Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 17.05.2018, RV/5100020/2017

Kein Anspruch auf Familienbeihilfe für den Zeitraum zwischen Beendigung des Freiwilligen Sozialjahres und Beginn einer (weiteren) Berufsausbildung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden A und die weiteren Senatsmitglieder B, C und D

in der Beschwerdesache BF, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr vom zu VNR1 über die Rückforderung zu Unrecht für das Kind K (VNR2) im Zeitraum Juli 2016 und August 2016 bezogener Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen in Höhe von insgesamt 468,40 € 

in der Sitzung am zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Die Tochter des Beschwerdeführers besuchte im Schuljahr 2014/2015 die achte Klasse eines Bundes-Oberstufenrealgymnasiums und trat im Juni 2015 dort zur Reifeprüfung an, bestand diese allerdings nicht. Auch zum Nebentermin im September 2015 gelang die erfolgreiche Ablegung der Reifeprüfung noch nicht, diese bestand die Schülerin laut aktenkundigem Reifeprüfungszeugnis erst am .

In der Zeit vom bis absolvierte die Tochter des Beschwerdeführers das Freiwillige Sozialjahr gemäß Freiwilligengesetz, BGBl I Nr. 17/2012, im Z.

Seit dem Wintersemester 2016/17 ist die Tochter des Beschwerdeführers als ordentlich Studierende des Bachelorstudiums A 033 645 Bildungswissenschaft an der Universität Wien gemeldet. Die Anmeldung erfolgte am , das Studium begann am .

Im Zuge einer Überprüfung des Beihilfenanspruches erlangte das Finanzamt Kenntnis von dieser weiteren Berufsausbildung des Kindes. Der ergänzte und vom Beschwerdeführer unterschriebene Überprüfungsbogen langte am beim Finanzamt ein.

Das Finanzamt hatte bis zu diesem Zeitpunkt und damit zum einen für die Monate Juli und August 2015 aufgrund der damals noch nicht abgeschlossenen Berufsausbildung (Reifeprüfung) und zum anderen auch für die Monate Juli und August 2016 die Familienbeihilfe gewährt; für die Zeit der Ableistung des Freiwilligen Sozialjahres bestand unbestritten ein Anspruch gemäß § 2 Abs. 1 lit. l FLAG.

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt vom Beschwerdeführer die für die Monate Juli 2016 und August 2016 bereits ausbezahlten Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen in Höhe von insgesamt 468,40 € wieder zurück, da für die Zeit zwischen Abschluss des Freiwilligen Sozialjahres und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung (Studium) kein Beihilfenanspruch gegeben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom , die der Beschwerdeführer wie folgt begründete:

„Mit dem angefochtenen Bescheid wurde mir für das Kalenderjahr 2016, Monate Juli und August die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag in der Höhe von gesamt € 468,40 für meine Tochter rückgefordert.

Meine Tochter hat nach Ablegung der Reifeprüfung das freiwillige Sozialjahr von September 2015 bis Juni 2016 absolviert. Im Oktober 2016 beginnt sie das Studium der Bildungswissenschaften und die Inskription hat sie bereits im August 2016 getätigt. Rückgefordert werden nun die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag für Juli und August 2016.

Da meine Tochter die Berufsausbildung (das Studium der Bildungswissenschaften im WS 2016) zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufnimmt, steht mir die Familienbeihilfe auch für den Zeitraum zwischen Beendigung des freiwilligen Sozialjahres und Beginn des Studiums zu.

Bei dem Gesetzgebungsverfahren zum Freiwilligengesetz 2012 wurde auch eine Änderung des Finanzlastenausgleichsgesetzes veranlasst.

Ziel war die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für Rahmenbedingungen und Strukturen zur Förderung von Freiwilligentätigkeiten im Inland und zur Durchführung des Freiwilligen Sozialjahres, des Freiwilligen Umweltschutzjahres, des Gedenkdienstes und des Friedens- und Sozialdienstes außerhalb des Zivildienstes.

Da es sich bei der Absolvierung des Freiwilligen Sozialjahres, des Freiwilligen Umweltschutzjahres, sowie des Gedenkdienstes und des Friedens- und Sozialdienstes im Ausland aber um keine Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetz 1967 handelt, wird eine Sonderregelung geschaffen, um die Gewährung der Familienbeihilfe sicherzustellen.

