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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.07.2018, RV/7100219/2018

Doppelte Haushaltsführung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin in der Beschwerdesache

Beschwerdeführer, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 8/16/17 vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2015 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer, HerrX, wird beim Finanzamt Wien 8/16/17 zur Einkommensteuer veranlagt. Er ist aktenkundig ledig.

Im Zuge seiner Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2015 beantragte der Beschwerdeführer Kosten für die doppelte Haushaltsführung in Wien und NÖ zu berücksichtigen.

Auf den Vorhalt des Finanzamtes erklärte der Beschwerdeführer dass sein Bekanntenkreis und seine Verwandten in NÖ leben und er deshalb diesen Wohnsitz nicht aufgeben möchte. Die Wohnung in Wien müsse er beibehalten, weil die tägliche Anreise zur Arbeit für ihn zu beschwerlich sei.

Im Einkommensteuerbescheid 2015 vom wurden diese Kosten mit der Begründung nicht anerkannt, dass die doppelte Haushaltsführung nicht beruflich bedingt sei.

In seiner Beschwerde vom führte der Beschwerdeführer aus, dass die Fahrzeit von seinem Wohnsitz in NÖ nach Wien zur Arbeitsstätte über 1 Stunde beträgt und seinen Wohnsitz in Wien daher berufsbedingt sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom konkretisierte das Finanzamt den Sachverhalt folgendermaßen:

Seit dem Jahr 1997 hat der Beschwerdeführer einen Wohnsitz in Wien. Der Wohnsitz in NÖ besteht seit seinem Geburtsjahr. Aus seinem Vorbringen lässt sich weder das faktische Bestehen von mehreren eigenen Haushalten ableiten noch wurde ein Umstand eingewandt, der eine Wohnsitzverlegung an die in Wien bestehende Wohnadresse als unzumutbar erscheinen lassen könnte. Die Beschwerde wurde daher abgewiesen.

Im Vorlageantrag führte der Beschwerdeführer aus:

„Ich arbeite seit 1973 in Wien. Bin in den ersten Monaten mit dem Zug von X (2 km von NÖ) zur Arbeit gefahren. Da dieser aber schon um 5 Uhr 15 losfuhr, kam ich oft zu spät zur Arbeit. Um nicht den Job zu verlieren, nahm ich mir deshalb gezwungenermaßen eine Wohnung in Wien.

Im Jahre 2012 und 2014 starben meine Eltern. Aufgrund dessen musste ich das Haus in NÖ übernehmen, welches ich 2016 wieder verkaufte, und anschließend zu meinem Bruder, der 2 Häuser weiter wohnt, übersiedelte.

Ich habe daher im Jahre 2014 bis 2016 eine doppelte Haushaltsführung zu leisten.

Warum ich jetzt keinen Anspruch auf Abschreibung habe, möchte ich für mich verständlich erklärt haben.“

Rechtslage

§ 16 EStG lautet:

(1) Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. (…)

§ 20 EStG lautet:

(1) Bei den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden:

1. Die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge. (…)

Das BFG hat erwogen

Grundsätzlich sind Aufwendungen für eine Wohnmöglichkeit nicht abzugsfähig (§ 20 EStG).

Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) ergibt sich jedoch, dass Kosten der doppelten Haushaltsführung (mit mehreren Einschränkungen) ausnahmsweise dann als Werbungskosten abzugsfähig sind, wenn sie durch die Einkünfteerzielung veranlasst sind (siehe dazu ausführlich Jakom, EStG8, § 16 Tz 56).

Von einer steuerlich berücksichtigungswürdigen doppelten Haushaltsführung wird daher gesprochen, wenn aus beruflichen Gründenzwei Wohnsitze geführt werden, und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz).

Ein allein stehender Steuerpflichtiger hat seinen Familienwohnsitz dort, wo er seine engsten persönlichen Beziehungen (zB Eltern, Freunde) hat.

Mehraufwendungen aufgrund einer doppelten Haushaltsführung gelten weiters nur so lange als durch die Erwerbstätigkeit veranlasst (bzw. sind nur so lange abzugsfähig), als dem Erwerbstätigen eine Wohnsitzverlegungin übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann.  

Die Gründe für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung müssen aus Umständen resultieren, die von erheblichem objektiven Gewicht sind. Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus. Dabei sind jeweils die Verhältnisse des Einzelfalles zu berücksichtigen (vgl. ; ; ; ; ; , ).

Es ist Sache des Steuerpflichtigen, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar ansieht.

Nach einer gewissen Zeit ist es dem Steuerpflichtigen in aller Regel zumutbar, den Familienwohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen. Es sind die Verhältnisse im Einzelfall zu berücksichtigen ( ; ). Dieser Zeitraum hängt insbesondere auch vom Familienstand ab. Für Alleinstehende nimmt die Verwaltungspraxis einen Zeitraum von sechs Monaten als ausreichend an (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG19, § 4 Rz 363; ).

Der Beschwerdeführer hatte laut eigenen Angaben in den Jahren 2014 bis 2016 eine doppelte Haushaltsführung zu leisten. Dies deshalb, weil er sein Elternhaus in NÖ übernommen und im Jahr 2016 verkauft hat. Über persönliche Vorlieben hinausgehende Gründe für den Wohnsitz in NÖ hat der Beschwerdeführer nicht angegeben.

Damit hat er aus privaten Gründen zwei Wohnsitze geführt.

Kosten der doppelten Haushaltsführung sind nur dann als Werbungskosten abzugsfähig, wenn sie durch die Einkünfteerzielung und nicht durch private Vorlieben oder private Gegebenheiten veranlasst sind. Daher sind die Kosten nicht abzugsfähig.

Im Übrigen war ihm die Wohnsitzverlegung schon Jahre zuvor zumutbar, weshalb ein Abzug von Kosten für die doppelte Haushaltsführung auch aus diesem Grund ausgeschlossen ist.

Die Beschwerde war daher – wie im Spruch ersichtlich – abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, sondern es sind Tatsachen zu beurteilen. Daher ist eine Revision nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7100219.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at