Festsetzung eines Säumniszuschlages wegen verspäteter Übermittlung der UVA und demzufolge unterbliebener Gegenverrechnung des Überschusses mit den Lohnabgaben
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. R in der Beschwerdesache A GmbH & Co OG, St.Nr. 000/0000, Adresse, vertreten durch C, Adresse1, gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt FA vom betreffend Abweisung eines Antrages gemäß § 217 Abs. 7 BAO zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird – ersatzlos – aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt
Der Beschwerdeführerin (Bf), einer GmbH & Co OG, wurden mit Bescheid vom erste Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 8.996,56 € vorgeschrieben, weil sie die Lohnsteuer 10/2014 in Höhe von 367.186,59 €, den Dienstgeberbeitrag 10/2014 in Höhe von 76.526,79 € und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 10/2014 in Höhe von 6.114,60 € nicht fristgerecht bis zum (Fälligkeitstag) entrichtet hatte.
Mit Eingabe vom stellte die Bf einen Antrag auf Nichtfestsetzung der Säumniszuschläge gemäß § 217 Abs. 7 BAO, weil das Unternehmen aus nachfolgenden Gründen kein grobes Verschulden an der Säumnis treffe.
Zunächst sei festzuhalten, dass die Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen hinsichtlich der genannten Abgaben üblicherweise durch teilweise oder gänzliche Verrechnung mit der jeweils fälligen monatlichen Umsatzsteuervoranmeldung erfolge, welche auf Grund der Geschäftsstruktur regelmäßig zu einem Guthaben führe. Betreffend Meldung der Lohnabgaben sowie der Umsatzsteuervoranmeldungen sei vor wenigen Monaten ein Wechsel der Sachbearbeiterin erfolgt. Diese sei zwar erst kurz in der Gesellschaft beschäftigt, verfüge jedoch über eine fundierte steuerliche Vorbildung und Berufserfahrung. Die Meldung der Umsatzsteuervoranmeldungen sei seit Beginn ihrer Tätigkeit bisher einwandfrei erfolgt.
Im vorliegenden Fall seien die genannten Abgaben per fällig gewesen. Bereits etwa zehn Tage vor dem Fälligkeitstermin sei, wie jedes Monat, die Höhe der Lohnabgaben und der zu erwartenden Gutschrift aus der Umsatzsteuervoranmeldung 09/2014 überprüft worden. Dabei sei festgestellt worden, dass die Lohnabgaben 10/2014 nur zu einem Teil durch das Guthaben aus der Umsatzsteuervoranmeldung 09/2014 gedeckt werden würden. Der verantwortliche Manager habe daher eine zusätzliche Zahlung an das Finanzamt in Höhe von 1.500.000,00 € angewiesen, welche bereits vor dem 15.11. auf dem Abgabenkonto verbucht worden sei. Es sei daher aktiv dafür gesorgt worden, dass auf dem Abgabenkonto ein ausreichendes Guthaben vorhanden gewesen sei, um den Zahlungsrückstand nach Buchung sämtlicher per 15.11. fälligen und zu meldenden Abgaben zu decken.
Pünktlich am 15.11. seien die Lohnabgaben 10/2014 sowie die Kammerumlage 07-09/2014 gemeldet worden. Auch die Umsatzsteuervoranmeldung 09/2014 sei grundsätzlich im FINON-System erfasst worden. Da ein wesentliches Detail für die Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldung 09/2014 erst im Laufe des Vormittags in Erfahrung gebracht worden sei, habe die Eingabe dieser Daten erst gegen Mittag erfolgen können. Die für die Meldung zuständige Sachbearbeiterin sei an diesem Tag aus familiären Gründen stark unter Zeitdruck gestanden und habe das Unternehmen kurz nach Mittag verlassen müssen. Bei Eingabe der Daten seien zudem während der Erfassung mehrmalige Fehlermeldungen wegen Rundungsdifferenzen im FINON-System aufgetreten, die beseitigt worden seien. Die anschließende Vorberechnung habe zur Mitteilung geführt, dass die Daten erfasst gewesen seien, und das Vorergebnis sei in FINON ausgewiesen worden. Die Sachbearbeiterin sei daraufhin auf „versenden“ gegangen und aus dem FINON-System in der Annahme ausgestiegen, dass die Meldung erfolgt sei. Unberücksichtigt sei geblieben, dass zum Abschluss der Versendetätigkeit noch das Häkchen anzuklicken gewesen wäre, mit welchem die Richtigkeit der Daten bestätigt und die endgültige Versendung ausgelöst werde. In der Folge sei somit am die Übermittlung der Umsatzsteuervoranmeldung 09/2014 unterblieben, welche zu einem Guthaben von 849.130,59 € geführt hätte. Aus der untenstehenden Zusammenstellung sei ersichtlich, dass die Säumnis bei Entrichtung der Lohnabgaben 10/2014 ausschließlich durch die nicht rechtzeitige Übermittlung der Umsatzsteuervoranmeldung 09/2014 verursacht worden sei. Bei rechtzeitiger Übermittlung hätte sich ein Guthaben von 399.302,61 € ergeben.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Euro | |
Guthaben FINON per | 120.033,56 |
Meldung Kammerumlage 07-09/2014 | -24.185,97 |
Meldung Lohnsteuer 10/2014 | -463.034,18 |
Meldung Dienstgeberbeitrag 10/2014 | -76.526,79 |
Meldung Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 10/2014 | -6.114,60 |
Rückstand auf dem Finanzamtskonto per | -449.827,98 |
UVA 09/2014 – zu erwartendes Guthaben, UVA jedoch nicht rechtzeitig versendet | 849.130,59 |
Guthaben FINON, bei rechtzeitiger Meldung der UVA 09/2014 | 399.302,61 |
Im Zuge der laufenden Abstimmung des Bilanzkontos „Zahllast Finanzamt“ mit dem beim Finanzamt geführten Abgabenkonto sei per das oben dargestellte Versehen festgestellt worden. Die Umsatzsteuervoranmeldung 09/2014 sei umgehend abgesendet worden.
Das Versehen bei der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung sei bereits intern besprochen worden. Im Ergebnis sei die interne Organisation insoweit angepasst worden, dass diese mögliche Fehlerquelle künftig auszuschließen sei.