Die Rechtsansicht des Finanzamtes, dass die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag nach Beendigung des freiwilligen Sozialjahres und den Beginn des Studiums nicht zustehen, widerspricht dem Sinn und Zweck des Gesetzes bzw. berücksichtigt die Intention des Gesetzgebers nicht. Der Gesetzgeber wollte eine Gleichstellung schaffen zwischen den Absolventen des Zivil- Präsenzdienstes und den Absolventen des freiwilligen Sozialjahres im Finanzlastenausgleichsgesetz.

Durch das Budgetbegleitgesetz 2011 wurde § 2 Absatz 1 lit d FLAG 1967 neu gefasst. Durch diese Regelung soll eine familienrechtliche Lücke zwischen einer Schulbildung und einer weiterführenden Ausbildung geschlossen werden, im Falle dass der frühestmögliche Beginn des Studiums gewahrt wird. Auch wenn der Gesetzgeber das nicht bei der Absolvierung des freiwilligen Sozialjahres ausdrücklich im Gesetz vorgesehen hat, kann es sich nur um eine planwidrige Gesetzeslücke handeln die durch eine analoge Anwendung des § 2 Abs. 1 lit d FLAG 1967 zu schließen ist. Sollte die Abgabenbehörde mit der Freiwilligkeit des freiwilligen Sozialjahres argumentieren wollen im Gegensatz zu einer Pflicht zur Leistung des Zivil- oder Präsenzdienstes, kann dem entgegengehalten werden, dass bei Frauen auch die die Absolvierung des Zivil- oder Präsenzdienstes freiwillig ist und die Familienbeihilfe für die Lücken nach Ablegung der Reifeprüfung und Beginn des Zivil- oder Präsenzdienstes und Ende des Zivil- oder Präsenzdienstes und Beginn des Studiums gewährt wird. Eine Andersbehandlung der Absolventen des freiwilligen Sozialjahres und der Zivil- und Präsenzdiener ist gesetzlich nicht beabsichtigt und wäre eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung.“

Das Finanzamt wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom zusammengefasst mit der Begründung ab, dass der Gesetzgeber das Freiwillige Sozialjahr in beihilfenrechtlicher Sicht bewusst anders geregelt habe als den Präsenz-, Ausbildungs- und Zivildienst. Es liege daher auch nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes hinsichtlich des Zeitraumes zwischen Beendigung des Freiwilligen Sozialjahres und Beginn einer weiteren Berufsausbildung keine planwidrige Lücke vor, die durch Analogie zu schließen wäre ().

Dagegen richtet sich der Vorlageantrag des Beschwerdeführers, der am beim Finanzamt einlangte. Darin ergänzte der Beschwerdeführer sein bisheriges Vorbringen wie folgt: „Die Abgabenbehörde geht von einer geplanten Andersbehandlung des Gesetzgebers der Absolventen des freiwilligen Sozialjahres und Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienern, was aus unserer Sicht nicht vom Gesetzgeber so beabsichtigt ist. Der Argumentation der Abgabenbehörde in der Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich der unterschiedlichen Behandlung zwischen Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienern und den Absolventen des freiwilligen Sozialjahres kann nicht gefolgt werden. Die Abgabenbehörde erkennt aufgrund der unterschiedlichen Behandlung der Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienern (Verlängerungstatbestand der Familienbeihilfe bis 25 J) und den Absolventen des freiwilligen Sozialjahres, wo die Verlängerung gesetzlich nicht vorgesehen ist, aber im Gegenzug die Absolventen des freiwilligen Sozialjahres während der Besuchszeit des Sozialjahres die Familienbeihilfe erhalten, eine geplante Andersbehandlung.

