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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.08.2018, RV/5101069/2017

Voraussetzungen für die Anerkennung des Vertreterpauschales

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin RR

in der Beschwerdesache

B F, Adr1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde FA vom , Steuernummer, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2015

zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem am Ende der Entscheidungsgründe als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt, das einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses bildet, zu entnehmen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensablauf:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf) ist laut Angaben in seiner Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2015 Anwendungstechniker.
Im Rahmen dieser Erklärung machte er für das Jahr 2015 – wie auch in den Vorjahren – die pauschalen Werbungskosten für Vertreter (= sog. Vertreterpauschale) in Höhe von 2.196,00 € geltend.

2.a. Über Ersuchen des Finanzamtes legte er eine Bestätigung seines Arbeitgebers AG, Ort1 vom vor, wonach er in der Firma als Account Manager beschäftigt sei. Er habe 2015 mehr als die Hälfte seiner Gesamtarbeitszeit im Außendienst verbracht. Zusammenhängende Unterbrechungen von mehr als einem Monat hätten nicht stattgefunden.
2.b. In der Folge brachte er ein weiteres Schreiben seines Arbeitgebers, eine „Bestätigung Vertreterpauschale FA für das Jahr 2015 lt. § 17 EStG“ vom bei, in dem erläuternd im Wesentlichen Folgendes ausgeführt wurde:
Der Bf sei seit bei der Firma beschäftigt. Sein Aufgabengebiet umfasse vor allem die Kundenbetreuung und Neugewinnung im Außendienst inkl. der Anwendungstechnik. Er sei zuständig für die Anbahnung von Geschäften und alle dazugehörigen Tätigkeiten, die zur Vor- und Nachbereitung der Kundenbetreuung zählten. Vorrangiges Ziel sei die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen. Rechnungen und Bestellungen würden von der Customer Service Abteilung der Firma entgegen genommen und nicht von deren Außendienstmitarbeitern.
Zusätzlich zu den Vor- und Nachbereitungen der Außendiensttätigkeit kümmere er sich auch um die Technik- und Kontrolltätigkeit im Ausmaß von 6 – 7 h pro Woche – je nach Bedarf. Im Verhältnis zur Gesamtarbeitszeit sei die Tätigkeit im Außendienst wesentlich überwiegend gegenüber den Innendienst erforderlichen Tätigkeiten konkreter Aufträge.
Er erhalte eine Sales Incentive Zahlung, das heißt, seine Entlohnung sei umsatzorientiert.

Aus der beigelegten Stellenbeschreibung von geht hervor, dass mit der Stelle des Bf’s neben dort angeführten fachlichen (HTL chem. Betriebstechnik, Berufserfahrung Schuhherstellung, ….) und menschlichen Anforderungen (reisefreudig, sicheres Auftreten, …) folgende grundsätzliche Aufgabenstellung verbunden war: Effektive Betreuung bestehender Kunden und Gewinnung neuer Kunden, permanente Steigerung des Umsatzes, rechtzeitiges Erkennen von Markterfordernissen. Als wichtigste Zuständigkeiten wurden angeführt: Kundenbetreuung, Marktbeobachtungen, Reklamationsbehandlung, technische Betreuung, Preisverhandlungen.
Nach seinen zusätzlichen Angaben war der Bf Klebstofftechniker; eine leitende Funktion hatte er nicht inne.

2.c. Im Zusammenhang mit der Geltendmachung des halben Sachbezugswertes für das arbeitgebereigene Kfz legte der Bf auch ein entsprechendes Fahrtenbuch vor, aus dem sich im Jahresdurchschnitt cirka vier Anwesenheitstage im "Büro/Labor" ergaben.

3. Im Einkommensteuerbescheid 2015 vom anerkannte das Finanzamt das Vertreterpauschale nicht als Werbungskosten und begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Bf laut vorgelegter Bestätigung des Arbeitgebers cirka 6 bis 7 Stunden pro Woche mit Technik- und Kontrolltätigkeiten beschäftigt gewesen sei. Das entspreche 15 bis 17,5% der Gesamtarbeitszeit. Es könne somit nicht mehr von Tätigkeiten gesprochen werden, welche in einem untergeordneten Ausmaß zusätzlich zur Verkaufstätigkeit ausgeübt würden.
Dem Antrag auf Herabsetzung des Kfz-Sachbezuges für das arbeitgebereigene Kfz wurde entsprochen (Kürzung der Bezüge laut übermitteltem Jahreslohnzettel um 4.050,00 €).

4. Am erhob der Bf Beschwerde und führte begründend im Wesentlichen Folgendes aus:
Er sei seit 42 Jahren bei seinem Arbeitgeber Vertreter für Schuhklebstoffe. Technik- und Kontrolltätigkeiten würden sich auf die Vorbereitung von Kundenbesuchen beziehen. Das Pauschale sei immer gewährt worden.

5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom  wurde die gegenständliche Beschwerde abgewiesen und dies im Wesentlichen, wie folgt, begründet:
Die vom Bf wahrgenommenen Technik- und Kontrolltätigkeiten würden mindestens 15% der gesamten Arbeitszeit in Anspruch nehmen. Diese Tätigkeit sei gegenüber der typischen Vertretertätigkeit nicht mehr als völlig untergeordnet anzusehen.
Darüber hinaus sei Voraussetzung für den Abzug von Werbungskosten (in pauschaler Höhe), dass als Werbungskosten abzugsfähige Ausgaben überhaupt getragen würden. Dies erfordere einen entsprechenden Nachweis bzw. zumindest eine Glaubhaftmachung.
Dem Bf werde für die Ausübung der Tätigkeit ein Firmenauto zur Verfügung gestellt, zusätzlich erhalte er hohe steuerfreie Vergütungen. Es sei daher anzunehmen, dass sämtliche Aufwendungen durch den Dienstgeber ersetzt werden und dem Bf keine „als Werbungskosten abzugsfähigen Aufwendungen“ erwachsen seien. Im Zuge der Beschwerdeerledigung sei von der Anforderung eines Nachweises von angefallenen und selbst getragenen Werbungskosten Abstand genommen worden, da bereits aufgrund der Technik- und Kontrolltätigkeiten das Vertreterpauschale nicht gewährt werden könne.

