Ermessen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch V, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Lilienfeld St. Pölten vom , betreffend die Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 € zu StNr. XY zu Recht erkannt:
Der eingeschränkten Beschwerde wird Folge gegeben. Die Zwangsstrafe wird mit 200,00 € festgesetzt.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt
Am fand ein Steuerberaterwechsel statt. Die ehemalige steuerliche Vertretung besaß bis zu diesem Stichtag eine Quote bis 2013, sodass für die Abgabe der Einkommensteuererklärung 2013 zunächst der maßgeblich war. Allerdings schränkte diese die Quote nach dem Wechsel auf bis 2012 ein. Ab dem fungierte die nunmehrige ausgewiesene Vertretung als Steuerberater, beantragte allerdings keine Quote für 2013, sodass ab dem Zeitpunkt des Wechsels für die Abgabe der Einkommensteuererklärung 2013 der (in Papierform) bzw. der (elektronisch) für die Rechtzeitigkeit maßgeblich war.
Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer (Bf.) aufgefordert, die Einkommensteuererklärung 2013 bis einzureichen. Mit Bescheid vom wurde der Bf. aufgefordert die Einreichung der Erklärung bis nachzuholen. Für den Fall, dass dem Ersuchen nicht Folge geleistet werden sollte, wurde eine Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 € angedroht. Mit Bescheid vom wurde der Bf. neuerlich aufgefordert die Einkommensteuererklärung 2013 einzureichen. Für den Fall, dass dem Ersuchen nicht Folge geleistet werden sollte, wurde eine Zwangsstrafe in Höhe von 3.000,00 € angedroht.
Mit Eingabe vom ersuchte die nunmehrige steuerliche Vertretung um Fristverlängerung unter Hinweis auf noch zu besorgende Unterlagen (diverse Behörden bzw. Bankunterlagen) bis . Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde das Fristverlängerungsansuchen ab. Weiters hielt sie fest; sollte die Erklärung bis eingereicht werden, gelte sie als fristgerecht eingebracht. Begründet wurde die Abweisung mit einem kontinuierlichen Fortgang der Veranlagung.
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die mit Erinnerung vom angedrohte Zwangsstrafe mit 1.000,00 € fest. In der Begründung führte es aus, dass die Festsetzung erforderlich gewesen sei, weil man der Aufforderung nicht nachgekommen sei. Gleichzeitig erging die Aufforderung die unterlassene Handlung bis nachzuholen.
In der Beschwerde vom hielt die ausgewiesene Vertretung zunächst fest, dass es einen Steuerberaterwechsel gegeben habe, wobei der alte Steuerberater lange Zeit der neuen steuerlichen Vertretung die für die Erstellung der Steuererklärungen erforderlichen Unterlagen nicht übermittelt habe. Die Festsetzung einer Zwangsstrafe sei dann rechtswidrig, wenn die verlangte Leistung unmöglich oder unzumutbar sei, was im konkreten Fall gegeben sei, zumal der Grundsatz der Richtigkeit Vorrang habe. Bis dato seien immer noch nicht alle Unterlagen vorgelegt worden. Innerhalb von 14 Tagen würde jedoch die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2013 übermittelt, auch wenn Ausgaben und Kosten mangels Übermittlung nicht berücksichtigt werden könnten.
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Nach dem Steuerberaterwechsel am sei eine automatische Erinnerung mit einer Nachfrist zugesandt worden. Mit der Androhung einer Zwangsstrafe sei eine weitere Frist gesetzt worden. Auch nach einer Androhung einer Zwangsstrafe von 3.000,00 € seien keine Erklärungen eingereicht worden. Zudem sei dann noch eine Fristverlängerung gewährt worden. Innerhalb der beantragten Frist bzw. nach Festsetzung der Zwangsstrafe sei die Steuererklärung nicht eingebracht worden. Der Steuerberaterwechsel sei zum Zeitpunkt der letzten Frist () bereits fast 4 Monate zurückgelegen. Nach Überschreitung der selbstgewählten Frist seien weder Unterlagen vorgelegt noch eine weiteres Fristverlängerungsansuchen eingebracht worden. Die Besorgung der Unterlagen innerhalb der Frist sei möglich und zumutbar gewesen.
Die Einkommensteuererklärung 2013 langte am beim Finanzamt ein. Am erging der Einkommensteuerbescheid 2013, wobei die Einkommensteuer mit 0,00 € festgesetzt wurde.
Im Vorlageantrag vom hielt die steuerliche Vertretung fest, dass es zwischen ihr und der ehemaligen steuerlichen Vertretung erst im Oktober 2015 zu Vergleichsgesprächen gekommen sei, die letztendlich auch zum Abschluss eines Vergleiches geführt hätten. Der gewillkürte Bevollmächtigte sei ermächtigt, aber der Abgabenbehörde gegenüber nicht verpflichtet, die den Vertretenen treffenden Verpflichtungen zu erfüllen. Das Verschulden des Vertreters sei dem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten. Mangels Übermittlung von Unterlagen, die zur Abgabe einer Steuererklärung unerlässlich seien, können den Abgabepflichtigen, wie dessen Vertreter kein Verschulden treffen. Über die Weigerung der Übergabe von Unterlagen sei die belangte Behörde vollinhaltlich informiert gewesen. Eine Zwangsstrafe dürfe nicht verhängt werden, wenn die Leistung von der Partei aus tatsächlichen Gründen nicht erbracht werden könne. Zudem sei bei der Ermessensübung auch der Grad des Verschuldens der Partei zu berücksichtigen, was im konkreten Fall auch nicht geschehen sei.