Nach unserer rechtlicher Beurteilung hat der Gesetzgeber gerade durch die Verlängerung des Familienbeihilfebezuges bis Vollendung des 25. Lebensjahres bei den Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienern und einen Familienbeihilfebezug während des freiwilligen Sozialjahres bei den Absolventen des freiwilligen Sozialjahres eine materielle Gleichbehandlung erreicht die auch so beabsichtigt war. Durch die gesetzlichen Regelungen verschiebt sich nur der Bezugszeitraum und die materielle Gleichbehandlung bleibt aufrecht. Dass eine Gleichbehandlung des Gesetzgebers zwischen den Absolventen des freiwilligen Sozialjahres und den Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienern geplant ist, ist auch aus der Entscheidung des VwGH (VwGH 2013/16/0153) vom ersichtlich.

Sollte das Verwaltungsgericht zu der Rechtsansicht kommen, dass eine gesetzliche Andersbehandlung gegeben ist, wäre das Gesetz verfassungswidrig aufgrund unberechtigter Ungleichbehandlung der Absolventen des freiwilligen Sozialjahres und den Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienern.

Ich beantrage die Entscheidung durch den Senat.“

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Beweiswürdigung

Der unstrittige Sachverhalt steht aufgrund der zitierten Aktenteile, des Vorbringens des Beschwerdeführers, der Anmerkungen in der Beihilfendatenbank sowie der Informationen auf der Homepage der Universität Wien (siehe dazu unten im Rahmen der rechtlichen Erwägungen) fest. Strittig ist im vorliegenden Fall die Rechtsfrage, ob für den Zeitraum zwischen Beendigung des Freiwilligen Sozialjahres und dem Beginn einer (weiteren) Berufsausbildung ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht.

Rechtslage und Erwägungen

In dem vom Beschwerdeführer im Vorlageantrag zitierten Erkenntnis () beschäftigte sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage, ob zwischen Beendigung einer Berufsausbildung (erfolgreich abgelegter Reifeprüfung) und Beginn eines Freiwilligen Sozialjahres ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, nachdem der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , B 1552/2012-4, die Behandlung einer Beschwerde gegen die diesbezüglich ablehnende Entscheidung des unabhängigen Finanzsenates vom , RV/2883-W/12, abgelehnt hatte.

Der Verwaltungsgerichtshof stellte zunächst die historische Entwicklung der auch im gegenständlichen Fall in Rede stehenden Bestimmungen des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG) wie folgt dar:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 - FLAG haben Personen unter näher angeführten Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die für einen Beruf ausgebildet werden.

Mit dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 269/1980 wurde im § 2 Abs. 1 FLAG eine lit. d und eine lit. e angefügt:

"§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, ...

d) für volljährige Kinder, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Dauer von drei Monaten nach Abschluss der Berufsausbildung, sofern sie weder den Präsenzdienst noch den Zivildienst leisten,

e) für volljährige Kinder, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird,"

Nach den Materialien (EB RV 312 BlgNR, 15. GP) soll die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG dem Umstand Rechnung tragen, dass Kinder oft unmittelbar nach Beendigung der Berufsausbildung nicht ihre Berufstätigkeit aufnehmen können.

Ergänzend wird dazu festgehalten, dass in der Regierungsvorlage des diesbezüglichen Gesetzesentwurfes die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967 noch nicht vorgesehen war. Diese Bestimmung entstammt einem Abänderungsantrag in der 36. Sitzung des Nationalrates, 15. GP, am . Den stenographischen Protokollen dieser Sitzung (StProt 15. GP, 3557 ff) ist jedoch keine Wortmeldung zu entnehmen, welche eine Begründung für diesen Abänderungsantrag betreffend § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967 böte ().

Weiter führte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom aus:

Mit Art. 72 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, wurde in § 2 Abs. 1 lit. d und e FLAG jeweils der Ausdruck "27. Lebensjahr" durch den Ausdruck "26. Lebensjahr" ersetzt.

Mit dem Gesetz über die Ausbildung von Frauen im Bundesheer - GAFB, BGBl. I Nr. 30/1998, wurde in § 2 Abs. 1 lit. d FLAG der Ausdruck "Präsenzdienst" durch den Ausdruck "Präsenz- oder Ausbildungsdienst" und in § 2 Abs. 1 lit. e leg. cit. der Ausdruck "Präsenz- oder Zivildienstes" durch den Ausdruck "Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes" ersetzt.