6. Mit Schreiben vom stellte der Bf einen Antrag auf Vorlage seiner Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht (= Vorlageantrag).
Begründend wies er darauf hin, dass er seit 43 Jahren bei der Fa. AG als Vertreter für Klebstoffe tätig sei. Jedes Jahr habe er das Vertreterpauschale beantragt und auch bekommen. Letztes Jahr sei aufgrund eines Schreibens seiner Firma (6 – 7 Std. Labortätigkeit) das Pauschale abgelehnt worden. Dazu sei zu sagen, dass in Ort1 nur ein Büro vorhanden sei und unter Labortätigkeit seine Arbeit von Prüftätigkeiten und Weiterbildungen sowie Gesprächen mit Prüfinstituten zu verstehen sei.

7.  Mit Vorlagebericht vom  legte das Finanzamt die gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. In diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass der Bf einerseits keine selbst getragenen Ausgaben nachgewiesen habe. Andererseits ergebe sich aus den Unterlagen, dass er nicht fast ausschließlich zur Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen und zur Entgegennahme von Bestellungen tätig sei (Technik- und Kontrolltätigkeiten von 6-7 Stunden/Woche).

8. Im Rahmen eines Telefonates vom teilte der Bf der zuständigen Richterin des Bundesfinanzgerichtes mit, dass das Büro in Ort1 nur noch der Verkaufstätigkeit diene  (das Labor sei vor Jahren geschlossen worden). Tatsächlich übe er keine Techniker- oder Kontrolltätigkeit aus. Insoweit hätten die Sekretärinnen seine Tätigkeit falsch beschrieben. Seine Tätigkeit bestehe in der Produktempfehlung an die Kunden und in Preisverhandlungen. Er besuche die Kunden, begehe mit ihnen deren Produktionsstätten und empfehle das geeignete Produkt. Ab und zu schicke ihm ein Kunde Material ins Büro. Er empfehle dann die geeignete Substanz. Im Zweifel werde das Material in die Produktionsstätte nach X gesandt. Seine Prüftätigkeit sei minimal. In Ausnahmefällen erkundige er sich beim Prüfinstitut in Deutschland, welche Normen (zB für Militärschuhwerk) bestünden. Er sei dort auch jährlich bei der Messe zwecks Kundenbetreuung anwesend.
Die Anwesenheitstage im Büro gingen aus dem vorgelegten Fahrtenbuch hervor. Der Vermerk „Büro/Labor“ sei darauf zurückzuführen, dass es sich bei dem Büro um das ehemalige (nunmehr geschlossene!) Labor gehandelt habe. Die Firma sei nunmehr in ein Bürohaus umgezogen. An seinen Büroanwesenheitstagen laut Fahrtenbuch (an anderen Tagen sei er nicht im Büro gewesen) sei er maximal 8 Stunden dort gewesen. Er habe Korrespondenz und Abrechnungen erledigt, sich mit Kollegen unterhalten etc. Das bedeute, dass eine wöchentliche 6-7stündige anderweitige Tätigkeit während seiner Innendiensttätigkeit schon von da her nicht möglich gewesen wäre. Er sei Senior Account Manager. Seine Entlohnung bestehe aus einem Fixum und einer Umsatzbeteiligung. Zu den Aufwendungen, die vom Arbeitgeber nicht ersetzt worden seien, gab er an, dass solche auf jeden Fall angefallen seien. Er sei sehr viel in Osteuropa tätig. Die Diäten für diesen Bereich seien viel zu niedrig und seien sicherlich höhere Aufwendungen angefallen. Allerdings habe er wegen des Pauschales keine Rechnungen aufgehoben. Außerdem habe er an Tagen, in denen er nicht im Büro gewesen sei, auch seinen Computer zu Hause verwendet. Das bedeute, dass ihm auch in diesem Zusammenhang Aufwendungen erwachsen seien (anteiliger Strom, Internet,…).

Seitens der Richterin wurde festgehalten, dass ein Auskunftsersuchen zwecks näherer Erläuterung der in der Bestätigung angeführten „Kontroll- und Technikertätigkeit“ an den Arbeitgeber gerichtet würde. Der Bf gibt den Namen des Geschäftsführers an, der über seine Tätigkeit tatsächlich Bescheid wisse.

9. Mit Auskunftsersuchen vom erging bezugnehmend auf dessen Bestätigung vom ein Auskunftsersuchen mit folgenden Fragen an den Arbeitgeber des Bf’s zu Handen dessen Geschäftsführers, welches dieser mit Schreiben vom auftragsgemäß folgendermaßen beantwortete:
Antwort zu Frage 1 zur Darstellung der Tätigkeit des Bf's (insb. Technik- und Kontrolltätigkeit):
„1) Darstellung der Tätigkeiten bei Technik- und Kontrolltätigkeit von Hrn. F im Jahre 2015:
a) Hr. F ist seit 1974 als Außendienstmitarbeiter in der Schuhabteilung unseres Unternehmens tätig. Die interne Bezeichnung war Territory Manager – seit 2014 Sr. Account Manager (gleiche Tätigkeit).
Die Techniktätigkeit bezieht sich auf die Empfehlung der Produkte für Verklebungsmethoden in der Schuhproduktion.
b) Kontrolltätigkeit bezieht sich auf die Gespräche mit den Kunden, ob die richtige Technologie eingesetzt wird und die Verklebungsergebnisse ausreichend sind, ob die Kunden die richtigen Produkte bestellen.
c) Hr. F berät die Kunden, diskutiert die unterschiedlichen Verklebungsmethoden.“