Auf Grund dieser Sachlage sei davon auszugehen, dass kein grobes Verschulden an der Säumnis, sondern eine entschuldbare Fehlleistung vorliege.
Mit Bescheid vom wurde dieser Antrag abgewiesen.
Nach Darstellung der maßgeblichen Rechtslage (§ 21 Abs. 1 UStG 1994, § 217 Abs. 1, 2 und 7 BAO) und Ausführungen zu leichter Fahrlässigkeit bzw. grobem Verschulden führte das Finanzamt im Wesentlichen begründend aus, dass im vorliegenden Fall die am fällig gewesenen Lohnabgaben 10/2014 eindeutig verspätet erst am mit Bekanntgabe des Umsatzsteuerüberschusses für 09/2014 entrichtet worden seien.
Da (grobes) Verschulden von Arbeitnehmern der Partei nicht schädlich sei, weil es hier darauf ankomme, ob der Partei selbst grobes Verschulden, insbesondere grobes Auswahl- oder Kontrollverschulden, anzulasten sei, sei im gegenständlichen Fall unerheblich, dass der Sachbearbeiterin ein Fehler bei der Meldung der Umsatzsteuervoranmeldung unterlaufen sei (Vergessen, die Richtigkeit der Daten durch Setzen eines Häkchens zu bestätigen).
Zur Säumnis werde ausgeführt, dass bezüglich der Meldung der Lohnabgaben sowie der Umsatzsteuervoranmeldungen vor einigen Monaten ein Sachbearbeiterwechsel stattgefunden habe. Die nun zuständige Mitarbeiterin verfüge allerdings über fundierte steuerliche Vorbildung und Berufserfahrung. Am 15.11., dem Tag der Meldung, habe die Sachbearbeiterin zudem unter Zeitdruck gestanden.
Diese Begründung scheine nicht nachvollziehbar, da die fälligen Abgaben seit Beginn der Tätigkeit der Sachbearbeiterin fristgerecht entrichtet worden seien.
Der Antragsteller führe hingegen nicht aus, ob und auf welche Weise er der ihm obliegenden Kontroll- Und Überwachungspflicht nachgekommen sei. Um künftige Fehler zu vermeiden, sei die „interne Organisation“ angepasst worden“, was impliziere, dass zum Zeitpunkt der Fristversäumnis kein Kontrollsystem bestanden habe. Dass die Lohnabgaben 10/2014 erst am entrichtet worden seien, weise darauf hin, dass weder vor noch unmittelbar nach Fälligkeit eine Überwachungshandlung stattgefunden habe.
Das Fehlen von Kontrollmaßnahmen in der Büroorganisation sei aber als ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden anzusehen. Zur Mindesterfordernis einer Büroorganisation gehörten insbesondere die Vormerkung von Fristen und die Vorsorge durch entsprechende Kontrollen, weil hinsichtlich des Fristenvormerks eine besondere Überwachungspflicht bestehe (). Gerade ein Mitarbeiterwechsel hätte eines erhöhten Ausmaßes an Sorgfalt bei der Überwachung von Terminen, insbesondere auch der Fälligkeitstermine der Abgabenschulden, bedurft.
In der gegen diesen Bescheid fristgerecht eingebrachten Beschwerde wandte die Bf im Wesentlichen ein, dass die Lohnabgaben 10/2014 mit der Gutschrift aus der Umsatzsteuervoranmeldung 09/2014 zu verrechnen gewesen seien. Auf Grund eines technischen Versehens der zuständigen Sachbearbeiterin sei die Umsatzsteuervoranmeldung 09/2014 im FINON-System nicht bis übermittelt worden. In der Folge seien für die per offenen Lohnabgaben 10/2014 Säumniszuschläge festgesetzt worden.
Den Antrag auf Nichtfestsetzung der Säumniszuschläge gemäß § 217 Abs. 7 BAO habe das Finanzamt mit Bescheid vom abgewiesen, da das Nichtvorliegen eines groben Verschuldens des Unternehmens in Frage gestellt worden sei.
Im Herabsetzungsantrag vom sei bereits dargestellt worden, dass der Sachbearbeiterin ein Versehen minderen Grades unterlaufen sei. Nach der Bescheidbegründung sei jedoch nicht darauf abzustellen, ob ein Verschulden von Arbeitnehmern des Unternehmens vorliege oder nicht. Entscheidend sei vielmehr, ob dem Abgabepflichtigen selbst grobes Verschulden, insbesondere Auswahl- und Kontrollverschulden, anzulasten sei.
Zum fehlenden Auswahlverschulden sei darauf hinzuweisen, dass die betreffende Sachbearbeiterin über eine fundierte steuerliche Vorbildung sowie Berufserfahrung in einer Steuerberatungskanzlei verfüge. Dem Unternehmen könne daher kein Auswahlverschulden angelastet werden.
Zum fehlenden Kontroll- und Überwachungsverschulden sei auf folgende Abläufe bzw. Handlungen im Rahmen der internen Organisation hinzuweisen, welche in Grundzügen bereits im Herabsetzungsantrag dargestellt worden seien:
Monatlich erfolge auf Grund einer Fristenvormerkung bereits einige Tage vor Fälligkeit eine Durchsicht der jeweils fälligen Abgaben, ob eine Zahlung bzw. Gutschrift zu erwarten sei. Auf Grund dieser in der internen Organisation vorgesehenen ersten Kontrollhandlung sei im vorliegenden Fall die Zahlung von 1.500.000,00 € per 11.11.20114 auf das Abgabenkonto erfolgt. Dies sei auch aus der Buchung auf dem Abgabenkonto ersichtlich.
In einem weiteren Kontrollschritt würden die zuständige Sachbearbeiterin sowie der verantwortliche Leiter des Rechnungswesens prüfen, ob alle für die Abgabenmeldungen erforderlichen Daten bereitstehen würden bzw. würden ausstehende Daten mit dem Ziel, den Fälligkeitstag einzuhalten, eingefordert. Im vorliegenden Fall sei eine abschließende Information erst am Fälligkeitstag vorgelegen, wie bereits im Antrag vom dargestellt worden sei.
