Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.05.2018, RV/7200165/2013

Abweisung; Nachträgliche buchmäßige Erfassung von Eingangsabgaben, aufgrund der falschen Einreihung eines KFZ als Sammlungsstück

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R über die Beschwerde des Bf.,gegen den Bescheid des Zollamtes St. Pölten Krems Wiener Neustadt vom GZ.:000,betreffend nachtägliche buchmäßige Erfassung von Eingangsabgaben, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug wurde am   mit Warenanmeldung CRN 11 xxx  unter der Warenbezeichnung 1974 MGB Mark Convertible, yyy (=Fahrgestellnummer), unter Angabe der Warennummer 97050000 90 0999, nach Durchführung einer Beschau, in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt. Der Beschwerdeführer,(Bf.), war, lt. Warenanmeldung, direkt vertretener Anmelder und Empfänger. Dieser Abfertigung ist eine Bestätigung beigelegt worden, wonach das angemeldete Kraftfahrzeug in die vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie approbierte Liste für historische Fahrzeuge eingetragen ist. In der Bezug habenden Verkaufsrechnung war ein Kaufpreis von US $ 1.200,00  ausgewiesen.

In Folge dieser  Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr der europäischen Gemeinschaft wurde dem Bf. gemäß § 221 ZK ein Eingangsabgabenbetrag in der Höhe von € 0,00 an Zoll und € 186,78 an Einfuhrumsatzsteuer mitgeteilt.

In dem, am von einem allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für historische Kraftfahrzeuge erstellten, Gutachten wird im Wesentlichen festgestellt, dass

-die Gesamtproduktion  des verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeuges ca. 399.000 Stück betragen hat, dass,

-derzeit in Österreich ca. 400 Stück dieses Modelles zugelassen sind, dass,

der Wert des Fahrzeuges höher ist als das 2 fache des derzeit erzielbaren Materialwertes in Höhe von ca. EUR 150.-

- das Fahrzeug seinem ursprünglichen Verwendungszweck nach nicht benutzt werden kann, weil in Österreich die Genehmigung nur als „historisches Fahrzeug“ mit einer Benutzungsbeschränkung  auf 120 Tage pro Jahr möglich ist, sowie dass

-es sich dabei um die erste Bauserie handelt, die mit Gürtelreifen ausgestattet worden ist.

Am   wurde hinsichtlich dieses Kraftfahrzeuges beim Bf. eine Nachschau iSd § 24 ZollR-DG durchgeführt.

Mit dem, im Spruch dieses Erkenntnisses angeführten, Bescheid teilte die belangte Behörde dem Bf. mit, dass für ihn aufgrund der vorstehend dargestellten Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr gemäß Art.201 Abs.1 Buchstabe a und Abs.3 ZK iVm § 2 Abs.1 ZollR-DG die Eingangsabgabenschuld in der Höhe von € 156,78 an Zoll und € 404,92 an Einfuhrumsatzsteuer sohin im Gesamtbetrage von € 561,70 entstanden ist. Buchmäßig erfasst seien jedoch nur € 0,00 an Zoll und € 186,78 an Einfuhrumsatzsteuer worden. Der Differenzbetrag werde also weiterhin gesetzlich geschuldet und sei gemäß Art.220 Abs.1 ZK nach zu erheben. Der verbleibende Betrag von € 156,78 an Zoll und € 218,14 an Einfuhrumsatzsteuer (Summe € 374,92) werde sohin gemäß Art.220 Abs.1 ZK nachträglich buchmäßig erfasst, und gemäß Art.221 Abs.1 ZK mitgeteilt.

Gemäß den Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur (KN) der Europäischen Gemeinschaft ( verlautet im Amtsblatt der Europäischen Union C 272  vom ) und der, in der nationalen Richtlinie zur Einreihung von Kraftfahrzeugen, festgelegten Zahl von höchstens 300 Zulassungen in Österreich sei die Einreihung des verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeuges in Tarifposition 9705 000 nicht zutreffend gewesen. Zum einen sei  mit -lt. Gutachten- in Österreich  zugelassenen 400 Kraftfahrzeuge  dieses Modelles, die o.a. Höchstzahl überschritten worden und zum anderen sei  das Kraftfahrzeug  weder selten noch dokumentiere es  einen wichtigen Schritt in der Entwicklung der menschlichen Errungenschaften im Automobilbau. Die vom Inhaber (letztes Modell mit Chromstangen und klassischem Look) und im Gutachten (1. Modelljahr, mit serienmäßigen Gürtelreifen) ins Treffen geführten Besonderheiten seien lediglich Teil der im Automobilbau ständig fortschreitenden Entwicklung. Mit dem Argument der erstmaligen, serienmäßigen Ausstattung mit Gürtelreifen sei nichts zu gewinnen, da das gesamte Fahrzeug für die Beurteilung des charakteristischen Entwicklungsschrittes heranzuziehen sei. Demnach sei das zu beurteilende Kraftfahrzeug in die Tarifposition -8703 2309 -Personenkraftwagen mit Hubkolbenverbrennungsmotor mit Fremdzündung, mit einem Hubraum von mehr als 1500m³bis 3000m³, gebraucht-einzureihen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bf. fristgerecht Berufung. Er habe sich im Vorfeld des Automobilkaufes über die Höhe des zu entrichtenden Zolls und der zu entrichtenden Einfuhrumsatzsteuer bei der Zollbehörde, bei ÖAMTC sowie bei einem Sachverständigen für Oldtimer erkundigt.

