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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.07.2018, RV/1200018/2016

widerrechtliche Verwendung eines Beförderungsmittels

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri. in der Beschwerdesache B., vertreten durch C., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Z. vom , Zahl*, betreffend Eingangsabgaben zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Das Zollamt Z. teilte dem Beschwerdeführer (Bf.) mit Bescheid vom , Zl. Zahl*, gem. Art. 221 Abs. 1 Zollkodex (ZK) eine für einen PKW der Marke Audi A6, amtliches schweizer Kennzeichen: SG ***, gemäß Art. 202 Abs. 1 Buchstabe a ZK in Verbindung mit Art. 234 Abs. 2 Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZK-DVO) und § 2 Abs. 1 ZollR-DG am entstandene Eingangsabgabenschuld in der Höhe von € 6.742,88 (€ 2,107.15 an Zoll sowie € 4,635,73 an Einfuhrumsatzsteuer) mit und setzte gem. § 108 Abs. 1 ZollR-DG eine Abgabenerhöhung im Ausmaß von € 446,04 fest. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, der Bf. habe die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Zollverfahrens der vorübergehenden Verwendung unter vollständiger Befreiung von Einfuhrabgaben für das gegenständliche Beförderungsmittel im Zollgebiet der Gemeinschaft weder nach der Bestimmung des Art. 558 Abs. 1 ZK-DVO noch nach jener des Art. 561 Abs. 2 ZK-DVO erfüllt und somit die andere Form der Willensäußerung gemäß Art. 232 Abs. 1 Buchstabe b ZK-DVO bei der am erfolgten Einreise in das Gemeinschaftsgebiet zu Unrecht in Anspruch genommen.
Das Beförderungsmittel habe zu diesem Zeitpunkt gemäß Art. 234 Abs. 2 ZK-DVO als vorschriftswidrig in das Zollgebiet Gemeinschaft verbracht gegolten, wodurch die Einfuhrzollschuld nach Art. 202 Abs. 1 Buchstabe a ZK entstanden sei.

Der Bf. habe den in der Schweiz auf das Unternehmen des Bf., die A., zugelassenen PKW zu Fahrten im Zollgebiet benutzt. Laut Handelsregisterauszug des Kanton St. Gallen handelt es sich dabei um ein Einzelunternehmen. Der Bf. habe seinen ausschließlichen Wohnsitz im Zollgebiet, sodaß er das in der Schweiz zugelassene Fahrzeug im Zollgebiet der EU nicht im Rahmen der formlosen vorübergehenden Verwendung unter vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben verwenden könne. Dadurch dass er das Fahrzeug formlos in das Zollgebiet verbracht habe, sei die Zollschuld für das Fahrzeug wegen vorschriftswidrigem Verbringens im Sinne des Art. 234 Abs. 2 ZK-DVO gem. Art. 202 ZK entstanden.

In der gegen den Bescheid eingebrachten Beschwerde brachte der Bf. vor, es handle sich nicht um ein drittländisches Fahrzeug. Das Fahrzeug stehe im Eigentum der österreichischen Leasingfirma D., Wien, die nach wie vor Eigentümerin sei. Der PKw sei an die in der Schweiz ansässige Einzelfirma des Bf. verleast und ordnungsgemäß in die Schweiz ausgeführt worden. Es handle sich daher um kein drittländisches Fahrzeug. Auch der Zollschuldentstehungszeitpunkt sei unrichtig angenommen worden, da die Kontrolle erst im Oktober 2015 stattgefunden habe.

Die gegen den Bescheid eingebrachte Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl**, als unbegründet abgewiesen.

Im Vorlageantrag vom brachte er vor, dass das Fahrzeug auf sein Unternehmen in der Schweiz zugelassen sei und er es innerhalb des Zollgebietes nur vorübergehend verwende, zu privaten Zwecken, etwa für die Fahrt von seinem Wohnort zur Arbeitsstelle und zurück. Das Fahrzeug werde vom Bf. innerhalb des Zollgebietes überwiegend zu privaten Zwecken verwendet. Es liege daher ein Befreiungstatbestand von der Entrichtung der Einfuhrabgaben gem. Art. 719 ff. ZK-DVO vor.

Sachverhalt:

Am wurde der Bf., der mit dem auf die A., Adr.A, zugelassenen PKW Audi A6, amtliches Kennzeichen SG ***, unterwegs war, bei der Zollstelle G. im Zuge einer sogenannten Grenzgängerkontrolle angehalten. Zu seinen Wohnsitzverhältnissen befragt erklärte er, er habe seinen ausschließlichen Wohnsitz in Ö..