Am sei die Eingabe der vollständigen Daten für die Umsatzsteuervoranmeldung ins FINON-System erfolgt. Gleichzeitig sei die Meldung der Lohnabgaben 10/2014 erfolgt. Im FINON-System sei für diese Lohnabgaben vermerkt worden, dass eine Verrechnung dieser Lohnabgaben mit der Gutschrift aus der Umsatzsteuervoranmeldung 09/2014 vorzunehmen sei. Hiermit sei eindeutig dokumentiert, dass diese Gutschrift nicht auf Grund einer mangelnden Terminvormerkung, sondern lediglich auf Grund eines technischen Versehens (Vergessen, die Richtigkeit der Daten durch Setzen eines Häkchens zu bestätigen) nicht übermittelt worden sei. Auch sei die Sachbearbeiterin in der Annahme aus dem FINON-System ausgestiegen, dass die Übermittlung der Umsatzsteuervoranmeldung 09/2014 erfolgt sei und habe dies auch dem für die Überwachung verantwortlichen Leiter des Rechnungswesens gemeldet.
Es sei daher eindeutig nachvollziehbar, dass Kontrollmaßnahmen in der Büroorganisation für die Einhaltung der Fristen im Unternehmen vorhanden seien. Insbesondere sei ersichtlich, dass eine Vormerkung von Fristen und eine Vorsorge durch entsprechende Kontrollen sowie eine Überwachung der Tätigkeiten der Sachbearbeiterin bestehen würden. Nach außen sei dies zusätzlich durch die auf dem Abgabenkonto verbuchte Zahlung von 1.500.000,00 € für den betreffenden Zeitraum sowie durch die zeitgerechte Meldung der Lohnabgaben 10/2014 dokumentiert. Da die Übergabe der Tätigkeiten an die Sachbearbeiterin bereits Monate zuvor erfolgt sei und die Meldungen bislang einwandfrei erfolgt seien, habe in dieser Hinsicht auch keine zusätzliche Überwachungspflicht bestanden. Eine geringfügige Überarbeitung der bestehenden internen Organisation sei seither dahingehend erfolgt, dass die Meldung über die erfolgte Übermittlung der Umsatzsteuervoranmeldung gegenüber dem verantwortlichen Leiter des Rechnungswesens nicht nur mündlich, sondern auch in ausgedruckter Form zu erfolgen habe. Es sei jedenfalls unzutreffend, aus der erforderlichen Reaktion auf dieses Versehen zu schließen, dass kein Kontrollsystem bestanden hätte.
Von Seiten des Unternehmens sei ein grobes Kontrollverschulden jedenfalls auszuschließen. Die erforderlichen Überwachungs- und Kontrollpflichten würden durch die interne Büroorganisation gewährleistet, wobei eine Überwachung der Mitarbeiter „auf Schritt und Tritt“ nicht gefordert werden könne (). Es sei somit davon auszugehen, dass hinsichtlich der verspäteten Übermittlung der Umsatzsteuervoranmeldung 09/2014 kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliege. Die Voraussetzung für die Nichtfestsetzung der betreffenden Säumniszuschläge gemäß § 217 Abs. 7 BAO sei somit gegeben. Beantragt werde daher, dem Antrag auf Nichtfestsetzung der Säumniszuschläge stattzugeben.
Diese Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.
Nach Darlegung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen führte das Finanzamt begründend aus, dass im Antrag zwar mangelndes Auswahlverschulden auf Grund der Qualifikation und der bisher zufriedenstellenden Arbeit der Sachbearbeiterin angeführt worden sei, jedoch keine Ausführungen dazu getätigt worden seien, welche konkreten Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen auch zur Einhaltung von Terminen und Fristen im Verkehr mit Behörden vorgenommen würden. Laut den Ausführungen im Antrag sei die interne Organisation zwischenzeitig angepasst worden, um die mögliche Fehlerquelle des Versehens bei der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung künftig ausschließen zu können.
Erst nach Abweisung des Antrages sei vorgebracht worden, dass ein ausreichendes Kontrollsystem im Unternehmen vorhanden sei. Monatlich erfolge eine Durchsicht der fälligen Abgaben und eine Prüfung, ob alle für die Abgabenmeldungen erforderlichen Daten bereitstehen würden. Die Gutschrift sei nicht wegen einer mangelnden Terminvormerkung, sondern lediglich auf Grund eines technischen Versehens (Vergessen der Häkchensetzung) nicht übermittelt worden. Daher werde zukünftig die Meldung über die erfolgte Übermittlung der Umsatzsteuervoranmeldung nicht nur mündlich, sondern auch in ausgedruckter Form dem verantwortlichen Leiter des Rechnungswesens zur Kenntnis gebracht werden.
Inwieweit nun tatsächlich im Zeitpunkt des Eintritts der beschwerdegegenständlichen Säumnis ein Kontrollsystem vorgelegen sei und ob dieses ausreichend und auch geeignet gewesen sei, ein Verschulden an der Versäumung einer Zahlungsfrist auszuschließen, habe die Abgabenbehörde an Hand der Ausführungen des Beschwerdeführers nicht zweifelsfrei beurteilen können.
Auch der Umstand, dass die Behörde schon vor - und mittlerweile auch nach - dem gegenständlichen Antrag Säumniszuschläge auf Grund nicht rechtmäßiger Entrichtung von Abgaben festgesetzt habe, lasse den Schluss zu, dass das Kontroll- und Überwachungssystem keineswegs ausreichend sei, um die im Behördenverkehr erforderliche Sorgfalt einhalten zu können.
Am stellte die Bf einen Vorlageantrag sowie einen Antrag auf Entscheidung durch den Senat und Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.
In den nächsten Tagen wolle die Bf weitere Ausführungen zum Vorliegen eines adäquaten Kontrollsystems zum Zeitpunkt des Eintritts des Ereignisses vorbringen.
In einer undatierten, am beim Bundesfinanzgericht eingelangten Stellungnahme zum Vorlagebericht führte die Bf aus, dass laut Beschwerdevorentscheidung und Vorlagebericht des Finanzamtes die Gesellschaft nicht glaubhaft habe darstellen können, ob im Zeitpunkt der beschwerdegegenständlichen Säumnis ein internes Kontrollsystem überhaupt bestanden habe bzw. ob letzteres ausreichend gewesen sei, um ein Verschulden an der Versäumnis der Zahlungsfrist auszuschließen.