Überall habe er die Auskunft erhalten, um zollfrei und nur zu einen Einfuhrumsatzsteuersatz von 10% in den zollrechtlich freien Verkehr der Gemeinschaft übergeführt zu werden  müsse das Fahrzeug älter als dreißig Jahre sein, in der vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie approbierten Liste der historischen Kraftfahrzeuge eingetragen sein, und sich in einem Originalzustand und in einem guten Erhaltungszustand (Klasse 1-3) befinden. Zudem sei das Fahrzeug anlässlich der Verzollung überprüft worden. Im Anschluss daran sei kein Zoll sondern lediglich eine 10%ige Einfuhrumsatzsteuer eingehoben worden.

Sollte seiner Berufung nicht stattgegeben werden, so ersuche er um Erstattung bzw. Erlass der Abgaben gemäß Art.239 (236) ZK.

Er habe alles in seinen Möglichkeiten liegende getan und sich im Vorhinein über die zu leistenden Abgaben erkundigt.

Zudem habe er durch eigene Recherchen festgestellt, dass, nach der streitverfangenen Abfertigung, MGBs nach Europa importiert worden seien, wobei anlässlich der Einfuhr kein Zoll eingehoben worden sei, da die Voraussetzungen für die Einreihung unter Tarifposition 9705 als gegeben erachtet worden seien.

Zum Beweis legte er vier verbindliche Zolltarifauskünfte (VZTA) aus England mit darin unterschiedlich beschriebene  MGB Roadsters Baujahr von 1963, 1967, 1970 und 1979 vor, aus welchem hervorgeht, dass die genannten Fahrzeuge, unter die vom Bf. begehrte Zolltarifnummer einzureihen sind.

Diese Berufung wies die belangte Behörde, unter sinngemäßer Wiederholung der Begründung des Erstbescheides, als unbegründet ab.

Zudem stellte sie fest, dass die Abstandnahme von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung der Eingangsabgaben im Sinne des Art.220 Abs.2 ZK nicht in Betracht komme. Unbeschadet der ins Treffen geführten Warenbeschau hätte der Bf. durch Einsicht in den Zolltarif bzw. durch einfaches Nachlesen in den Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur (KN), erkennen können, dass im zu beurteilenden Fall die Voraussetzungen für die Einreihung in die Warennummer 9705 nicht gegeben sind. Um sich vor Folgen von Einreihungsfehlern zu schützen, hätte bei der Zollverwaltung VZTA beantragt werden müssen.

Weder die ins Treffen geführten VZTAs noch die unbeanstandet gebliebene Warenbeschau begründe Vertrauensschutz. Eine VZTA könne nur von der Person an die sich die Auskunft richtet genutzt und verwendet werden. Außerdem liege kein Nachweis vor, dass die verfahrensgegenständliche Ware in jeder Hinsicht der, in den VZTAs beschriebenen, Waren entspricht.

Bei einer Warenbeschau habe weder der Seltenheitswert noch der charakteristische Entwicklungsschritt im Fahrzeugbau geprüft werden können.

Auch telefonische Auskünfte würden keinen Vertrauensschutz bilden.

In der Folge erhob der Bf. Beschwerde an den Unabhängigen Finanzsenat,(UFS),.

Er beantragte die Stattgabe seiner Beschwerde mit der Begründung, in Österreich seien lediglich  ca. 20 Stück  des in Rede stehenden Fahrzeugtyps zugelassen. Der Sachverständige habe in seinem Gutachten irrtümlich die Daten aller jemals produzierten MG Bs eingesetzt, anstelle der Daten des verfahrensgegenständlichen Fahrzeugtyps MG B Mark III  Baujahr 1974.

Als Beweis für sein Vorbringen legte er ein neuerliches Gutachten des o.a. Sachverständigen vom vor, worin festgehalten wird, dass das in Rede stehende Fahrzeug sich vom Vormodell, Mark II, durch eine wesentlich bessere Ausstattung unterscheide. Ab Herbst 1973 sei das Fahrzeug erstmals mit einer Servobremsanlage und Gürtelreifen ausgerüstet worden. Im ersten Gutachten seien die Daten aller jemals produzierten MG Bs eingesetzt worden und nicht die Daten des gegenständlichen Modelljahres. Die Gesamtproduktion des  Modells 1974 betrage 19.713 Stück, davon seien in Österreich ca 20 Stück zugelassen

Das Bundesfinanzgericht, ( BFG ), hat dazu erwogen:

Infolge der Novellierung des Art. 129 B-VG trat mit an die Stelle des Unabhängigen Finanzsenates (kurz UFS) als Abgabenbehörde II. Instanz, das Bundesfinanzgericht. Die am beim UFS noch anhängigen Verfahren sind gem. § 323 Abs. 38 BAO idF des BGBl 14/2013 vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Die maßgeblichen Rechtsbestimmungen zur zolltarifarischen Einreihung von Waren lauten auszugsweise in der anzuwendenden Fassung wie folgt:

Art.201 ZK, Zollkodex, Verordnung (EWG), Nr.2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaft ( ABl. Nr. 302 vom ) :

(1) Eine Einfuhrzollschuld entsteht,

a) wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt wird oder

b) wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware in das Verfahren der vorübergehenden Verwendung unter teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben übergeführt wird.

