Absicht bestanden, etwas zu vertuschen, sondern die Fakten wurden aufgeklärt und entsprechend berichtigt.
Der BF sei nur ein geringer finanzieller Vorteil im Hinblick auf die Nichterklärung in Österreich zugekommen - 1 % der Bemessungsgrundlage.
Zudem sei die wirtschaftliche Lage der BF derzeit sehr schlecht.
Das Finanzamt legte die Akten dem BFG vor mit dem Antrag, den Vorlageantrag abzuweisen.
Sachverhalt
Die BF, ein deutsches Unternehmen, hat die Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2013 und 2014 am in Österreich eingebracht.
Sie ist laut Internetauftritt im Online-Handel tätig und verkauft Betten samt Zubehör etc. nach Österreich.
Die betreffenden erklärten Umsätze in Österreich (ganz offensichtlich) im Versandhandelsgeschäft erreichten 2013 Euro 470.940,89 und im Jahr 2014 Euro 361.689,62.
Die betreffenden Umsätze wurden den Angaben der BF zufolge zuerst in Deutschland erklärt. Dort wurde eine Umsatzsteuerprüfung durchgeführt und seitens des deutschen Finanzamtes auf einer Rechnungskorrektur für die Lieferungen nach Österreich bestanden.
Daraufhin erfolgten Umsatzsteuererklärungen für 2013 bis 2015 in Österreich.
Für diese Jahre wurden keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht, die Verspätungszuschläge errechnen sich aus der Jahresumsatzsteuerrestschuld.
Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und Internetrecherchen.
Rechtslage / Erwägungen
Gesetzliche Bestimmungen:
Abs. 1. Die Abgabenerklärungen für die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer, die Umsatzsteuer sowie für die Feststellung der Einkünfte (§ 188) sind bis zum Ende des Monates April jeden Folgejahres einzureichen. Diese Abgabenerklärungen sind bis Ende des Monates Juni einzureichen, wenn die Übermittlung elektronisch erfolgt. Diese Fristen können vom Bundesminister für Finanzen allgemein erstreckt werden.
Abs. 2. Die Abgabenbehörde kann im Einzelfall auf begründeten Antrag die in Abgabenvorschriften bestimmte Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung verlängern. Wird einem Antrag auf Verlängerung der Frist zur Einreichung der Abgabenerklärung nicht stattgegeben, so ist für die Einreichung der Abgabenerklärung eine Nachfrist von mindestens einer Woche zu setzen.
Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, kann die Abgabenbehörde einen Zuschlag bis zu 10 Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Verspätungszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.
Abs. 1. Der Unternehmer hat spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. Als Voranmeldung gilt auch eine berichtigte Voranmeldung, sofern sie bis zu dem im ersten Satz angegebenen Tag eingereicht wird. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Die Vorauszahlung und der Überschuss sind Abgaben im Sinne der Bundesabgabenordnung. Ein vorangemeldeter Überschuss ist gutzuschreiben, sofern nicht Abs. 3 zur Anwendung gelangt. Die Gutschrift wirkt auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, zurück.
Der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung vorsehen, dass in bestimmten Fällen die Verpflichtung zur Einreichung einer Voranmeldung entfällt, sofern der Unternehmer seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen nachkommt. Unternehmer, die danach für einen Voranmeldungszeitraum keine Voranmeldung einzureichen haben, sind verpflichtet, für diesen Voranmeldungszeitraum unter Verwendung des amtlichen Vordruckes für Voranmeldungen eine Aufstellung der Besteuerungsgrundlagen anzufertigen, es sei denn, es ergibt sich für diesen Voranmeldungszeitraum weder eine Vorauszahlung noch ein Überschuss.
Von den Voranmeldungen sind Durchschriften (Zweitschriften) anzufertigen. Die Durchschriften der Voranmeldungen sowie die Aufstellungen der Besteuerungsgrundlagen gehören zu den Aufzeichnungen im Sinne des § 18 Abs. 1.
