Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.07.2018, RV/2100700/2016

Verluste aus Erfindertätigkeit

Beachte

Revision eingebracht (Amtsrevision). Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2018/15/0085. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache NN, vertreten durch Wirtschaftstreuhänder Dr. G. Hans Gamillscheg, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Mariatroster Straße 87a, 8043 Graz, über die Beschwerden vom und  gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Graz-Stadt vom und , betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2010 bis 2013 zu Recht erkannt: 

Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
 

Einkommensteuer 2010


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Gesamtbetrag der Einkünfte
57.569,12 €
Einkommensteuer
10.743,37 €
anrechenbare Lohnsteuer
-14.751,52 €
Festgesetzte Einkommensteuer
-4.008,15 €

Einkommensteuer 2011


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Gesamtbetrag der Einkünfte
37.601,15 €
Einkommensteuer
10.763,07 €
anrechenbare Lohnsteuer
-14.827,88 €
Festgesetzte Einkommensteuer
-4.065,90 €

Einkommensteuer 2012


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Gesamtbetrag der Einkünfte
30.082,39 €
Einkommensteuer
4.505,09 €
anrechenbare Lohnsteuer
-15.402,10 €
Festgesetzte Einkommensteuer
-10.897,00 €

Einkommensteuer 2013


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Gesamtbetrag der Einkünfte
-49.097,64 €
Einkommensteuer
580,93 €
anrechenbare Lohnsteuer
-15.816,86 €
Festgesetzte Einkommensteuer
-15.236,00 €

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe:

Der Beschwerdeführer (Bf) erzielte im Streitjahr neben seinen Pensionseinkünften,  Verluste aus seiner selbständigen Tätigkeit als Wahlarzt.

Anlässlich einer die Streitjahre umfassenden Außenprüfung wurde unter Tz. 5 des Bp-Berichtes vom nachstehende Feststellung getroffen:

„Patentkosten § 2 Abs. 2a EStG1988

Für die Kalenderjahre 2010-2012 wurden Patentkosten (Gebühren für Patent, Patentkosten, Entwicklungskosten Prototyo) als betriebliche Aufwendungen wie folgt geltend gemacht:

Gemäß § 2 Abs. 2 b Z 3 EStG 1988 besteht ein Verlustausgleichs- und Vortragsverbot (§ 16 Abs. 6 und 7 EStG 1988) für negative Einkünfte erstens aus der Beteiligung an Gesellschaften oder Gemeinschaften, wenn das Erzielen steuerlicher Vorteile im Vordergrund steht (=beteiligungsbezogenes Verlustausgleichsverbot) sowie zweitens aus Betrieben, deren Unternehmensschwerpunkt(e) im Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter oder in der gewerblichen Vermietung von Wirtschaftsgütern gelegen ist (=branchenbezogenes Verlustausgleichsverbot).

Verluste aus solchen negativen Einkünften sind in den Folgejahren mit positiven Einkünften frühestmöglich zu verrechnen.
Der Unternehmensschwerpunkt beim Herstellen und Verwerten von Patenten liegt im Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter, weswegen für Verluste aus dieser Tätigkeit die „Wartetastenregelung“ des § 2 Abs. 2a ESTG 1988 zur Anwendung kommt.
Die Verluste aus dieser Tätigkeit können somit nicht ausgeglichen und vorgetragen werden, sondern sind ehestmöglich mit positiven Einkünften aus dieser Tätigkeit zu verrechnen.
In den betrieblichen Einkünften sind nicht ausgleichsfähige Verluste im Sinne des § 2 Abs. 2a enthalten:

Gesamtpatentkosten
2010: -10.209,69
2011: -21.175,09
2012: -107.119,70“

Das Finanzamt folgte dieser Auffassung in den im wieder aufgenommenen Verfahren ergangenen Bescheiden und im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013.