(2) Die Zollschuld entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die betreffende Zollanmeldung angenommen wird.

(3) Zollschuldner ist der Anmelder. Im Falle der indirekten Vertretung ist auch die Person Zollschuldner, für deren Rechnung die Zollanmeldung abgegeben wird.

Liegen einer Zollanmeldung für ein Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Angaben zugrunde, die dazu führen, dass die gesetzlich geschuldeten Abgaben ganz oder teilweise nicht erhoben werden, so können nach den geltenden innerstaatlichen Vorschriften auch die Personen als Zollschuldner angesehen werden, die die für die Abgabe der Zollanmeldung erforderlichen Angaben geliefert haben, obwohl sie wussten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen, dass sie unrichtig waren.

Artikel 20 ZK:

(1) Die bei Entstehen einer Zollschuld gesetzlich geschuldeten Abgaben stützen sich auf den Zolltarif der Europäischen Gemeinschaften.

(2) Die sonstigen durch besondere Gemeinschaftsvorschriften erlassenen Maßnahmen im Warenverkehr werden gegebenenfalls auf der Grundlage der zolltariflichen Einreihung der betreffenden Waren angewendet.

(3) Der Zolltarif der Europäischen Gemeinschaften umfasst:

a) die Kombinierte Nomenklatur;

b) jede andere Nomenklatur, die ganz oder teilweise auf der Kombinierten Nomenklatur - gegebenenfalls auch mit weiteren Unterteilungen - beruht und die durch besondere Gemeinschaftsvorschriften zur Durchführung zolltariflicher Maßnahmen im Warenverkehr erstellt worden ist;

c) die Regelzollsätze und die anderen Abgaben, die für die in der Kombinierten Nomenklatur erfassten Waren gelten, und zwar

die Zölle und

die bei der Einfuhr erhobenen Abgaben, die im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik oder aufgrund der für bestimmte landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse geltenden Sonderregelungen eingeführt worden sind;

d) die Zollpräferenzmaßnahmen aufgrund von Abkommen zwischen der Gemeinschaft und bestimmten Ländern oder Ländergruppen, in denen eine Zollpräferenzbehandlung vorgesehen ist;

e) die Zollpräferenzmaßnahmen, die von der Gemeinschaft einseitig zugunsten bestimmter Länder, Ländergruppen oder Gebiete erlassen worden sind;

f) die autonomen Aussetzungsmaßnahmen, mit denen die bei der Einfuhr bestimmter Waren geltenden Zollsätze herabgesetzt oder ausgesetzt werden;

g) die sonstigen in anderen Gemeinschaftsregelungen vorgesehenen zolltariflichen Maßnahmen.

(4) Unbeschadet der Vorschriften über die Verzollung zum Pauschalsatz sind die in Absatz 3 Buchstaben d) bis f) aufgeführten Maßnahmen auf Antrag des Anmelders anstelle der unter Buchstabe c) genannten Maßnahmen anwendbar, wenn die betreffenden Waren die Voraussetzungen für die Anwendung der erstgenannten Maßnahmen erfüllen. Der Antrag kann solange nachträglich gestellt werden, wie die diesbezüglichen Voraussetzungen erfüllt sind.

(5) Ist die Anwendung der Maßnahmen nach Absatz 3 Buchstaben d) bis f) auf ein bestimmtes Einfuhrvolumen beschränkt, so wird sie beendet

a) im Fall von Zollkontingenten bei Erreichen des festgelegten Einfuhrvolumens;

b) im Fall von Zollplafonds durch Verordnung der Kommission.

(6) Die zolltarifliche Einreihung einer Ware ist die nach dem geltenden Recht getroffene Feststellung der für die betreffende Ware maßgeblichen

a) Unterposition der Kombinierten Nomenklatur oder Unterposition einer anderen Nomenklatur im Sinne des Absatzes 3 Buchstabe b) oder

b) Unterposition jeder anderen Nomenklatur, die ganz oder teilweise auf der Kombinierten Nomenklatur - gegebenenfalls auch mit weiteren Unterteilungen - beruht und die durch besondere Gemeinschaftsvorschriften zur Durchführung anderer als zolltariflicher Maßnahmen im Warenverkehr erstellt worden ist.

Kombinierte Nomenklatur-Verordnung (KN-VO), VO (EG) 2658/87:

Artikel 1 KN-VO:

(1) Es wird eine Warennomenklatur - nachstehend "Kombinierte Nomenklatur" oder abgekürzt "KN" genannt - eingeführt, die den Erfordernissen sowohl des Gemeinesamen Zolltarifs als auch der Statistik des Außenhandels der Gemeinschaft genügt.

(2) Die Kombinierte Nomenklatur umfasst:

a) die Nomenklatur des Harmonisierten Systems;

b) die gemeinschaftlichen Unterteilungen dieser Nomenklatur, genannt "Unterpositionen KN", wenn ihnen ein Zollsatz zugeordnet ist;

c) die Einführenden Vorschriften, die Zusätzlichen Anmerkungen zu den Abschnitten und Kapiteln und die Fußnoten, die sich auf die Unterpositionen KN beziehen.

(3) Die Kombinierte Nomenklatur ist im Anhang I enthalten.

Die autonomen und vertragsmäßigen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs sowie die statistischen besonderen Maßeinheiten und weitere erforderliche Angaben sind in demselben Anhang festgelegt.

