Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 05.06.2018, RV/5300015/2016

1. Insolventer selbständiger Dachdecker, welcher vor Eröffnung des Sanierungsverfahrens die Einreichung der USt-Voranmeldungen und die Entrichtung der Selbstbemessungsabgaben unterlässt; 2. Strafbemessung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Der Finanzstrafsenat Linz 1 des Bundesfinanzgerichtes hat durch den Vorsitzenden Dr. Richard Tannert , den Richter Dr. Peter Binder und die fachkundigen Laienrichter Mag.pharm. Christoph Vigl und Mag. Josef Griesmayr in der Finanzstrafsache gegen A, geb. xxxx, selbständiger Spengler und Dachdecker, whft. XXX, vertreten durch Martin Friedl, Steuerberater, Marktplatz 2, 4650 Lambach, wegen Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 2 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) und Finanzordnungswidrigkeiten gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG über die Beschwerde des Beschuldigten vom  gegen das Erkenntnis des Spruchsenates VII beim Finanzamt Linz als Organ des Finanzamtes Braunau Ried Schärding als Finanzstrafbehörde vom , Strafnummer (StrNr.) 041/2012/00114-001, in der Sitzung am nach in Anwesenheit des Beschuldigten, seines Verteidigers, des Amtsbeauftragten Hofrat Dr. Walter Dax sowie im Beisein der Schriftführerin Kerstin Nicole Schinagl durchgeführter mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde des Beschuldigten wird teilweise Folge gegeben und das Erkenntnis des Spruchsenates dahingehend abgeändert, dass es zu lauten hat:

1. A ist schuldig, er hat im Amtsbereich des Finanzamtes Braunau Ried Schärding als Abgabepflichtiger im Jänner bzw. Februar 2012 vorsätzlich

a) betreffend die Voranmeldungszeiträume November und Dezember 2011 unter Verletzung seiner Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 Umsatzsteuergesetz (UStG) 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in Höhe von jeweils € 5.000,00 (insgesamt somit € 10.000,00) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, sowie

b) betreffend den Lohnzahlungszeitraum November 2011 Lohnsteuer in Höhe von € 2.156,24, Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen in Höhe von € 1.274,97 und Zuschläge zu diesen in Höhe von € 101,99 nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet bzw. abgeführt

und hiedurch Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG [Fakten Pkt. a)] und Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG [Fakten Pkt. b)] begangen,

weshalb über ihn gemäß §§ 33 Abs. 5, 49 Abs. 2 iVm § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG eine Geldstrafe von

€ 2.000,00
[in Worten: Euro zweitausend)

und gemäß § 20 FinStrG für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von

neun Tagen

verhängt werden.

A hat pauschale Verfahrenskosten nach § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG in Höhe von € 200,00 und die Kosten eines allfälligen Strafvollzuges zu tragen.

2. Das gegen A beim Finanzamt Braunau Ried Schärding unter der StrNr. 041/2012/00114-001 wegen des Vorwurfes, er habe betreffend die Voranmeldungszeiträume November und Dezember 2011 eine Hinterziehung weiterer Vorauszahlungen an Umsatzsteuer nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG zu verantworten, wird im Zweifel zugunsten für den Beschuldigten gemäß § 136 Abs. 1 FinStrG eingestellt.

II. Hinsichtlich des Mehrbegehrens des Beschuldigten wird seine Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

III. Gegen diese Entscheidung ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

A. Mit Erkenntnis des Spruchsenates VII beim Finanzamt Linz als Organ des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom , schriftlich ausgefertigt im Mai 2016 (!), StrNr. 041/2012/00114-001, ist A für schuldig gesprochen worden, er habe im Amtsbereich des Finanzamtes Braunau Ried Schärding als Abgabepflichtiger im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit als Dachdecker und Spengler, Betreiber des Reitstalles "Y" und Vermieter vorsätzlich [im Jänner und Februar 2012] a) betreffend die Voranmeldungszeiträume November und Dezember 2011 unter Verletzung seiner Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von [Vorauszahlungen an] Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt € 17.299,34 bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, sowie b) betreffend den Lohnzahlungszeitraum November 2011 Lohnsteuer in Höhe von € 2.156,24, Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen in Höhe von € 1.274,97 samt Zuschlägen zu diesen in Höhe von € 101,99 nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet [bzw. abgeführt] und hiedurch "die Finanzvergehen der" Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG [zu a)] und Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen, weshalb über ihn gemäß §§ 33 Abs. 5, 49 Abs. 2 iVm § 21 [Abs. 1 und 2] FinStrG eine Geldstrafe in Höhe von € 4.500,00 und gemäß § 20 FinStrG für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Wochen verhängt worden sind. Zusätzlich wurde der Beschuldigte verpflichtet, pauschale Verfahrenskosten nach § 185 [Abs. 1 lit. a] FinStrG in Höhe von € 450,00 und die Kosten eines etwaigen Strafvollzuges zu tragen (Finanzstrafakt betreffend den Beschuldigten, StrNr. 041/2012/00114-001, Seite [S.] 113 ff).

Seiner Entscheidung legte der Spruchsenat folgende Feststellungen zugrunde (genannter Finanzstrafakt S. 116 f):

Der Beschuldigte habe seinen Betrieb als Dachdecker und Spengler als selbständiger Unternehmer geführt. Für die Büroarbeiten hatte der Beschuldigte eine Mitarbeiterin, Frau B, angestellt, die auch für die Belegsammlung und für die Übermittlung an die vom Beschuldigten beauftragte Steuerkanzlei CC in Z zuständig gewesen ist. Der Ansprechpartner des Beschuldigten bzw. seiner Mitarbeitern im Steuerbüro war D. In der Steuerkanzlei wurden die übermittelten Unterlagen bearbeitet und die Umsatzsteuerzahllasten sowie die zu entrichtenden Lohnabgaben ermittelt. Wenn Unterlagen nicht fristgerecht übermittelt wurden, wurde auch urgiert.