Dagegen richtete sich der Bf mit dem Rechtsmittel der Beschwerde. Darin wurde ausgeführt, dass das Einzelunternehmen mit dem Geschäftszweig „Entwicklung und Produktion technischer Geräte“   am  im Firmenbuch eingetragen worden sei. Bis zum Tag der Einbringung der Beschwerde () seien aus dem Prototyp sechs Vorführgeräte gebaut worden. Für die Entwicklung und Herstellung dieser Geräte seien auch von der Österreichischen Forschungsförderungsanstalt (FFG) Förderungsmittel genehmigt und bereitgestellt worden. Bei diesem Gerätetypus handle es sich um ein völlig neuartiges EKG-Gerät, das patentrechtlich geschützt sei. Der Bf sei auch geprüfter Mechatroniker und daher befugt, selbst als Hersteller zu fungieren. Die bis dato produzierten Vorführgeräte werden bei verschiedenen Krankenhäusern und Ärztezentren zum Einsatz kommen. Die Vermarktung wird europa- und weltweit erfolgen. Ein Gerät sei auch in der eigenen Wahlarztpraxis im Evaluierungseinsatz. Mit der Serienfertigung dieses Gerätes sei mit Jahresende 2015 zu rechnen. Derzeit bestehe ein Patentschutz, sodass die ausschließliche gewerbliche Verwertung beim Bf liege.
Die betriebliche Tätigkeit des beschwerdegegenständlichen Einzelunternehmens mit dem Geschäftszweig „Entwicklung und Produktion technischer Geräte“ stelle in seiner Gesamtbetrachtung keine freiberufliche Tätigkeit – und somit nicht „Einkünfte aus selbständiger Arbeit“ -, sondern Einkünfte auf Gewerbebetrieb dar. Bei der vorliegenden betrieblichen Tätigkeit handle es sich um die High-Tech-Entwicklung eines medizinischen Gerätes für die Untersuchung des kompletten Herzkreislaufsystems. Von diesem medizinischen Gerät seien bis dato 6 Demo-Geräte produziert worden und würden nach Vorliegen aller Zulassungsbescheinigungen in Serienproduktion gehen.

Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt den Bf um Darstellung des Berufszweiges „Mechatroniker“, um Bekanntgabe, wann mit der Serienanfertigung begonnen wurde und mit wem dazu Verhandlungen geführt wurden bzw. um Vorlage sämtlicher Aufträge und Vereinbarungen im Zusammenhang mit den Entwicklungskosten.

Diesem Ersuchen kam der Bf nach und legte einen Auszug aus dem Gewerberegister vor, worin ihm bescheinigt wird, Mechatroniker für Medizingerätetechnik gemäß § 94 Z 49 GewO 1994, eingeschränkt auf die Erzeugung, Reparatur und Service von medizinisch technischen Geräte, die von ihm entwickelt und produziert wurden, zu sein.
Einen Nachweis der Entwicklungskosten  und eine Auflistung der Ärzte, mit welchen bereits Gespräche geführt wurden, legte er vor.

Nach Wiedergabe des Sachverhaltes führte das Finanzamt in der in der Folge ergangenen Beschwerdevorentscheidung aus, es sei im Gesetzestext ausdrücklich normiert, dass „…weder ausgleichsfähig noch gemäß § 18 Abs. 6 und 7 vortragsfähig sind negative Einkünfte aus Betrieben, deren Unternehmensschwerpunkt  im Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter…gelegen ist“.
Demzufolge sei aber die Abgrenzung der „unkörperlichen“ von den „körperlichen“ Wirtschaftsgütern sowohl für die Beurteilung der Aktivierung von selbst hergestelltem Anlagevermögen als auch für die Frage der Anwendbarkeit des Verlustausgleichsverbotes des § 2 Abs. 2a EStG von wesentlicher Bedeutung. Nach innerstaatlicher österreichischer Rechtslage gehörten zu den unkörperlichen Werten jedenfalls Patente, Erfindungen, Know-how, zahlreiche sonstige Rechte und letztlich auch der sogenannte „Prototyp“.
Der Bf habe sich unbestritten mit der Entwicklung neuer technischer Errungenschaften, Erfindungen und möglicher Patentierungen befasst. Ein internationales Patent sei nicht ersichtlich; zumindest sei „Know-how“ selbst geschaffen worden.