Artikel 2 KN-VO:

Auf der Grundlage der Kombinierten Nomenklatur erstellt die Kommission einen Integrierten Tarif der Europäischen Gemeinschaften, nachstehend "Taric" genannt, der folgendes umfasst:

a) die zusätzlichen gemeinschaftlichen Unterteilungen, genannt "Unterpositionen Taric", die zur Bezeichnung der Waren notwendig sind, die den in Anhang II aufgeführten besonderen gemeinschaftlichen Maßnahmen unterliegen;

b) die anwendbaren Zollsätze und anderen anwendbaren Abgaben;

c) die in Artikel 3 Absatz 3 und 4 genannten Codenummern;

d) alle anderen Angaben, die für die Anwendung oder Durchführung der jeweiligen Gemeinschaftsmaßnahmen erforderlich sind.

In Teil I (Einleitende Vorschriften) Titel I des Anhanges I der KN-VO sind die Allgemeinen Vorschriften (AV) für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur normiert. Diese lauten wie folgt:

Für die Einreihung von Waren in die Kombinierte Nomenklatur gelten folgende Grundsätze:

1. Die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel sind nur Hinweise. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und - soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist - die nachstehenden Allgemeinen Vorschriften.

2. a) Jede Anführung einer Ware in einer Position gilt auch für die unvollständige oder unfertige Ware, wenn sie im vorliegenden Zustand die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale der vollständigen oder fertigen Ware hat. Sie gilt auch für eine vollständige oder fertige oder nach den vorstehenden Bestimmungen dieser Vorschrift als solche geltende Ware, wenn diese zerlegt oder noch nicht zusammengesetzt gestellt wird.

b) Jede Anführung eines Stoffes in einer Position gilt für diesen Stoff sowohl in reinem Zustand als auch gemischt oder in Verbindung mit anderen Stoffen. Jede Anführung von Waren aus einem bestimmten Stoff gilt für Waren, die ganz oder teilweise aus diesem Stoff bestehen. Solche Mischungen oder aus mehr als einem Stoff bestehende Waren werden nach den Grundsätzen der Allgemeinen Vorschrift 3 eingereiht.

3. Kommen für die Einreihung von Waren bei Anwendung der Allgemeinen Vorschrift 2 b) oder in irgendeinem anderen Fall zwei oder mehr Positionen in Betracht, so wird wie folgt verfahren:

a) Die Position mit der genaueren Warenbezeichnung geht den Positionen mit allgemeiner Warenbezeichnung vor. Zwei oder mehr Positionen, von denen sich jede nur auf einen Teil der in einer gemischten oder zusammengesetzten Ware enthaltenen Stoffe oder nur auf einen oder mehrere Bestandteile einer für den Einzelverkauf aufgemachten Warenzusammenstellung bezieht, werden im Hinblick auf diese Waren als gleich genau betrachtet, selbst wenn eine von ihnen eine genauere oder vollständigere Warenbezeichnung enthält.

b) Mischungen, Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, und für den Einzelverkauf aufgemachte Warenzusammenstellungen, die nach der Allgemeinen Vorschrift 3 a) nicht eingereiht werden können, werden nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht, der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann.

c) Ist die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 3 a) und 3 b) nicht möglich, wird die Ware der von den gleichermaßen in Betracht kommenden Positionen in dieser Nomenklatur zuletzt genannten Position zugewiesen.

4. Waren, die nach den vorstehenden Allgemeinen Vorschriften nicht eingereiht werden können, werden in die Position der Waren eingereiht, denen sie am ähnlichsten sind.

5. Zusätzlich zu den vorstehenden Allgemeinen Vorschriften gilt für die nachstehend aufgeführten Waren Folgendes:

a) Behältnisse für Fotoapparate, Musikinstrumente, Waffen, Zeichengeräte, Schmuck und ähnliche Behältnisse, die zur Aufnahme einer bestimmten Ware oder Warenzusammenstellung besonders gestaltet oder hergerichtet und zum dauernden Gebrauch geeignet sind, werden wie die Waren eingereiht, für die sie bestimmt sind, wenn sie mit diesen Waren gestellt und üblicherweise zusammen mit ihnen verkauft werden. Diese Allgemeine Vorschrift wird nicht angewendet auf Behältnisse, die dem Ganzen seinen wesentlichen Charakter verleihen.

b) Vorbehaltlich der vorstehenden Allgemeinen Vorschrift 5 a) werden Verpackungen wie die darin enthaltenen Waren eingereiht, wenn sie zur Verpackung dieser Waren üblich sind. Diese Allgemeine Vorschrift gilt nicht verbindlich für Verpackungen, die eindeutig zur mehrfachen Verwendung geeignet sind.

6. Maßgebend für die Einreihung von Waren in die Unterpositionen einer Position sind der Wortlaut dieser Unterpositionen, die Anmerkungen zu den Unterpositionen und - sinngemäß - die vorstehenden Allgemeinen Vorschriften. Einander vergleichbar sind dabei nur Unterpositionen der gleichen Gliederungsstufe. Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten bei Anwendung dieser Allgemeinen Vorschrift auch die Anmerkungen zu den Abschnitten und Kapiteln.