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, wurde § 2 Abs. 1 lit. d FLAG geändert und lautet nunmehr:

"§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, ...

d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird,"

Die Materialien zum Budgetbegleitgesetz 2011 (EB RV 981 BlgNR, 24. GP, 223f) erläutern dazu, dass die Familienbeihilfe nach dem Erreichen der Volljährigkeit grundsätzlich nur bis zum Abschluss einer Berufsausbildung gewährt werden soll. Bisher sei auch durch drei Monate nach Abschluss der Berufsausbildung die Familienbeihilfe weitergewährt worden. Aus Gründen der Budgetkonsolidierung solle diese Leistungsgewährung entfallen. Damit während der Zeit zwischen einer Schulausbildung und einer weiterführenden Ausbildung familienbeihilfenrechtlich keine Lücke entstehe, sei eine ergänzende Regelung im FLAG aufzunehmen. Durch diese Regelung solle insbesondere die Zeit zwischen der Matura und dem frühestmöglichen Beginn eines Studiums abgedeckt werden, zumal die Eltern im Regelfall weiterhin unterhaltspflichtig seien.

Mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 17/2012 wurde dem § 2 Abs. 1 FLAG folgende lit. l angefügt:

"l) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die teilnehmen am

aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

dd) Europäischen Freiwilligendienst nach dem Beschluss Nr. 1719/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Einführung des Programms 'Jugend in Aktion' im Zeitraum 2007 bis 2013."

Diese Änderung trat mit in Kraft (§ 55 Abs. 19 lit. a FLAG).

Die Materialien (EB RV 1634 BlgNR, 24. GP) erläutern dazu, dass nach dem FLAG die Familienbeihilfe für volljährige Kinder nur dann gewährt werde, wenn sie sich in Berufsausbildung befänden. Da es sich bei der Absolvierung des freiwilligen Sozialjahres, des freiwilligen Umweltschutzjahres, des Gedenkdienstes und des Friedens- und Sozialdienstes im Ausland aber um keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG handle, werde eine Sonderregelung geschaffen, um die Gewährung der Familienbeihilfe sicherzustellen.

Mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 35/2014 wurde mit im § 2 Abs. 1 lit. l FLAG 1967 sublit. dd geändert und lautet nunmehr:

„dd) Europäischen Freiwilligendienst nach der Verordnung (EU) Nr. 1288/2013 zur Einrichtung von „Erasmus+“, ABl. Nr. L 347 vom S. 50.“

1) Beihilfenanspruch zwischen Reifeprüfung und Studienbeginn

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. d FLAG besteht ein Beihilfenanspruch für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird.

Der Tochter des Beschwerdeführers gelang die erfolgreiche Ablegung der Reifeprüfung erst am . Erst zu diesem Zeitpunkt wurde die Schulausbildung am Bundes-Oberstufenrealgymnasium abgeschlossen, weshalb das Finanzamt zutreffend für die Monate Juli und August 2015 (Zeitraum zwischen Ende der achten Schulstufe und Beginn des Freiwilligen Sozialjahres) Familienbeihilfe gewährte. Für den Zeitraum September 2015 bis Februar 2016 bestand ein Beihilfenanspruch sowohl nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG (noch aufrechte Schul- und damit Berufsausbildung im Sinne des FLAG) als auch nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa FLAG (Freiwilliges Sozialjahr). Für den Zeitraum März 2016 bis Juni 2016 gründet sich der Beihilfenanspruch auf § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa FLAG.

Zu prüfen ist, ob für den Zeitraum März 2016 bis September 2016 (hinsichtlich der Monate März bis Juni somit „auch“) ein Beihilfenanspruch gemäß § 2 Abs. 1 lit. d FLAG gegeben ist. Dies würde voraussetzen, dass das am begonnene Studium der Bildungswissenschaft an der Universität Wien „frühestmöglich“ im Sinne dieser Bestimmung nach Ablegung der Reifeprüfung am begonnen wurde.

Nach den Informationen auf der Homepage der Universität Wien setzt das Bachelorstudium der Bildungswissenschaften kein Aufnahme- und Eignungsverfahren voraus. Die allgemeine Zulassungsfrist für das Studium im Sinne des § 61 Abs. 1 Universitätsgesetz endete für das Sommersemester 2016 am , die Nachfrist im Sinne des § 61 Abs. 2 Universitätsgesetz mit .