Die weiteren Ermittlungen ergaben, dass er seit 1992 in der Schweiz ein Einzelunternehmen, die A., betreibt. Das Fahrzeug wurde am in Österreich gekauft, in die Schweiz ausgeführt, dort versteuert und auf sein Einzelunternehmen amtlich zugelassen. Es handelt sich um ein Leasingfahrzeug. Der Bf. benutzt den PKW zu 30% in der Schweiz, zu 30% in Österreich und zu 30 - 35% in Deutschland zu Kundenbesuchen. Privat nutzt er das Fahrzeug ungefähr 10%.
Die erstmalige Einreise in das Gemeinschaftsgebiet erfolgte im September 2011.

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der mit dem Bf. am aufgenommenen Niederschrift.

Rechtslage:
Gemäß Art. 137 ZK können im Verfahren der vorübergehenden Verwendung Nichtgemeinschaftswaren, die zur Wiederausfuhr bestimmt sind, ohne dass sie, abgesehen von der normalen Wertminderung aufgrund des von ihnen gemachten Gebrauchs, Veränderungen erfahren hätten, unter vollständiger oder teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben und ohne dass sie handelspolitischen Maßnahmen unterliegen, im Zollgebiet der Gemeinschaft verwendet werden.

Nach Art. 138 ZK wird die Bewilligung des Verfahrens der vorübergehenden Verwendung auf Antrag der Person erteilt, welche die Waren verwendet oder verwenden lässt.

In welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen das Verfahren der vorübergehenden Verwendung unter vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben in Anspruch genommen werden kann, wird gemäß Art. 141 ZK nach dem Ausschussverfahren festgelegt.

Die betreffend Beförderungsmittel ergangenen Durchführungsvorschriften in der hier geltenden Fassung (VO (EG) Nr. 756/2012)  finden sich in den Artikeln 555 bis 562 des Kapitels 5, Abschnitt I, Unterabschnitt 1 der ZK-DVO.

Art. 558 Abs. 1 ZK-DVO lautet auszugsweise:

"Artikel 558

(1) Die vorübergehende Verwendung mit vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben wird für im Straßen-, Schienen- oder Luftverkehr und in der See und Binnenschifffahrt eingesetzte Beförderungsmittel bewilligt, die

a) außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft auf den Namen einer außerhalb dieses Gebiets ansässigen Person amtlich zugelassen sind; in Ermangelung einer amtlichen Zulassung gilt diese Voraussetzung als erfüllt, wenn die betreffenden Fahrzeuge einer außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft ansässigen Person gehören;

b) unbeschadet der Artikel 559, 560 und 561 von einer außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft ansässigen Person verwendet werden; und

c) bei gewerblicher Verwendung ..."

Nach Art. 558 Abs. 1 der ZK-DVO sind demnach mehrere Voraussetzungen zu erfüllen, damit die Einbringung eines Fahrzeuges, das nicht Gemeinschaftsware und zur Wiederausfuhr bestimmt ist, unter vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben zulässig ist. Neben der amtlichen Zulassung auf eine außerhalb des Zollgebietes der Union ansässige Person ist es auch erforderlich, dass das Beförderungsmittel von einer außerhalb des Zollgebietes ansässigen Person verwendet wird.

Der Verwender hat seinen gewöhnlichen Wohnsitz jedoch unbestritten im Zollgebiet der Union. Die Voraussetzungen für die Bewilligung der vorübergehenden Verwendung unter vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben nach dieser Bestimmung werden daher nicht erfüllt.

Der Bf. erfüllt auch nicht die Voraussetzungen des in Art. 561 Abs. 2 ZK-DVO normierten Sonderfalles einer vorübergehenden Verwendung eines drittländischen unverzollten Beförderungsmittels zum eigenen Gebrauch.

Artikel 561 Abs. 2 ZK-DVO lautet auszugsweise:

"(2) Die vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben wird bewilligt, wenn Beförderungsmittel, die einer außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft ansässigen Person gehören, von einer bei dieser Person angestellten oder anderweitig von ihr zur Verwendung ermächtigten natürlichen, im Zollgebiet der Gemeinschaft ansässigen Person gewerblich oder zum eigenen Gebrauch verwendet werden sollen.

Eigener Gebrauch ist gestattet, sofern er im Anstellungsvertrag vorgesehen ist.

Die Zollbehörden können die vorübergehende Verwendung von Beförderungsmitteln nach dieser Vorschrift bei systematischer Inanspruchnahme begrenzen."

Nach Art. 561 Abs. 2 ZK-DVO sind demnach mehrere Voraussetzungen zu erfüllen, damit die Zollstelle die Einbringung eines Fahrzeuges, das nicht Gemeinschaftsware und zur Wiederausfuhr bestimmt ist (Art. 137 ZK) zulassen kann.