§ 45 ZollR-DG (Zollrechts-Durchführungsgesetz):

(1) Der Bundesminister für Finanzen hat auf der Grundlage des Zolltarifs der Europäischen Union im Sinn des Artikels 20 Abs. 3 ZK einen Österreichischen Gebrauchszolltarif (ÖGebr-ZT) herauszugeben, der auch die Sätze sonstiger Eingangs- und Ausgangsabgaben (§ 2) zu enthalten hat. Nach Zweckmäßigkeit hat dieser Gebrauchszolltarif auch andere Regelungen der Union gemäß Artikel 2 der KN-VO sowie sonstige Rechtsvorschriften, die sich auf die Verbringung von Waren über die Zollgrenze oder über die Grenze des Anwendungsgebietes beziehen, zu enthalten. Dieser Gebrauchszolltarif stellt eine unverbindliche Zusammenstellung dieser Rechtsvorschriften dar.

(2) Zollsätze, die ....

In die Warennummer 8703 sind nach dem Wortlaut dieser Tarifposition "Personenkraftwagen und andere Kraftfahrzeuge, ihrer Beschaffenheit nach hauptsächlich zur Personenbeförderung bestimmt (ausgenommen solche der Position 8702), einschließlich Kombinationskraftwagen und Rennwagen" einzureihen. Es besteht demnach kein Zweifel darin, dass sofern die Voraussetzungen für eine Einreihung nach 9705 nicht vorliegen, eine Tarifierung nach 8703 zu erfolgen hat.

Das Kapitel 97 der Kombinierten Nomenklatur umfasst "Kunstgegenstände, Sammlungsstücke und Antiquitäten." In die Position 9705 sind "Zoologische, botanische, mineralogische oder anatomische Sammlungsstücke und Sammlungen; Sammlungsstücke von geschichtlichem, archäologischem, paläontologischem, völkerkundlichem oder münzkundlichem Wert" einzureihen. Die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur, welche nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ein wichtiges, wenn auch nicht rechtsverbindliches Hilfsmittel für die Auslegung der einzelnen Positionen darstellen, lauten zur Unterposition 9705 0000 auszugsweise:

1. Zu dieser Position gehören Kraftfahrzeuge, die 

sich in ihrem Originalzustand befinden, d. h. an denen keine wesentlichen Änderungen des Fahrgestells, des Steuer- oder Bremssystems, des Motors usw. vorgenommen wurden.

mindestens 30 Jahre alt sind und

einem nicht mehr hergestellten Modell oder Typ entsprechen.

Kraftfahrzeuge gelten jedoch nicht als von geschichtlichem und völkerkundlichem Wert und werden von dieser Position ausgeschlossen, wenn die zuständigen Behörden feststellen, dass sie keinen wichtigen Schritt in der Entwicklung der menschlichen Errungenschaften dokumentieren oder keinen Abschnitt dieser Entwicklung veranschaulichen können.

Zusätzlich müssen diese Fahrzeuge die für die Aufnahme in eine Sammlung erforderlichen Eigenschaften aufweisen:

Sie müssen verhältnismäßig selten sein,

sie dürfen normalerweise nicht ihrem ursprünglichen Verwendungszweck gemäß benutzt werden,

sie müssen Gegenstand eines Spezialhandels außerhalb des üblichen Handels mit ähnlichen Gebrauchsgegenständen sein und

sie müssen einen hohen Wert haben.

2. ...

3. ...

Der Nachweis kann durch geeignete Unterlagen erbracht werden, z.B. durch Lexika oder Fachbücher oder durch Gutachten anerkannter Sachverständiger.

 Nationale Erläuterungen:

Zu Position 9705:

Für die Einreihung von Fahrzeugen in die Position 9705 der Kombinierten Nomenklatur, als Fahrzeug mit geschichtlichem und völkerkundlichem Wert, ist ein Gutachten eines gerichtlich beeideten Sach­verständigen vorzulegen, aus dem - unter Bedachtnahme auf die im angeschlossenen Darstellungsvorschlag angeführten Punkte - hervorgeht, welche Beschaffenheit bzw. Merkmale das gegen­ständliche Fahrzeug zum Zeitpunkt der Abgabe des Gutachtens aufweist.

Der Nachweis durch ein Gutachten kann unterbleiben, wenn die Nämlichkeit des Fahrzeuges an Hand der in Lexika, Fachzeitschriften oder Fachbüchern (z. B. der approbierten Liste der historischen Fahr­zeuge des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie, Beirat für historische Fahr­zeuge) enthaltenen Darstellungen eindeutig festgestellt werden kann und eine Einreihung zweifelsfrei möglich ist.

Für eine bundesweit einheitliche Anwendung der Erläuterungsbestimmungen zur Position 9705 des Amtsblattes der Europäischen Union C-272/2009 vom sind die nachstehenden Begriffe wie folg auszulegen:

Originalzustand bzw. unwesentliche Änderungen:

Folgende Elemente müssen mindestens im Originalzustand (auch mit Reparaturen unter Verwen­dung von dem Original entsprechenden Ersatzteilen und Zubehör) erhalten sein: Motor und Gemischbildungseinrichtung, Kraftübertragung, Radaufhängungen, Lenkanlagen, Bremssystem, Aufbauten, Fahrgestell. 

Als unwesentliche Änderung gilt der Austausch folgender Elemente durch Nachbildungen (dem Originalzustand entsprechende Ersatzteile): Bereifung, Zündkerzen, elektrische, Glüh- und Entladungslampen, Verglasung, Ketten und Riemen, Bremsbeläge und  Auspuffanlage.