B sei im November 2011 aus dem Betrieb des Beschuldigten ausgeschieden. Ab diesem Zeitpunkt habe der Beschuldigte im Büro niemanden beschäftigt. Deshalb seien auch die Belege liegengeblieben und nicht weiter bearbeitet worden.

Der Beschuldigte habe es daher unterlassen, für die Monate November und Dezember 2011 seine Unterlagen an den Steuerberater zu übermitteln. Er habe auch selbst keine Umsatzsteuervoranmeldungen erstellt und die bestehenden Zahllasten nicht ermittelt.

Auch die Lohnabgaben [für November 2011] wurden nicht berechnet [und nicht entrichtet bzw. abgeführt].

Schließlich wurde am über das Vermögen des Beschuldigten ein Sanierungsverfahren eröffnet. Aufgrund dessen wurde eine Umsatzsteuersonderprüfung für den Zeitraum Februar bis Dezember 2011 angeordnet, die Schlussbesprechung fand am statt. Im Zuge der vorgenommenen Prüfung wurden die Umsätze und Vorsteuern ermittelt und für beide Monate die Umsatzsteuer mit Dezember 2011 festgesetzt. Es habe sich dabei ein steuerbarer Umsatz von € 98.093,83 (inkl. Umsatzzuschätzung von € 5.000,00) ergeben. Die [davon abzuziehenden] Umsätze aus Bauleistungen wurden mit € 2.187,00 ermittelt. Von dem [solcherart] aus € 95.906,83 ermittelten 20%igen Umsatzsteuerbetrag wurde die Vorsteuer von € 1.882,00 abgezogen, sodass schließlich die Umsatzsteuer für die Monate November und Dezember 2011 mit € 17.299,35 festgesetzt worden sei. Der entsprechende Abgabenbescheid sei in Rechtskraft erwachsen.

Aufgrund der Insolvenz sei auch eine Außenprüfung betreffend Lohnsteuer und Kommunalsteuer angeordnet worden. Dabei habe sich ergeben, dass für den Zeitraum November 2011 Lohnsteuer in Höhe von € 2.156,24 sowie Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfond für Familienbeihilfe in Höhe von € 1.274,97 samt Zuschlägen von € 107,99, zusammen daher € 3.533,20, nicht entrichtet [bzw. abgeführt] und der Abgabenbehörde auch nicht bekanntgegeben worden waren.

Der Beschuldigte habe um seine [diesbezüglichen abgabenrechtlichen] Verpflichtungen aufgrund des Umsatzsteuergesetzes und [in Zusammenhang mit den Lohnabgaben] [Bescheid] gewusst. Ihm wären die Fälligkeitstermine bekannt gewesen. Es wäre ihm auch bewusst gewesen, dass sein Verhalten zu einer Abgabenverkürzung führen würde.

Bei der Strafzumessung wertete der Spruchsenat als mildernd die [finanzstrafrechtliche] Unbescholtenheit des Beschuldigten und ein Tatsachengeständnis, als erschwerend jedoch ein Zusammentreffen von mehreren Finanzvergehen "mit einer Finanzordnungswidrigkeit". Zumal aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation aufgrund der vorangegangenen Insolvenz sei es vertretbar, eine Geldstrafe nur geringfügig über dem Mindestsatz des § 23 Abs. 4 FinStrG zu verhängen.

B. Gegen dieses Straferkenntnis des Spruchsenates hat der Beschuldigte durch seinen Verteidiger innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben und dabei ausgeführt, dass sich der Beschuldigte erst Ende 2011 [gemeint offensichtlich: 2010] selbständig gemacht habe. Er habe sich hinsichtlich der Erfüllung [seiner] abgabenrechtlichen Pflichten auf andere verlassen, weshalb er nicht vorsätzlich gehandelt habe. Darüber hinaus hätte der Spruchsenat - im Falle [eines] berechtigten Schuldspruches - die Strafe geringer ausmessen müssen, sofern nicht überhaupt von einer Bestrafung abzusehen wäre. Es wären nicht einmal [die] tristen finanziellen Verhältnisse des Beschuldigten in die Strafbemessung einbezogen worden. Es werde daher insgesamt die Einstellung des Finanzstrafverfahrens, in eventu die Verhängung einer nachvollziehbaren, jedenfalls geringeren Strafe beantragt (Finanzstrafakt S. 122 ff).

C. Ein Rechtsmittel des Amtsbeauftragten liegt nicht vor (Finanzstrafakt).

D. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht am hat der Verteidiger auf den Umstand verwiesen, dass die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate November und Dezember 2011 im korrespondierenden Abgabenverfahren in Einem vorgenommen worden ist. Er vermutete, der Prüfer habe aus der Saldenliste die Differenzen für das ganze Jahr ermittelt und im Bericht diesen Betrag auf den Monat Dezember 2011 zugerechnet. Die sich daraus für die Monate November und Dezember ergebenen Zahllasten von insgesamt € 17.299,35 stünden im krassen Gegensatz zu den Guthaben bzw. Zahllasten, welche sich für die Vormonate ergeben hätten (siehe die USt Zusammenstellung, Finanzstrafakt S. 33).

Weiters verweist der Verteidiger auf den Umstand, dass der Haftungsbescheid bezüglich der Lohnsteuerprüfung vom Jahr 2011 spreche (Finanzstrafakt S. 28 f), in der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom  aber vom Monat November 2011 die Rede sei (Finanzstrafakt S. 25). Wiederum könne man die Beträge Lohnsteuer, Dienstgeberbeiträge und Zuschläge zu diesem mit den bekanntgegebenen Monatsbeträgen vergleichen, woraus sich wiederum ein krasses Missverhältnis ergebe. Auch aus der Niederschrift über die Schlussbesprechung gehe nicht hervor, dass die festgesetzten Beträge sich nur auf den Monat November bezogen haben.  

Das Bundesfinanzgericht habe den Nachweis zu führen und es gehe auch nicht, dass ohne Begründung einfach griffsweise verteilt werde. Dies sei mit den Grundsätzen eines Finanzstrafverfahrens nicht in Einklang zu bringen.