Ein Grund für die Ausnahme von der allgemeinen Zulassungsfrist ist nach den Informationen der Universität Wien der Umstand, dass der Studienwerber das Reifezeugnis noch nicht erhalten hat. Diese Regelung gründet sich auf § 61 Abs. 2 Zif. 2 Universitätsgesetz, demzufolge die Zulassung zu einem Bachelorstudium innerhalb der Nachfrist erfolgen darf, wenn die Erlangung der allgemeinen Universitätsreife für das Sommersemester erst nach dem 31. Jänner erfolgt; allgemeine Universitätsreife ist dabei nach § 51 Abs. 2 Zif. 16 Universitätsgesetz jener Ausbildungsstand, der einer Person die Fähigkeit und das Recht vermittelt, bei Erfüllung allfälliger ergänzender studienspezifischer Erfordernisse zu einem ordentlichen Studium an einer Universität zugelassen zu werden. Wenn der Studienwerber das Reifezeugnis und damit die allgemeine Universitätsreife erst nach dem 31. Jänner (für eine Zulassung im Sommersemester) erhält, kann er bis 5. Februar einen Antrag auf Zulassung zum Studium in „u:space“ stellen. In diesem Fall ist ein Ansuchen auf Zulassung in der Nachfrist nicht nötig, der Studienwerber hat die Möglichkeit, ein außerordentliches Studium zu beginnen. Sobald der außerordentlich Studierende das Reifezeugnis erhalten hat, wird er zum ordentlichen Studium zugelassen.

Die Tochter des Beschwerdeführers hätte daher im Hinblick auf die am erfolgreich abgelegte Reifeprüfung bereits im Sommersemester 2016 als außerordentlich Studierende mit dem Studium der Bildungswissenschaft beginnen können. Der tatsächliche Studienbeginn im Wintersemester 2016/2017 war daher nicht mehr „frühestmöglich“ im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG. Der Umstand, dass im Sommersemester 2016 noch das Freiwillige Sozialjahr abgeleistet wurde, steht dem nicht entgegen, können doch Gründe, die in subjektiven und freiwilligen Entscheidungen des anspruchsvermittelnden Kindes ihre Ursache haben, nicht als objektive Gründe anerkannt werden, die einem Beginn einer weiteren Berufsausbildung zum „frühestmöglichen“ Zeitpunkt im Sinne des FLAG entgegen standen. Persönliche oder andere nicht unmittelbar mit der Berufsausbildung im Zusammenhang stehende Gründe sind bei der Beurteilung, ob eine Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen wurde, unbeachtlich. Der frühestmögliche Zeitpunkt ist nach rein objektiven Kriterien zu beurteilen ( zu § 2 Abs. 1 lit. e FLAG).

2) Beihilfenanspruch zwischen Beendigung des Freiwilligen Sozialjahres und Studienbeginn

Das Bundesfinanzgericht hat bereits wiederholt einen Beihilfenanspruch zwischen dem Zeitpunkt der Beendigung des Freiwilligen Sozialjahres und dem Beginn einer (weiteren) Berufsausbildung verneint.

Im Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7101995/2016, wurde dazu auf die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. g FLAG hingewiesen; diese lautet:

Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Kinder keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. l gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden.

Der letzte Satz dieser Bestimmung sei dem § 2 Abs. 1 lit. g gemäß BGBl. I Nr. 144/2015, mit Wirkung ab angefügt worden. In den Erläuternden Bemerkungen (GP XXV RV 821) heiße es dazu:

“Während des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder während des Zivildienstes besteht kein Anspruch auf Gewährung der Familienbeihilfe für volljährige Kinder. Daher kann der Familienbeihilfenbezug in diesen Fällen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres verlängert werden.