2. Charakteristischer Entwicklungsschritt im Fahrzeugbau:

Ist jede Veränderung (z. B. Verbesserung, Umbau, Neukonstruktion, neues Design, etc.) im Fahr­zeugbau einer bestimmten Kfz-Marke / Type / Serie und veranschaulicht grundsätzlich einen Entwicklungsabschnitt, der für eine bestimmte Epoche repräsentativ ist. Ein derartiger Schritt liegt daher typischerweise bei der jeweils ersten Fahrzeugserie mit z. B. neuer Karosserieform, Motorvariante, Fahrzeuggeometrie, Elektronik, neuen Bremsen o. ä. vor.

3. Seltenheitswert:

Frühere Serienprodukte – nicht mehr hergestellt, von denen gegenwärtig nur noch einige Exemp­lare vorhanden sind und die somit nicht beliebig im Fahrzeughandel beschafft wer­den können. Dazu zählen Fahrzeuge, von denen nicht mehr als 1.000 Stück weltweit erzeugt wurden. Im Zweifelsfall könnte bei großen Serienzahlen an Hand der nationalen Zulassungsstatistik nachge­wiesen werden, dass die Anzahl der derzeit im betroffenen Mitgliedstaat zugelassenen Fahrzeuge wesentlich kleiner ist als die Gesamtanzahl aller je im betroffenen Mitgliedstaat zugelassener KFZ der gleichen (gegenständlichen) Kfz-Marke / Type und die Zahl 300 nicht überschreitet.

4. Ursprünglicher Verwendungszweck:

Ist nicht mehr gegeben, wenn die Fahrzeuge auf Grund der ursprünglichen Bauart (z. B. mangels derzeit geltender Sicherheits- Umweltschutz- o. ä.  Standards) den aktuellen kraftfahrrechtlichen Bestimmungen nicht entsprechen.

5. Hoher Wert:

Ein Wert, der höher ist als das 2-fache des zum maßgeblichen Zeitpunkt erzielbaren Materialwertes bzw. Schrottwertes

Hierher gehören auch Kraftfahrzeuge als Sammlungsstücke von geschichtlichem Wert, wenn sie den Kriterien des EuGH-Urteils in der Rechtssache C-200/84 entsprechen und somit:einen gewissen Seltenheitswert haben;normalerweise nicht ihrem ursprünglichen Verwendungszweck gemäß genutzt werden;Gegenstand eines Spezialhandels außerhalb des üblichen Handels mit ähnlichen Gebrauchsgegenständen sind;einen hohen Wert haben undeinen charakteristischen Schritt in der Entwicklung der menschlichen Errungenschaften oder einen Abschnitt dieser Entwicklung dokumentieren.

Im Hinblick darauf, dass es sich bei einem Kraftfahrzeug grundsätzlich um einen relativ kurzlebigen Gebrauchsgegenstand handelt, der der ständig fortschreitenden technischen Entwicklung unterliegt, können - soweit nicht offensichtlich Tatsachen dagegen sprechen - die vorstehenden Voraussetzungen des genannten Urteils als gegeben unterstellt werden für:

Kraftfahrzeuge in ihrem Originalzustand - ohne wesentliche Änderungen des Fahrgestelles, des Steuer- oder Bremssystems, des Motors usw. -, die 30 Jahre oder älter sind und einem nicht mehr hergestellten Modell oder Typ entsprechen;

alle Kraftfahrzeuge, die vor dem Jahr 1950 hergestellt wurden, auch in nicht fahrbereitem Zustand.

Der Tenor des Urteiles des EuGH in der Rechtssache C-200/84 lautet:

Sammlungsstücke im Sinne der Tarifnummer 99.05 des Gebrauchszolltarifes (dies war die vor Einführung der Kombinierten Nomenklatur maßgebliche Tarifnummer mit praktisch dem gleichen Wortlaut wie die nunmehrige Position 9705) sind Gegenstände, die geeignet sind, in eine Sammlung aufgenommen zu werden, das heißt Gegenstände, die verhältnismäßig selten sind, normalerweise nicht ihrem ursprünglichen Verwendungszweck gemäß benutzt werden, Gegenstand eines Spezialhandels außerhalb des üblichen Handels mit ähnlichen Gebarauchsgegenständen sind und einen hohen Wert haben.

Von geschichtlichem oder völkerkundlichem Wert im Sinne der Tarifnummer 99.05 des Gebrauchszolltarifes sind solche Sammlungsstücke, die einen charakteristischen Schritt in der Entwicklung der menschlichen Errungenschaften dokumentieren oder einen Abschnitt dieser Entwicklung veranschaulichen.

Aus dem Urteil des EuGH in der Rechtssache C-259/97 ergibt sich Folgendes:

Die Position 9705 der Kombinierten Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den gemeinsamen Zolltarif ist dahin auszulegen, dass ein historischer oder völkerkundlicher Wert bei Kraftfahrzeugen vermutet wird, die

sich im Originalzustand - ohne wesentliche Änderungen des Fahrgestells, des Steuer- oder Bremssystems, des Motors usw. -befinden,

30 Jahre oder älter sind und

einem nicht mehr hergestellten Modell oder Typ entsprechen.