Der Behauptung des Bf, dass im Kalenderjahr 2014 eine erstmalige Aktivierung von Wirtschaftsgütern in Betracht komme, werde entgegengehalten, dass diese Auffassung äußerst optimistisch sei. Demgegenüber seien die fünf Demogeräte bis Jahresbeginn 2016 noch immer nicht fertig zusammengebaut worden, es würden weder Aufträge über Einzelanfertigungen noch konkrete Pläne zu Serienanfertigungen vorliegen. Das Finanzamt könne auch nicht erkennen, welche konkreten Werbemaßnahmen oder Vertriebsbemühungen seitens des Bf gesetzt worden wären. Die mit den aufgezählten Krankenhäusern hergestellten Kontakte seien vom Bf selbst lediglich als „Gespräche“ bezeichnet und über ihren Erfolg keine näheren Aussagen getroffen worden.
Bei derartiger Sachlage könne das Finanzamt nicht finden, dass bereits von einer Produktion von unkörperlichen Wirtschaftsgütern zu sprechen wäre. Das erste und einzige Ende 2013 fertiggestellte Wirtschaftsgut hätte nicht die Funktion gehabt, kommerziell als Maschine eingesetzt zu werden, sondern würde vorerst nur dazu dienen, die Verwertbarkeit der bis dahin erfolgten Forschungsarbeiten zu manifestieren und zu überprüfen. Es stelle einen „Prototyp“ dar, sohin ein immaterielles Wirtschaftsgut mit körperlichen Komponenten. Für den Streitzeitraum sei  daher das Aktivierungs- und das Verlustausgleichsverbot ohne jede Einschränkung anzuwenden.
Auch stelle sich die Frage, ob der bisher bekannte Sachverhalt mit ausreichender Sicherheit auf eine taugliche Einkunftsquelle schließen lasse. Die Absichtserklärung, einen Gesamtgewinn erzielen zu wollen, sei nach ihrer Realisierbarkeit anhand objektiver Umstände zu prüfen. Wenn nun bereits in den Zeiträumen von 2010 bis 2015 sofort abzugsfähige Aufwendungen von 329.425,71 Euro angefallen seien und bei einem Verkauf der Demogeräte im Umlaufvermögen weitere 144.000 Euro an Buchwertabgängen zu verzeichnen sein werden, stelle sich für das Finanzamt die Frage, wie eine derartige Aktivität jemals zu einem wirtschaftlichen Erfolg führen könne. Von der Erlassung vorläufiger Bescheide könne bei derart schwerwiegender und durch Sachverhaltsermittlung nicht behebbarer Ungewissheit für zukünftige Veranlagungszeiträume nur dann Abstand genommen werden, wenn der Bf unter Vorlage plausibler Vorschaurechnungen die realistische Möglichkeit eines Gesamtgewinnes darlege. Die verfahrensgegenständlichen Perioden könnten noch als Anlaufzeiträume betrachtet werden.

In seinem dagegen gerichteten Antrag auf Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht führte der Bf ergänzend aus, es handle sich in seinem Fall nicht um das „Verwalten von Patenten, Erfindungen oder Know-How“, sondern um die eigene Entwicklung und eigene Herstellung eines medizin-technischen, multifunktionalen EKG-Gerätes. Dass zur Vorstufe der Produktionsreife (zertifizierte Serienreife) auch die technische Entwicklung von einem Prototypen gehöre, verstehe sich von selbst. Dazu besitze der Bf auch die Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe für „Mechatroniker für Medizingerätetechnik“ zur eigenen Herstellung.
Die Entwicklung und Herstellung erfolgte im eigenen Betrieb; im Jahr 2016 hätten die ersten zertifizierten EKG-Geräte assembliert und für den Vertrieb vorbereitet werden können.
Da nach dem vorliegenden Sachverhalt die beschwerdegegenständlichen Verluste im Rahmen der produktionstechnischen Entwicklungsphasen (von Entwicklungskosten bis zur eigenen Serienfertigung) nachvollziehbar entstanden seien und das zertifizierte serienreife EKG Gerät von diesem Betrieb als körperliches Wirtschaftsgut bis zur Serienreife entwickelt und produziert worden sei, fehle jeder tatbestandsmäßige Zusammenhang mit dem „Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter“ gemäß § 2 Abs. 2a 2. TS EStG.
Zur Bestätigung führte der Bf an, dass

- die Werbekampagne für dieses serienreife Diagnosegerät im August 2016 angelaufen sei,
- der Bf dafür einen Technologiepreis erhalten habe,
- der von der FFG genehmigte Business-Plan als Zielgruppe vorerst alle internen Abteilungen an den Krankenhäusern und später niedergelassene Internisten vorsehe. Geplante Märkte seien vorerst die deutschsprachige EU, in der Folge die gesamte EU, Europa und USA.
- Ende 2016 liegen Angebote und Anfragen von mehreren Krankenhäusern vor,
- zum Jahreswechsel 2016/2017 seien vier EKG Geräte fertig, wovon ein Gerät bereits in einem Spital im Einsatz sei,
- in Anbetracht der besonderen Produkthaftungskomplexität medizin-technischer Geräte und der diesbezüglichen gesetzlichen Vorgabe durch das Produkthaftungsgesetz zur Deckungsvorsorge für allfällige Schadenersatzansprüche werde nun die Auslagerung der Produktion und des Vertriebes in eine eigene Kapitalgesellschaft erwogen.