Dem sei entgegenzuhalten, dass in der Beschwerde bereits ausführlich das Vorliegen eines internen Kontrollsystems in Zusammenhang mit der Erstellung und Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen dargestellt worden sei. Folgende Prozess- und Kontrollschritte seien in Zusammenhang mit der Erstellung der UVAs vorgesehen:
Generierung der Umsatzsteuerreports aus dem ERP-System
Plausibilisierung der Daten
Ermittlung der Zahllast
Überprüfung der ermittelten Daten durch den Rechnungswesenleiter
Freigabe der Daten durch den Rechnungswesenleiter
Erstellung der Banküberweisung im Falle einer Zahllast
Freigabe der Banküberweisung durch den Rechnungswesenleiter
Eingabe der Daten in die UVA-Maske von FinanzOnline
Überprüfung und Freigabe der Meldung durch den Rechnungswesenleiter
Übermittlung der Meldung durch die Sachbearbeiterin
Mündliche Bestätigung der Übermittlung an den Rechnungswesenleiter
Überprüfung der Verbuchung der Meldungen auf dem Abgabenkonto
Veranlassung der entsprechenden Buchungen in der Finanzbuchhaltung
Die mit der Abgabe der UVAs beauftragte Sachbearbeiterin sei im Wesentlichen für Tätigkeiten im Bereich Bilanzierung sowie Reporting zuständig. Sie sei somit neben der Erstellung und Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldungen und statistischen Meldungen auch mit anderen vertrauensvollen Aufgaben des Rechnungswesens betraut. Diese Aufgaben führe sie stets auftragsgemäß und sorgfältig durch. Durch die beschriebenen Kontrollschritte solle durch die Geschäftsleitung sichergestellt werden, dass Unzulänglichkeiten in Folge menschlichen Versagens voraussichtlich ausgeschlossen würden. Dabei seien alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen gesetzt worden, um die Kontrollpflichten sorgfältig zu wahren. Eine mangelhafte Büroorganisation sei aus Sicht der Gesellschaft nicht erkennbar, da der Rechnungswesenleiter in den Meldeprozess im Sinne eines Vier-Augen-Prinzips auf mehreren Stufen des Prozesses involviert gewesen sei. Die Überwachungspflicht gehe aber nicht so weit, dass jede einzelne einfache Arbeitsverrichtung eines Angestellten zu kontrollieren sei. Bei der Übermittlung der UVA (nach erfolgter inhaltlicher Kontrolle) handle es sich um eine einfache Arbeitsverrichtung, auf deren auftragsgemäße Erfüllung der Rechnungswesenleiter in der Regel vertrauen dürfe, es sei denn, dass für ihn die Veranlassung bestehe, das pflichtgemäße Verhalten seines Angestellten in Zweifel zu ziehen (sinngemäß VwGH-Entscheidung 94/13/0215).
Die beschwerdegegenständliche Säumnis sei dadurch verursacht worden, dass die mit der Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung beauftragte Mitarbeiterin auf Grund eines Versehens übersehen habe, den Übermittlungsknopf in FinanzOnline zu drücken, sodass die Umsatzsteuervoranmeldung erst bei Entdecken dieses Irrtums übermittelt worden sei und die Verrechnung mit den Lohnabgaben erst zu diesem Zeitpunkt erfolgen habe können. Auf Grund der Ausbildung, Berufspraxis und ihrer Arbeit in der Gesellschaft sei mit einem derartigen Irrtum nicht zu rechnen gewesen. Somit liege auch kein Kontrollverschulden des Rechnungswesenleiters vor, der sich auf die Aussage seiner verlässlichen Mitarbeiterin - die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung sei erfolgt - verlassen habe können.
Der Fehler sei innerhalb einer Woche nach Fälligkeit entdeckt, sofort behoben und die Meldung der Umsatzsteuervoranmeldung 09/2014 nachgeholt worden. Auch ein sorgfältiger Mensch hätte die Übermittlung der Meldung nicht sofort überprüft, sofern er keine Zweifel daran hätte, was im beschwerdegegenständlichen Fall der Fall gewesen sei. Dies könne durch eine entsprechende persönliche Aussage der Sachbearbeiterin mündlich erörtert werden.
Die Feststellung, dass bereits vor der beschwerdegegenständlichen Säumnis Säumniszuschläge verhängt worden seien, übersehe, dass dies bereits über eineinhalb Jahre vor dem beschwerdegegenständlichen Ereignis gelegen sei. Von einer Häufung könne hier nicht gesprochen werden. Auch der nach der beschwerdegegenständlichen Säumnis verhängte Säumniszuschlag zur EUSt 11/2014 sei wegen eines Buchungsfehlers wieder aufgehoben worden. Die Säumniszuschläge, die in Zusammenhang mit den Feststellungen der Betriebsprüfung zur Kammerumlage 2008 und 2009 verhängt worden seien, würden auch weit zurückliegende Zeiträume betreffen und in keinem Verhältnis zum beschwerdegegenständlichen Sachverhalt stehen.
Beantragt werde hiermit, antragsgemäß zu entscheiden und die Säumniszuschläge mit Null festzusetzen.
Mit Schreiben vom ersuchte die Richterin die Bf, zu nachstehenden Fragen Stellung zu nehmen:
„1) Erläutern Sie nachstehende Vorbringen näher und belegen Sie diese durch geeignete Beweismittel:
a) „vor wenigen Monaten“ erfolgte ein Wechsel der Sachbearbeiterin:
Seit wann genau befindet sich die namentlich nicht genannte Mitarbeiterin in Ihrem Unternehmen?
Seit wann ist diese für die Meldung der Umsatzsteuervoranmeldungen zuständig?
b) „diese Sachbearbeiterin verfügt über eine fundierte steuerliche Vorbildung und Berufserfahrung:“
Welche Ausbildung und Berufserfahrung hat diese Sachbearbeiterin?
2) Nennen Sie den Namen und die Adresse der Sachbearbeiterin, damit diese – falls erforderlich – als Zeugin befragt werden kann.