Fahrzeuge, die diese Voraussetzungen erfüllen, sind jedoch nicht von geschichtlichem oder völkerkundlichem Wert, wenn sie keinen charakteristischen Schritt in der Entwicklung der menschlichen Errungenschaften dokumentieren oder keinen Abschnitt dieser Entwicklung veranschaulichen können. Darüber hinaus müssen die in der Rechtsprechung des Gerichtshofes entwickelten Kriterien in Bezug auf die Eigenschaften erfüllt sein, die für die Aufnahme eines Kraftfahrzeugs in eine Sammlung erforderlich sind (vgl. auch UFS, ZRV/0156-Z2L/08).

Voraussetzung für eine Einreihung eines KFZ in die Warennummer 9705 ist nach den obenstehenden Ausführungen demnach einerseits, dass das Fahrzeug ein Sammlungsstück iS der EuGH-Judikatur darstellt und andererseits dieses zusätzlich einen geschichtlichen oder völkerkundlichen Wert aufweist. Das Vorliegen der zuletzt genannten historischen Bedeutung kann dabei dann als gegeben unterstellt werden, wenn sich das Fahrzeug in seinem Originalzustand befindet, älter als 30 Jahre ist und einem nicht mehr hergestellten Modell oder Typ entspricht (siehe wiederum obige Erläuterungen zur KN zur Unterposition 9705 0000 in der hier anzuwendenden Fassung). Von einem Sammlungsstück nach 9705 ist dann auszugehen, wenn das Fahrzeug verhältnismäßig selten ist, es üblicherweise nicht in seinem ursprünglichen Verwendungszweck gemäß benutzt werden kann, Gegenstand eines Spezialhandels außerhalb des üblichen Handels mit ähnlichen Gebrauchsgegenständen ist und es muss einen hohen Wert haben. Zusätzlich muss das KFZ einen wichtigen Schritt in der Entwicklung der menschlichen Errungenschaften dokumentieren oder einen Abschnitt dieser Entwicklung veranschaulichen. Die diesbezügliche Nachweispflicht, dass sämtliche Voraussetzungen für eine Einreihung nach 9705 vorliegen, obliegt grundsätzlich dem Bf. (vgl. auch FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom , 6 K 3072/98 Z). 

Streitgegenstand des gegenständlichen Verfahrens bildet die tarifarische Einreihung des gegenständlichen Kraftfahrzeuges der Marke MG B Mark III, Baujahr 1947. Während das Zollamt die Ansicht vertritt, dass dieses Kraftfahrzeug, anlässlich seiner Zollabfertigung, in die Warennummer 8703 einzureihen gewesen sei, vertritt der Bf die Ansicht, dass dieser ein Sammlungsstück darstelle und demnach nach 9705 zu tarifieren sei. Insbesondere wird der Seltenheitswert des Fahrzeuges, im Hinblick auf eine weltweite Herstellung von. 19.713 Stück und der in Österreich zugelassenen Fahrzeuge von 20 Stück ins Treffen geführt,  sowie dass dieses Fahrzeug, aufgrund der ab Herbst 1973  erstmalig erfolgten serienmäßigen Ausstattung mit Servobremsanlage und Gürtelreifen, einen exemplarischen Entwicklungsstandard und einen grundlegenden Wandel in der Entwicklungsgeschichte des Kraftfahrzeugbaus verkörpere.

Dazu ist-im Hinblick auf die vorstehenden rechtlichen Ausführungen festzustellen:

Unbestritten ist, dass das zu beurteilende Kraftfahrzeug zum Abfertigungszeitpunkt  älter als dreißig Jahre war, und einem nicht mehr hergestellten Modell entspricht.

Zum geltend gemachten Seltenheitswert ist festzustellen, dass die in Österreich zugelassene Gesamtzahl von 20 gleicher Modelle, im Verhältnis zu der davon  weltweit hergestellten Anzahl von 19.713 Stück gering ist, jedoch die Zahl von 19.713 weltweit hergestellten Modelle, die dafür in den nationalen Erläuterungen festgelegte Referenzzahl von 1000 bei weitem übertrifft.

Daraus, dass Modelle des verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeuges  Ende 1973 erstmals mit Servobremsanlage und Gürtelreifen serienmäßig ausgestattet worden sind, kann für die Beurteilung ob das verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeug, Baujahr 1974, ein Sammlungsstück ist, nichts gewonnen werden.

In der Fahrzeugtechnik bezeichnet der Begriff Servobremse den Bremskraftverstärker, der die vom Fahrer zum Bremsen aufgebrachte Kraft verstärkt sowie eine spezielle Trommelbremse, bei der eine Bremsbacke die zweite verstärkt.

Internetrecherchen ( http://www.mgb-gt.ch/techdat.html; http://de.wikipedia.org/wiki/Servobremse; http://de.wikipedia.org/wiki/Bremskraftverst%C3%A4rker:  haben ergeben, dass zu den ersten PKWs mit Bremskraftverstärker der Mercedes 300 SL und 300 b  (welche vom Dezember 1951 bis August1957 hergestellt worden sind) sowie der Borward 300 zählt.

MGB Roadster und MGB GT wurden ab 1962 mit Trommelbremsen hinten hergestellt

Die Firma Michelin brachte Gürtelreifen (Radialreifen) bereits im Jahr 1949 heraus. Für  den MG B Mark III Roadster und GT  wurden für den britischen Markt  Radialreifen der Größe 155-14 (Roadster) bzw. 165-14 (GT) ab Modelljahr 1973 serienmäßig hergestellt.