E. Hinsichtlich seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat der Beschuldigte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt wie folgt:

Er sei nach wie vor als Einzelunternehmer tätig und betreibe an der Ladungsadresse eine Spenglerei und Dachdeckerei. Es sei gleichsam ein Ein-Mann-Betrieb, er werde lediglich von einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer unterstützt, zusätzlich gebe es eine Bürokraft. Er habe genug Arbeit und erwirtschafte sich damit seinen Lebensunterhalt. Die Firma sei stabil.

Schulden habe er derzeit keine, er habe insbesondere auch keinen Bankkredit. Vor zwei Jahren habe er seinen Grundbesitz verkaufen müssen, um seine damaligen Bankschulden abzudecken. Er sei nun mit seiner Wohnung und seinem Betrieb dort eingemietet, wofür er monatlich € 1.280,00 zu zahlen hätte.

In seinen steuerlichen Angelegenheiten werde er von einem Steuerberater betreut, welchen er auch regelmäßig bezahle.

Er habe keine Sorgepflichten; gesundheitlich geht es ihm gut.

F. Eine Durchsicht der Datenabfrage des Abgabenkontos ergibt nunmehr ein steuerlich unauffälliges Verhalten des Beschuldigten; die Selbstbemessungsabgaben sind zeitnah erfasst, auch die USt-Voranmeldungen werden zeitgerecht dem Finanzamt per FinanzOnline übermittelt.

G. Zur Sache hat der Beschuldigte vor dem Bundesfinanzgericht im Wesentlichen wie folgt vorgebracht:

Nach über 35 Jahren als Arbeitnehmer gab es zuletzt nach einem Wechsel des Arbeitgebers mit diesem Zerwürfnisse, weshalb er sich letztendlich ohne lange Planung und gleichsam unvorbereitet selbstständig gemacht habe. Er habe von den Finanzen viel zu wenig Ahnung gehabt und sei daher mit seinem Betrieb im Jahre 2011 in eine große wirtschaftliche Schieflage geraten. Schließlich sei auch die Buchhaltungskraft B ungefähr Ende 2011 (an anderer Stelle: im November 2011) aus dem Betrieb ausgeschieden, sodass in der Buchhaltung kurzfristig alles liegen geblieben wäre.

Konkret zur unterbliebenen Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldungen bis spätestens am  bzw. : Er habe damals nicht so ein steuerliches Wissen gehabt wie jetzt. Ich habe keine Ahnung gehabt, dass es so wichtig sei, dass die Voranmeldungen auch zeitgerecht zum Finanzamt gelangen. Er habe damals ja gerade in einer Ausnahmesituation gelebt, er habe nicht mehr gewusst, mit welcher Arbeit er zuerst beginnen sollte: Seine Tätigkeit als Spengler und Dachdecker habe er erfüllen müssen, im Büro wäre etwas zu tun gewesen und zusätzlich sei ja gerade sein Konkurs vorbereitet worden. Er bestreite daher, dass er damals betreffend seine abgabenrechtliche Verpflichtung zur Einreichung von Voranmeldungen entsprechend Bescheid gewusst habe. Ihm sei diesbezüglich kein Vorsatz anzulasten.

Ihn habe damals keiner dahingehend kontaktiert, dass er die Belege für die Erstellung der Voranmeldungen zu übermitteln hätte. Der Steuerberater hat ihn darauf nicht angesprochen. Aber ein Geld habe er schon von ihm gewollt. Er hat die Leistung nur noch Zug um Zug erbracht.

Er habe schon gewusst, was für eine Aufgabe B gehabt habe. die Genannte habe für ihn [auch] das Internetbanking erledigt und damit auch die Zahlungen an das Finanzamt. Wie Frau B die [Höhe der zu zahlenden] Beträge erfahren hat, wisse er nicht. Frau B habe längere Zeit ein Gasthaus geführt und habe sich ausgekannt.

Auf die Frage, warum er nach dem Ausscheiden von Frau B nicht für die Buchhaltung einen Ersatz gefunden habe: Weil, denke er, sie damals schon den Konkurs eingeleitet hätten.

Auf Vorhalt eines entsprechenden E-Mail-Wechsels im Februar 2012 mit der angeblich schon aus dem Unternehmen ausgeschiedenen B: Diese sei damals tatsächlich im November 2011 aus dem Betrieb ausgeschieden, hat dem Beschuldigten dann aber wieder - nach einer Vermittlung seines Bruders - bei der Abwicklung des Konkurses im Anfang 2012 geholfen.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

1. Gemäß § 119 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) haben Abgabepflichtige (hier: der Beschuldigte A) die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht bedeutsamen Umstände nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offen zu legen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen. Dieser Offenlegung dienen gemäß Abs. 2 leg.cit. unter anderem Abgabenerklärungen, wozu auch Umsatzsteuervoranmeldungen gehören. 

Gemäß § 21 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) 1994 hatte im strafrelevanten Zeitraum der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung beim zuständigen Finanzamt einzureichen, in der die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder der auf den Voranmeldungszeitraum entfallende Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 UStG 1994 bzw. § 16 UStG 1994 selbst zu berechnen war. Die Voranmeldung galt als Steuererklärung. Der Unternehmer hatte eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.

Diese Verpflichtung zur Einreichung einer Voranmeldung war gemäß § 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Abstandnahme von der Verpflichtung zur Abgabe von Voranmeldungen, BGBl. II 1998/206 idFd BGBl II 2010/171, lediglich für Unternehmer, deren Umsätze gemäß § 1 und 2 UStG 1994 im vorangegangenen Kalenderjahr den Betrag von € 30.000,00 (bis : € 100.000,00) nicht überstiegen haben, entfallen, dies jedoch nur dann, wenn die errechnete Vorauszahlung zur Gänze spätestens am Fälligkeitstag entrichtet worden war oder sich (hier nicht relevant) für den Voranmeldungszeitraum keine Vorauszahlung ergeben hätte, – woraus sich für den gegenständlichen Fall (in welchem eben die Zahllasten nicht fristgerecht entrichtet wurden) weiterhin trotz Unterschreitens der Umsatzgrenze im Vorjahr eine zwingende Verpflichtung zur zeitgerechten Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldungen abgeleitet hat.