3) Legen Sie das Übertragungsprotokoll, das den Irrtum der Sachbearbeiterin im Hinblick auf Übersendung der UVA 09/2014 dokumentiert, zur Einsicht vor.“
In der Stellungnahme führte der Vertreter der Bf zu Punkt 1) aus, dass Frau Mag. EF, LLM, seit im Unternehmen als Bilanzbuchhalterin beschäftigt gewesen sei. Die Anstellung sei über eine Zeitarbeitsfirma erfolgt, weil die Stelle durch eine bereits im Sommer 2014 absehbare, beabsichtigte Restrukturierung Mitte/Ende 2015 voraussichtlich wegfallen würde.
Als Nachweis werde der mit datierte Lebenslauf vorgelegt, der die Vorkenntnisse einschließlich der Dienstzeugnisse der Bilanzbuchhalterin enthalte. Der Dienstantritt sei auch in ihrem Endzeugnis, das ebenfalls beigelegt werde, dokumentiert.
Als geprüfte Steuerberaterin sei die neue Mitarbeiterin viele Jahre lang im Bereich umsatzsteuerliche Beratung von in- und ausländischen Gesellschaften sowie umsatzsteuerliche Compliance-Leistungen beschäftigt gewesen. Ihre Einschulung habe sich auf Grund ihrer umfangreichen fachspezifischen Vorkenntnisse, die weit über die einer Bilanzbuchhalterin hinausgegangen seien, darauf konzentriert, das Unternehmen allgemein, die für die Umsatzsteuer relevanten, üblichen Geschäftsfälle sowie die in der Buchhaltung verwendeten Systeme kennenzulernen. Die erste Umsatzsteuervoranmeldung, die gemeinsam mit ihr vorgenommen worden sei, sei jene für Juli 2014 gewesen. Nach der Erinnerung des Schriftenverfassers sei jene für August 2014 bereits von ihr in eigener Verantwortung erstellt worden. Diese wie auch die folgenden Umsatzsteuervoranmeldungen seien jedoch von ihm, damals Leiter des Rechnungswesens, durchaus ausgiebig geprüft worden (letztlich lägen die Schwierigkeiten bei der Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldungen weniger im rechtlichen Bereich, auch nicht in der Eingabe in FinanzOnline, sondern vielmehr im Umgang mit den betriebsinternen Systemen sowie im Verständnis der betrieblichen Prozesse und der tatsächlichen Geschäftsvorfälle). Die Bedeutung der diversen Häkchen in der Eingabemaske in FinanzOnline sei der neuen Mitarbeiterin jedenfalls bekannt gewesen, leider seien Flüchtigkeitsfehler (welche bisweilen größere Auswirkungen haben könnten) auch bei ansonsten sehr sorgfältigen Personen nicht ganz auszuschließen.
2) Die Kontaktdaten der damaligen Bilanzbuchhalerin seien im Anhang verfügbar. Nachdem sie, wie oben erwähnt, aktuell nicht mehr im Unternehmen beschäftigt sei, könne nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass diese Kontaktdaten weiter aktuell seien; es sei aber davon auszugehen.
3) Das Übertragungsprotokoll zur UVA 09/2014 sei nicht abgelegt worden und sei aktuell über FinanzOnline nicht mehr abrufbar (zu den konkreten Prozess- und Kontrollschritten im Zusammenhang mit der Erstellung der UVAs werde auf die Stellungnahme zum Vorlagebericht verwiesen).
Der Vertreter der Bf wolle noch kurz zu einem Absatz in der Beschwerdevorentscheidung vom , in der auf Säumniszuschläge vor und sogar nach dem Antrag angespielt worden sei, Folgendes anmerken:
Tatsächlich sei es in den Jahren vor 2014 zu vereinzelten Säumniszuschlägen, so zum Beispiel im Zusammenhang mit der Erstellung der Jahresumsatzsteuererklärungen 2007 und 2008, gekommen.
Am sei es zu einem Säumniszuschlag für die EUSt 11/2014 gekommen, und der Vertreter der Bf vermute, dass das Finanzamt darauf anspiele. Dieser Säumniszuschlag sei aber weder durch ein Versehen der zuständigen Sachbearbeiterin, noch etwa durch ein unzureichendes innerbetriebliches Kontrollsystem verursacht worden, sondern auf einen technischen Fehler in FinanzOnline selbst zurückzuführen; diesen Säumniszuschlag habe das Finanzamt mit Bescheid vom auch anstandslos aufgehoben.
Es sei unbestritten, dass Fehler passiert seien. Ein Auswahlverschulden sei klarerweise zurückzuweisen und werde ihm wohl auch nicht (mehr) vorgeworfen. Ob ein Kontrollverschulden vorliege, sei naturgemäß viel schwieriger zu beurteilen. Wann sei ein Kontrollsystem ausreichend? Wenn es nie zu einem Fehler kommen könne? Kontrollen ließen sich seiner Ansicht nach immer anpassen, weiter verbessern. Wie auch immer das Urteil des BFG ausfallen möge, es werde angenommen werden; schon zu viele Personen hätten zu viel Zeit mit den Folgen eines Flüchtigkeitsfehlers verbracht. Bloß der geäußerten Auffassung des Finanzamtes im Bescheid vom , wonach eine Anpassung der internen Organisation bereits impliziere, „dass zum Zeitpunkt der Fristversäumnis kein Kontrollsystem bestanden” habe, wolle er entgegentreten. Die Begründung erscheine dem Zeitdruck geschuldet, der im Finanzamt herrschen möge.
Ein perfektes Kontroll- bzw. Qualitätssystem sei ihm in seiner Praxis jedenfalls noch nicht untergekommen.
In der Beilage zur Stellungnahme wurden die Beschwerde gegen die Festsetzung eines Säumniszuschlages in Höhe von 42.435,78 € zur EUSt 11/2014, der dieser Beschwerde stattgebende Bescheid vom , der Lebenslauf der Bilanzbuchhalterin, diverse (Dienst)Zeugnisse sowie die Urkunde, mit welcher die Kammer der Wirtschaftstreuhänder die Bilanzbuchhalterin als Steuerberaterin bestellt hatte, angefügt.
