TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.07.2018, RV/7100035/2017

Außergewöhnliche Belastung und Tiefenstrahler bei beidseitiger Achillodynie

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Christoph Kordik in der Beschwerdesache Bfin., Adresse , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt A vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2015 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird - im eingeschränkten Umfang - gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabengutschrift sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Einzig verbliebener Beschwerdepunkt ( siehe Einschränkung des Beschwerdebegehrens betreffend Medikamentenkosten v.) bildete die Frage, ob die Anschaffung eines Tiefenstrahlers Repuls zur Linderung bzw. Heilung der beidseitigen Achillessehnerkrankung steuerlich als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden kann. 

In der im Wege des Finanzonline am eingereichten Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung wurden Kosten (70 %) für die Anschaffung des Tiefenstrahlers REPULS teilweise geltend gemacht.

Im Einkommensteuerbescheid v. wurden diese Kosten nicht anerkannt. Auf die diesbezügliche Begründung wird verwiesen.

Beschwerdeausführungen

"Bezugnehmend auf den übermittelten Einkommensteuerbescheid 2015 (Abgabenkontonummer 00*) vom nutze ich mein Recht, gegen diesen Bescheid Beschwerde einzulegen. Ihre Begründung „Da der Tiefenstrahler ohne Anleitung und Aufsicht eines Arztes oder Therapeuten benutzt wurde bzw. wird und somit nicht als Heilverfahren oder Therapie qualifiziert werden kann." trifft nicht zu, und entspricht nicht dem stattgefundenen Ablauf. Hier dürfte es sich um ein Missverständnis handeln. Selbstverständlich wurde die Therapie von Dr.Mag. G durchgeführt. Die Anwendung des Therapiegerätes erfolgte unter seiner Aufsicht und Anleitung.Ergänzend zur übermittelten Bestätigung von 04.08 lege ich ein weiteres Schreiben [Anhang 1] von Dr. Mag. G (ausgestellt am 03.10) der Beschwerde bei, aus der sich der Sachverhalt hoffentlich aufklärt. Dr. Mag. G ist Facharzt für Unfallchirurgie sowie Arzt für Allgemeinmedizin. Er ist spezialisiert auf Schmerztherapie des Stütz- und Bewegungsapparates wie z.B. im meinem Fall der Achillodynie und gilt als anerkannter Fachexperte u.a. bei der Anwendung des Repuls Tiefenstrahlers. Im Anhang 2 finden Sie einen Überblick seines Leistungsangebotes. Ergänzend verweise ich auf die allgemein zugänglichen Informationen [Anhang 3] auf der Website des Bundesministeriums für Finanzen betreffend „Außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt" bezüglich der Aufwendungen für Heilbehelfe (Gehbehelfe, Hörgeräte usw.), die ich als Grundlage für meine Auflistung heranziehe. Es geht in dem übermittelten Dokument [Anhang 1] eindeutig hervor, dass ich bei der Anwendung des Tiefenstrahlers in Therapie und unter ärztlicher Aufsicht war, und eine Heilbehandlung erfolgte. (Anmerkung BFG: Die weiteren Beschwerdeausführungen betrafen ein nicht mehr strittiges Thema).Beilage: Bestätigung von Dr. G , Adresse -Betreff: Fr. Bfin., geb. am tt.mm.1973 — Aufsicht und Anleitung des Repuls Tiefenstrahlers zur Eigenbehandlung:

Fr. Bfin. war bei mir aufgrund ihrer gesundheitlichen Probleme mit beiden Achillessehnen in ärztlicher Behandlung. Die Anwendung des o.g. Therapiegerätes erfolgte unter meiner Aufsicht und Anleitung. Die zeitaufwendige Anwendung des Tiefenstrahlers musste möglichst täglich erfolgen, und konnte von Fr. Bfin. in Eigenbehandlung selbstständig durchgeführt werden. 