Für die Zeit eines Freiwilligen Sozialjahres, eines Freiwilligen Umweltschutzjahres, eines Gedenkdienstes, eines Friedens- und Sozialdienstes im Ausland ist durch eine Sonderbestimmung im FLAG ein Familienbeihilfenanspruch vorgesehen. Für jene Fälle, in denen Personen auf Grund dieser Freiwilligentätigkeit nicht zum ordentlichen Zivildienst herangezogen werden, soll klargestellt werden, dass der obengenannte Verlängerungstatbestand bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nicht gilt.“

§ 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967 sehe zwar einen Anspruch auf Familienbeihilfe für die Zeit zwischen Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung vor, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird. Aus dem Hinweis auf diese Bestimmung lasse sich aber für den Beschwerdefall nichts gewinnen, weil der Gesetzgeber das Freiwillige Sozialjahr eigens geregelt wissen wollte und dies auch getan habe. Die für das Freiwillige Sozialjahr getroffenen Regelungen würden sich von jenen des Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes unterscheiden. Mit BGBl. I Nr. 17/2002 und BGBl. I Nr. 144/2015 habe der Gesetzgeber im FLAG 1967 für das Freiwillige Sozialjahr (wie auch für die anderen in § 2 Abs. 1 lit. l aufgezählten Freiwilligendienste) Sonderregelungen geschaffen. So werde kraft der gesetzlichen Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. l FLAG 1967 für den Zeitraum der Absolvierung des Freiwilligen Sozialjahres Familienbeihilfe gewährt, obwohl keine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 vorliegt. Demgegenüber bestehe für den Zeitraum der Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Des Weiteren sei im Gesetz (§ 2 Abs. 1 lit. g letzter Satz FLAG 1967) festgelegt worden, dass die Absolvierung des Freiwilligen Sozialjahres keine Verlängerung des Familienbeihilfenbezuges nach sich zu ziehen vermöge (kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder bis zum 25. Lebensjahr, wenn für diese Kinder vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe bezogen wurde und diese nach § 12c Zivildienstgesetz nicht zum ordentlichen Zivildienst herangezogen werden). Im Gegensatz dazu bilde die Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen einen Verlängerungstatbestand für den Bezug von Familienbeihilfe bis zum 25. Lebensjahr. Der Absolvierung des Freiwilligen Sozialjahres sei im FLAG 1967 durch spezielle Regelungen Rechnung getragen worden. Wenn der Gesetzgeber daher mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 17/2012 einen Familienbeihilfenanspruch für den Zeitraum der Absolvierung eines Freiwilligen Sozialjahres eingeführt habe, ohne einen Anspruch auf Familienbeihilfe für den Zeitraum zwischen der Beendigung des Freiwilligen Sozialjahres und dem Beginn der Berufsausbildung festzulegen, so sei dies vom Gesetzgeber so gewollt gewesen. Damit habe der Gesetzgeber zum Ausdruck bringen wollen, dass für den Zeitraum zwischen der Beendigung des Freiwilligen Sozialjahres und dem Beginn der Berufsausbildung ein Anspruch auf Familienbeihilfe eben nicht gegeben sei. Eine planwidrige Lücke, die durch Analogie zu schließen wäre, bestehe nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes nicht.

Der Hinweis des Beschwerdeführers im gegenständlichen Vorlageantrag, dass gerade durch die Verlängerung des Familienbeihilfebezuges bis Vollendung des 25. Lebensjahres bei den Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienern und einen Familienbeihilfebezug während des freiwilligen Sozialjahres bei den Absolventen des freiwilligen Sozialjahres eine materielle Gleichbehandlung erreicht werde und sich somit nur der Bezugszeitraum verschiebe, sagt selbst dann, wenn er zutreffend wäre, nichts über die Frage des Beihilfenanspruches zwischen Beendigung des Freiwilligen Sozialjahres und dem Beginn einer (weiteren) Berufsausbildung aus. Diesbezüglich bietet – entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers – auch die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom keine Anhaltspunkte, ging es in diesem Verfahren doch ausschließlich um den Zeitraum zwischen Beendigung einer Berufsausbildung und Beginn des Freiwilligen Sozialjahres.

Im Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/5101300/2017, wurde darauf hingewiesen, dass die in § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967 vorgenommene Aufzählung (Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienst) als taxativ anzusehen sei. Eine analoge Anwendung dieser Bestimmung auf eine Tätigkeit nach dem Freiwilligengesetz scheide daher schon auf Grund des taxativen Charakters der in § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967 genannten Dienste aus.