Diese Verletzung der obgenannten Verpflichtung zur Einreichung einer ordnungsgemäßen Umsatzsteuervoranmeldung kann beispielsweise derart erfolgen, dass schon der Umsatz – und damit in weiterer Folge die geschuldete Zahllast – zu niedrig erklärt wird, dass zu Unrecht Steuerbefreiungen oder Steuerbefreiungen in überhöhtem Ausmaß geltend gemacht werden, und schließlich auch in der Weise, dass Vorsteuern in einer nicht der Wahrheit entsprechenden Höhe abgesetzt werden. Die gegenständliche Verpflichtung zur Einreichung ordnungsgemäßer Voranmeldungen war aber auch dann verletzt, wenn diese Voranmeldungen nicht zeitgerecht bzw. – wie im gegenständlichen Fall – überhaupt nicht bei der Abgabenbehörde eingereicht wurden.

Neben der Verpflichtung zur zeitgerechten Einreichung derartiger Abgabenerklärungen bestand auch die für den Fiskus mindestens ebenso bedeutsame Pflicht des Unternehmers bzw. des Abgabenschuldners, die gleichsam zu treuen Händen von seinen Kunden erhaltene Umsatzsteuer auch bis zum Ablauf des jeweiligen Fälligkeitstages als Vorauszahlung an Umsatzsteuer zu entrichten.

Gemäß § 79 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 hatte der Arbeitgeber (hier wiederum: der Beschuldigte A) die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten war, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag an das Finanzamt der Betriebsstätte abzuführen. In gleicher Weise waren die Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen gemäß § 43 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 und die Zuschläge zu diesen gemäß § 122 Abs. 7 Wirtschaftskammergesetz 1998 iVm. § 43 Abs. 1 FLAG zu entrichten.

2. In finanzstrafrechtlicher Hinsicht ist dazu auszuführen:

2.1. Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich ein Unternehmer einer Abgabenhinterziehung schuldig, wenn er vorsätzlich unter Verletzung der genannten Verpflichtung zur Abgabe von dem obgenannten § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hielt.

Dabei ist gemäß § 33 Abs. 3 lit. b leg.cit. eine derartige Abgabenverkürzung u.a. dann bewirkt, wenn solche Selbstbemessungsabgaben ganz oder teilweise nicht (am Fälligkeitstag) entrichtet werden. Eine Verkürzung läge aber auch vor, wenn Umsatzsteuergutschriften zu Unrecht oder zu hoch geltend gemacht werden (§ 33 Abs. 3 lit. d FinStrG).

Mit anderen Worten, ein Unternehmer, der eine Umsatzsteuervorauszahlung nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, bewirkt deren Verkürzung; die Verkürzung der Zahllast besteht in deren nicht zeitgerechten Entrichtung. Die unterlassene zeitgerechte Einreichung der Voranmeldung ist nicht Ursache einer Verkürzung der Vorauszahlung, sondern die zur Erfüllung des Tatbildes zwingend hinzutretende zweite objektive Sachverhaltskomponente.

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite werden gefordert: Einerseits bedingter Vorsatz in Bezug auf die Verletzung der abgabenrechtlichen Verpflichtung zur zeitgerechten Einreichung von ordnungsgemäßen Umsatzsteuervoranmeldungen und andererseits Wissentlichkeit in Bezug auf die nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages erfolgte Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlung.

Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG machte sich eine derartige Person stattdessen einer Abgabenhinterziehung schuldig, wenn sie (zumindest bedingt) vorsätzlich unter Verletzung der diesbezüglichen abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht im Sinne der obgenannten Bestimmungen die Verkürzung einer Umsatzsteuer bewirkt, indem sie beispielsweise die Existenz des Unternehmens bzw. die unternehmerische Tätigkeit gegenüber dem Fiskus verheimlicht, sodass infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches eine bescheidmäßig festzusetzende Abgabe wie die für das Veranlagungsjahr festzusetzende Umsatzsteuer mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist nicht festgesetzt werden kann (§ 33 Abs. 3 lit. a FinStrG, zweite Alternative), oder – im Falle der Kenntnis des Fiskus vom Abgabenanspruch – die Festsetzung der Umsatzsteuer für das diesbezügliche Veranlagungsjahr mit Null oder einem zu niedrigen Betrag anstrebt, indem er beispielsweise die Einreichung der Steuererklärung unterlässt oder in dieser einen zu niedrigen Steuerbetrag deklariert, in der Hoffnung, das Finanzamt würde seinen Angaben Glauben schenken (§ 33 Abs. 3 lit. a FinStrG, erste Alternative).

Eine Strafbarkeit wegen einer derartigen zumindest versuchten Hinterziehung an Jahresumsatzsteuer nach §§ 13, 33 Abs. 1 FinStrG konsumiert eine solche wegen Hinterziehungen an Umsatzsteuervorauszahlungen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG (siehe dazu im Detail zuletzt ) oder wegen vorsätzlich nicht bis jeweils zum fünften Tag nach Fälligkeit erfolgter Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG (siehe nachfolgend), soweit der Betrag an verkürzter Umsatzsteuervorauszahlung in der zu verkürzen versuchten Jahresumsatzsteuer beinhaltet ist, sowie ebenso eine solche von Vorbereitungshandlungen, welche für sich als Finanzordnungswidrigkeiten nach § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG zu bestrafen wären (siehe unten).