Mit Beschwerdevorentscheidung v. wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der gesonderten Bescheidbegründung wurde unter Verweis auf § 34 EStG 1988 Folgendes ausgeführt:

"Unabhängig davon, ob die Zwangsläufigkeit der Anschaffung eines "Heilbehelfes" durch eine ärztliche Verordnung nachgewiesen wurde, ist eine weitere Voraussetzung für die Anerkennung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung, dass überhaupt eine Belastung vorliegt. Eine Belastung liegt nur dann vor, wenn die Aufwendungen mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verbunden sind (vgl. z.B. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) vom , Zahl 2010/15/0003). Es muss sich daher um einen "verlorenen" Aufwand handeln, wovon dann nicht die Rede sein kann, wenn der Aufwand zu einem entsprechenden Vermögenswert geführt hat ( Zahl 2010/15/0003), somit also ein "Gegenwert" geschaffen wurde. Der Erwerb eines Gegenstandes bzw. (Wirtschafts-)Gutes stellt daher in der Regel keine außergewöhnliche Belastung dar ( Zahl 92/14/0172). Dies gilt selbst dann, wenn das Wirtschaftsgut von einer beeinträchtigten Person entsprechend verwendet wird (Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes (BFG) vom , GZ. RV/51Ö0539/2016). Ein "verlorener" Aufwand liegt dann vor, wenn der "Heilbehelf' oder das "Hilfsmittel" so auf die Bedürfnisse einer beeinträchtigten oder behinderten Person abgestimmt ist, sodass dieser Heilbehelf oder dieses Hilfsmittel für andere Personen gar keinen Nutzen und daher auch keinen bzw. fast keinen eigenen Verkehrswert hat (z.B. Prothesen). Bei gegenständlichem Tiefenstrahler handelt es sich um ein Produkt, welches unbestrittenermaßen ein "handelsübliches" und am freien Markt erwerbbar ist und welches auch von allenfalls gesundheitsbewussten, jedoch nicht beeinträchtigten Personen, entsprechend verwendet wird bzw. einem solchen Personenkreis angeboten wird. Dadurch wurde aber, anders als etwa bei Rollstühlen, Prothesen oder behindertengerechten Umbauten, ein expliziter, für jedermann nutzbarer, messbarer Gegenwert geschaffen. Dementsprechend liegt allerdings kein endgülter Vermögensabfluss, sondern lediglich eine Vermögensumschichtung (Geldmittel gegen allgemein verwendbares Wirtschaftsgut) vor und es mangelt somit am Vorliegen einer wirtschaftlichen Belastung an sich (vgl. Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates (UFS) vom , GZ. RV/0422-K/11 betreffend Tiefenstrahler). 

Im Vorlageantrag v. wurde von der Bfin. Folgendes ausgeführt:

"Mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am wurde meine Beschwerde vom gegen den Bescheid vom als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich der Begründung meines Begehrens und der beantragten Änderungen verweise ich auf meine Beschwerde vom - eingebracht beim Finanzamt FA, und ergänze wie folgt: Wie von Hr. Dr G, FA für Unfallchirurge und Allgemeinmedizin, bestätigt, erfolgte meine Behandlung unter seiner Aufsicht und Anleitung. Dr. G hielt fest, dass die Eigenbehandlung medizinisch gerechtfertigt ist. Der Repuls Tiefenstrahler sei für mein Krankheitsbild ein geeignetes und notwendiges Therapiegerät. Meine Erkrankung war unbedingt behandlungsbedürftig, ich konnte kaum mehr gehen. Aufgrund der täglichen und mehrmonatigen Anwendung des Heilbehelfs wurde eine drohende OP beider Achillessehnen abgewendet. Dr. G bestätigte diesen Sachverhalt in seinem Schreiben vom an das Finanzamt Gänserndorf. Eine durch diese Maßnahme wesentliche Verbesserung der Erkrankung ist nachweislich gegeben. Durch Einsatz dieses Heilbehelfs (Tiefenstrahler) unter ärztlicher Anleitung war mein Krankheitsverlauf positiv beeinflussbar und die Verbesserung absehbar. Letztendlich konnte ich mir eine OP beider Achillessehnen ersparen. Der Begriff "Heilbehelf" ist im Gesetz nicht definiert. Die Auslegung des Begriffes "Behelf" hat sich am Sprachgebrauch und an gesetzlichen Beispielen zu orientieren. Nach der Rechtssprechung legt § 137 Abs 1ASVG und § 87 Abs 1 BSVG fest, dass unter "Heilbehelfe" solche Behelfe zu verstehen sind, die der Heilung, Linderung oder Verhütung von Verschlimmerungen der Krankheit dienen. In meinem Fall trat durch die mehrmonatige tägliche ca. 30-40min Anwendung des Tiefenstrahlers eine wesentliche Verbesserung ein, so das ich wieder uneingeschränkt gehen kann.Der Repuls Tiefenstrahler ist ein medizinisches Gerät, entwickelt an der TU Wien, eingesetzt in mehreren Österreichischen Krankenhäusern. Referenzliste (Auszug aus Internet vom ): http://www.repuls.at/referenzen/krankenhäuser-und-gesundheitseinrichtungen/Leitfaden Repuls TU Wien (Auszug aus Internet vom ):https://www.tuwien.ac.at/dle/pr/aktuelles/downloads/2009/gegen schmerz/. Die Anwendung des Repuls Tiefenstrahler wurde durch Dr. G auf mein Krankheitsbild abgestimmt und während der Behandlungsdauer begleitet. Unter Abstimmung werden die Anwendungsdauer, die Intensität und die relevante Behandlungszonen verstanden. Nur mit ärztlicher Anleitung und Begleitung war mir eine Behandlung erst möglich. Aufgrund der langen Anwendungsdauer (beinahe 5 Monate) war die Anschaffung des Gerätes das mir gelindeste Mittel. Eine mögliche tägliche Behandlung bei Dr. G (unabhängig der Kosten für Transport) wäre wesentlich teuer für mich gewesen. Selbstverständlich handelt es sich aus meiner Sicht um einen "verlorenen" Aufwand, weil nach meiner Heilung kein Anwendungsfall mehr vorliegt, und mir kein weiterer Nutzen gegeben ist. Die behandlungsbedürftige Krankheit wurde durch die Anwendung des Tiefenstrahlers erfolgreich abgeschlossen. Ich beantrage nunmehr meine Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 zur Entscheidung dem Bundesfinanzgericht vorzulegen und ersuche um Entscheidung durch den Senat".

Am wurde der Beschwerdefall urgiert. Nach weiteren Vorhalten des und v.  wurde der  Antrag auf Senat mit Schriftsatz v. (Email) zurückgezogen. Am wurde das zuständige Finanzamt wegen vereinfachter Vorgangsweise  kontaktiert. Vom Finanzamt erfolgte keine Rückmeldung.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus den Ergebnissen des Vorhalteverfahrens [(Finanzamt v.  /Vorhaltsbeantwortung v.  ,Vorhalteverfahren Finanzamt v. ,Vorhaltsbeantwortung v. , dem Vorhalteverfahren des BFG/Vorhalt (Emailmäßige Übermittlung eines abweisenden BFG-Erkenntnisses zu RV/0422-K/11 (anderer Sachverhalt) und  Ersuchen um Stellungnahme  ),BFG/Vorhalt 2 (Anfrage bezüglich alternativer Behandlungsmethoden ),Vorhaltsbeantwortung der Bfin. v.)] sowie insbesondere aus den ärztlichen Bestätigungen der Fachärzte Dr. G v. (Vermeidung einer drohenden Operation sowie medizinische gerechtfertigte Eigenbehandlung am Therapiegerät Repuls) u. v. (Aufsicht u. Anleitung v. Dr. G)  sowie der weiteren ärztlichen Behandlung durch Dr. Z (Facharzt für Orthopädie u. orthopädische Chirurgie.

Über die Beschwerde wurde vom Bundesfinanzgericht erwogen:

Rechtslage

Nach § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen: Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2), zwangsläufig erwachsen (Abs. 3) und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher als jene ist, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst (§ 34 Abs. 2 EStG 1988).

Dem Steuerpflichtigen erwächst die Belastung zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (§ 34 Abs. 3 EStG 1988).

Von einer wesentlichen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist auszugehen, soweit die Kosten einen nach den Bestimmungen des § 34 Abs. 4 bzw. Abs. 5 EStG berechneten, von der Einkommenshöhe des Abgabepflichtigen abhängigen, Selbstbehalt übersteigen (§ 34 Abs. 4 und 5).

Mehraufwendungen können aus dem Titel der Behinderung ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen (§ 34 Abs. 6 EStG).

Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

Im § 4 der Verordnung BGBl. Nr.1996/303 idF BGBl II 2010/430wird normiert, dass nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen sind. Nach § 1 Abs. 3 leg. cit. sind Mehraufwendungen gemäß § 4 der Verordnung nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.

Erwägungen

Folgende Überlegungen sind im konkreten Beschwerdefall entscheidungswesentlich gewesen:

Die Bfin. litt an einer beidseitigen Achillodynie. Die Bfin. konnte kaum mehr gehen. Sie konsultierte mehrere Fachärzte/und Allgemeinärzte (Untersuchung Dr. A, weitere Behandlung durch den Unfallchirurgen/Allgemeinarzt Dr. G (s. Bestätigungen v. u.v.) sowie durch den Facharzt f. Orthopädie und orthopädische Chirurgie Dr.Z).

Zur medizinischen Indikation:

Diese erfordert zwar nicht einen wissenschaftlich gesicherten Wirkungsnachweis, wohl aber, dass hinsichtlich der betreffenden Maßnahmen zumindest auf einen gewissen Heilungserfolg in breiten Kreisen der Bevölkerung , d.h. jedenfalls in einer für die Bildung eines Erfahrungssatzes ausreichenden Zahl von Fällen, verwiesen werden kann, dass also der Erfolg typischer Weise erzielt wird und sich nicht nur auf eine bloß subjektive Besserung der Beschwerden beschränkt. Zumindest müssen die Maßnahmen im konkreten Fall des Antragstellers tatsächlich mit Erfolg angewendet oder der Erfolg aufgrund der bisherigen Erfahrungen wenigstens berechtigt erwartet worden sein. Der Nachweis ist in schlüssiger und eindeutig nachvollziehbarer Weise zu führen.

Der Begriff "Therapie" erfordert nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ein bestimmtes, unter ärztlicher Aufsicht und Betreuung durchgeführtes Heilverfahren (vgl. ). Die gegenständliche Therapie war eine spezielle angeordnete Therapie mit einem Tiefentstrahler. Beim Tiefenstrahler als einem Hilfsmittel iSd § 4 der Verordnung handelte es sich um ein von der Technischen Universität Wien erfundenes österreichisches Therapiegerät. Er arbeitet mit kaltem Rotlicht im Wellenlängenbereich von 610-670 nm. Diese Strahlungsform arbeitet auf einer Wellenlänge, welche eine wesentlich höherer Eindringtiefe ermöglicht als normales UV-Licht. Die tief ins Gewebe eindringende Lichtenergie des Tiefenstrahlers spaltet jene Botenstoffe, die für Entzündungen verantwortlich sind. Die Spaltprodukte können dann durch den Blutkreislauf abtransportiert werden - die Entzündung klingt ab. Die Wirkung wurde bereits in einigen klinischen Anwendungsstudien bestätigt. In Zusammenarbeit mit der Abteilung Technologietransfer der TU Wien wurde das Gerät als österreichisches Patent registriert und erhielt im Dezember 2009 die Zulassung zum Medizinprodukt.

Die Nachweise der tatsächlichen Erkrankung wurden von der Bfin. erbracht. Die Erkrankung der Bfin. führte dazu, dass sie kaum mehr gehen konnte. Die Gehbehinderung beeinflusste den gesamten Zustand der Bfin in negativer Hinsicht. Die medizinische Notwendigkeit steht außer Streit (siehe die vorgelegten ärztlichen Befunde v. Dr. G v. sowie v.). Die spezielle Therapiemaßnahme diente der Wiedererlangung der beinahe vollständigen Gehbehinderung infolge der hier vorliegenden speziellen   Achillessehnenerkrankung. Wie schädlich eine derartige Erkrankung (fast vollständige Gehbehinderung) sein kann, beweist eine im Jahre 2018 veröffentlichte medizinische Studie (veröffentlicht in der Ausgabe „Die ganze Woche, Nr. 24/2018). Folgt man dieser Studie über die positive Eigenschaft des Gehens kann ein gesunder Mensch sogar andere Krankheiten wie Herz-Kreislauferkrankungen vermeiden. Es ist damit gezeigt, wie wichtig es ist, die im vorliegenden Beschwerdefall praktisch gegebene Situation der nachgewiesenen beinahe vollständigen Gehbehinderung im Wege der Anwendung mit dem Tiefenstrahler wiederum zu beseitigen.

