Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 10.07.2018, RV/4100370/2017

Stellen Bildungsmaßnahmen, deren berufliche Veranlassung und berufliche Notwendigkeit ebenso dargetan und bescheinigt werden wie die Verwertung der erworbenen Kenntnisse im Rahmen der beruflichen Tätigkeit, Werbungskosten dar?

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/4100370/2017-RS1
Wird die berufliche Veranlassung und berufliche Notwendigkeit von Aufwendungen für Bildungsmaßnahmen ebenso dargetan und bescheinigt wie die Verwertung der erworbenen Kenntnisse im Rahmen der beruflichen Tätigkeit, so sind diese als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende Richterin im Beisein der weiteren Senatsmitglieder A, X und C sowie der Schriftführerin D in der Beschwerdesache
Bf, Adr1,
über die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) der belangten Behörde Finanzamt G vom für das Jahr 2016 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Einkommensteuer wird festgesetzt mit Euro  - 2.341,00, bisher war vorgeschrieben Euro - 323,00.

Die Bemessungsgrundlagen und die Berechnung der Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

A) Nachfolgendes ergibt sich aus der Aktenlage:

1.) Im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung begehrte die Bf. neben der Berücksichtigung von Sonderausgaben und Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung sowie unter Kennzahl [722] „Aus-/ Fortbildungs-/ Umschulungskosten“ die Berücksichtigung von Werbungskosten im Ausmaß von € 5.898,00.

2.) Mit Vorhalteschreiben vom ersuchte das Finanzamt um belegmäßigen Nachweis der begehrten Aufwendungen für Fortbildung/Ausbildung/Umschulung sowie um Kostenaufstellung und Nachreichung entsprechender Unterlagen sowie u.a. um Darlegung, welche Tätigkeit wurde im Veranlagungsjahr ausgeübt wurde (kurze Arbeitsplatzbeschreibung), ob die absolvierten Kurse der Verbesserung der Kenntnisse im ausgeübten Beruf bzw. die Bildungsmaßnahmen in Zusammenhang mit dem ausgeübten Beruf mit dem Ziel einen verwandten Beruf auszuüben dienten, bzw. dazu eine bessere Position im ausgeübten Beruf erlangen zu können.

3.) Hierzu erläuterte die Bf. im Schreiben vom :

„Ich bin seit 2002 Mitarbeiterin im Schulgemeindeverband H und hier als Sachbearbeiterin im Baudienst für folgende Bereiche zuständig:

Rechnungskontrolle, Buchhaltung, allgemeiner Schriftverkehr, Ausschreibungen für die Ausstattung der Schulen, Organisation der gesetzlich vorgeschriebenen Überprüfungen (Turngeräte, …) Organisation von Reparaturen im und um das Schulgebäude (Schulhofgestaltung), Schnittstelle zwischen Schule und Verwaltung, Unterstützung unseres Bauingenieurs.

Durch diesen Lehrgang habe ich sowohl die Möglichkeit meine Tätigkeit  im Schulgemeindeverband zu reduzieren und mir ein zweites Standbein auf selbständiger Basis aufzubauen im Bereich Beaufsichtigung von Kindern ohne Verfolgung erzieherischer Zwecke als auch ein vollständiger Wechsel in die Selbständigkeit.

Ich strebe allerdings eine Aufwertung meiner jetzigen Tätigkeit  an und schreibe diesbezüglich eine Diplomarbeit zum Thema „Natur macht Schule“. Im Rahmen meiner Tätigkeit  habe ich die Möglichkeit meine in diesem Lehrgang erworbenen Kenntnisse zum Wohle unserer Schulkinder umzusetzen. Weiters erleichtern mir die in dieser Ausbildung vermittelten EDV-Anwendungen meine derzeitige berufliche Tätigkeit.“

4.) Der diesem Schreiben beigefügten Aufstellung zufolge setzen sich die unter KZ [722) als Werbungskosten begehrten Aufwendungen für die Teilnahme am WIFI Diplomlehrgang „Personal-Coach im tiergeschützten Setting„ (laut Rechnung vom bzw. Bestätigung vom ) aus WIFI Kursgebühren (€  3.237,00), Unterkunft (€ 519,00) sowie Reisekosten (€ 2.142,00) zusammen.