Mit Eingabe vom wurden die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, durch den Senat zurückgenommen und das Beschwerdebegehren auf 200,00 € eingeschränkt.
Beweiswürdigung
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich aus den dem BFG vorgelegten Aktenteilen.
Rechtslage
§ 111 (1) BAO lautet: Die Abgabenbehörden sind berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.
(2) Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muss der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.
(3) Die einzelne Zwangsstrafe darf den Betrag von 5.000 Euro nicht übersteigen.
(4) Gegen die Androhung einer Zwangsstrafe ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.
§ 20 BAO lautet: Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.
§ 110 BAO lautet: Gesetzlich festgesetzte Fristen können, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden. Von der Abgabenbehörde festgesetzte Fristen können verlängert werden.
§ 119 (1) BAO lautet: Die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände sind vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.
(2) Der Offenlegung dienen insbesondere die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgabenrechtliche Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekanntgeben.
§ 134 (1) BAO lautet: Die Abgabenerklärungen für die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer, die Umsatzsteuer sowie für die Feststellung der Einkünfte (§ 188) sind bis zum Ende des Monates April jeden Folgejahres einzureichen. Diese Abgabenerklärungen sind bis Ende des Monates Juni einzureichen, wenn die Übermittlung elektronisch erfolgt. Diese Fristen können vom Bundesminister für Finanzen allgemein erstreckt werden.
Erwägungen
Zweck der Zwangsstrafe ist es, die Abgabenbehörde bei der Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen und die Partei zur Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Pflichten zu verhalten (vgl. ). Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Einreichung von Abgabenerklärungen eine mittels Zwangsstrafe nach § 111 BAO erzwingbare Leistung dar (vgl. , und ).
Die Erforderlichkeit der Festsetzung der Zwangsstrafe war gegeben, weil der Beschwerdeführer die vorgenannten Abgabenerklärungen trotz mehrmaliger diesbezüglicher Aufforderung nicht eingereicht hat. So wurde der Beschwerdeführer bzw. dessen steuerliche Vertretung mit Bescheid vom , mit Bescheid vom , mit Bescheid vom zur Einreichung der Abgabenerklärung betreffend die Einkommensteuer 2013 aufgefordert, ohne dass zunächst darauf reagiert wurde. Im Bescheid vom wurde die Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 1.00,00 € angedroht, wenn die Erklärung nicht bis eingereicht wird. Im Bescheid vom wurde die Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 3.000,00 € angedroht, wenn die Einkommensteuererklärung nicht bis eingereicht wird. Erst mit Eingabe vom ersuchte die nunmehrige steuerliche Vertretung um Fristverlängerung unter Hinweis auf noch zu besorgende Unterlagen (diverse Behörden bzw. Bankunterlagen ) bis . Das Finanzamt wies dieses Begehren mit Bescheid vom ab. Allerdings sollte die Erklärung als fristgerecht eingebracht gelten, sollte sie bis eingereicht sein. Ein neuerliches Fristverlängerungsansuchen wurde nicht eingebracht. Erst mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Zwangsstrafe mit 1.000,00 € fest.
Grundlage einer Zwangsstrafe ist auch das Verschulden des steuerlichen Vertreters, sodass ein Missverhalten des steuerlichen Vertreters (hier: Nichtabgabe der eingeforderten Erklärung) grundsätzlich dem Vertretenen, also dem Steuersubjekt zuzurechnen ist [vgl. Ritz, aaO, § 308 (Wiedereinsetzung) Tz 17].
Für einen Fortgang der Veranlagung und eine zeitgerechte Abgabenfestsetzung ist die fristgerechte Abgabe von Steuererklärungen unerlässlich. Der Verwaltungsökonomie steht es entgegen, wenn die Finanzverwaltung die Abgabe der Steuererklärungen erst jeweils - teilweise mehrfach - urgieren muss.
Unstrittig ist, dass der Bf seiner Verpflichtung zur fristgerechten Abgabe der Steuererklärung für 2013 nicht nachgekommen ist, Erinnerungen unter Zwangsstrafenandrohung erfolglos blieben und die Steuererklärung erst nach Festsetzung der Zwangsstrafe nachgereicht wurde.
Die Festsetzung der Zwangsstrafe liegt (dem Grunde und der Höhe nach) im Ermessen der Abgabenbehörde. Gemäß § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Bei der Ermessensübung ist ua zu berücksichtigen: das bisherige, die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten betreffende Verhalten der Partei, der Grad des Verschuldens der Partei, die Höhe allfälliger Abgabennachforderungen bei Zwangsstrafe wegen Nichteinreichung der Abgabenerklärung, die abgabenrechtliche Bedeutung (Auswirkung) der verlangten Leistung (Ritz, BAO6, § 111 Tz 10).
Dass die Festsetzung dem Grunde nach gerechtfertigt war, darauf wurde bereits zuvor verwiesen. Was die Höhe betrifft, so waren die Schwierigkeiten bei der Beschaffung der erforderlichen Unterlagen, das bisherige steuerliche Verhalten (die erstmalige Festsetzung einer Zwangsstrafe), sowie der Umstand, dass es zu keiner Nachforderung kam, entsprechend zu berücksichtigen. Im Hinblick auf diese Gesamtumstände ist die Festsetzung einer Zwangsstrafe im Ausmaß von lediglich 200,00 € gerechtfertigt.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall sind die zu klärenden Rechtsfragen durch die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden, sodass eine Revision nicht zulässig ist. Der Ermessensübung durch das Verwaltungsgericht im Einzelfall kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 111 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2018:RV.5100014.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
LAAAC-17895