Die im Gutachten ins Treffen geführten Neuerungen sind sohin der technischen Entwicklung im Automobilbau geschuldet, sie stellen jedoch, ebenso wenig wie die-lt. bekämpften Bescheid- geltend gemachte  letztmalige Aufmachung mit Chromstangen und klassischem Look, keinen charakteristischen Entwicklungsschritt im KFZ- Bau dar.

Da selbst alleine das Fehlen eines geschichtlichen oder völkerkundlichen Wertes die Einreihung nach 9705 ausscheidet war die begehrte zolltarifliche Einreihung zu versagen.

Dagegen wird die von der belangten Behörde vorgenommene Einreihung unter Tarifposition 8703 2390 als zutreffend erachtet.

Sohin ist bei der Überführung des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges in den zollrechtlich freien Verkehr aufgrund des darauf bestehenden Abgabensatzes von 10% an Zoll und 20% an Einfuhrumsatzsteuer die Eingangsabgabenschuld gegenüber dem Bf., als direkt vertretenen Anmelder, gemäß Art.201 Abs.1 lit.a und Abs.3 ZK,  in einem höheren Ausmaß entstanden als zunächst buchmäßig erfasst und mitgeteilt worden ist.

Zu der geltend gemachten Gewährung des Vertrauensschutzes ist festzuhalten:

Die Frage, ob im Zollrecht Vertrauensschutz zu gewähren ist, wird vorwiegend in Art.220 Abs.2 ZK geregelt.

Nach Artikel 220 Absatz 2 Buchstabe b) erster Unterabsatz ZK erfolgt keine nachträgliche buchmäßige Erfassung, wenn der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden nicht rechtmäßig erfasst worden ist, sofern dieser Irrtum vom Zollschuldner vernünftigerweise nicht erkannt werden konnte und dieser gutgläubig gehandelt und die geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung eingehalten hat.

In Erfüllung der Sorgfaltspflicht wird vom Zollschuldner verlangt, dass er sich selbst so zeitnah wie möglich um das geltende Recht bemüht. Er muss sich über die, in Betracht kommenden, Rechtsvorschriften, an Hand ihrer, im ABl. Erfolgten, Veröffentlichung informieren. (Z.B. BFH v. 26.22004 VII R 20/03, ZfZ 2004,270f)

Unbeschadet dessen, dass anlässlich der Überführung des verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeuges in den zollrechtlich freien Verkehr eine Beschau durchgeführt worden ist, und selbst wenn als erwiesen anzusehen gewesen wäre, dass ein Zollbeamter dem Bf. gesprächsweise lediglich die, im Rechtsmittelverfahren genannten, drei Voraussetzungen für Erlangung der begehrten zolltariflichen Einreihung genannt hat, so hätte der  Bf. bereits bei der gebotenen Einsichtnahme in den Zolltarif sowie beim Durchlesen der Erläuterungen der KN,  betreffend die rechtlichen Voraussetzungen für Einreihung in die Warennummer 9705, sich vernünftigerweise darüber im Klaren sein müssen, dass die ihm gegebene rechtliche Auskunft zu kurz gegriffen war. Ein allfälliger aktiver Irrtum der Zollbehörde ist sohin für ihn erkennbar gewesen.

Die, für die Abstandnahme von der bekämpften  nachträglichen, buchmäßigen Erfassung der Eingangsabgaben, gebotene Voraussetzung des nicht erkennbaren Irrtums der Zollbehörde  liegt daher nicht vor.

Aus den aufgezeigten Gründen erfolgte die nachträgliche buchmäßige Erfassung der Eingangsabgaben zu Recht.

Es wäre -zur Vermeidung nachteiliger finanzieller Folgen aufgrund von Einreihungsfehlern,- am Bf. gelegen,  bei der Zollverwaltung eine verbindliche VZTA, betreffend die zolltarifliche Einreihung des zu beurteilenden Kraftfahrzeuges, einzuholen. Gemäß Art.12 Abs.2 ZK bindet eine VZTA die Zollbehörde nur gegenüber dem Berechtigten (die Person der die VZTA erteilt wird) hinsichtlich der von diesem beantragten zolltariflichen Einreihung.

Der Beschwerde war sohin der Erfolg zu versagen.

Zudem ist der Vollständigkeit halber festzustellen:

Gegenstand dieses Verfahrens war ausschließlich die Beschwerde gegen den ,im Spruch dieses Erkenntnisses angeführten, Bescheid, betreffend die nachtägliche buchmäßige Erfassung von Eingangsabgaben, nicht aber die bescheidmäßige Absprache über die, darüber hinaus gestellten, Erstattungsanträge.

Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ob ein PKW ein Sammlungsstück von geschichtlichem Wert im Sinne der anzuwendenden rechtlichen Bestimmungen darstellt unterliegt einer Einzelfallbeurteilung und ist unter Beachtung der in dieser Entscheidung genannten Judikatur des EuGH, sowie unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bf. und der von ihm vorgelegten Unterlagen im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu treffen. Insofern liegt keine Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. auch ). Aus diesem Grund war folglich die Zulässigkeit einer ordentlichen Revision zu verneinen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 201 Abs. 1 Buchstabe a ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 201 Abs. 3 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 20 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
§ 45 Abs. 1 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7200165.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at