Entsprechend der vorgelegten Bestätigung war die Bf. an folgenden Kurstagen anwesend:


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30.04. und ;
Samstag, Sonntag
18.06. und ;
Samstag, Sonntag
13.07. bis ;
Mittwoch bis Sonntag – Urlaub (Mi –Fr)
19.08., 20.08. und ;
Freitag bis Sonntag
15.10. und ;
Samstag, Sonntag
19.11. und ,
Samstag, Sonntag
10.12. und ;
Samstag, Sonntag

5.) Da im Einkommensteuerbescheid für 2016 vom die Aufwendungen für den genannten Lehrgang keine Berücksichtigung fanden, erhob die Bf. fristgerecht die Beschwerde vom und begründete:
Streitgegenständlich handle es sich nicht um Umschulungskosten, sondern um Aus- und Fortbildungskosten. Im Rahmen ihrer Tätigkeit als Sachbearbeiterin im Schulgemeindeverband H habe sie in den vergangenen Jahren immer wieder mit naturbezogenen Projekten zu tun gehabt, insbesondere seien in den letzten Jahren vier naturnahe Schulhöfe entstanden, bei deren Planung und Umsetzung sie involviert gewesen sei.

Die Teilnahme am in Rede stehenden Seminar habe eine Vertiefung ihrer Fähigkeiten bewirkt, insbesondere im Bereich Coaching/Beziehungsarbeit (bei täglichen Besprechungen mit Direktoren und Lehrern und bei der Abwicklung von Reparaturarbeiten und bei ihrer Überprüfungstätigkeit) sowie betreffend die Erstellung und Betreuung einer Homepage, wobei ihr Arbeitgeber zu diesem Zeitpunkt über keine Homepage verfügte.

Wildkräuterkunde bilde zudem eine wertvolle Ergänzung der naturnahen Schulhöfe.

6.a) In den als Nachweis beigefügtem Schreiben vom führte der Vorsitzende des Schulgemeindeverbandes H aus, dass die Bf. als Mitarbeiterin im Schulgemeindeverband H für die Ausstattung und Instandhaltung der „neuen Mittelschulen“ im Bezirk H zuständig und im Rahmen dieser Tätigkeit auch in die Gestaltung von naturnahen Schulhöfen involviert gewesen sei.
Die von der Bf. absolvierte Aus- und Weiterbildung sei durchaus im Sinne des Arbeitgebers und für deren Tätigkeit im Schulgemeindeverband eine wertvolle Ergänzung.

6.b) Diese Ausführungen grundsätzlich bestätigend ergänzte der Geschäftsführer des Schulgemeindeverbandes im Schreiben vom , dass das Projekt der Bf. „NMS -

Natur macht Schule“, welches die Bf. im Rahmen ihrer Fortbildung erarbeitet habe, sich diesem Gedanken anschließe und für den Schulgemeindeverband von großem Interesse und im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit zu sehen sei. Kinder und Jugendliche, die über dieses Projekt einen verantwortungsvolleren Umgang mit Mensch, Tier und Bauwerk erlernten, würden dem Schulgemeindeverband bei der Verbesserung der Bedingungen bei der Gebäudeverwaltung und Instandhaltung helfen.
Die von der Bf. in diesem Kurs erworbenen PC-Kenntnisse, wie die Erstellung und Betreuung einer Homepage, seien für den Arbeitgeber von dienstlichem Interesse. Die Fortbildung diene der Vertiefung ihrer beruflichen Fähigkeiten in ihrem bestehenden Beruf.