Die Übermittlung der Voranmeldungen hat elektronisch zu erfolgen. Ist dem Unternehmer die elektronische Übermittlung der Voranmeldung mangels technischer Voraussetzungen unzumutbar, hat die Übermittlung der Voranmeldungen auf dem amtlichen Vordruck zu erfolgen. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, den Inhalt und das Verfahren der elektronischen Übermittlung der Voranmeldung mit Verordnung festzulegen. In der Verordnung kann vorgesehen werden, dass sich der Unternehmer einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle zu bedienen hat.
Für den Versandhandel gilt:
Wird bei einer Lieferung der Gegenstand durch den Lieferer oder einen von ihm beauftragten Dritten aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet, so gilt die Lieferung nach Maßgabe der Abs. 4 bis 7 dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung endet. ... (Art 3 Abs. 3 UStG 1994).
Abs. 3 ist anzuwenden, wenn der Gesamtbetrag der Entgelte, der den Lieferungen in den jeweiligen Mitgliedstaat zuzurechnen ist, bei dem Lieferer im vorangegangenen Kalenderjahr die maßgebliche Lieferschwelle überstiegen hat. Weiters ist Abs. 3 ab dem Entgelt für die Lieferung, mit dem im laufenden Kalenderjahr die Lieferschwelle überstiegen wird, anzuwenden. Maßgebende Lieferschwelle ist im Fall der Beendigung der Beförderung oder Versendung im Inland der Betrag von 35.000 Euro (Art. 3 Abs. 5 Z 1 UStG 1994).
Die maßgebliche Lieferschwelle war in Österreich bis BGBl. I 34/2010 100.000 Euro, ab beträgt der maßgebliche Betrag 35.000 Euro. Abzustellen ist auf die Entgelte, somit die Beträge ohne Umsatzsteuer.
Zweck des Verspätungszuschlages ist es, den rechtzeitigen Eingang der Abgabenerklärungen (; ; ) und damit die zeitgerechte Festsetzung und Entrichtung der Abgabe sicherzustellen (Ritz, BAO6, Tz 1 zu § 135). Er stellt die Einhaltung einer geordneten Abgabenfestsetzung sicher. Bei der Ermessensübung ist die grundsätzliche Zielrichtung des Verspätungszuschlages sowie Art und Ausmaß der objektiven Pflichtwidrigkeit des säumigen Abgabepflichtigen zu berücksichtigen (). Bei gleichzeitigem Zutreffen der beiden in § 135 BAO genannten Voraussetzungen kann die Behörde zufolge des eingeräumten Ermessens einen Verspätungszuschlag festsetzen.
Die Festsetzung von Verspätungszuschlägen liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen. Sie setzt voraus, dass ein Abgabepflichtiger die Frist bzw. Nachfrist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht einhält und dass dies nicht entschuldbar ist. Eine Verspätung ist nicht entschuldbar, wenn den Abgabepflichtigen daran ein Verschulden trifft; bereits leichte Fahrlässigkeit schließt die Entschuldbarkeit aus (vgl. dazu Ritz, BAO6, § 135 Tz 4 und 10 mwN).
Es ist unbestritten, dass die Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2013 und 2014 nicht spätestens am bzw. am sondern erst am eingereicht worden sind und auch keine Umsatzsteuervoranmeldungen erfolgten. Damit liegen bezüglich der einzelnen Zeiträume Fristüberschreitungen hinsichtlich der einzureichenden Umsatzsteuererklärungen von rund 21 Monaten (für die Umsatzsteuererklärung 2014) bzw. 9 Monaten für die Umsatzsteuererklärung 2014 vor.
Demzufolge ist wegen Verletzung der sich aus § 134 BAO ergebenden Erklärungspflicht die grundsätzliche Berechtigung zur Auferlegung von Verspätungszuschlägen nach Maßgabe des § 135 BAO jedenfalls gegeben.
Zu prüfen ist, ob die unbestritten verspätet erfolgte Einreichung der Umsatzsteuererklärungen nicht entschuldbar ist (vgl. dazu die obigen Ausführungen zum Verschulden).