Im gegenständlichen Finanzstraffall sind aber hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Säumigkeiten des Beschuldigten die ausständigen Zahllasten im März 2012 – schon lange vor Ablauf der gesetzlichen Erklärungspflicht für die Jahresumsatzsteuererklärung – mittels Festsetzung im Rahmen einer Außenprüfung ermittelt worden und war überdies diesbezüglich bereits am das gegenständliche Finanzstrafverfahren eingeleitet worden (Finanzstrafakt S. 35 f), sodass – dem Beschuldigten eine vernunftorientierte Handlungsweise unterstellt – solcherart aus dem Lebenssachverhalt ein Streben des Beschuldigten auf dauerhafte Verheimlichung der Umsatzsteuerschulden nicht zu erschließen ist. Selbst wenn dem aber so wäre, käme eine nunmehrige Bestrafung der allenfalls versuchten Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 1 FinStrG durch das Bundesfinanzgericht nicht mehr in Betracht, weil dies einem Auswechseln der vorgeworfenen Taten entspräche, sohin ein anderer Verfahrensgegenstand behandelt würde, und überdies mangels eines Rechtsmittels des Amtsbeauftragten auch das Verböserungsverbot nach § 161 Abs. 3 FinStrG verletzt werden würde.

2.2. Gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig, wer vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, beispielsweise die obgenannten Vorauszahlungen an Umsatzsteuer oder die erwähnten Lohnabgaben, nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekanntgegeben wird; im Übrigen ist die Versäumung eines Zahlungstermines für sich allein nicht strafbar.

Eine Bestrafung nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG kommt beispielsweise in Betracht, wenn im Falle einer wissentlichen Nichtentrichtung bzw. Verkürzung der Vorauszahlung an Umsatzsteuer eine zumindest bedingt vorsätzliche Nichteinreichung der diesbezüglichen Voranmeldungen nicht nachgewiesen werden kann.

Einzige Tatbestandsvoraussetzung des § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG ist somit die vom Eventualvorsatz umfasste Nichtentrichtung bzw. Nichtabfuhr von Selbstbemessungsabgaben bis zum fünften Tag der Fälligkeit. Strafbefreiend wirkt aber, wenn der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesen Zeitpunkten die Höhe der geschuldeten Beträge bekanntgegeben wurde.

Ob den Beschuldigten ein Verschulden an der nicht zeitgerechten Meldung dieser Selbstbemessungsabgaben trifft, ist – anders als der Spruchsenat vermeint (siehe Straferkenntnis, Finanzstrafakt S. 114: "vorsätzlich ... auch nicht die Höhe ... bekannt gegeben") - nicht tatbestandsrelevant, da es sich lediglich um einen objektiven Strafbefreiungsgrund handelt. Daraus folgt aber auch, dass ein Irrtum über den Umstand, ob derartige nicht entrichtete bzw. abgeführte Lohnabgaben vor Fälligkeit oder innerhalb der fünftägigen Frist gemeldet werden, den Täter nicht zu exkulpieren vermag.

Der für die Verwirklichung des Tatbildes des § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG erforderliche Vorsatz muss sich sohin nach ständiger Rechtsprechung nur auf die tatbildmäßig relevante Versäumung des Termines für die Entrichtung oder Abfuhr der Selbstbemessungsabgaben bzw. der fünftägigen Frist richten. Ob den dafür Verantwortlichen an der Unterlassung einer als strafbefreiend normierten Meldung der geschuldeten Beträge an das Finanzamt ein Verschulden trifft, ist irrelevant (z.B. ; ).

Gemäß § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich im Übrigen für sich alleine weiters einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig, wer – ohne hiedurch den Tatbestand eines anderen Finanzvergehens zu erfüllen – vorsätzlich seine abgabenrechtliche Offenlegungspflicht verletzt, indem er wider besseres Wissen entgegen der obgenannten Verpflichtung zur zeitgerechten Übersendung von Umsatzsteuervoranmeldungen an die Abgabenbehörde iSd § 21 Abs. 1 UStG 1994 solches unterlässt.

2.3. Bedingt vorsätzlich handelt nach § 8 Abs. 1 FinStrG derjenige, der einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Wissentlich handelt gemäß § 5 Abs. 3 Strafgesetzbuch (StGB) jemand, der den Umstand oder den Erfolg, für den das Gesetz Wissentlichkeit voraussetzt, nicht bloß für möglich hält, sondern ein Vorliegen oder Eintreten für gewiss hält.

2.4. Sowohl Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG als auch Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG bzw. nach § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG sind begrifflich Finanzvergehen im Sinne des § 1 Abs. 1 FinStrG.

2.5. Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG haben die Finanzstrafbehörden - und gemäß § 157 FinStrG auch das Bundesfinanzgericht - unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht; bestehen Zweifel, so darf die Sache nicht zum Nachteil des Beschuldigten angenommen werden. Dabei ist der Nachweis nicht nur hinsichtlich der objektiven, sondern auch hinsichtlich der subjektiven Tatseite zu führen. Bleiben Zweifel bestehen, sind diese somit zugunsten des Beschuldigten beachtlich.

3. Das Bundesfinanzgericht folgt insoweit den Bedenken der Verteidigung, als tatsächlich mit der für ein Finanzstrafverfahren notwendigen Sicherheit nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, dass nicht auch Umsatzsteuern der Vorperioden in die Berechnung des Betriebsprüfers bei seiner Ermittlung der Zahllasten für November und Dezember 2011 Eingang gefunden haben:

Die unternehmerische Tätigkeit des Beschuldigten im Jahre 2011 war offenkundig einerseits bar einer längerfristigen Planung bei der Verwendung seiner Finanzmittel und anderseits wohl saisonal bedingt. So ist es zwar realistisch, dass die im Frühjahr und Sommer in Angriff genommenen Aufträge im Herbst vermehrt zum Abschluss gekommen sind und solcherart sich in den Monaten ab September 2011 höhere Zahllasten ergeben haben, für deren Begleichung aber keinerlei Mittel mehr vorhanden waren.

Andererseits hat der Außenprüfer etwa die tatsächlich für betriebsfremden Aufwand der Monate März, Juni und Juli 2011 geltend gemachten Vorsteuern in Höhe von € 1.025,65 bei der Berechnung der Vorsteuern für Dezember 2011 in Abzug gebracht (Niederschrift vom zu ABNr. xxxxx, Tz. 1, Finanzstrafakt S. 15) und hat sich die Umsatzzurechnung von € 5.000,00 in Anbetracht der fehlenden Rechnungen Nr. 71, 72, 73, 95, 106, 139 und 140 nicht bzw. nicht nur auf die Voranmeldungszeiträume November und Dezember 2011 bezogen (genannte Niederschrift, Tz. 4, Finanzstrafakt S. 16).