Mit Vorhalt vom wurde der Bf vom Bundesfinanzgericht aufgefordert, all diese Behauptungen durch Vorlage von Unterlagen zu manifestieren. Zur Überprüfung der Frage, ob eine erwerbswirtschaftliche Betätigung vorliege, wurde der Bf eingeladen, die in den Jahren 2014 – 2017 (1.HJ) angefallenen Einnahmen und Ausgaben bekannt zu geben und die angesprochenen kosten- und marktstrategischen Überlegungen vorzulegen.

Dieser Aufforderung kam der Bf nach und legte Businessplan, Werbeeinschaltung in einer Fachzeitschrift, Bestätigung der widmungsgemäßen Verwendung von Fördermitteln, Angebote und Rechnungen vor.
Erklärend führte der Bf aus, dass nach den Jahren der Forschungsphase ab den Jahren 2010/2011 die eigentliche Entwicklungsphase für Software, Konstruktion von Bauteilen, Prototyp und Demogeräte bis Mitte 2016 begonnen hätte. Ab dem Zeitpunkt des Beginns der Werbekampagne -2.Halbjahr 2016 – seien die ersten Geräte den aufwendigen Zertifizierungsverfahren unterzogen worden. Der Zeitpunkt der Serienreife sei Ende 2016 gewesen und der Eintritt in den Markt Ende 2016/Anfang 2017.
Die Verzögerung des Markteintrittes gegenüber der Prognose im Business-Plan, der ursprünglich Ende 2015 vorgesehen gewesen wäre, sei vor allem darin begründet, dass eine neue technische EU-Norm umzusetzen gewesen wäre und zudem sämtliche Geräte beim TÜV-Süd in München (derzeit 9 Geräte) zertifiziert werden müssen.
Die wirtschaftlichen Ergebnisse des Bf stellen sich wie folgt dar:


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2014
2015
2016
2017/1.HJ
Verkaufserlöse
0
0
24.166
149.809
Lizenzeinnahmen
0
0
0
18.675
Sonst.betriebl.Erträge
21.653
75.220
136.539
26.580
Wareneinsatz
0
-2.502
-26.388
-149.809
Verwaltungsaufwand
-30.783
-30.185
-65.244
-12.895
Entwicklungskosten
-14.308
-199.189
-113.814
-3.400
Zinsaufwand
-20
-275
-849
-589
Verlust/Gewinn
-23.458
-156.931
-45.590
28.371

 
 
Bei den sonstigen betrieblichen Erträgen handle es sich nach Angabe des Bf um Förderzuschüsse seitens FFG und SFG sowie Forschungsprämien.
Mit Beginn der Markteintrittsphase seien aus Produkthaftungsgründen die Produktion und der Vertrieb durch Lizenzvereinbarungen an die X Y GmbH ausgelagert worden. Der erzielte Gesamtgewinn aus jedem verkauften Gerät verteile sich somit in Lizenzeinnahmen einerseits und den nach Abzug der Lizenzgebühren verbleibenden Verkaufsgewinn andererseits.

Der Verkaufspreis je Gerät könne nun von 19.800 Euro laut Business-Plan auf 24.900 Euro als tatsächlichen Marktpreis angehoben werden. Die tatsächlichen Herstellungskosten je Gerät würden 9.760 Euro betragen, sodass sich ein Produktgewinn je Gerät von 15.140 Euro vor Abzug der Lizenzgebühren ergebe. Daraus ergebe sich z.B bei einem Verkauf von 50 Geräten ein Produktgewinn von 757.000 Euro.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind gemäß § 23 Z  1 EStG 1988 Einkünfte aus einer selbständigen, nachhaltigen Tätigkeit, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als selbständige Arbeit anzusehen ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Tätigkeit, die selbständig, nachhaltig, mit Gewinnerzielungsabsicht und Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unternommen wird, erst dann gewerblich, wenn sie den Rahmen der Vermögensverwaltung überschreitet. Dies ist dann der Fall, wenn das Tätigwerden des Steuerpflichtigen nach Art und Umfang deutlich jenes Ausmaß übersteigt, das üblicherweise mit der Verwaltung eigenen Vermögens verbunden ist, wenn also durch die Marktteilnahme nach Art und Umfang der Tätigkeit ein Bild erzeugt wird, das der privaten Vermögensverwaltung fremd ist. In Zweifelsfällen ist darauf abzustellen, ob die Tätigkeit, wenn sie in den gewerblichen Bereich fallen soll, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsauffassung einen Gewerbebetrieb ausmacht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , 2003/14/0096).