Antwort zu Frage 2 zu konkreten Vorgaben bezüglich Technik- und Kontrolltätigkeit:
„2) Konkrete Vorgaben?
a) Es gibt keine Vorgaben bezüglich Technik- und Kontrolltätigkeit. Hr. F wird an Umsatz, Preis und Margen sowie Neukundengewinnung und Erhalt bestehender Kunden gemessen.
b) Die Firma AG hat seit 2002 keine Laborabteilung mehr in Österreich und ist seit 2014 nur mehr eine Vertriebsorganisation mit einem Büro in Ort1.“

Antwort zu Frage 3 zu anderen Tätigkeiten neben Außendiensttätigkeit bzw. zur Tätigkeit als Anwendungstechniker:
„3) Welche Tätigkeiten außer Außendienst übt Hr. F noch aus:
a) Hr. F ist Außendienstmitarbeiter im Schuhbereich und für die Länder Tschechien, Slowakei, Ungarn, Kroatien, Slowenien und Deutschland zuständig. Er besucht regelmäßig die Schuhfabriken und ist für Produktempfehlungen, Preisverhandlungen etc. zuständig. Im Innendienst bearbeitet Hr. F E-Mails, Telefonate, Umsatzbeobachtungen und nimmt an Meetings teil.
b) Die Anwendungstechnik bezieht sich auf die Produktkenntnis und der Anwendung dieser Produkte für die unterschiedlichsten Materialien in der Schuhindustrie.“

Der Antwort des Arbeitgebers waren eine Beschreibung der Anforderungen an das Profil eines Senior Account Managers (Ergebnisverantwortlichkeit, Kundenorientierung, hoher funktioneller Anspruch, unternehmerischer Scharfsinn, Wahrnehmung von Veränderungen und Innovation) sowie eine entsprechende Visitenkarte des Bf’s beigelegt.

10.a. Mit BFG-Schreiben vom wurden dem Bf zwecks Wahrung des Parteiengehörs das Ergebnis des Auskunftsverfahrens sowie der Aktenvermerk über das Telefonat vom zur Kenntnis und allfälligen Stellungnahme übermittelt. Weiters wurde der Bf um Vorlage einer Kostenaufstellung, aus der vom Arbeitgeber nicht ersetzte Ausgabenposten samt dazugehörigen geschätzten Beträgen hervorgehen, sowie allenfalls noch vorhandener Nachweise gebeten.
10.b. Mit E-Mail vom nahm der Bf hierzu auftragsgemäß, wie folgt, Stellung:
Aufgrund des Pauschales habe er keine Rechnungen aufgehoben.
Er habe zuhause über ein Büro, welches er fast ausschließlich für berufliche Zwecke verwende, eingerichtet, bestehend aus Möbeln, Computer, Drucker, Internetanschluss etc. Diesbezüglich habe er von seinem Dienstgeber nie finanziellen Ersatz (mehrere tausend Euro) gefordert. Dies sollte durch das Vertreterpauschale, das seine Kollegen und er seit 40 Jahren ohne Beanstandung erhalten hätten, abgegolten sein.
Seine Regionen der Geschäftsanbahnung lägen zu 90% im osteuropäischen Ausland - Ungarn, Slowakei, Slowenien, Kroatien, früher auch Bulgarien, Rumänien und Polen. In diesen Ländern würden die Diäten wesentlich weniger als in Österreich betragen (zB 27,9 € Slowakei, 26,6 € Ungarn). Das habe vielleicht vor 20 Jahren Frühstück, Mittag- und Abendessen gereicht. Weiters habe er so gut wie nie Essenseinladungen, welche er mit Kunden getätigt habe, abgerechnet. Das seien auch einige hundert Euro im Jahr. Er habe sich auch nie darum gekümmert, welche weiteren Ausgaben abzugsfähig seien (Bekleidung, Koffer etc.).

11.a. Mit BFG-Schreiben vom wurden die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zwecks Wahrung des Parteiengehörs auch dem Finanzamt zur Kenntnis- und mit dem Ersuchen um Stellungnahme übermittelt.
11.b. Mit E-Mail vom wurde von der belangten Behörde mitgeteilt, dass von einer Stellungnahme abgesehen werde.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

I) Sachverhalt:

Das Bundesfinanzgericht stellte auf Basis des oben geschilderten Verfahrensablaufes und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Der Bf ist seit 1974 als Vertreter für Schuhklebstoffe bei einem ausländischen Unternehmen, das sich mit der Herstellung von Klebstoffen beschäftigt, tätig. Mit Ende 2013 wurde die Produktion am Standort in Ort1 stillgelegt (Verlagerung an ausländische Standorte); die Laborabteilung war schon 2002 geschlossen worden. Seit 2014 wird in Ort1 nur noch ein Vertriebsbüro geführt.
Der Bf ist seit 2014 Senior Account Manager. Sein Aufgabengebiet umfasst die Neugewinnung von Kunden im Außendienst inklusive Anwendungstechnik, Anbahnung von Geschäften und allen dazugehörigen Tätigkeiten. Vorrangiges Ziel ist die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen. Rechnungen und Bestellungen werden generell von der Customer Service Abteilung des Unternehmens, nicht von dessen Außendienstmitarbeitern entgegengenommen. Der Bf hat keine leitende Funktion inne.
Sein Zuständigkeitsbereich als Außendienstmitarbeiter im Schuhbereich erstreckt sich über die Länder Tschechien, Slowakei, Ungarn, Kroatien, Slowenien und Deutschland zuständig und verbringt er mehr als die Hälfte seiner Gesamtarbeitszeit im Außendienst. Er besucht regelmäßig die Schuhfabriken und ist für Produktempfehlungen, Preisverhandlungen etc. zuständig. Im Zuge dessen berät er die Kunden und diskutiert die unterschiedlichen Verklebungsmethoden. Als Anwendungstechniker (eine technische Vorbildung war für seine Tätigkeit laut Stellenbeschreibung Voraussetzung) verfügt er über die notwendigen Kenntnisse über die Produkte und deren Anwendung auf die unterschiedlichsten Materialien in der Schuhindustrie, sodass er den Kunden die geeigneten Produkte für die Verklebungsmethoden in der Schuhproduktion empfehlen kann. Im Zuge seiner Kontrolltätigkeit stellt er in Gesprächen mit Kunden fest, ob die richtige Technologie eingesetzt wird, die Verklebungsergebnisse ausreichend sind und die Kunden die richtigen Produkte bestellen. Technik- und Kontrolltätigkeit werden für Zwecke und im Zuge der Geschäftsanbahnungstätigkeit ausgeübt. Eine darüber hinausgehende eigenständige Technik- und Kontrolltätigkeit übt der Bf nicht aus.
Die Arbeitsleistung des Bf’s wird an Umsatz, Preis und Margen sowie Neukundengewinnung und Erhalt bestehender Kunden gemessen. Seine Entlohnung besteht aus einem Fixum und einer Umsatzbeteiligung.
Im Jahr 2015 besuchte er das Büro in Ort1 durchschnittlich viermal pro Monat für jeweils einen Arbeitstag von maximal acht Stunden, wobei diese Besuche unregelmäßig je nach Bedarf erfolgten. Im Rahmen dieser Innendienste erledigte er Abrechnungen und Korrespondenz, bearbeitete E-Mails, führe Telefonate, nahm an Meetings teil und führte Umsatzbeobachtungen durch.
An steuerlich abzugsfähigen Aufwendungen, die nicht durch den Arbeitgeber ersetzt wurden, fielen dem Grunde nach Kosten für Strom und Internet im Zuge der beruflichen Nutzung des Computers, die pauschalen Sätze an Auslandsdiäten für Osteuropa übersteigenden Beträge sowie Kosten für Essenseinladungen von (potentiellen) Kunden im Zuge der Geschäftsanbahnung an. Diesbezügliche Nachweise liegen wegen Geltendmachung des Vertreterpauschales nicht mehr vor.

II) Beweiswürdigung:

Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich einerseits aus den vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Aktenteilen (beinhaltend vor allem Erklärung und Eingaben des Bf's wie Beschwerde und Vorlageantrag, im Vorhaltsverfahren vorgelegtes Fahrtenbuch sowie Bestätigungen des Arbeitgebers zum Vertreterpauschale vom bzw. , außerdem Bescheide des Finanzamtes).
Andererseits liegen den Feststellungen des Sachverhaltes noch folgende Beweise zugrunde, die zufolge der Einwendungen des Bf's und zwecks Klärung der aufgrund der Bestätigung des Arbeitgebers zum Vertreterpauschale vom aufgetretenen Zweifel erhoben wurden:
- Aktenvermerk vom über ein Telefonat mit dem Bf;
- Auskunftsersuchen an den Arbeitgeber vom samt dessen Antwort vom ;
- E-Mail-Eingabe des Bf's (Beschreibung jener Aufwendungen, die nicht vom Dienstgeber ersetzt wurden);
- E-Mail-Eingabe des Finanzamtes vom (keine weitere Stellungnahme)
Dass der Bf mehr als die Hälfte seiner Arbeitszeit im Außendienst verbracht hat, ergab sich bereits aus der dem Finanzamt vorgelegten Arbeitgeberbestätigung vom  und war nicht strittig.
Der weiteren Bestätigung des Arbeitgebers vom war zwar zu entnehmen, dass vorrangiges Ziel der Tätigkeit des Bf's die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen sei. Allerdings wurde darin darauf hingewiesen, dass die wöchentliche "Technik- und Kontrolltätigkeit" cirka 6-7 Stunden in Anspruch nehme. Diese Aussage ließ aufgrund des errechneten Anteiles von 17,5% an der Gesamtarbeitszeit von 40 Wochenstunden beim Finanzamt berechtigterweise Zweifel an der Ausschließlichkeit der Vertretertätigkeit aufkommen.
Diese Zweifel wurden im Beschwerdeverfahren geklärt:
Im Zuge seiner telefonischen Darstellung wies der Bf darauf hin, dass er keine explizite Technik- und Kontrolltätigkeit ausübe und insofern die von den Sekretärinnen des Unternehmens unterfertigte Bestätigung unrichtig sei. Seine Tätigkeit bestehe in der Produktempfehlung an die Kunden und Preisverhandlungen. Er besuche die Kunden, begehe mit ihnen deren Produktionsstätten und empfehle das geeignete Produkt (siehe Aktenvermerk über das Telefonat vom ).
Die Aussagen des Bf's wurden in einem weiteren, über ein Auskunftsersuchen des Bundesfinanzgerichtes ergangenen Schreiben des Geschäftsführers der Niederlassung des Arbeitgebers in Ort1 bestätigt: Die Tätigkeit des Bf's bestehe im regelmäßigen Besuch der Schuhfabriken und der Abgabe von Produktempfehlungen, Durchführung von Preisverhandlungen etc. Im Innendienst bearbeite er E-Mails, erledige Telefonate und Umsatzbeobachtungen und nehme an Meetings teil. Die Techniktätigkeit bestehe in der Empfehlung der Produkte für Verklebungsmethoden, die Kontrolltätigkeit bestehe in Gesprächen mit den Kunden, ob die richtigen Produkte bestellt würden. Der Bf werde an Umsatz, Preis, Margen sowie Kundenneugewinnung und Erhalt bestehender Kunden gemessen.
Der detaillierten und erläuternden Beschreibung der Tätigkeit des Bf's durch den Geschäftsführer des Unternehmens vom war gegenüber der allgemein gehaltenen, verkürzten Darstellung der "Technik- und Kontrolltätigkeit" des Bf's vom erhöhte Beweiskraft zuzubilligen, zumal sie sich in Anbetracht der näheren Kenntnisse über die Unternehmensstruktur und die zusätzlichen Aussagen des Bf's jedenfalls glaubhaft und schlüssig erwies und kein Grund bestand, daran zu zweifeln. Auch seitens der belangten Behörde wurden gegenüber den Aussagen des Arbeitgebers vom keine Zweifel vorgebracht.
Der laut erster Bestätigung geschätzte Anteil von 6-7 Stunden/Woche an der Gesamtarbeitszeit konnte sohin nicht einer eigenständigen "Technik- und Kontrolltätigkeit" neben der Vertretertätigkeit zugeordnet werden. Vielmehr konnte glaubhaft dargelegt werden, dass diese Tätigkeit im Rahmen der Geschäftsanbahnungstätigkeit abgewickelt und der Kundenbetreuung bzw. Anwerbung von Neukunden, die auf kompetenter fachmännischer Beratung im Zuge der Verkaufsgespräche basiert, zuzurechnen sei. Eine andere Kontroll- und Techniktätigkeit war im weiteren Beweisverfahren nicht ersichtlich.
Die Titulierung "Account Manager" entspricht einer gängigen Tätigkeitsbezeichnung und wird nach der Verkehrsauffassung damit ein Vertriebsmitarbeiter bezeichnet, dessen Tätigkeit darin besteht, neue Kunden anzuwerben und die Beziehungen zu Bestandskunden zu pflegen (https://de.wikipedia.org/wiki/Account-Manager).