Beim Versandhandel kommt schon wegen der grundsätzlichen Schwierigkeit der Überprüfbarkeit der Vorgänge im (ausländischen) Abgangsstaat (Art und Höhe der Umsätze an Letztverbraucher) mit Auswirkungen auf das Bestimmungsland (= Inland) der Einhaltung der Rechtsvorschriften seitens des liefernden Unternehmers besonderes Gewicht zu.
Selbst wenn wie die BF vorbringt, die Versteuerung der Umsätze irrtümlich im falschen Land, nämlich in Deutschland, erfolgte, ist dieses Vorgehen im Sinne des § 135 BAO nicht entschuldbar.
Die verspätete Erklärung der Umsatzsteuer im Bestimmungsmitgliedstaat muss sich die BF, die in einem anderen Mitgliedstaat durch Versandhandelsgeschäfte Umsätze erzielt, als Verschulden zurechnen lassen. Die irrtümliche Abfuhr der Umsatzsteuer im Ausgangsstaat kann zwar hinsichtlich der eingetretenen (temporären) Abgabenverkürzung als vorsatzausschließend gewertet werden, jedoch ist ihr vorwerfbar, dass sich die BF über die maßgeblichen österreichischen Rechtsvorschriften zu spät informiert hat.
Aus dem Vorbringen der BF ist auch nicht zu entnehmen, aus welchen Gründen es ihr objektiv und subjektiv nicht möglich gewesen wäre, rechtzeitig fachliche Beratung über die österreichische Steuerrechtslage einzuholen ().
Zudem basieren sowohl das österreichische als auch das deutsche Umsatzsteuerrecht auf den Vorgaben der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, ABl 2006 Nr. L 347/1) und hätte die BF bereits aus der Kenntnis der Umsatzsteuerregelungen ihres Heimatstaates schließen können müssen, dass bei der Versendung an Letztverbraucher in einen anderen Mitgliedstaat steuerliche Auswirkungen im Bestimmungsland zu beachten sind.
Dazu ist weiters auf die Rechtsprechung zu verweisen, dass Gesetzesunkenntnis oder irrtümliche, objektiv fehlerhafte Rechtsauffassungen (; , 2002/17/0267; , 2001/13/0133) nur dann entschuldbar und nicht als Fahrlässigkeit zuzurechnen sind, wenn die objektiv gebotene, der Sache nach pflichtgemäße, nach den subjektiven Verhältnissen zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen wurde. Es ist dabei zu beachten, dass ein Verschulden des Vertreters den Vertretenen trifft (; , 98/17/0292; , 2004/17/0217; , 2008/15/0035).
Einem Steuerpflichtigen, der eine internationale Geschäftstätigkeit entfaltet, muss zugemutet werden, sich über die steuerlichen Vorschriften derjenigen Länder zu informieren, in denen er seine Geschäfte abwickelt ( mit Hinweis auf E , 2240/2977/80, ÖStZB 1983, S. 45), und das zeitnahe und mit der gebotenen Sorgfalt.
Damit ist als Zwischenergebnis festzuhalten, dass der Verspätungszuschlag dem Grunde nach zu verhängen ist, da die Verspätung nicht entschuldbar ist und Zweckmäßigkeitsgründe für die Festsetzung sprechen. Die Nichtabgabe der Erklärungen hat sich über mehrere Perioden erstreckt und ist der Zweckmäßigkeit im Sinne der Sicherung des Steueraufkommens der Vorrang vor der Billigkeit zu geben und waren auch die steuerlichen Auswirkungen im Beschwerdefall nicht nur gering.
Die Festsetzung von Verspätungszuschlägen liegt sowohl dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen (zB ; , 2006/14/0054; , 2009/17/0151).
Als Kriterien für die Ermessensübung zur Festlegung der Höhe des Verspätungszuschlages von maximal zehn Prozent der festgesetzten Abgabe sind vor allem das Ausmaß der Fristüberschreitung, die Höhe des durch die verspätete Einreichung der Abgabenerklärung erzielten finanziellen Vorteils, das bisherige steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen, sowie der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen (vgl. unter Hinweis auf Ritz, BAO3, § 135, Tz 13).