Wie aus der Vorhaltsbeantwortung der Bfin v. hervorging, war die Anschaffung des Therapiegerätes überdies billiger als die Miete eines solchen Gerätes über einen solange Zeitraum. Bedenkt man weiters , dass die Eigenbehandlung kostengünstiger war als die jeweiligen Besuche und der dort stattfindenden Therapie bzw. eines eigenen hiezu beauftragten Therapeuten , kann auch das Kostenargument subsidiär herangezogen werden. Auch wurde lt. ärztlicher Bestätigung von Dr. G am ein Spitalsaufenthalt wegen der ansonsten drohenden Operation abgewendet, die wiederum weitere Risken bzw. auch Kosten bewirkt hätten.

Das Finanzamt übersieht nach der Auffassung des Gerichtes Folgendes:

Wenn nach einer Anfangsphase der ärztlichen Behandlung eine weitere Eigenbehandlung mit dem Tiefenstrahler angeordnet wird, weil diese der Facharzt als medizinisch gerechtfertigt ansah (s. Bestätigungen  Dr. G v. u.v.), spricht dies für die Anerkennung gegenständlicher teilweise geltend gemachter Kosten. Medizinische Weiterentwicklungen und deren Anwendung auf Patient/Innen sollten - bei zugrundeliegender Zwangsläufigkeit (medizinische Indikation) - nicht durch das Steuerrecht begrenzt werden. Die Anschaffung des Therapiegerätes erfolgte erst, nachdem in der Ordination des Facharztes für Unfallchirurgie die positive Wirkung dieses Therapiegerätes bei der Patientin erprobt wurde. Dies erfolgte auch unter ärztlicher Aufsicht /Überwachung u. Anleitung. Wenn eine spezielle Therapiemaßnahme für die Linderung bzw. vollständige Heilung konkret geeignet ist, und die Anschaffung kurze Zeit später - und nicht Jahre später- nach der Diagnoseerstellung erfolgte, sind dies alles Umstände für eine Stattgabe des Beschwerdebegehrens. Der Behandlungserfolg - bei täglicher Anwendung (30 -40 Minuten je Trainingseinheit über einen Zeitraum von über 5 Monaten - war im konkreten Beschwerdefall zu 100 % bis Anfang 2016 gegeben. Auch danach traten keine Beschwerden mehr auf. Somit ist klar erwiesen, dass sich der der Tiefenstrahler als Hilfsmittel iSd § 4 der Verordnung eignete. Zudem wird vermerkt, dass die „Gegenwertheorie“(also Vermögensumschichtung) in Form des Verzichtes von 30 % nicht geltend gemachter Anschaffungskosten überdies teilweise mitberücksichtigt wurde. Auf die abweichende Rechtsprechung des UFS zu RV/0422-K/11 wurde in der Darstellung des Verfahrensablaufes verwiesen. Dem gegenständlich zu beurteilende Sachverhalt lag allerdings ein anderer Sachverhalt /andere Beweiswürdigung zugrunde.

Berechnung:

außergewöhnliche Belastung bisher lt. FA: € 3.384,34

außergewöhnliche Belastung lt. BFG: € 5.232,34 (Stattgabe Tiefenstrahler :€ 1.848  mit Selbstbehalt/Berechnung -s. Berechnungsblatt -Beilage 1 zum Erkenntnis)

Nichtzulässigkeit einer ordentlichen Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Es gibt zwar zum Tiefenstrahler noch keine Rechtsprechung des VwGH. Dies alleine allerdings führt noch nicht zur einer Zulassung der ordentlichen Revision. Die gegenständliche Entscheidung hing ausschließlich von der im Rahmen der Beweiswürdigung einzelfallbezogen vorgenommenen Beurteilung von Tatfragen ab.

Beilage: 1 Berechnungsblatt Einkommensteuer 2015

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Selbstbehalt
Tiefenstrahler
Achillodynie (beidseitig)
fast vollständige Gehbehinderung
Anmerkung
abweichend RV/0422-K/11 (anderer Sachverhalt/andere Beweiswürdigung)
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7100035.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at