Was die Darstellung jener Aufwendungen anlangt, die vom Dienstgeber nicht ersetzt wurden, so hat der Bf in seiner Stellungnahme vom ausreichend dargelegt, dass ihm dem Grunde nach zusätzliche Kosten erwachsen sind, die nicht von seinem Dienstgeber ersetzt wurden. Wenn auch die Qualität des vom Bf angeführten Büroraumes als steuerlich zu berücksichtigendes Arbeitszimmer einer näheren Überprüfung bedürfte, so entspricht es der Lebenserfahrung, dass zumindest Kosten für Strom und Internet im Rahmen der zeitweisen beruflichen Computernutzung anfallen. Ebenso ist angesichts gestiegener Lebenshaltungskosten im osteuropäischen Raum tatsächlich nicht auszuschließen, dass die entsprechenden Diätensätze vereinzelt überschritten werden. Schließlich kann dem Bf auch darin nicht entgegengetreten werden, wenn er behauptet, dass er Essenseinladungen von Kunden im Zuge seiner Geschäftsanbahnungstätigkeit nicht mit dem Dienstgeber abgerechnet, sondern mitunter selbst getragen hat. Dass keine diesbezüglichen Nachweise mehr vorhanden sind, konnte dem Bf angesichts des Umstandes, dass er diese schon jahrzehntelang als mit dem Vertreterpauschale abgegolten betrachten konnte, nicht zum Vorwurf gemacht werden.

Bezüglich weiterer Erwägungen zur Beweiswürdigung wird auf die Ausführungen unter Punkt III, B dieses Erkenntnisses, die verständnishalber im Kontext mit der rechtlichen Beurteilung zu tätigen waren, verwiesen.

III) Rechtliche Beurteilung:

A) Rechtsgrundlagen/Allgemeines:

Gemäß § 17 Abs. 6 EStG 1988 können zur Ermittlung von Werbungskosten vom Bundesministerium für Finanzen Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festgelegt werden.

Aufgrund dieser gesetzlichen Bestimmung erging die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl II 382/2001.

Nach § 1 Z 9 der zit. Verordnung können Vertreter anstelle des Pauschbetrages für Werbungskosten gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 für die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses 5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.190 Euro jährlich an Werbungskosten absetzen.
Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden.

Gemäß § 4 der zit. Verordnung kürzen Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 die jeweiligen Pauschbeträge, ausgenommen jene nach § 1 Z 9 (Vertreter).

Mit BGBl II 240/2015 wurde die Verordnung BGBl II 382/2001 geändert, wobei die Änderungen die hier maßgeblichen, oben zitierten Bestimmungen nicht betrafen.