Im Rahmen des Ermessens sind auch der Liquiditätsvorteil und der Wettbewerbsvorteil gegenüber pünktlich erklärenden Abgabepflichtigen zu berücksichtigen (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 1994, Band 2, 1534).
Im Beschwerdefall ist zu berücksichtigen, dass die Fristüberschreitung rund 21 bzw. 9 Monate betrug und von einem nur geringen Verschulden der BF auszugehen ist, weil sie nicht vorsätzlich handelte.
Für die BF spricht, dass sie gleich nach Erkennen der falschen Vorgangsweise von sich aus Umsatzsteuererklärungen in Österreich eingereicht hat, die offenen Beträge nach ihren Möglichkeiten zeitnahe entrichtete und auch sonst ab diesem Zeitpunkt ihren umsatzsteuerlichen Pflichten nachgekommen ist. Von steuerlichem Wohlverhalten der BF in der Zukunft ist auszugehen.
Durch die Entrichtung der Umsatzsteuer in Deutschland hatte die BF nur einen geringen finanziellen Vorteil im Hinblick auf die Nichterklärung bzw. verspätete Erklärung in Österreich. Der Vorteil liegt in der Differenz der Steuersätze von 19 % in Deutschland und 20% in Österreich. Er beträgt somit 1% der Bemessungsgrundlage; ein materieller Vorteil aus der verspäteten Umsatzsteuererklärung ist der BF durch die verspätete Meldung in Österreich kaum erwachsen.
Der Verpätungszuschlag kann den Zinsvorteil des Abgabepflichtigen berücksichtigen, hat einen solchen aber nicht zur Voraussetzung, wohl aber rechtfertigt das Vorliegen eines nur geringen Zinsvorteiles die Anwendung eines geringeren Prozentsatzes des Verspätungszuschlages (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 1994, Band 2, S. 1525, 1534).
Weiters kommt dem Verspätungszuschlag (wenn auch nicht allein tragend) auch die Funktion der Abgeltung von Verzugszinsen zu (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 1994, Band 2, 1525 mit Hinweis auf G 42, 109-111/85 mwN).
Zudem ist auch der gegebene Wettbewerbsvorteil für die BF im Onlinehandel zu berücksichtigen, indem sie die nach Österreich zu liefernden Waren aufgrund der Steuerersparnis um 1 % günstiger anbieten konnte als ein mit ihr im Wettbewerb stehendes Konkurrenzunternehmen. Gerade beim Onlineangebot reagieren die Käufer auch auf minimale Preisunterschiede, da sich hier Preise leicht vergleichen lassen.
Der Verspätungszuschlag ist jedoch keine "Strafe", sondern eine öffentlich-rechtliche Belastung eigener Art, um die Folgen mangelnder Pflichterfüllung zu sanktionieren.
Nach , ist die Höhe der festgesetzten Abgabe bei der Ermessensübung nicht zu berücksichtigen, eine hohe Abgabennachforderung (wie im beschwerdegegenständlichen Fall) wirkt sich als Bemessungsgrundlage für den festgesetzten Verspätungszuschlagsprozentsatz ohnehin (relativ und absolut erhöhend) aus.
Unter Berücksichtigung all dieser Umstände und der wirtschaftlich angespannten Lage der BF erachtet es das BFG als angemessen, die angefochtenen Verspätungszuschläge auf 3 % für 2014 bzw. 2 % für 2015 (in Anbetracht der doch geringeren Fristüberschreitung, wenn auch für einen weiteren Veranlagungszeitraum) herabzusetzen.
Der Beschwerde war demnach teilweise stattzugeben.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da hier keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war und im Übrigen der Rechtsprechung des VwGH gefolgt wird, war die Revision nicht zuzulassen.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 134 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 135 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 3 Abs. 5 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2018:RV.2101276.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at