Für eine korrekte Aufteilung wiederum spricht die Überlegung, dass der Prüfer ja in keiner Weise gehindert gewesen wäre, falls er tatsächlich neben der Zuschätzung nach Tz. 4 weitere bislang nicht erfasste Umsätze entdeckt hätte, dies ebenfalls bezogen auf Dezember 2011 abzurechnen und dies aber auch in der Niederschrift korrekt offenzulegen. Anhaltspunkte, warum er rechtswidrigerweise seine Berechnung der Zahllast unzutreffend dargestellt haben sollte, sind der Aktenlage nicht zu entnehmen.

Auch die Ermittlung der Zahllast für den Voranmeldungszeitraum Jänner 2012 mit € 8.795,48 (genannte Niederschrift, Tz. 5, Finanzstrafakt S. 16) spricht eigentlich dafür, dass die vom Prüfer für November und Dezember 2011 festgestellten Beträge in ihrer Größenordnung im Wesentlichen zutreffend sein konnten.

Um jedoch mit der für ein Finanzstrafverfahren erforderlichen Sicherheit jedenfalls jegliche Fehlbelastung für den Beschuldigten auszuschließen, werden in freier Beweiswürdigung unter Bedachtnahme etwa auf die von der Steuerberatungskanzlei des Beschuldigten für September und Oktober 2011 ermittelten Zahllasten die Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die strafrelevanten Monate November und Dezember 2011 lediglich mit jeweils € 5.000,00 geschätzt.

4. Nicht gefolgt werden kann jedoch der gleichartigen Argumentation des Verteidigers in Hinblick auf die verkürzten Lohnabgaben, deren vom Spruchsenat festgestellte Höhe sich im Vergleich zu den vorherigen Lohnzahlungszeiträumen (siehe Kontoabfrage) tatsächlich als unauffällig erweist.

5. Ebenso zu bestätigen ist die subjektive Tatseite zu den dem Beschuldigten vorgeworfenen Verfehlungen:

Im Verlauf des Finanzstrafverfahrens hat der Beschuldigte zunehmend den Eindruck zu vermitteln versucht, eine wenngleich nur grundsätzliche Kenntnis von seiner Verpflichtung zur fristgerechten Entrichtung der Selbstbemessungsabgaben bzw. zur fristgerechten Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldungen abzuschwächen: War in seiner Rechtfertigung vom noch davon die Rede, dass A die Erstellung der - offenkundig auch aus seiner Sicht für ihn verpflichtenden - Umsatzsteuervoranmeldungen und die Vornahme der Lohnverrechnung bei einer Steuerberatungskanzlei in Auftrag gegeben habe und es sich seiner Kenntnis entziehe, warum diese Aufträge nicht durchgeführt worden seien (Finanzstrafakt S. 42) und hat er durch seinen vormaligen Verteidiger am überhaupt mitteilen lassen, geständig im Sinne des gegen ihn erhobenen Vorwurfes zu sein (also auch hinsichtlich einer zu den Fälligkeitszeitpunkten in Bezug auf die Nichtentrichtung der Vorauszahlungen an Umsatzsteuer vorliegenden Wissentlichkeit bzw. eines in Bezug auf die Nichteinreichung der Voranmeldungen und die Nichtentrichtung bzw. Nichtabfuhr der Lohnabgaben vorliegenden bedingten Vorsatzes) (Finanzstrafakt S. 47), ist es ihm bei seiner Einvernahme vor dem Spruchsenat am immerhin noch gelungen, den Ablauf zur Berechnung der Umsatzsteuerzahllasten in seinem Unternehmen darzustellen: "Meine Ansprechpartnerin im Steuerbüro war Frau D. ... Ich habe alle Unterlagen Frau D gegeben. Im Betrieb hat Frau B die Vorbereitungen gemacht. Sie war damals im Büro bei mir angestellt. Der Steuerberater hat ausgerechnet, was zu zahlen ist. Durch die Zahlscheine wurden uns die Summen bekanntgegeben. ... Sie [B] hatte die Kontovollmacht und hat die Überweisungen getätigt. Die Belege sind zum Steuerberater gekommen, dann ist ein Zahlschein zurückgekommen, dieser wurde dann je nach finanziellen Möglichkeiten einbezahlt. Wir haben bezahlt, was wir konnten. ..." (Finanzstrafakt S. 107). Nunmehr vor dem Bundesfinanzgericht war dem Beschuldigten aber schon entfallen, wie seine Mitarbeiterin B die Höhe der zu bezahlenden Selbstbemessungsabgaben erfahren hätte (siehe oben).

Aus der Sicht des Bundesfinanzgerichtes hingegen wird dem Beschuldigten zu den Fälligkeitszeitpunkten in Anbetracht der ihm gegenüber von der Steuerberatungskanzlei zur Etablierung des Handlungsablaufes zwingend erteilten grundsätzlichen Anleitung ein zumindest rudimentäres Wissen um seine abgabenrechtliche Pflichten in Zusammenhang mit den bei seinem Unternehmen anfallenden Selbstbemessungsabgaben zugerechnet. Dem Beschuldigten ist mit Sicherheit damals immerhin auch bekannt gewesen, dass in der Vergangenheit seine Mitarbeiterin B die Belege für die Ermittlung der Zahllasten gesammelt hatte, worauf diese seinem Steuerberater gebracht worden sind, damit dieser ausrechnen könne, was an das Finanzamt zu zahlen wäre, und dieser die monatliche Umsatzsteuervoranmeldung für das Finanzamt erstelle. Auch war ihm bekannt, dass Monat für Monat Lohnabgaben angefallen sind, welche vom Steuerberater berechnet wurden: Es ist steuerliches Allgemeinwissen, dass für einen Arbeitgeber bei Beschäftigung und Bezahlung eines Arbeitnehmers monatlich Lohnabgaben anfallen, welche wiederum an das Finanzamt zu zahlen sind. Es wäre völlig ungewöhnlich, hätte sich der Beschuldigte nicht notgedrungen im Zuge seiner Betriebseröffnung und der nachfolgenden Einrichtung seiner Betriebsstruktur selbst ein solches allgemeines, wenngleich nicht ins Detail gehende Basiswissen verschafft.