7.) Die abweisende Beschwerde vorentscheidung vom begründete das Finanzamt damit, dass der Dienstgeber für die Lehrgangsteilnahme keine Ersätze geleistet habe und sich der von der Bf. besuchte Lehrgang laut dem von der Bf. vorgelegtem Folder besonders an all jene Menschen richte, die eine berufliche Haupt- oder Nebenselbständigkeit im Rahmen der tiergeschützten Intervention/Pädagogik/Sozialarbeit/Therapie etc. anstrebten. Die Lehrgangsinhalte reichen von den theoretischen Grundlagen tiergeschützten Arbeitens, über Themen der Tierhaltung, des Einsatzes und der Ethologie vieler Haustierarten, Wildtierkund- und Ökologie, über einen kleinen Exkurs zur Wald und Wildkräuterkunde bis hin zum Aufbau einer Firmenhomepage.
Die Bf. habe nur dargelegt, dass sie an einem Projekt „Natur macht Schule“ arbeite und beabsichtige, die Homepage zu erstellen und zu betreuen, habe aber konkrete Nachweise einer beruflichen Verwertung der Ausbildung nicht erbracht.

8.) Mit Schriftsatz vom begehrte die Bf. die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Unter Hinweis, wie die im Lehrgang erworbenen Kenntnisse von ihr sehr wohl beruflich genützt werden könnten, war ihre Abschlussarbeit mit dem Bemerken beigefügt, dass ein solches Projekt unkompliziert in Ansehung von Ort, Zeit und Finanzen durchgeführt werden könne.

9.) Mit der angeführten Abschlussarbeit erstellte die Bf. einen Businessplan zum Thema „NMS Natur macht Schule“. Laut Vorwort war es Ziel des auf die Stadt H bzw. auf den Bezirk reflektierenden Themas Kindern und Jugendlichen die Natur näher zu bringen, insbesondere dass Schulen mit dem Schwerpunkt Natur der Jugend die Chance bieten Selbstständigkeit, soziale Kompetenz und Praxisnähe zu vermitteln, denn Tiere und Pflanzen sind wertvolle Lehrmeister.

Die Idee NMS Natur macht Schule wurde 2017 in der Bf., Mitarbeiterin im Schulgemeindeverband H, ……, geboren:
Weg von der            NMS – Neuen Mittel Schule
hin zur                    NMS – Natur macht Schu
le“ (siehe Punkt 1.1.)

Im Bezirk H sind 4 von 9 Gemeinden „Klimabündnisgemeinden, es beteiligt sich aber keine Schule im Bezirk am Klimabündnis.
Als Pilotprojekt startet die Bildungswelt Maximilian Schell (KG, VS, NMS) ab Herbst 2017 mit dem Schwerpunkt NATUR.

Um die Natur in das Schulgebäude zu bringen, werden die einzelnen Klassenräume zu Lebens- und Themenräume. So bekommt jede Klasse einen Namen wie z. B. „Dschungelcamp“ usw. ….

Als Zusatzangebot zu „NMS – Natur macht Schule“ wird ein „Brütprojekt“ beschrieben:
An einem geschützten, aber für jeden zugänglichen Ort, wird ein Brutapparat mit dem Gelege von Hühnern (vorzugsweise von Serama-Huhn, kleinstes Huhn der Welt) aufgestellt. Nach dem Schlüpfen können die Küken noch ca. 1 Monat in der Schule betreut und beobachtet werden.
2-3 erwachsene Hühnerpärchen könnten dauerhaft an der Schule leben
.“ (Punkt 2.1., 4. Seite).

Es folgen Ausführungen über die mediale Verbreitung dieser Idee über Homepage, Facebook, Mundpropaganda, Tag der offenen Schultür sowie durch Teilnahme an Veranstaltungen in der Region, weiters über Flyer, Zeitung, TV, Kooperation mit Gleichgesinnten, etc. ...

Unter wirtschaftlichen und rechtlichen Hintergründen wird ausgeführt, dass eine Umsetzung dieses Pilotprojektes über den Schulgemeindeverband H angestrebt wird, wofür ein Budgetansatz im 1. Jahr von ca. Euro 8.000,00 für die Erstausstattung, Beschriftung Hinweisschilder, Klassenraumgestaltung,…  genannt wird.