Selbständigkeit liegt vor, wenn der Betrieb auf eigene Rechnung und Gefahr und unter eigener Verantwortung betrieben wird und der Steuerpflichtige das Unternehmerwagnis trägt.

Nachhaltig ist eine Tätigkeit, wenn mehrere aufeinander folgende gleichartige Handlungen unter Ausnutzung derselben Gelegenheit und derselben dauernden Verhältnisse ausgeführt werden.

Eine Erfindertätigkeit kann zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen, wenn eine selbständige nachhaltige Betätigung vorliegt, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehrt darstellt ().

Der Bf hat seine Erfindertätigkeit im Jahr 2010 begonnen und seit Beginn dieser Tätigkeit Verluste erzielt. Aus diesem Grund ist vorrangig der Tatbestand der Liebhaberei zu prüfen.

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens zeigte es sich, dass im vorliegenden Fall von einer nachhaltigen Erfindertätigkeit auszugehen ist. Dies aus nachstehenden Gründen:

Aufgrund der Befähigung als Arzt und Mechatroniker hat der Bf das Einzelunternehmen mit dem Unternehmenszweck „ Entwicklung und Produktion technischer Geräte“ gegründet, in der Folge die Hard- und Software entwickelt und  Geräte persönlich in Zusammenarbeit mit Firmen, deren Rechnungen vorliegen, zusammengebaut. Zum Zeitpunkt der gegenständlichen Beschwerde im Jahr 2015 sind laut seinen Angaben bereits sechs Vorführgeräte gefertigt worden. Für die Entwicklung dieser Geräte wurden von der Österreichischen Forschungsgesellschaft Förderungsmittel genehmigt und bereit gestellt.
Zwischenzeitig wurden auch Werbemaßnahmen nachgewiesen, ein Businessplan und Rechnungen über den bisher getätigten Verkauf von zwei Geräten (LKH Lienz, Wilhelminenspital) vorgelegt. Fünf Patente wurden zwischenzeitig  auf den Namen des Bf angemeldet.

Grundsätzlich ist der finanzielle Erfolg einer Erfindertätigkeit vielfach ungewiss, da es sich nur selten vorhersehen lässt, ob der mit der Erfindung bezweckte Erfolg - ihre Nutzbarmachung durch Lizenzvergabe oder dergleichen – überhaupt jemals eintritt. Der Zeitraum vom Beginn der Erfindertätigkeit bis zu einer etwaigen wirtschaftlichen Nutzung kann sich über viele Jahre erstrecken. Schon allein das Patenterteilungsverfahren, dessen Ausgang der Erfinder häufig abwarten muss, um seine Erfindung wirtschaftlich zu verwerten, kann von erheblicher Dauer sein. Diese Eigenheiten der Erfindertätigkeit dürfen bei der Frage, ob ein Erfinder mit Gewinnerzielungsabsicht tätig war, nicht außer Acht gelassen werden (vgl. BFH , IV R 8/84).
Wie der BFH in dem Urteil vom weiter ausführt, dürfe aus einer längeren Verlustphase nicht zwingend der Schluss gezogen werden, es handle sich bei der Erfindertätigkeit um eine einkommensteuerlich nicht relevante Liebhaberei.

Denn selbst lange Anlaufverluste müssen nicht von vornherein gegen eine Einkunftserzielungsabsicht bzw. -möglichkeit sprechen. Entscheidend sind ein planvolles Hinarbeiten auf eine Erfindung und seriöse Bemühungen um eine wirtschaftliche Verwertung (Renner, Einkünfte aus Erfindertätigkeit und Erfindervergütung, SWK 2004, S 754).

Auch die Förderung einer Tätigkeit durch öffentliche Mittel kann als Indiz gegen Liebhaberei angesehen werden (ÖStZ 1997, 295).