Dem Finanzamt wurden sowohl diese Stellungnahme als auch die Stellungnahme zum Vorlagebericht zur Kenntnis übermittelt.
Das Finanzamt brachte dazu vor, dass die Bf im Antragsschreiben vom selbst angegeben habe, erst nach Eintritt und Erkennen der Zahlungssäumnis eine Anpassung der internen Organisation vorgenommen zu haben, um in Zukunft derartige Fehler vermeiden zu können.
Gerade diese Ausführungen ließen für das Finanzamt den Schluss zu, dass zum Zeitpunkt des Säumniseintrittes kein ausreichendes Kontrollsystem zur Einhaltung der Fristen mit Behörden in der Organisation installiert gewesen sein konnte. Gestützt werde diese Annahme eines nicht ausreichenden Kontrollsystems zudem durch die Tatsache, dass es bereits vor diesem Vorfall im Jahr 2014 mehrere Fristversäumungen im Zahlungsverkehr mit dem Finanzamt gegeben habe.
Das Finanzamt verwies in diesem Zusammenhang auf weitere Säumniszuschlagsvorschreibungen vom , vom , vom und vom .
Eine einmalige Fristenversäumnis lasse noch nicht den Schluss zu, dass die richtige Vormerkung von Terminen und damit die termingerechte Wahrnehmung von Fristen nicht sichergestellt sei (). Im gegenständlichen Fall könne aber auf Grund der Vorereignisse nicht mehr von einem nur einmaligen Ereignis gesprochen werden und hätten die vormaligen Säumnisse bereits damals Anlass zu einer Organisationsanpassung bei der Bf geben müssen. Das Finanzamt beantrage daher die Abweisung der Beschwerde.
Rechtslage
Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d BAO), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, ist ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 2 % des nicht zeitgerecht getilgten Abgabenbetrages zu entrichten (§ 217 Abs. 1 und 2 BAO).
Nach § 217 Abs. 7 erster Teilsatz BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft.
Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegen. Grobes Verschulden liegt vor, wenn das Verschulden nicht nur als leichte Fahrlässigkeit (als minderer Grad des Versehens im Sinne des § 1332 ABGB) zu qualifizieren ist. Eine nur leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht.
Grobe Fahrlässigkeit wird mit auffallender Sorglosigkeit gleichgesetzt. Grobe Fahrlässigkeit ist anzunehmen, wenn eine ungewöhnliche, auffallende Vernachlässigung einer Sorgfaltspflicht vorliegt und der Eintritt des schädigenden Erfolges als wahrscheinlich und nicht bloß möglich vorhersehbar war (). War die Säumnis voraussehbar und hätte sie durch ein zumutbares Verhalten abgewendet werden können, liegt grobe Fahrlässigkeit vor.
(Grobes) Verschulden des Vertreters ist dem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten. Das gilt nicht nur für Parteienvertreter, sondern auch für Organe juristischer Personen ().
Hingegen ist (grobes) Verschulden von Arbeitnehmern des Abgabepflichtigen (oder des Parteienvertreters) nicht schädlich. Entscheidend ist diesfalls, ob dem Abgabepflichtigen selbst (bzw. dem Parteienvertreter) ein grobes Auswahlverschulden, grobe Mängel der Kanzleiorganisation oder eine mangelhafte Überwachung anzulasten sind (Ritz, BAO6, § 308 Tz 17).
Nicht nur ein Parteienvertreter, sondern auch eine Kapitalgesellschaft muss ihre Büroorganisation so einrichten, dass die richtige Vormerkung von Terminen und damit die zeitgerechte Wahrnehmung von Fristen sichergestellt sind.
Nach der Judikatur gehört zu den Organisationserfordernissen, dass nicht nur eine präventive Vorsorge (zB durch Vormerk- und Fristenkalender) besteht, sondern auch Endkontrollen stattfinden, die sicherstellen, dass fristenwahrende Schriftsätze tatsächlich gefertigt und abgesandt, sowie sonstige Verfahrenshandlungen nicht versäumt werden (Stoll, BAO, 2986).
Bedienen sich die verantwortlichen Vertreter einer Gesellschaft zur Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Zahlungspflichten eines Mitarbeiters des Unternehmens, ist durch entsprechende Kontrollen sicherzustellen, dass Unzulänglichkeiten bei der Abgabenentrichtung infolge menschlichen Versagens voraussichtlich auszuschließen sind.
Das Verschulden einer Angestellten steht dann einer Anwendung des § 217 Abs. 7 BAO nicht entgegen, wenn die zur Vertretung der Gesellschaft berufene Person die ihr zumutbare und nach der Sachlage gebotene Überwachungspflicht gegenüber der Arbeitnehmerin nachgekommen ist ( Ritz, BAO6, § 308 Tz 17).
Der Umfang der zumutbaren Überwachungs- und Kontrollpflicht ist stets nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Diese Pflichten dürfen nicht überspannt werden; eine Überwachung „auf Schritt und Tritt" ist nicht nötig. Beispielsweise nicht zumutbar ist etwa dem Vorstand einer Aktiengesellschaft, die zeitgerechte Durchführung aller Abgabenentrichtungen stets persönlich zu kontrollieren (Ritz, SWK 10/2001, S 337).
Die Überwachungspflicht geht nicht so weit, ausnahmslos jeden Arbeitsablauf lückenlos zu überwachen und auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Zeitgerechtheit zu überprüfen. Dies gilt insbesondere für Tätigkeiten, die jedermann ohne besondere Schulung und Fachkenntnis zugemutet werden können (Stoll, BAO, 2987).
Nach der Judikatur des VwGH ist bei manipulativen Tätigkeiten wie etwa der Postaufgabe, sofern nicht ein eigenes Verschulden des Vertreters hinzutritt, das Verschulden einer sonst verlässlichen Mitarbeiterin einem Verschulden des Vertreters nicht gleichzusetzen. Kann der Vertreter im Hinblick auf das bisherige dienstliche Verhalten seiner Mitarbeiterin mit der ordnungsgemäßen Versendung der Post rechnen, kann ein Verschulden des Vertreters nicht abgeleitet werden [Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 308 E 112 (Stand , rdb.at)].