Mit BGBl II 382/2015, ausgegeben am , wurde die Verordnung BGBl II 382/2001 abermals geändert. § 1 Z 9 der zit. Verordnung erfuhr keine Veränderung. Es wurde lediglich das Berufsgruppenpauschale der Expatriates erhöht (§ 1 Z 11). § 4 der Stammvorschrift erhielt wegen Anfügung eines zweiten Absatzes (keine Kürzung des Pauschales durch steuerfreie Kostenersätze bei Expatriates) die Absatzbezeichnung "(1)". Die Anwendbarkeit der in dieser Verordnung festgelegten Änderungen sollte gemäß deren § 6 Abs. 3 erst ab 2016 eintreten. Bezüglich der geänderten Verordnungsbestimmungen des § 1 Z 11 und § 4 Abs. 2 ist dies eindeutig festgelegt. Hinsichtlich der eingefügten Absatzbezeichnung „(1)“ in § 4 findet sich zwar keine explizite Anwendbarkeitsbestimmung. Offensichtlich hielt der Verordnungsgeber eine solche für unnötig, weil sich der Wortlaut laut Stammfassung nicht verändert hatte. Aus der Festlegung des Geltungsbereiches der Verordnungsänderung in § 6 Abs. 3 ergibt sich jedoch der Wille des Verordnungsgebers, dass die Änderungen laut VO BGBl II 382/2015 generell erst ab 2016 Anwendung finden sollten. In Anbetracht des Umstandes, dass die Absatzbezeichnung „(1)“ nur wegen Einfügung des Abs. 2 verordnet wurde und eine Fortführung des bisherigen § 4 als § 4 Abs. 1 vor Inkrafttreten des Abs. 2 tatsächlich keinen Sinn ergeben hätte, ist diese teleologische Lücke im Wege eines Analogieschlusses zu schließen. Die in § 6 Abs. 3 zum Anwendungszeitraum der Verordnungsänderungen festgelegten Anordnungen sind unter Bedachtnahme auf die Intention des Verordnungsgebers ebenso auf den nicht unmittelbar geregelten Fall der Anwendbarkeit des § 4 Abs. 1 zu erstrecken (zur teleologischen bzw. „unechten“ Lücke siehe Kodek in Rummel/Lukas4, ABGB, § 7 Rz 21). Die VO BGBl II 382/2001 idF BGBl II 382/2015 ist daher erst ab 2016 und somit auf den im gegenständlichen Fall im Jahr 2015 verwirklichten Sachverhalt noch nicht in der geänderten Fassung anzuwenden (in diesem Sinne offensichtlich auch Ceipek in SWK 15/2018, 695).
Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes , wurde die Wortfolge ", ausgenommen jene nach § 1 Z 9 (Vertreter)" in § 4 der Verordnung des Bundesministers BGBl II 382/2001 als gesetzwidrig aufgehoben. Die Aufhebung trat mit Ablauf des Tages der Kundmachung des VfGH-Erkenntnisses am (BGBl II 48/2018) in Kraft und ist die Verordnung in der Fassung vor Aufhebung mangels Erstreckung der Anlassfallwirkung nach Art. 139 Abs. 6 B-VG auf vor der Aufhebung verwirklichte Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles nicht anzuwenden.
Die Aufhebung der Wortfolge durch den VfGH bezieht sich nur auf § 4 in seiner Stammfassung. Da aber - wie oben ausgeführt - die mit BGBl II 382/2015 novellierte Fassung erst ab 2016 zur Anwendung kommt, ist auch der gegenständlich im Jahr 2015 verwirklichte Tatbestand von der Regelung des Art. 139 Abs. 6 B-VG umfasst.
Zur Frage der Weitergeltung der Stammfassung wird darüber hinaus aber auch auf die vom VfGH vertretene Auffassung hingewiesen, dass eine im Wortlaut unveränderte Bestimmung dann durch eine Novelle als neu erlassen anzusehen ist, wenn sie mit dem novellierten Text in untrennbarem Zusammenhang steht (Mayer, B-VG3, Art. 49 Anm. III.2. unter Verweis auf VfSlg 5996, 8099,15.203). 
Anzumerken ist abschließend außerdem, dass mit BGBl II 68/2018 die Verordnung BGBl II 382/2001 geändert wurde und sich die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Wortfolge nicht mehr in § 4 Abs. 1 findet, sodass steuerfreie Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 nunmehr auch das Vertreterpauschale kürzen. Gemäß § 6 Abs. 4 der geänderten Fassung ist § 4 Abs. 1 in der durch BGBl II 68/2018 geänderten Fassung (also ohne die betreffende Wortfolge) erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr2018 anzuwenden. Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens war ein vor diesem Jahr, nämlich 2015, verwirklichter Sachverhalt. Das Vertreterpauschale war für diesen (streitgegenständlichen) Veranlagungszeitraum folglich noch nicht um die steuerfreien Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 zu kürzen.

B) Erwägungen:

1. Zur Qualifikation als Vertreter:

1.1. Allgemeines zum Vertreterbegriff:

Eine nähere Definition des Vertreterbegriffs ist der Bestimmung des § 1 Z 9 der Verordnung in ihrer (unverändert gebliebenen) Stammfassung nicht zu entnehmen, sodass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf die Verkehrsauffassung abzustellen ist. Danach sind Vertreter Personen, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind (vgl. , unter Verweis auf , mwN).

Zur Tätigkeit eines Vertreters können auch Tätigkeiten der Auftragsdurchführung gehören, solange der Kundenverkehr in Form des Abschlusses von Geschäften im Namen und für Rechnung seines Arbeitgebers (über Verkauf von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen) eindeutig im Vordergrund steht (siehe , unter Verweis auf ).

Vertreter im Sinne der Verordnung ist auch, wer Geschäftsabschlüsse lediglich anbahnt. Wesentlich ist, dass eine Außendiensttätigkeit vorliegt, deren vorrangiges Ziel die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen für den Arbeitgeber ist (siehe , unter Verweis auf ).

1.2. Bezogen auf den gegenständlichen Fall bedeuten obige Ausführungen Folgendes:

Fest steht unstrittig, dass der Bf als Vertreter für Schuhklebstoffe mehr als die Hälfte seiner Gesamtarbeitszeit im Außendienst tätig ist und er die entsprechende Voraussetzung des § 1 Z 9 der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten erfüllt.

Zwar werden von ihm als Außendienstmitarbeiter, wie im Unternehmen generell üblich, keine Rechnungen und Bestellungen entgegengenommen. Diese Aufgabe wird allein von der Customer Service Abteilung des Unternehmens wahrgenommen. Im Hinblick darauf aber, dass vorrangiges Ziel der Tätigkeit des Bf’s, wie auch von seinem Arbeitgeber bestätigt, die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, schadet der Umstand, dass er lediglich im Bereich der Geschäftsanbahnung tätig ist, nach der oben zitierten eindeutigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht (siehe zuletzt ).

Zweifel bezüglich der Qualifikation des Bf’s als Vertreter im Sinne der zitierten Verordnung kamen bei der belangten Behörde deswegen auf, weil in der Bestätigung des Arbeitgebers vom eine „Technik- und Kontrolltätigkeit“ im Ausmaß von sechs bis sieben Stunden wöchentlich (= 15 – 17,5% der Gesamttätigkeit) ausgewiesen wurde.
Diese Zweifel des Finanzamtes waren im Hinblick darauf berechtigt, dass die Vertretertätigkeit ausschließlich ausgeübt werden muss und nur eine andere Tätigkeit in völlig untergeordnetem Ausmaß als nicht schädlich erachtet werden kann (; ). Ein Ausmaß von 15 – 20% der gesamten Arbeitszeit kann nicht mehr als völlig untergeordnet angesehen werden, auch wenn der Steuerpflichtige dabei wieder überwiegend im Außendienst tätig ist.