10.) Im Zuge des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht wurde die Bf. mit Bedenkenvorhalt vom u.a. ersucht alle (den/die) mit dem Dienstgeber abgeschlossenen Dienstverträge vorzulegen sowie – gegebenenfalls - alle mündlich getroffenen Vereinbarungen im Detail bekannt zu geben, den in Geltung gewesenen Kursplan  (Beginn und Ende der jeweiligen Veranstaltungen) eine Kopie des Urlaubskontos des Dienstgebers beizubringen, aus welchem im Detail nachvollziehbar ersichtlich ist, an welchen Tagen im Jahr 2016 eine bezahlte Dienstfreistellung und an welchen Tagen Urlaub gewährt wurde, sowie des Weitere darzulegen und zu belegen, ob und inwieweit eine Umsetzung eines Projektes erfolgte bzw. in welcher Form eine Verwertung der erworbenen Kenntnisse erfolgte.

11.) In Beantwortung dieses Vorhaltes teilte die Bf. im Schreiben vom mit, dass das Projekt „NMS Natur macht Schule“ in Form eines „Hühnerbrütprojektes“ in der NMS St. Paul umgesetzt wird. Nach Standort- und Terminabklärung im Dezember 2017 wurde im Jänner 2018 begonnen die erforderliche Ausstattung (Indoorhühnerstall, Brutmaschine, Hühnerstall im Schulgarten, etc..) anzuschaffen und die Bruteier zu bestellen. Auch die Schulkinder wurden über das Projekt informiert.
Neben dem Dienstvertrag vom wurden 2 Nachträge zu diesem, das Zeugnis über die Ablegung der Dienstprüfung, eine Kopie des Urlaubskontos, der Kursplan sowie die Belege bzw. Rechnungen betreffend das Hühnerbrütprojekt übermittelt.

12.) Im Zuge der mündlichen Verhandlung verwies die Bf. auf ihre bisherigen Ausführungen und erläuterte ihre Beweggründe für die Teilnahme am Lehrgang dahingehend, dass sie sich im Zuge ihrer Tätigkeit immer mit Kindern beschäftige und ihr deren positive Entwicklung am Herzen liege. Indem man Kindern Wurzeln gebe und ihnen einen Bezug zur Natur vermittle, mache man sie stabiler. Aus diesem Grund habe sie im Internet nach entsprechenden Ausbildungsmöglichkeiten gesucht. Nach Auffinden des in Rede stehenden Lehrganges habe sie mit ihren Vorgesetzten Rücksprache gepflogen und haben diese den Besuch des Lehrganges als eine wertvolle Ergänzung beurteilt und Unterstützung zugesagt.
Diese bestehe insbesondere in der Übernahme der Kosten für die Realisierung des „Hühnbrütprojektes“, welches sie in ihrer Dienstzeit umgesetzt habe und welches sie betreue und wofür sie auch Reisekostenersätze seitens des Dienstgebers erhalte.

Auf den Einwand des Finanzamtes, dass es sich diesbezüglich um eine Herzensangelegenheit der Bf. handle sich sozial zu engagieren und dass sich ohne diesen Lehrgangsbesuch kein beruflicher Nachteil für die Bf. ergeben hätte, weshalb die berufliche Notwendigkeit zu verneinen sei, entgegnete die Bf., dass die Schulen naturnah ausgestattet sind und hierfür die Ausbildung gemacht worden sei. Es mussten offizielle Wege beschritten werden, so sei für das „Hühnerbrütprojekt“ eine Bewilligung des Amtstierarztes erforderlich gewesen.
Die Aufwertung ihrer Tätigkeit sieht die Bf. darin, dass durch die Gestaltung der naturnahen Schulhöfe eine Qualitätsverbesserung im Sinne der Beziehung zur Natur für die Schüler eintrete, da die Jugend einen sorgsameren Umgang und Zugang zur Natur und zu den Gebäuden erlerne, wodurch ihrem Dienstgeber in Zukunft geringere Instandhaltungsaufwendungen entstehen werden.
Die Bf. übergab neben einer Einladung zur Eröffnung der Außenanlage des „Hühnerbrütprojektes - NMS – Natur macht Schule“, welcher am von 10:00 bis 11:30 stattfand und in welcher die Bf. als Projektleiterin angeführt wird , auch einen Zeitungsartikel in der Unterkärntner Nachrichten, in welchem über das Projekt berichtet wird.