Eine ausdrücklich angeordnete Postaufgabe muss daher nicht auf ihr tatsächliches Stattfinden kontrolliert werden (Ritz, BAO6, § 308 Tz 17).
Das Maß der einem Vertreter obliegenden „gehörigen Aufmerksamkeit“ würde durch die Verpflichtung überspannt, an Hand des Postaufgabescheines nachträglich die rechtzeitige Aufgabe der Sendung zu überprüfen. "Rein technische Vorgänge beim Abfertigen von Schriftstücken" dürfen einer verlässlichen Kanzleikraft ohne nähere Beaufsichtigung überlassen werden ().
Bei Vorliegen eines ausreichenden Kontrollsystems, das sich in der Vergangenheit bewährt hat, kann bei angemessener Überwachung und bei stichprobenartigen Kontrollen, die zu keinen Beanstandungen in Bezug auf die Erfüllung der Obliegenheiten der Mitarbeiter geführt haben, bei etwaigen vereinzelten Verstößen im Allgemeinen nur von einem minderen Grades des Versehens ausgegangen werden (vgl. Stoll, BAO, 2986 mit Judikaturnachweisen).
Nach § 21 Abs. 1 UStG 1994 ist ein vorangemeldeter Überschuss gutzuschreiben. Die Gutschrift wirkt auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, zurück.
Erwägungen
Unbestritten war, dass die einen Überschuss ausweisende Umsatzsteuervoranmeldung 09/2014 um eine Woche verspätet am eingereicht wurde und daher auf dem Abgabenkonto zur Verrechnung mit den Lohnabgaben 10/2014 zum Fälligkeitstag kein ausreichendes Guthaben zur Verfügung stand.
Das Finanzamt wies zutreffend darauf hin, dass unerheblich war, ob die für die Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung zuständige Dienstnehmerin an der Säumnis ein grobes Verschulden traf oder nicht.
Der Umstand, dass diese Dienstnehmerin am Fälligkeitstag aus familiären Gründen stark unter Zeitdruck stand und die endgültige Versendung der in FinanzOnline bereits gespeicherten Voranmeldung versehentlich nicht auslöste, war daher nicht weiter zu beurteilen.
Entscheidend war vielmehr, ob der Partei selbst (bzw. ihrem Vertreter) grobes Verschulden, insbesondere grobes Auswahl- oder Kontrollverschulden, anzulasten war.
Der Vertreter der Bf brachte in der Stellungnahme vom vor, dass die – nunmehr namentlich genannte Mitarbeiterin – seit im Unternehmen als Bilanzbuchhalterin beschäftigt gewesen sei. Das Dienstverhältnis sei in Folge der Auslagerung der Rechnungswesenabteilung zum aufgelöst worden.
Die erste Umsatzsteuervoranmeldung (für Juli 2014) sei gemeinsam mit ihr erstellt worden, jene für August 2014 habe sie nach der Erinnerung des Vertreters der Bf bereits in eigener Verantwortung erstellt. Diese wie auch die folgenden Umsatzsteuervoranmeldungen habe er als damaliger Leiter des Rechnungswesens jedoch ausgiebig geprüft. Überdies sei der betreffenden Mitarbeiterin die Bedeutung der diversen Häkchen in der Eingabemaske von FinanzOnline bekannt gewesen.
Die einzelnen Prüfschritte im Zusammenhang mit der Erstellung und Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen wurden in der am beim Bundesfinanzgericht eingelangten Stellungnahme zum Vorlagebericht und in der Bescheidbeschwerde detailliert dargestellt.
Danach überprüfte der Leiter des Rechnungswesens nicht nur die ermittelten Daten und gab diese frei, sondern prüfte diese nach Eingabe der Daten in die UVA-Maske von FinanzOnline abermals auf ihre Richtigkeit und gab die Meldung anschließend ebenfalls frei. In der Folge übermittelte die Sachbearbeiterin die Meldung und bestätigte dem Rechnungswesenleiter diese Übermittlung mündlich.
Für grobes Auswahlverschulden fanden sich im vorliegenden Fall auf Grund der übermittelten Ausbildungsunterlagen der neuen Mitarbeiterin, die geprüfte Steuerberaterin war, keine Anhaltspunkte. Auch das Finanzamt traf keine gegenteiligen Feststellungen.
Daneben trafen den Vertreter aber auch die Pflicht zur Einrichtung einer zweckdienlichen Kontrollorganisation sowie eine Überwachungspflicht.
Dem verantwortlichen Vertreter der Bf war insoweit zuzustimmen, als die Überwachungspflicht nicht so weit geht, ausnahmslos jeden Arbeitsablauf lückenlos zu überwachen und auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Zeitgerechtheit zu überprüfen.
Gegenständlich lag, worauf die Bf zu Recht verwies, kein Fehlverhalten im Hinblick auf die Einhaltung einer Zahlungsfrist vor, sondern wurden die am fälligen Lohnabgaben pünktlich entrichtet, soweit sie in der angeführten Überweisung von 1,500.000,00 € Deckung fanden. Auch die Umsatzsteuervoranmeldung 09/2014 wurde den glaubwürdigen Angaben zufolge zeitgerecht fertiggestellt. Die Fehlleistung der Mitarbeiterin beruhte nicht auf einer Fristversäumnis, sondern im Übersehen des Anklickens des entsprechenden Feldes, um die bereits in FinanzOnline erfasste und gespeicherte Voranmeldung tatsächlich zu versenden.
Durch Überprüfung der in die UVA-Maske in FinanzOnline eingegebenen Daten und die Freigabe der Meldung, wie in der Stellungnahme zum Vorlagebericht angeführt, durfte der Rechnungswesenleiter grundsätzlich davon ausgehen, dass die Mitarbeiterin die Versendung dieser Meldung auch veranlassen werde.
Das irrtümliche Unterbleiben der Versendung durch Nichtanklicken des entsprechenden Feldes war mit einer irrtümlich unterlassenen Postaufgabe vergleichbar. Der verantwortliche Vertreter der Bf durfte daher den rein technischen Vorgang der Versendung durch bloßes Anklicken eines Feldes ohne nähere Beaufsichtigung der fachlich versierten und hoch qualifizierten Mitarbeiterin überlassen (in diesem Sinne ).