Für ein derartiges steuerliches Basiswissen bei A spricht auch, dass ein ganzes Jahr lang, nämlich von Anfang bis Ende 2011, für ihn Erfüllungsgehilfen gearbeitet und auch dafür bezahlt worden sind, damit er seinen abgabenrechtlichen Pflichten vorerst entsprechen konnte, nämlich eben seine Steuerberatungskanzlei und seine Bürokraft. Es ist äußerst lebensnah, dass diese Erfüllungsgehilfen ihm auch mit einer für sein Begreifen ausreichenden Deutlichkeit zu verstehen gegeben haben, warum und für welche Leistungen sie von ihm Monat für Monat bezahlt werden wollten.

Zuzubilligen ist ihm aber im Zweifel, dass über das erwähnte steuerliche Basiswissen hinaus möglicherweise zu den Tatzeiträumen seine abgabenrechtlichen Kenntnisse noch nicht das Ausmaß des heutigen Standes erreicht hatten und er etwa tatsächlich damals noch keine konkrete Vorstellung hatte, wie das Finanzamt auf seine Säumigkeiten reagieren würde, nämlich mit Außenprüfungen und sogar mit Einleitung eines Finanzstrafverfahrens. Möglich ist auch durchaus, dass er sich keine Kenntnis verschafft hatte, auf welche konkrete Weise die von ihm beauftragte Steuerberatungskanzlei die monatlichen Voranmeldungen der Abgabenbehörde übermitteln würde bzw. seine Bürokraft die monatlichen Zahlungen an die Abgabenbehörde vornehmen würde.

Bedenkt man die damalige Lebenssituation des Beschuldigten, erschließt sich jedoch auch ein damaliges zwingendes Verständnis des Beschuldigten, dass er diesen seinen - ihm im Grundsätzlichen, wenngleich nicht im Detail bekannten - abgabenrechtlichen Verpflichtungen, nämlich zur monatlichen Entrichtung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer und Lohnabgaben bzw. zur Übermittlung von Umsatzsteuervoranmeldungen, nicht mehr entsprechen konnte, weil seine Erfüllungsgehilfen, nämlich sowohl seine Steuerberatungskanzlei, welche nur mehr Zug um Zug eine Leistung erbringen wollte, aber kein Honorar mehr erhalten hatte, als auch seine Bürokraft, Frau B, nicht mehr zur Verfügung gestanden sind. Ihm war Anfang 2012 bekannt, dass die Belege für November und Dezember 2011 (anlässlich der Buchführung ab Jänner 2012) nicht mehr aufbereitet und auch nicht der Steuerberatungskanzlei überbracht werden würden und auch, dass diese für ihn mangels Honorar und eben mangels überbrachter Unterlagen keine Selbstbemessungsabgaben mehr berechnen würde und keine Voranmeldungen mehr verfassen würde. Er wusste auch, dass die fällig werdenden Umsatzsteuerzahllasten und Lohnabgaben nicht bezahlt werden würden, weder zu den Fälligkeiten und auch nicht danach. Die konkrete Höhe der solcherart verkürzten Selbstbemessungsabgaben war ihm nicht bekannt; auch eine etwaige Straffolge war ihm möglicherweise unbekannt - beides ist jedoch zur Erfüllung der verfahrensgegenständlichen Tatbilder nicht erforderlich.

A hat daher tatsächlich eine Hinterziehung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer hinsichtlich der Voranmeldungszeiträume November und Dezember 2011 nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG in Höhe von jeweils € 5.000,00 und infolge der wissentlichen Nichtentrichtung bzw. Nichtabfuhr der Lohnabgaben (Lohnsteuer € 2.156,24 + Dienstgeberbeiträge € 1.274,97 + Zuschläge zu diesen € 101,99) betreffend den Lohnzahlungszeitraum November 2011 auch am fünften Tag nach Fälligkeit Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG zu verantworten, wobei die tatsächlich bestanden habenden besonderen, zu seinen Gunsten sprechenden Umstände bei der Strafbemessung zu berücksichtigen sind (siehe sogleich).

6. Zur Strafbemessung ist auszuführen:

Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist Grundlage für die Strafbemessung zunächst die Schuld des Täters.

Gemäß § 23 Abs. 2 und 3 FinStrG sind bei der Ausmessung der Strafe die Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und zusätzlich die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen.

Dabei ist auch darauf Bedacht zu nehmen, ob die Verkürzung oder der Abgabenausfall endgültig oder nur vorübergehend hätte eintreten sollen. Eine solche nur vorübergehende Abgabenvermeidung liegt nach der Aktenlage nicht vor, wenngleich tatbildlich davon auszugehend ist.

Ein Unterschreiten eines Betrages von 10 % des Strafrahmens ist gemäß § 23 Abs. 4 FinStrG nur bei Vorliegen besonderer Gründe zulässig; die in Frage kommenden Umstände rechtfertigen eine außerordentliche Milderung zumal in Anbetracht der zu beachtenden Generalprävention jedoch nicht (siehe nachstehend), wenngleich - noch ohne Abschlag wegen überlanger Verfahrensdauer - die Geldstrafe nunmehr nahe an diese Grenze heranzuführen ist.

Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG werden gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG (neben einer im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung gelangenden Freiheitsstrafe) mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen der jeweiligen Verkürzungsbeträge geahndet; Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG werden gemäß § 49 Abs. 2 FinStrG mit einer Geldstrafe bis zur Hälfte der nicht oder verspätet entrichteten bzw. abgeführten Abgabenbeträge geahndet. Dabei sind im Falle mehrerer Finanzstraftaten zur Bemessung der Geldstrafe gemäß § 21 Abs. 2 FinStrG die Summen der Strafdrohungen zu einer einheitlichen Geldstrafe zusammenzurechnen.