B) Über die Beschwerde wurde erwogen:

1.) Feststellungen:

Die Bf. erzielte im Streitjahr 2016 sowie im Jahr2017 Einkünfte nicht selbständiger Tätigkeit als Bedienstete des Schulgemeindeverbandes H.

Mit Dienstvertrag vom wurde die Bf. per Wirkung vom als Vertragsbedienstete beim Schulgemeindeverband H auf ein Jahr befristet als Dienstnehmerin aufgenommen. Mit 2. Nachtrag vom wurde das inzwischen bereits mit Nachtrag vom bis zum befristet verlängerte Dienstverhältnis in ein unbefristetes auf unbestimmte Zeit abgeändert.
Entsprechend § 4 des genannten Dienstvertrages verpflichtete sich die Bf. innerhalb von 48 Monaten die C-Prüfung für den mittleren Gemeindedienst beim Amt der Kärntner Landesregierung abzulegen, welche die Bf. im Jahr 2006 erfolgreich absolvierte.
Gemäß § 2 dieses Dienstvertrages verpflichtete sich die Bf. zur Versehung des Dienstes als Bürokraft im Zentralamt des Schulgemeindeverbandes H.

Entsprechend den eigenen Ausführungen der Bf. im Schreiben vom war bzw. ist die Bf.  seit 2002 als Sachbearbeiterin des Schulgemeindeverbandes H im Baudienst für die Bereiche Rechnungskontrolle, Buchhaltung, allgemeiner Schriftverkehr, Ausschreibungen für die Ausstattung der Schulen, Organisation der gesetzlich vorgeschriebenen Überprüfungen (Turngeräte, …) Organisation von Reparaturen im und um das Schulgebäude (Schulhofgestaltung), Schnittstelle zwischen Schule und Verwaltung, Unterstützung des Bauingenieurs etc… zuständig.

Im Rahmen ihrer Tätigkeit als Sachbearbeiterin im Schulgemeindeverband H hatte sie in den vergangenen Jahren immer wieder mit naturbezogenen Projekten zu tun, sie war insbesondere bei Planung und Umsetzung der naturnahen Schulhöfe involviert (laut unwidersprochenen gebliebenem Vorbringen der Bf. , Bescheinigung der Vorgesetzten).
Nach Rücksprache mit ihren Vorgesetzten (Vorbringen der Bf.  im Zuge der mündlichen Verhandlung) und deren Zusicherung, sie zu unterstützen, besuchte die Bf. der vorgelegten Bestätigung vom zufolge den Lehrgang „Personal-Coach im tiergeschützten Setting“, welcher vom bis dauerte und wofür die Abschlussprüfung am stattfand.
Hierfür trug die Bf. die – der Höhe nach unstrittigen - Aufwendungen im Ausmaß von € 5.898,00.

Der von der Bf. besuchte Lehrgang „tiergeschützte Interventionen“ richtet sich laut dem vorgelegten Folder besonders an all jene Menschen, die eine berufliche Haupt- oder Nebenselbständigkeit im Rahmen der tiergeschützten Intervention/Pädagogik/Sozialarbeit/Therapie etc. anstreben. Die Lehrgangsinhalte reichen von den theoretischen Grundlagen tiergeschützten Arbeitens, über Themen der Tierhaltung, des Einsatzes und der Ethnologie vieler Haustierarten, Wildtierkund- und Ökologie, über einen kleinen Exkurs zur Wald und Wildkräuterkunde bis hin zum Aufbau einer Firmenhomepage.