Da der Rechnungswesenleiter, wie in der Stellungnahme vom vorgebracht, eine inhaltliche Überprüfung der Umsatzsteuervoranmeldungen vornahm und die Mitarbeiterin daher angemessen überwachte, war ihm im Unterlassen einer zusätzlichen Kontrolle der tatsächlichen Übermittlung der bereits durch ihn frei gegebenen Meldung keine über den minderen Grad des Versehens hinausgehende Verletzung der Überwachungs- und Kontrollpflichten vorwerfbar.
Die Anpassung des Kontrollsystems dahin gehend, dass die Meldung der Versendung nunmehr schriftlich zu erfolgen hat, bedeutete nicht zwangsläufig, dass das bereits zuvor installierte Kontrollsystem unzureichend gewesen wäre.
Dass das im Unternehmen der Bf eingerichtete, in mehreren Eingaben erläuterte Kontrollsystem den dargestellten Anforderungen nicht genügt hätte, war nicht erkennbar.
Die Mitarbeiterin, der der Fehler unterlief, war zwar erst kurz im Unternehmen beschäftigt, doch war dieser als geprüfter und seit vielen Jahren im Bereich der Umsatzsteuer tätigen Steuerberaterin die Eingabemaske in FinanzOnline geläufig. Da diese hoch qualifizierte Fachkraft eine - wenn auch kurze - Einarbeitungsphase zur Zufriedenheit ihrer Arbeitgeberin absolviert hatte, bedurfte es keiner über die beschriebene Kontrolle hinausgehenden Überwachung.
In der Beschwerdevorentscheidung wie auch in seiner Stellungnahme zog das Finanzamt den Schluss, dass wegen der bereits mehrfach festgesetzten Säumniszuschläge das Kontroll- und Überwachungssystem der Bf nicht ausreichend gewesen sei.
Zu diesen Säumniszuschlägen war nach Einsicht in das Abgabenkonto der Bf und die entsprechenden Säumniszuschlagsbescheide Folgendes festzustellen:
Mit Bescheid vom wurden Säumniszuschläge betreffend Einfuhrumsatzsteuer 11/2014 sowie Kammerumlage 01-12/2008 und 01-12/2009 festgesetzt.
Den Säumniszuschlag betreffend Einfuhrumsatzsteuer 11/2014 hob das Finanzamt, worauf der Vertreter der Bf bereits verwiesen hatte, mit Bescheid vom auf.
Die Säumniszuschläge betreffend Kammerumlage resultierten laut Stellungnahme zum Vorlagebericht aus Nachforderungen auf Grund einer abgabenbehördlichen Prüfung.
Der mit Bescheid vom vorgeschriebene Säumniszuschlag erfolgte nach Festsetzung der Umsatzsteuer 12/2012. Auch die Umsatzsteuer für diesen Monat war zeitgerecht – offenbar aber mit einer zu hohen Gutschrift – gemeldet worden.
Mit Bescheid vom wurden Säumniszuschläge für Dienstgeberbeitrag 01/2012, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 01/2012, Einfuhrumsatzsteuer 12/2012 und Kammerumlage 10-12/2012 vorgeschrieben.
Dem Anschein nach wurden irrtümlich die Lohnabgaben 01/2013 als Lohnabgaben 01/2012 gemeldet; die Buchungen wurden in der Folge korrigiert.
Die Meldung der Einfuhrumsatzsteuer 12/2012 und der Kammerumlage 10-12/2012 erfolgte ebenfalls zeitgerecht, doch befand sich zum Fälligkeitszeitpunkt kein ausreichendes Guthaben auf dem Abgabenkonto.
Der mit Bescheid vom festgesetzte Säumniszuschlag war Folge einer Nachforderung aus der Veranlagung der Umsatzsteuer 2008.
Grundsätzlich kommt es auf ein fehlendes grobes Verschulden an der konkreten Säumnis an (). Fehler (insbesondere gleichartige Verstöße) innerhalb eines kurzen Zeitraumes können aber ein Indiz dafür sein, dass ein Mangel an ausreichender Überwachung und damit an der gebotenen und zumutbaren Sorgfalt vorliegt (Stoll, BAO, § 308, 2987).
Aus obigen Feststellungen war erkennbar, dass die Säumniszuschlagsfestsetzungen weder Folge gleichartiger Fehlleistungen waren, noch unterliefen diese der nunmehrigen Mitarbeiterin, weshalb kein Anlass zu einer verstärkten Überwachung dieser Mitarbeiterin bestand.
Nach den glaubwürdigen, unwidersprochen gebliebenen Angaben der Bf scheiterte die rechtzeitige Versendung der durch den Rechnungswesenleiter bereits überprüften und zur Übermittlung ans Finanzamt freigegebenen Voranmeldung und damit die zeitgerechte Entrichtung der Lohnabgaben nicht etwa am Übersehen oder der Nichtbeachtung einer Zahlungsfrist, sondern einzig am Nichtanklicken des die tatsächliche Versendung auslösenden Feldes.
Da sich der Rechnungswesenleiter nicht zuletzt auf Grund der Ausbildung dieser Mitarbeiterin und ihrer Erfahrung im Umgang mit FinanzOnline darauf verlassen durfte, dass diese den letzten für die elektronische Versendung erforderlichen, rein manipulativen Schritt eigenständig und ohne diesbezügliche Kontrolle setzen würde, war kein über leichte Fahrlässigkeit hinausgehendes Kontrollverschulden festzustellen und waren daher die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 217 Abs. 7 BAO erfüllt.
Abschließend sei noch bemerkt, dass sowohl der Unabhängige Finanzsenat (zB ; ; -G/09; ) als auch das Bundesfinanzgericht (zB ) wiederholt nur von einem minderen Grad des Versehens ausgegangen sind, wenn im Rahmen eines einmaligen Versehens Anträge im FinanzOnline fristgerecht abgespeichert wurden, irrtümlich jedoch die Versendung durch Nichtanklicken des entsprechenden Feldes unterblieben ist.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die Revision unzulässig, da keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu beurteilen gewesen ist. Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Das Bundesfinanzgericht konnte sich auf die bestehende und in der Entscheidung zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | -G/09 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2018:RV.5100868.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at