Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.06.2018, RV/3100294/2018

FB-Anspruch für im Ausland (Polen) lebende Kinder: Maßgebend ist primär die Haushaltszugehörigkeit; Art. 1 lit i) Abs. 3 der VO (EG) 883/2004 enthält nur eine Definition der "Familienangehörigen"

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache A, Adr , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Innsbruck vom , SV-Nr, betreffend Abweisung des Antrages auf Familienbeihilfe für den Zeitraum ab Juli 2015 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensablauf:

Mit den beim Finanzamt am eingelangten Anträgen hat Frau B, nunmehr verehelichte A (= Beschwerdeführerin, Bf) für deren zwei Töchter C, geb. Juni 1998, und D, geb. April 2000, die Zuerkennung der Familienbeihilfe je ab Juli 2015 beantragt. Laut eigenen Angaben sei die Bf im Inland als Verkäuferin beschäftigt und an der Adresse XX, wohnhaft. Beide Kinder wohnten bei der Großmutter E in Polen, wo diese auch die Schule besuchen würden. Bei sämtlichen Beteiligten handelt es sich um polnische Staatsbürger.

Zum Nachweis wurden folgende Unterlagen in deutscher Übersetzung beigebracht:

- Geburtsurkunden beider Töchter, wonach es sich um die leiblichen Kinder der Bf und ihres zwischenzeitig geschiedenen Ehegatten F handelt;
- Schulbesuchsbestätigungen des polnischen X-Schule in Y aus Jänner 2017, wonach beide Kinder im SJ 2016/17 eine Ausbildung absolvieren;
- das Scheidungsurteil des Bezirksgerichtes xx vom , woraus hervorgeht:
Die Ehe mit dem Kindesvater wurde mit Rechtskraft am geschieden, das Obsorgerecht über beide Töchter allein der Bf/Kindesmutter zugesprochen sowie beide Elternteile zur gemeinsamen Tragung der Unterhalts- und Erziehungskosten verpflichtet. Die Höhe der Alimentszahlungen des Kindesvaters wurde weiterhin mit monatlich je 300 PLN (= polnische Zloty) bestimmt;
- Versäumnisurteil des Bezirksgerichtes Y v. , worin die Alimentszahlungen des Kindesvaters auf monatlich je 450 PLN ab November 2012 erhöht wurden;
- zwei Bescheinigungen des Sozialhilfezentrums der Stadt Y woraus hervorgeht, dass die Bf im Zeitraum Mai 2004 bis Oktober 2012 und von September 2013 bis Oktober 2014 polnische Familienleistungen für die beiden Kinder bezogen hatte. Ab haben weder die Bf noch andere Familienmitglieder in diesem Zeitraum polnische Familienleistungen für die Kinder bezogen noch hat die Bf einen Antrag auf Gewährung derselben gestellt;
- Anmeldebescheinigung, ausgestellt vom Stadtmagistrat yy am , wonach der Bf als "Arbeitnehmerin" nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ein Aufenthaltsrecht in Österreich zusteht.

Vom Finanzamt wurde durch Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister (ZMR) erhoben, dass die Bf seit dem durchgehend und aufrecht mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet ist.

Laut im Akt erliegender Abfrage der Sozialversicherungs-Daten war die Bf im Zeitraum ab bis laufend – mit mehreren kurzen Unterbrechungen wg. Arbeitssuche – nahezu durchgehend als Arbeiterin bzw. Angestellte im Inland beschäftigt und sozialversicherungspflichtig.

In Beantwortung eines Ergänzungsersuchens hat die Bf dem Finanzamt Ende Mai 2017 in Form schriftlicher Vermerke am Ersuchen ua. mitgeteilt:

- dass die Kinder nicht mehr mit ihr im gemeinsamen Haushalt, sondern in Polen bei den Großeltern bzw. der Großmutter leben würden;
- dass die Bf in Österreich im gemeinsamen Haushalt mit ihrem Partner G lebe.

An Unterlagen wurden vorgelegt:

- eine weitere Bescheinigung des polnischen Sozialhilfezentrums, wonach die Bf seit November 2014 für die Kinder keinen Antrag auf poln. Familienleistungen gestellt und keine solchen bezogen habe;
- eine Wohnsitz- bzw. Meldebestätigung der polnischen Stadt Y, dass an der Adresse Y, Y-Straße, die Großmutter E und die beiden Töchter der Bf, C und D, als gemeinsam wohnhaft gemeldet sind;
- Mietvertrag vom Oktober 2015, wonach die Bf und Herr G die Wohnung an der inländischen Adresse Adr1, ab November 2015 angemietet haben.