Eine diesbezüglich durchgeführte Internet – Recherche unter der Suche: „Personal-Coach im tiergeschützten Setting“ (WIFI Niederösterreich) ergab Folgendes:

Coaching-Lehrgang mit Tieren:

Tiergestützte Pädagogik wird immer öfter bei sozialen Fördermaßnahmen eingesetzt. Die Arbeit mit Therapie-Tieren kann man nun am WIFI Niederösterreich erlernen. Im Lehrgang Personal-Coach im tiergestützten Setting kann man sich alle Grundlagen und Praxis erarbeiten.

Tiergestütztes Coaching: Voraussetzungen

Personal-Coaches im tiergestützten Setting nutzen die positiven Effekte, die vom Tiertraining ausgehen können. Wichtige Voraussetzungen sind

  • Bereitschaft zur Selbsterfahrung

  • Soziale Kompetenz

  • Kreativität

  • und Erfahrung im Umgang mit Tieren

Die Teilnehmer/innen stammen aus Berufsgruppen mit pädagogischer, sozialer, medizinischer, psychologischer oder therapeutischer Ausrichtung sowie Menschen aus Berufsgruppen mit Begleitungs- oder Unterstützungsarbeit. Aber auch engagierte Menschen aus anderen Berufen können teilnehmen: Mindestalter 21 Jahre, nach einem positiven Evaluierungsgespräch. Eigene Erfahrung im Umgang mit Tieren wird vorausgesetzt.

Was lernen Personal-Coaches für das tiergestützte Setting?

  • Grundlagen
    Pädagogik, Psychologie, Psychotherapie, artgerechte Tierhaltung, tiergestütztes Arbeiten, Tierschutzverordnungen

  • Spezifische Coaching-Werkzeuge

  • Praxis des positiv verstärkenden Tiertrainings

  • Grundlagen der Methodik des ethisch stimmigen Umgangs mit Mensch und Tier

  • Praxisorientiertes Lernen und eigenes Erleben im Umgang mit Mensch und Tier

Nach erfolgreichem Abschluss erhalten die Teilnehmer/innen ein WIFI-Diplom.

Kurstermine und alle Infos: Politische Karte Österreichs

  • Niederösterreich„

Unbestritten wurden seitens Dienstgebers für die Lehrgangsaufwendungen keine Ersätze geleistet.
Für die Teilnahme an den einzelnen vornehmlich an den Wochenenden (siehe Punkt 4.) stattgefundenen Lehrgänge nahm sich die Bf. vom 13. bis Urlaub, für die beiden Tage vor der Diplomprüfung im Mai 2017 gewährte der Dienstgeber Sonderurlaub.


Im Schreiben vom führte der Vorsitzende des Schulgemeindeverbandes aus, dass die Bf. als Mitarbeiterin im Schulgemeindeverband H für die Ausstattung und Instandhaltung der „neuen Mittelschulen“ im Bezirk H zuständig und im Rahmen dieser Tätigkeit auch in die Gestaltung von naturnahen Schulhöfen involviert gewesen war.
Die von der Bf. absolvierte Aus- und Weiterbildung ist durchaus im Sinne des Arbeitgebers gelegen und für deren Tätigkeit im Schulgemeindeverband eine wertvolle Ergänzung.

Der Geschäftsführer des Schulgemeindeverbandes bestätigte im Schreiben vom diese Ausführungen und ergänzte, dass das Projekt der Bf. „NMS - Natur macht Schule“, welches die Bf. im Rahmen ihrer Fortbildung erarbeitete, sich diesem Gedanken anschließe und für den Schulgemeindeverband von großem Interesse und im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit zu sehen ist. Kinder und Jugendliche, die über dieses Projekt einen verantwortungsvolleren Umgang mit Mensch, Tier und Bauwerk erlernten, würden dem Schulgemeindeverband bei der Verbesserung der Bedingungen bei der Gebäudeverwaltung und Instandhaltung helfen.
 

Nach Standort- und Terminabklärung im Dezember 2017 wurde von der Bf. als Projektleiterin (in ihrer Dienstzeit) im Jänner 2018 begonnen das in der Abschlussarbeit beschriebene Projekt „NMS Natur macht Schule“ in der NMS St. Paul in Form eines „Hühnerbrütprojektes“ umzusetzen.