Die Tätigkeit des Bf’s bzw. die Frage, inwieweit es sich bei der Technik- und Kontrolltätigkeit um eine eigenständige Tätigkeit des Bf’s oder einen unmittelbaren Bestandteil seiner Vertretertätigkeit handelte, war daher genauer zu hinterfragen. Dies führte zu folgendem Ergebnis:
Wie sich über Einwand des Bf’s und nochmalige Rückfrage beim Unternehmen herausstellte, bestand die Technikertätigkeit darin, den Kunden im Rahmen seiner Vertretertätigkeit die optimalen Produkte für deren Schuhprodukte zu empfehlen. Im Zuge dessen wurden von ihm im Rahmen der Auftragsdurchführung in Einzelfällen auch Zweifelsfragen von ihn mit kompetenten Stellen (zB deutsches Prüfinstitut) abgeklärt. Die Kontrolltätigkeit bezieht sich – so die Auskunft des Geschäftsführers des österreichischen Vertriebsbüros in Ort1 – „auf Gespräche mit den Kunden, ob die richtige Technologie eingesetzt wird und die Verklebungsergebnisse ausreichend sind, ob die Kunden die richtigen Produkte bestellen“.

Die Produktberatung sowie die Prüfung und Feststellung, wie man in den Betrieben der potentiellen Kunden die Unternehmensabläufe mittels der angebotenen Produkte noch optimieren kann, gehören aber zu den wesentlichen Aufgaben eines Vertreters, dessen Hauptziel es ja ist bzw. sein muss, die Interessen des Kunden und seines Arbeitgebers zusammenzuführen, um einen Vertragsabschluss zustande zu bringen. Für diese Zwecke muss er im Zuge der Geschäftsanbahnung die Interessen und Bedürfnisse des Kunden sehr genau durchleuchten und fachmännisch beurteilen, um die geeigneten Produkte empfehlen zu können (; -I/10). Diese Aufgaben nahm der Bf – wie sich im Ermittlungsverfahren herausstellte – wahr. Damit handelt es sich aber bei dessen in der Bestätigung des Arbeitgebers ausgewiesener „Technik- und Kontrolltätigkeit“ tatsächlich um solche Tätigkeiten, die der Auftragsdurchführung im Rahmen der Geschäftsanbahnungstätigkeit des Bf’s dienten, da diese für Zwecke des Kundenverkehrs und im Dienste der Geschäftsanbahnung und Kundenbetreuung erbracht wurden. Die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen für den Arbeitgeber stand jedenfalls im Vordergrund.

Diese Sichtweise wird auch durch die Stellung des Bf’s als „Senior Account Manager“ und die Aussage des Arbeitgebers in seiner Antwort zum Auskunftsersuchen des Bundesfinanzgerichtes gestützt, wonach der Bf einzig an Umsatz, Preis und Margen sowie Neukundengewinnung und Erhalt bestehender Kunden gemessen wird.
Ebenso weist auch der Umstand, dass sich am Standort Ort1 schon seit Jahren kein Labor und seit 2014 nur noch ein Vertriebsbüro befindet, darauf hin, dass diese Niederlassung vorrangig nur noch für Zwecke der Kundenaquisition und Kundenbetreuung eingerichtet war. Eine leitende Position, für die zusätzlich zu Vertreteragenden Ressourcen der Gesamtarbeitszeit benötigt worden wären, wurde vom Bf nicht ausgeübt.

Schließlich lassen auch die sich aus dem Fahrtenbuch ergebenden Anwesenheitstage im Büro als sog. „Innendiensttage“ darauf schließen, dass der Bf dort so gut wie ausschließlich lediglich die für seine Vertretertätigkeit und Auftragsdurchführung durchgeführt haben kann. Zwar hat der Bf diese Tage im Fahrtenbuch mit „Büro/Labor“ vermerkt. Er hat aber diesen zweideutigen Vermerk ausreichend damit aufgeklärt, dass es sich bei dem Büro im Jahr 2015 um ehemalige Laborräumlichkeiten gehandelt hat. Fest steht, dass dort bereits seit 2002 kein Labor mehr besteht.

Laut auch vom Finanzamt nicht angezweifeltem Fahrtenbuch hat sich der Bf im Büro durchschnittlich viermal pro Monat aufgehalten, dies unregelmäßig je nach Bedarf.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis , ausgeführt hat, widerspräche es den Erfahrungen des täglichen Lebens und auch der Verkehrsauffassung, wenn Personen nur dann als Vertreter angesehen werden könnten, wenn sie ausschließlich mit dem auswärtigen Kundenbesuch befasst sind. Vielmehr ergebe sich bei fast allen Vertretern, je nach ihrer Verwendung im Verkaufsapparat ihres Unternehmens und auch nach den branchenbedingten Besonderheiten und der betriebsinternen Organisation des Unternehmens, in mehr oder weniger zweitaufwendigem Umfang die Notwendigkeit einer Tätigkeit im „Innendienst“.

Laut Aussagen des Bf’s und des Arbeitgebers nützte der Bf die Innendiensttage für Abrechnungen, E-Mail-Verkehr, Telefonate (mitunter zur Abklärung von Zweifelsfragen bezüglich bestehender Normen und Klebstoffverbindungen), Meetings und Gespräche mit Kollegen. In Anbetracht der Verwendung des Bf’s im Rahmen des Verkaufsapparates und der spezifischen Branche des Unternehmens und allgemeiner Erfahrungswerte erscheint ein Aufenthalt an cirka vier Arbeitstagen pro Monat als durchaus angemessen, um die für die Vertretertätigkeit spezifischen Innendienstarbeiten zu verrichten. Dass der zeitliche Rahmen der Anwesenheitstage zudem noch Raum für die Ausübung zusätzlicher sechs- bis siebenstündiger Technik- und Kontrolltätigkeit pro Woche außerhalb der Geschäftsanbahnung bieten hätte können, erscheint in objektiver Betrachtungsweise kaum mehr möglich und bekräftigt die Annahme, dass diese Teil der Vertretertätigkeit des Bf's war.