Zu diesen Voraussetzungen gehört zunächst allgemein, dass die im Zollgebiet der Gemeinschaft (Union) ansässige Person, die das Fahrzeug in das Zollgebiet verbringt, Angestellte einer außerhalb des Zollgebiets ansässigen Person ist oder von ihr anderweitig zur Verwendung ermächtigt wurde. Das Fahrzeug muss der außerhalb des Zollgebiets ansässigen Person gehören und soll von der im Zollgebiet der Union ansässigen natürlichen Person gewerblich oder zum eigenen Gebrauch verwendet werden.

Die Verwendung zum eigenen Gebrauch ist allerdings im Hinblick auf Art. 561 Abs. 2 zweiter Unterabsatz ZK-DVO ausdrücklich auf Personen beschränkt, die bei der außerhalb des Zollgebiets ansässigen Person angestellt sind. Zudem muss die Verwendung zum eigenen Gebrauch in einem Anstellungsvertrag vorgesehen sein. Eine anderweitige Ermächtigung zum eigenen Gebrauch kann nach dieser Bestimmung das Erfordernis einer Verwendungsberechtigung in einem Anstellungsvertrag nicht ersetzen (siehe z.B. ZRV/0012-Z3K/08; ).

Unabdingbar ist jedoch, dass eine Person während einer bestimmten Zeit für eine andere nach deren Weisungen Leistungen erbringt, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält ().

Bei der A. als Zulassungsinhaberin des Fahrzeuges handelt es sich um ein Einzelunternehmen; der Bf. ist dessen Inhaber. Die Verwendung des Fahrzeuges zum privaten Gebrauch durch den Bf. war daher nicht zulässig.

War die vorübergehende Verwendung des Fahrzeuges im Beschwerdefall unzulässig, dann handelte es sich nicht um ein in Art. 558 bis 561 ZK-DVO genanntes Beförderungsmittel im Sinne des Art. 232 Abs. 1 Buchstabe b ZK-DVO. Demnach konnte auch die Fiktion des Art. 234 Abs. 1 ZK-DVO über die Gestellung und Überlassung nicht greifen.

Da sich somit bei der Kontrolle ergab, dass die Willensäußerung im Sinne des Art. 233 ZK-DVO erfolgte, ohne dass der verbrachte PKW die Voraussetzungen der Art. 230 bis 232 ZK-DVO erfüllte, galt diese Ware gemäß Art. 234 Abs. 2 ZK-DVO als vorschriftswidrig verbracht mit der Folge, dass die Zollschuld für das Fahrzeug nach Art. 202 Abs. 1 Buchstabe a ZK entstanden ist.

Als Zeitpunkt der Zollschuldentstehung ist, wie bereits in der Beschwerdevorentscheidung ausführlich dargelegt, der anzusehen.

Gem. Art. 214 Abs. 2 ZK ist, wenn der Zeitpunkt, in dem die Zollschuld entsteht, nicht genau bestimmt werden kann, der die Bestimmung der für die betreffende Ware geltenden Bemessungsgrundlage der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Zollbehörden feststellen, dass diese Ware sich in einer Lage befindet, die eine Zollschuld hat entstehen lassen. Können die Zollbehörden jedoch aus ihnen bekannten Umständen schließen, dass die Zollschuld vor dem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sie diese Feststellung getroffen haben, so wird der Betrag der auf die betreffende Ware zu erhebenden Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben anhand der Bemessungsgrundlagen bestimmt, die für die Ware in dem am weitesten zurückliegenden Zeitpunkt galten, für den das Bestehen der sich aus dieser Lage ergebenden Zollschuld anhand der verfügbaren Angaben festgestellt werden kann.

Abschließend wird - wie bereits in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt - darauf hingewiesen, dass durch die Ausfuhr des Fahrzeugs mit Ausfuhranmeldung vom , CRN Nr. Zahl***, der PKW zur Nichtgemeinschaftsware wurde.

Dass der Bf. sich vor der Einbringung beim Finanzamt erkundigt hat ändert nichts an der Zollschuldentstehung nach Art. 202 ZK. Das zollschuldbegründende vorschriftswidrige Verbringen ist eine reine Tathandlung. Auf die persönlichen Fähigkeiten oder schuldhaftes Verhalten eines Zollschuldners kommt es nicht an. Auch die Vorstellungen des Verbringers hinsichtlich der Vorschriftswidrigkeit seines Verhaltens sind unerheblich (Witte, Zollkodex6 , Art. 202 Rz. 18).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die mit dem vorliegenden Erkenntnis zu lösenden Rechtsfragen, sind durch die im Erkenntnis zitierte Rechtsprechung geklärt bzw. ergeben sich aus dem Wortlaut der anzuwendenden einschlägigen Bestimmungen.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 202 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.1200018.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at