Hierfür schaffte die Bf. auf Rechnung ihres Dienstgebers die erforderliche Ausstattung  (Indoorhühnerstall, Brutmaschine, Hühnerstall im Schulgarten, etc..) an und bestellte die Bruteier (laut vorgelegten Rechnungen und Fotos).
Für die erforderlichen Fahrten genehmigte der Dienstgeber die entsprechenden Dienstreiseaufträge und legte die Bf. Reiserechnungen.

Die offizielle Eröffnung der Außenanlage des „Hühnerbrütprojektes - NMS – Natur macht Schule“, für welches die Bf. als Projektleiterin fungierte, fand am von 10:00 bis 11:30 statt. Auch in den lokalen Medien wurde in einem Zeitungsartikel (der Unterkärntner Nachrichten) über das Projekt und dessen positive Auswirkungen auf die Schuljugend berichtet.

2.) Rechtslage:

Streitgegenständlich ist strittig, ob die Aufwendungen für die Teilnahme am Lehrgang/Seminar „Personal-Coach im tiergeschützten Setting“ Werbungskosten bei den Einkünften aus nicht selbständiger Tätigkeit der Bf. darstellen.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 180/2004 zählen Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen, zu den Werbungskosten.

Demgegenüber dürfen gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abgezogen werden, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Die (Stammfassung der) Z 10 wurde mit dem StRefG 2000, BGBl. I Nr. 106/1999, in die Bestimmung des § 16 Abs. 1 EStG 1988 eingefügt. Dadurch sollte die früher bestandene strenge Differenzierung zwischen steuerlich nicht abzugsfähigen Aufwendungen für die Ausbildung einerseits und steuerlich abzugsfähigen Aufwendungen für die Fortbildung andererseits gelockert werden. Im Gegensatz zur Rechtslage vor dem StRefG 2000 sollen auch solche Bildungsmaßnahmen als abzugsfähige (Fort)Bildung angesehen werden, die nicht spezifisch auf eine bestimmte betriebliche oder berufliche Tätigkeit ausgerichtet sind, sondern zugleich für verschiedene berufliche Bereiche dienlich sind, die aber im ausgeübten Beruf von Nutzen sind und somit einen objektiven Zusammenhang mit dem ausgeübten Beruf aufweisen (vgl. Erk. des ). Nach den Ausführungen in diesem Erkenntnis liegt eine begünstigte Bildungsmaßnahme jedenfalls vor, wenn die erworbenen Kenntnisse im Rahmen der ausgeübten Tätigkeit verwertet werden können, auch wenn die Verwertung nur fallweise erfolgt.

Auch im Erkenntnis vom , 2009/15/0197, zur Berücksichtigung von Bildungsaufwendungen wird festgehalten, dass eine begünstigte Bildungsmaßnahme jedenfalls vorliegt, wenn die Kenntnisse im Rahmen der ausgeübten Tätigkeit verwertet werden können. In Bezug auf Aufwendungen für die Persönlichkeitsentwicklung kann dies wegen der Nähe zum Bereich der privaten Lebensführung allerdings nur dann gelten kann, wenn im Rahmen der ausgeübten beruflichen Betätigung eine entsprechende (idR psychologische) Schulung erforderlich ist (vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Tz. 1 und 2 zu § 16 Abs. 1 Z 10).
Aufwendungen sind dann als notwendig anzusehen, wenn diese objektiv für die Erwerbstätigkeit sinnvoll sind.