Im Ergebnis war aufgrund obiger Erwägungen die Tätigkeit des Bf's somit insgesamt als Vertretertätigkeit im Sinne des § 1 Z 9 der zitierten Verordnung zu qualifizieren.

2. Zum Anfallen von Aufwendungen, die vom Bf zu tragen waren:

Die belangte Behörde begründete die Nichtanerkennung des Vertreterpauschales im gegenständlichen Fall auch damit, dass der Bf keine Aufwendungen nachweisen oder glaubhaft machen habe können, die über die vom Dienstgeber ersetzten Aufwendungen hinausgegangen wären.
Hierzu ist Folgendes festzuhalten:
Das Vertreterpauschale kann anstelle des allgemeinen Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 (der - das ist unbestritten - ohne weitere Nachweisführung oder Glaubhaftmachung als Pauschalbetrag generell zu gewähren wäre) bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen berücksichtigt werden. Fest steht, dass bezüglich des allgemeinen Werbungskostenpauschbetrages die Glaubhaftmachung eines Aufwands generell nicht abverlangt wird.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis zum Pauschbetrag für Vertreter ausgeführt hat, werden mit der Verordnung BGBl II 382/2001 Durchschnittssätze für Werbungskosten für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festgelegt. Die Verordnung gehe also davon aus, dass die Tätigkeiten von bestimmten Gruppen von Steuerpflichtigen mit einem bestimmten Ausmaß von Werbungskosten verbunden seien. Es liege – so der Verwaltungsgerichtshof –  im Wesen der Pauschalierung, zum Zweck der Vereinfachung der Steuererhebung nicht auf die Verhältnisse des Einzelfalls abzustellen, sodass die in der Verordnung vorgesehenen Durchschnittssätze auch dann zur Anwendung kämen, wenn der Einzelfall dem vom Gesetzgeber angedachten idealtypischen Anwendungsfall nicht völlig entsprechen sollte. Im beim VwGH anhängigen Beschwerdefall hatte der Steuerpflichtige den Anfall beruflich veranlasster Aufwendungen, die nicht vom Arbeitgeber ersetzt worden waren, durch eine formlose Kostenaufstellung (Strom- un Internetkosten) glaubhaft gemacht. Weiters war unbestritten, dass ihm typischerweise mit einer Vertretertätigkeit verbundene Aufwendungen, die aber überwiegend vom Dienstgeber getragen worden waren, erwachsen waren. Der VwGH betonte in diesem Zusammenhang, dass dieser Umstand der Zuerkennung des Vertreterpauschales nicht schade, was sich bereits aus der ausdrücklichen Bestimmung des § 4 der genannten Verordnung, demgemäß Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 die Pauschbeträge für Vertreter nicht kürzen, ergebe.

Im gegenständlichen Fall legte der Bf in seiner Stellungnahme vom (siehe auch Beweiswürdigung) glaubhaft dar, dass ihm neben jenen Aufwendungen, die vom Arbeitgeber ersetzt wurden, auch solche erwachsen sind, die von ihm selbst zu tragen gewesen waren (Kosten für Strom und Internet, Essenseinladungen, Differenz zwischen tatsächlichen Kosten bei Osteuropareisen zu Diäten). Er führte dazu aus, dass es sich bei den einzelnen Posten jeweils um mehrere hundert Euro (beim Arbeitszimmer, dessen steuerliche Abzugsfähigkeit allerdings noch näher zu prüfen gewesen wäre, um mehrere tausend Euro) gehandelt hätte, wegen Inanspruchnahme des Vertreterpauschales aber keine Belege gesammelt worden wären. Dieser Darstellung, dass dem Grunde nach vom Bf selbst zu tragende Aufwendungen angefallen sind, kann ebenso wie im Falle einer formlosen Kostenaufstellung im Beschwerdefall , nicht entgegengetreten werden (siehe auch oben unter Beweiswürdigung). Der Nachweis der Höhe ist bei Geltendmachung eines Pauschales nicht notwendig. Ebenso wenig schadet, wie der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt hat, die überwiegende Tragung der Aufwendungen durch den Dienstgeber. In diesem Zusammenhang verwies der Gerichtshof auf die Bestimmung des § 4 der genannten Verordnung, wonach Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 die Pauschbeträge für Vertreter nicht kürzen würden. Diese Bestimmung wurde allerdings, wie oben ausgeführt, vom Verfassungsgerichtshof ausgehoben und erfolgte dementsprechend ab 2018 eine Änderung der Verordnung.

3. Dem gegenständlichen Beschwerdebegehren, das auf die Anerkennung des Vertreterpauschales für das Jahr 2015 gerichtet war, war aus den dargestellten Gründen stattzugeben und der angefochtene Bescheid entsprechend abzuändern.

IV) Zum Abspruch über die Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Die Beurteilung der Frage, ob die für die Gewährung des Vertreterpauschales notwendige Vertretereigenschaft gegeben ist, hat jeweils im Einzelfall bezogen auf das konkret vorliegende Geschehen im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu erfolgen.
Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich waren, sind diese durch die im gegenständlichen Erkenntnis angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (insbesondere auch , zum Vorliegen von selbst zu tragenden Aufwendungen) geklärt. Insofern liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Eine Revision ist damit nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 Z 9 Durchschnittssätze für Werbungskosten, BGBl. II Nr. 382/2001
§ 4 Durchschnittssätze für Werbungskosten, BGBl. II Nr. 382/2001
Verweise






-I/10
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.5101069.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at