Das Finanzamt hat daraufhin mit Bescheid vom , SV-Nr, die Anträge der Bf für beide Kinder für den Zeitraum je ab Juli 2015 abgewiesen. Unter Darstellung der Bestimmung nach § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 wird in der Begründung ausgeführt:
Da beide Kinder in Polen im Haushalt der Großmutter leben würden, bestehe demnach für die Bf kein Anspruch auf die Familienbeihilfe in Österreich.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde wendet die Bf ein, da sie seit Ende Juni 2015 in Tirol als Angestellte tätig sei, habe sie ab diesem Zeitpunkt Anspruch auf Familienbeihilfe für die Töchter. Beide Kinder lebten bei der Mutter der Bf in Polen, die jedoch nur eine geringe Pension (€ 400 mtl.) beziehe. Die Bf komme somit vollständig für den Unterhalt der Kinder auf und überweise monatlich etwa € 500. Zum Nachweis dafür wurde ein Konvolut an entsprechenden Kontoauszügen und Überweisungsbelegen vorgelegt.

Laut Aktenvermerken des Finanzamtes von November/Dezember 2017 wurde der Sachverhalt samt Rechtslage mit der Bf im Rahmen von Telefonaten und einer persönlichen Vorsprache ausführlich eruiert.

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom wurde unter Verweis ua. auf Artikel 67 der VO (EG) 883/2004 im Wesentlichen dahin begründet, dass zwar die Unterhaltszahlungen der Bf nicht in Frage gestellt würden, eine Überprüfung der überwiegenden Unterhaltstragung dennoch unterbleiben könne. Selbst bei einem Überwiegen bestehe für die Bf kein Anspruchsrecht, da die Kinder im Haushalt der Großmutter in Polen leben würden. Nach § 2 Abs. 2 FLAG sei in erster Linie die Haushaltszugehörigkeit und nur subsidiär die Tragung des Unterhalts maßgebend.

Im Vorlageantrag vom wird darauf von der Bf repliziert:

Es sei richtig, dass die Kinder in Polen bei der Großmutter leben würden. Die Bf habe die Obsorge, sie sei in Österreich lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig. Sie leiste durch Überweisungen von mtl. € 700 - € 800 jedenfalls den überwiegenden Unterhalt für ihre Kinder. Zum Nachweis wurden nochmals entsprechende Konto- und Auslandsüberweisungbelege (sowie teils schon im Akt befindliche Unterlagen wie Mietvertrag, Bescheinigungen etc.) beigebracht.

Zur primär maßgeblichen "Haushaltszugehörigkeit" verweist die Bf auf Artikel 1 lit i) Abs. 3 der VO (EG) 883/2014, wonach diese Voraussetzung auch dann als erfüllt gelte, "wenn der Unterhalt der betreffenden Person überwiegend von dem Versicherten bestritten" werde. Bei überwiegender Unterhaltsleistung der Bf, die bislang nicht geprüft worden sei, wäre somit bei ihr das Erfordernis der "Haushaltszugehörigkeit" iSd VO (EG) erfüllt und halte sie deshalb den Antrag auf Familienbeihilfe ab Juli 2015 aufrecht.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt:

Im Beschwerdefall ist anhand der eigenen Angaben, der vorgelegten Unterlagen und der durchgeführten Erhebungen (siehe eingangs) an Sachverhalt davon auszugehen, dass die Bf seit Ende Juni 2015 bis laufend – abgesehen von kurzzeitigen Unterbrechungen wegen Arbeitssuche - nahezu durchgehend als Arbeiterin oder Angestellte in Österreich beschäftigt ist, daraus Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit bezieht und sozialversichert ist.
Zugleich ist die Bf seit (laut ZMR) durchgehend und aufrecht mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet, wo sie seit November 2015 zusammen mit ihrem (nunmehrigen zweiten) Ehegatten G an der genannten Adresse in Adr1 eine Mietwohnung bewohnt.
Die Bf, ihr geschiedener Ehegatte F, deren beide leiblichen Kinder C und D wie auch deren Großmutter (Mutter der Bf) E sind allesamt polnische Staatsbürger.
Die beiden Kinder sind laut eigenen mehrfachen Angaben der Bf, übereinstimmend mit der vorgelegten polnischen Wohnsitzmeldung, im Antragszeitraum gemeinsam mit der Großmutter an der polnischen Adresse im Ort Y gemeldet, wo sie im gemeinsamen Haushalt mit der Großmutter E leben und dort auch die Schule besuchen.
Polen ist seit Mitglied der Europäischen Union.

2. Gesetzliche Grundlagen:

Anzuwenden ist die Verordnung (EG) 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (kurz: VO), die am in Kraft getreten ist.