Es ergibt sich somit ein neuer Strafrahmen von € 5.000,00 + € 5.000,00 = € 10.000,00 X 2, ergibt € 20.000,00 zuzüglich € 2.156,24 + € 1.274,97 + € 101,99 = € 3.533,20 / 2, ergibt € 1.766,60, insgesamt somit € 21.766,60, innerhalb dessen die Geldstrafe auszumessen ist.

Dabei gelangt in typisierender Betrachtungsweise hinsichtlich der Strafdrohung zu den Hinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG in Anbetracht des Tatbildes einer nur vorübergehenden Abgabenvermeidung - im Vergleich zu Hinterziehungen nach § 33 Abs. 1 FinStrG - diesbezüglich ein Abschlag von einem Drittel zur Anwendung.

Läge nun beim Finanzstraftäter ein durchschnittliches Verschulden vor, hielten sich die Erschwerungs- und Milderungsgründe die Waage und bestünden bei ihm durchschnittliche persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse, ergäbe sich sohin ein Ausgangswert von gerundet € 7.500,00.

Keinen Erschwerungsgrund bildet der Umstand, dass mehrere Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG mit einer (tatsächlich mit mehreren) Finanzvergehen einer Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG zusammengetroffen sind, insoweit dieser Aspekt bereits in die Höhe der Strafdrohung Eingang gefunden hat. Wohl aber ist es erschwerend, dass mehrere deliktische Angriffe (nämlich in Bezug auf mehrere Selbstbemessungsabgaben bzw. auch hinsichtlich verschiedener Fälligkeiten) stattgefunden haben.

Diesem Erschwerungsgrund der Mehrzahl der deliktischen Angriffe stehen aber als mildernd gegenüber die finanzstrafrechtliche Unbescholtenheit des Finanzstraftäters, seine damalige finanzielle Zwangslage und seine Arbeitsüberlastung in Anbetracht des Geschehens (Konkurs wird vorbereitet, Frau B hat die Bürotätigkeit eingestellt), die teilweise Schadensgutmachung im Ausmaß von 20 % nach Abwicklung des Insolvenzverfahrens (Kontoabfrage), sowie die Mitwirkung an der Aufklärung des strafrelevanten Sachverhaltes (etwa indem den Prüfern die Möglichkeit zur Ermittlung der Verkürzungsbeträge gewährt worden ist).

In gesamthafter Erwägung kann daher der obige Ausgangswert auf € 5.000,00 abgemildert werden, wobei zusätzlich noch zu bedenken ist, dass die Taten lange zurückliegen und sich Herr A nun tatsächlich - wie er ausgeführt hat - in Bezug auf die Berechnung und Abfuhr der Lohnabgaben und Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in weiterer Folge im Gesamten korrekt verhalten hat. Dies ist noch mit einer Verminderung auf € 4.000,00 zu berücksichtigen.

Zusätzlich erwirtschaftet der Beschuldigte seinen erkennbar bescheidenen Lebensunterhalt aus einem handwerklichen Ein-Mann-Betrieb und hat keine finanziellen Ressourcen. Dies schlägt mit einer Verringerung der Geldstrafe auf € 2.600,00 zu Buche. Damit ist die ausgesprochene Geldstrafe - wie oben angekündigt - nahe herangehend an die Untergrenze des § 23 Abs. 4 FinStrG.

Ein Unterschreiten dieser Grenze kommt jedoch insbesondere aus generalpräventiven Erwägungen nicht in Betracht: Immerhin hat der Beschuldigte im Ergebnis wohl durch sein Verhalten bei der Republik Österreich einen rechtswidrigen Kredit erzwungen, welcher im Ausmaß von vier Fünftel auf Dauer für den Fiskus verloren ist. Wird die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes im Milieu des Beschuldigten bekannt, darf durch diese nicht der missverständliche Eindruck erweckt werden, dass strafrelevante verfahrensgegenständliche Verhalten des Beschuldigten wäre ein zu vernachlässigendes Ereignis, dem kein besonderer Unwert zukomme.

Zu guter Letzt ist aber auch noch ein Abschlag wegen gegebener überlanger Verfahrensdauer auf € 2.000,00 vorzunehmen.

Gleiches gilt auch für die Ausmessung der Ersatzfreiheitsstrafe, welche in Anbetracht der Abmilderung der Geldstrafe ebenfalls verhältnismäßig zu verringern ist.

7. Die Ausmessung der pauschalen Verfahrenskosten gründet sich auf § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG, wonach pauschal ein Kostenersatz im Ausmaß von 10% der verhängten Geldstrafe, maximal aber ein Betrag von € 500,00, festzusetzen ist. Die Höhe der Verfahrenskosten war daher entsprechend der Abmilderung der Geldstrafe ebenfalls zu verringern.

Zahlungsaufforderung:

Die Geldstrafe und die Kosten des Finanzstrafverfahrens sind gemäß § 171 Abs. 1 und § 185 Abs. 4 FinStrG binnen eines Monates nach Verkündung dieser Ent­scheidung fällig und sind auf das BAWAG-P.S.K.-Konto der Finanzstrafbehörde zu entrichten, widrigen­falls Zwangs­voll­streckung durch­ge­führt und bei Unein­bring­lich­keit der Geld­strafe die Ersatz­frei­heits­strafe voll­zogen werden müsste, soweit nicht allenfalls gemeinnützige Leistungen zu erbringen wären. Ansuchen um allfällige Zahlungserleichterung wären beim Finanzamt einzubringen.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes liegt vielmehr eine gesicherte Rechtslage zugrunde, wobei sich für die Entscheidung die ihr vorangehende Beweiswürdigung und angewandtes Ermessen als wesentlich ergeben haben.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Abgabenhinterziehungen
Finanzordnungswidrigkeiten
Nachweis der subjektiven Tatseite
Strafbemessung
Zweifelsgrundsatz
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.5300015.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at