Um eine Erfindung zur Serienreife zu bringen, ist somit unter Umständen ein längerer Zeitraum erforderlich, der noch kein hinreichendes Beweisanzeichen für das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht ist.

Auf ein Fehlen dieser Absicht kann jedoch aus anderen Umständen geschlossen werden. Solche Umstände können sich aus den für die wirtschaftliche Nutzung der Erfindung maßgebenden Marktverhältnissen ergeben. Steht fest, dass sich eine Erfindung trotz entsprechender  - über einen längeren Zeitraum andauernder – Bemühungen wirtschaftlich nicht nutzen lässt, weil sich dafür kein (oder nur wenige) Interessent (en) findet(n), so muss aus der weiteren Fortsetzung einer langjährigen verlustbringenden Tätigkeit in einem solchen Fall der Schluss gezogen werden, dass der Erfinder seine Tätigkeit nur noch aus persönlichen Gründen weiter ausübt. Seiner weiteren Tätigkeit würde es dann an einer Gewinnerzielungsabsicht fehlen (BFH , IV R 8/84, ).

Gerade das dargestellte Vorgehen des Bf im zu beurteilenden Fall zeichnet sich jedoch durch ein planvolles Hinarbeiten auf seine Erfindung, die durch die Patentanmeldung ihre Verwertungsreife erreicht hat und sein weiteres Bemühen um wirtschaftliche Verwertung aus. Die im Anlaufzeitraum erwirtschafteten Verluste aus Erfindertätigkeit können daher steuerlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb anerkannt werden.   


Vom Finanzamt fanden die durch die Entwicklung angefallenen Verluste unter Hinweis auf § 2 Abs. 2a, 2.TS EStG 1988 keine Anerkennung.

Gemäß § 2 Abs. 2a zweiter Teilstrich EStG 1988 sind negative Einkünfte aus Betrieben, deren Unternehmensschwerpunkt(e) im Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter oder in der gewerblichen Vermietung von Wirtschaftsgütern gelegen ist, weder ausgleichsfähig noch gemäß § 18 Abs. 6 und 7 vortragsfähig.

Dazu führt der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 99/15/0119, aus:
„Die Regelung soll einem neuen Typ von Verlustzuweisungsgesellschaften – Unternehmen, die praktisch nur zum Zweck von Verlustzuweisungen ins Leben gerufen werden – entgegenwirken (Ausschussbericht 1162 BlgNR 17. GP, 2f). Die Bestimmung spricht von der Verwaltung unkörperlicher Wirtschaftsgüter als Unternehmensschwerpunkt, hat also die Verwaltung solchen Vermögens gerade in Form eines Gewerbebetriebes im Auge.“

Es sollen somit „Verlustzuweisungsgesellschaften“ verhindert werden, die (stille) Beteiligungen, Forderungen, Genussrechte auf der Basis von Besserungsverpflichtungen und selbsthergestellte Rechte (insbesondere Filmrechte) verwalten (Beiser /Farmer, RdW 1997, Seite 100).

Das Bundesfinanzgericht kann in der nachhaltigen Erfindertätigkeit des Bf, wie sie sich in den zu beurteilenden Streitjahren präsentiert, nicht finden, dass der Unternehmensschwerpunkt nach dem Gesamtbild der Verhältnisse vorliegendenfalls im Verwalten von unkörperlichen Wirtschaftsgütern liegt und die oben beschriebene Tätigkeit unter die Bestimmung des § 2  Abs. 2a, 2.TS, EStG1988 zu subsumieren ist, weshalb die Verluste anzuerkennen sind und die Wartetastenregelung nicht zur Anwendung kommt.

Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb werden folglich mit -29.905,24 Euro (2010), -37.068,88 Euro (2011), -135.348,05 Euro (2012) und -117.655,37 Euro (2013) festgesetzt.
Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit erhöhen sich - da die Verluste nicht "Einkünfte aus selbständiger Arbeit" darstellen -  auf 10.686,80 (2010), 3.110,93 Euro (2011), -24.972,96 Euro (2012) und -6.682,01 (2013).


         

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung (insbes. Abweichen der Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, Fehlen einer solchen Rechtsprechung, uneinheitliche Beantwortung der zu lösenden Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) zukommt.

Bei der vorliegenden Sach- und Rechtslage war wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.2100700.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at