War die Bf. ihren eigenen D arlegungen zufolge, sowie aufgrund des Dienstvertrages vom zur Tätigkeit als Bürokraft im Zentralamt des Schulgemeindeverbandes H verpflichtet und insbesondere im Baudienst u.a. auch für die Ausstattung der Schulen zuständig, so kann in Anbetracht der Ausführungen in dem als Nachweis beigefügten Schreiben des Vorsitzenden des Schulgemeindeverbandes, in dem bescheinigt wird, dass die Bf. als Mitarbeiterin im Schulgemeindeverband H für die Ausstattung und Instandhaltung der „neuen Mittelschulen“ im Bezirk H zuständig und im Rahmen dieser Tätigkeit auch in die Gestaltung von naturnahen Schulhöfen involviert gewesen ist und dass die von der Bf. absolvierte Aus- und Weiterbildung durchaus im Sinne des Arbeitgebers gewesen sei und für deren Tätigkeit im Schulgemeindeverband eine wertvolle Ergänzung darstelle, nicht gesagt werden, dass die Lehrgangsteilnahme bzw. die Lehrgangsinhalte nicht objektiv mit der beruflichen Tätigkeit in Zusammenhang stehen. Vielmehr wird in den Schreiben der Vorgesetzten bescheinigt, dass der Besuch des Lehrganges und die vermittelten Kenntnisse objektiv für die Erwerbstätigkeit als sinnvoll erachtet werden.

Zwar trug der Arbeitgeber im vorliegenden Fall nicht die Ausbildungskosten, er übernahm aber in Folge die Kosten für die Umsetzung des in der Abschlussarbeit erarbeitete Projektes der Bf. , welches sie sodann in der Dienstzeit erarbeiten, umsetzen und verwirklichen konnte. Auch der diesbezügliche Reisekostenersatz für die für die Umsetzung des Projektes genehmigten Dienstreisen stellen ein weiteres Indiz für die berufliche Notwendigkeit der Bildungsmaßnahmen dar.

Damit steht außer Zweifel, dass ohne die Teilnahme am in Rede stehenden Lehrgang das Hühnerbrütprojekt nicht ins Leben gerufen worden wäre, ebenso dass die erworbenen Kenntnisse für die berufliche Tätigkeit der Bf.  - wie vom Verwaltungsgerichtshof gefordert - verwertbar (von Nutzen) sind, sodass die Bildungsmaßnahme zweifellos als objektiv sinnvoll (notwendig) zu beurteilen ist, wie im Übrigen auch den Bestätigungen der Vorgesetzten zu entnehmen ist.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die der Bf. ve rmittelten theoretischen und praktischen Lehrgangskenntnisse im Rahmen der von ihr konkret ausgeübten Tätigkeit als Sachbearbeiterin des Schulgemeindeverbandes von Nutzen sind und dass die Bf. die erworbenen Kenntnisse in ihrer beruflichen Tätigkeit entsprechend verwerten kann, wie durch die tatsächliche Umsetzung des in der Abschlussarbeit beschriebenen „Hühnerbrütobjektes“ dokumentiert wird.

Ergänzend wird angemerkt, dass der Umstand, dass die vermittelten Kenntnisse unter Umständen auch im privaten Lebensbereich angewendet werden könnten, nach Ansicht des Senates einer Anerkennung der Aufwendungen deshalb nicht entgegen steht, weil die Bf. – seitens des Finanzamtes unwidersprochen - dargetan hat, dass sie sich aus beruflichen Gründen und nach Zusicherung der Unterstützung der Vorgesetzten für die Teilnahme am Lehrgang entschieden hat und die Bf. damit in ihrem gesamten Beschwerdevorbringen [siehe Punkte 5.)9.)und 12.)] die berufliche Veranlassung ausreichend dargetan hat (vgl. ). An dieser Betrachtungsweise vermag auch der Einwand des Finanzamtes, dass es sich um „Herzensangelegenheit“ (und somit um ein privates Interesse) der Bf. handle, sich sozial zu engagieren, nichts zu ändern, zumal das berufliche Engagement der Bf. auf Basis ihres Vorbringens nicht von der Hand zu weisen ist.

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

C) Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Berücksichtigung von Bildungsaufwendungen als Werbungskosten abweicht, ist die ordentliche Revision nicht zulässig.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Bedienstete des Schulgemeindeverbandes
Aus- und Fortbildungsmaßnahme
berufliche Veranlassung
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.4100370.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at