In Artikel 1 dieser VO, Überschrift "Definitionen", wird zunächst ua. Folgendes festgelegt:

"Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:
….
lit. i) "Familienangehöriger":
1. i) jede Person, die in den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen gewährt
      werden, als Familienangehöriger bestimmt oder anerkannt oder als
      Haushaltsangehöriger bezeichnet wird;
….
3. wird nach den gemäß Nummern 1 und 2 anzuwendenden Rechtsvorschriften
    eine Person nur dann als Familien- oder Haushaltsangehöriger angesehen, wenn
    sie mit dem Versicherten oder dem Rentner in häuslicher Gemeinschaft lebt, so gilt
    diese Voraussetzung als erfüllt, wenn der Unterhalt der betreffenden Person
    überwiegend von dem Versicherten oder dem Rentner bestritten wird;"

Nach Artikel 2 Abs. 1 VO gilt diese Verordnung ua. für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats mit Wohnort in einem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen.

Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach dem zweiten Titel der Verordnung (Art. 11 Abs. 1 der VO).

Vorbehaltlich der (im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung gelangenden) Art. 12 bis 16 der Verordnung unterliegt eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats (Art. 11 Abs. 3 lit. a der VO).

Aufgrund der nachgewiesenen nichtselbständigen Beschäftigung der Bf (als Arbeiterin oder Angestellte) im Zeitraum ab Ende Juni 2015 in Österreich unterliegt sie daher gemäß Art. 11Abs. 3 lit. a VO den österreichischen Rechtsvorschriften.

In Kapitel 8 der VO betreffend "Familienleistungen" wird unter Art. 67 zu "Familienangehörigen, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen" bestimmt:

"Eine Person hat auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden …"

Die hier anzuwendende VO stellt damit zum Begriff des Familienangehörigen auf das die betreffende Leistung gewährende innerstaatliche Recht ab (vgl. ); der diesbezügliche Anspruch ist daher nach den Bestimmungen des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG), BGBl 1967/376 idgF, zu beurteilen, wonach Folgendes gilt:

Gemäß § 2 Abs. 1 FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe
lit a) für minderjährige Kinder,
lit b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. …..

Nach § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind diejenige Person, zu deren Haushalt das Kind gehört.
Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann (Anm.: subsidiär) Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Nach Abs. 3 dieser Bestimmung zählen ua. alle Nachkommen – ds. alle Verwandten in gerader absteigender Linie (= eigene Kinder, Enkelkinder, Urenkel) – zum Kindesbegriff.

Gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 gehört ein Kind zum Haushalt einer Person dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt.
Die Haushaltszugehörigkeit gilt ua. nach lit a dieser Bestimmung dann nicht als aufgehoben, wenn sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält.

3. Rechtslage und rechtliche Beurteilung:

a) Haushaltszugehörigkeit:

Die Bedingungen einer Haushaltszugehörigkeit sind in § 2 Abs. 5 FLAG 1967 näher umschrieben; demnach kommt es ausschließlich auf die einheitliche Wirtschaftsführung mit dem Kind im Rahmen einer Wohngemeinschaft (Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft) an.

Wie sich aus § 2 Abs. 2 ergibt, knüpft der Anspruch auf Familienbeihilfe primär an die Haushaltszugehörigkeit des Kindes an. Dabei geht das Gesetz erkennbar davon aus, dass ein Kind nur einem Haushalt angehören kann.
Beispielsweise fällt mit dem Auszug eines Elternteiles aus der (bisher) gemeinsamen (Ehe)Wohnung und dem Verbleiben des Kindes in dieser Wohnung für diesen Elternteil die Anspruchsberechtigung weg, weil die Tatbestandsvoraussetzung des § 2 Abs. 2 FLAG nicht mehr gegeben ist ().

Meldebestätigungen stellen ein (widerlegbares) Indiz für das Bestehen einer Wohn- bzw. Haushaltsgemeinschaft dar ().

Im Gegenstandsfalle benötigt es allerdings keine nähere Untersuchung von etwaigen "Indizien", sondern steht anhand der wiederholten und ausdrücklichen Angaben der Bf in Übereinstimmung mit der vorgelegten polnischen Wohnsitzmeldung von vorneherein zweifelsfrei fest, dass die beiden leiblichen Kinder im antragsbezogenen Zeitraum am Wohnsitz der Großmutter E zusammen mit dieser im gemeinsamen Haushalt in Polen leben.

Eine Haushaltszugehörigkeit zur Kindesmutter bzw. der Bf, die gemeinsam mit ihrem nunmehrigen Ehegatten ihren Wohnsitz in Österreich genommen hat, ist damit definitiv nicht gegeben.

Die nach innerstaatlichen Rechtsvorschriften gemäß § 2 Abs. 2 und 5 FLAG 1967 primär erforderliche Voraussetzung der "Haushaltszugehörigkeit" für die Zuerkennung der Familienbeihilfe ist daher bei der Bf nicht erfüllt.

b) Überwiegende Tragung des Unterhaltes:

Die Bf vermeint nunmehr, dass unabhängig von der Frage der "Haushaltszugehörigkeit" aufgrund des Umstandes, dass sie durch nachweisliche monatliche Überweisungen zum überwiegenden Teil zu den Unterhaltskosten der beiden Kinder in Polen beitrage, ihr dennoch der Anspruch auf Familienbeihilfe zustehe.
Sie verweist in diesem Zusammenhalt insbesondere auf Artikel 1 lit i) Abs. 3 der VO (EG) 883/2004.

Dem ist zunächst entgegen zu halten, dass in § 2 Abs. 2 FLAG 1967 eindeutig die primäre Anspruchsberechtigung für die Person normiert wird, zu deren Haushalt das Kind gehört. Diese Qualifikation ist gegenständlich der Großmutter der beiden Kinder zuzusprechen. Lediglich in dem Falle, dass – entgegen dem vorliegenden Sachverhalt - eine solche aufgrund der Haushaltszugehörigkeit anspruchsberechtigte Person nicht vorhanden wäre, käme der Person, die die überwiegenden Unterhaltskosten für die Kinder trägt, ein sohin bloß subsidiäres Anspruchsrecht überhaupt zu.

Des Weiteren verkennt die Bf mit dem Verweis auf Artikel 1 der VO (EG), dass hierin unter der Überschrift "Definitionen" für Zwecke der Anwendung der VO lediglich bestimmte Ausdrücke näher bezeichnet werden:
So wird unter Art. 1 lit i) Abs. 1 bis 3 konkret definiert, welche näher beschriebenen Personen als "Familienangehörige" iSd VO zu betrachten sind. So wird unter Abs. 3 festgelegt, dass auch ein Kind bzw. eine Person, für die überwiegend Unterhalt bezahlt wird, als "Familienangehöriger" iSd Bestimmungen der VO anzusehen ist.

Gegenständlich besteht aber an der Qualifizierung der beiden leiblichen Kinder (= Nachkommen gem. § 2 Abs. 3 FLAG) als enge "Familienangehörige" der Bf für das Bundesfinanzgericht ohnehin nicht der geringste Zweifel.
Dies ändert in der Folge in Anwendung des Art. 67 VO (EG) nichts daran, dass sich der Familienbeihilfen-Anspruch auch für diese "Familienangehörigen", die in einem anderen Mitgliedstaat (hier: Polen) wohnen, nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaates (hier: Österreich) zu richten hat.
In Entsprechung dessen sind sohin die Voraussetzungen für den Anspruch wiederum nach den innerstaatlichen Normen und damit die primär zu beachtende "Haushaltszugehörigkeit" – wie oben bereits ausgeführt - nach § 2 Abs. 2 und Abs. 5 FLAG 1967 zu beurteilen, demnach die Haushaltszugehörigkeit der Kinder zur Bf definitiv nicht gegeben ist.

Aus obgenannten Gründen konnte - da nicht entscheidungsrelevant - auch eine, von der Bf nochmals monierte eingehende Überprüfung der "überwiegenden" Tragung des Unterhaltes (was im Übrigen vom Finanzamt gar nicht in Abrede gestellt wurde und wovon nach Ansicht des BFG glaublich ausgegangen werden könnte) dahin gestellt bleiben.

4. Ergebnis:

In Anbetracht der gegebenen Sach- und Rechtslage konnte der Beschwerde aufgrund der nicht bestehenden Haushaltszugehörigkeit der beiden Kinder zur Bf kein Erfolg beschieden sein und war spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dass sich der Anspruch auf Familienbeihilfe primär nach der Haushaltszugehörigkeit des Kindes zum Antragsteller richtet, ergibt sich bereits eindeutig aus dem Gesetz. Die hier vorliegende Zugehörigkeit der Kinder der Bf zum Haushalt der Großmutter in Polen als einer zu beurteilenden Tatfrage war im gesamten Verfahren nie in Streit gezogen.
Mangels einer zu lösenden Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist daher eine Revision nicht zulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 2 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Art. 67 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
§ 2 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Schlagworte
Haushaltszugehörigkeit
überwiegende Tragung des Unterhalts
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.3100294.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at