Ferner wies das Bundesfinanzgericht darauf hin, dass nach § 12c ZDG Zivildienstpflichtige bis zur Vollendung des 28. Lebensjahres nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen würden, wenn sie der Zivildienstserviceagentur vor der Zuweisung zum ordentlichen Zivildienst etwa eine Vereinbarung mit einem nach dem Freiwilligengesetz anerkannten Träger über die Teilnahme an einem durchgehend mindestens zehn Monate dauernden Freiwilligen Sozialjahr, Freiwilligen Umweltschutzjahr oder Gedenkdienst, Friedens- oder Sozialdienst im Ausland vorgelegt haben. Diese im Verfassungsrang stehende Bestimmung unterscheide sohin zwischen der Leistung des ordentlichen Zivildienstes und einer Freiwilligentätigkeit nach dem Freiwilligengesetz.

Auch aus dem Regelungswerk des § 2 Abs. 1 FLAG 1967 ergebe sich eine unterschiedliche Behandlung des Präsenz- oder Ausbildungs- bzw. Zivildienstes einerseits und der Freiwilligentätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. l im FLAG 1967 andererseits. So bestehe etwa während der Ableistung des Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes kein Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder und stelle die Ableistung dieses Dienstes eine Unterbrechung der Ausbildung des Kindes dar (vgl. ). Für die Zeit eines Freiwilligen Sozialjahres, eines Freiwilligen Umweltschutzjahres, eines Gedenkdienstes, eines Friedens- und Sozialdienstes im Ausland sei hingegen durch die Sonderregelung des § 2 Abs. 1 lit. l im FLAG 1967 ein Familienbeihilfenanspruch vorgesehen. Da während des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder während des Zivildienstes kein Anspruch auf Gewährung der Familienbeihilfe für volljährige Kinder bestehe, könne zudem der Familienbeihilfenbezug in diesen Fällen gemäß § 2 Abs. 1 lit. g FLAG 1967 unter den dort normierten Voraussetzungen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres verlängert werden. Für jene Fälle, in denen Personen auf Grund einer Freiwilligentätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. l im FLAG 1967 nicht zum ordentlichen Zivildienst herangezogen werden, sei mit dem Budgetbegleitgesetz 2016, BGBl. I Nr. 144/2015, klargestellt worden, dass der oben genannte Verlängerungstatbestand bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nicht gilt.

Den rechtspolitischen Spielraum, der dem Gesetzgeber im Beihilfenrecht generell zuzubilligen sei, habe der Verfassungsgerichtshof bereits in mehreren Erkenntnissen sowohl zum FLAG 1967 (vgl. z.B. VfSlg 8605, 16542, 19411) als auch zum Studienförderungsgesetz (VfSlg 18638) betont. Aus dieser Rechtsprechung ergebe sich auch, dass der Gesetzgeber verfassungsrechtlich weder dazu verhalten ist, den Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder durchgehend mit dem Bestehen einer Unterhaltsverpflichtung zu verknüpfen, noch verpflichtet sei, diesen Anspruch jedenfalls bis zum Abschluss der bzw. einer Berufsausbildung vorzusehen. Es stehe ihm daher aber auch frei, diesen Anspruch an bestimmte Voraussetzungen zu knüpfen.

Wenn der Gesetzgeber mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 17/2012 einen Familienbeihilfenanspruch etwa für den Zeitraum eines Gedenkdienstes oder eines Friedens- und Sozialdienstes im Ausland eingeführt habe, ohne einen Anspruch auf Familienbeihilfe für den Zeitraum zwischen der Beendigung dieser Freiwilligentätigkeit und der nachfolgenden Berufsausbildung festzulegen, so liege dies im verfassungsrechtlich vorgegebenen weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Im Hinblick auf die § 12c ZDG vorgenommene Abgrenzung zwischen der gesetzlich verpflichtenden Tätigkeit des ordentlichen Zivildienstes und den dort angeführten freiwilligen Tätigkeiten im Rahmen des Freiwilligengesetzes und auch vor dem Hintergrund, dass durch die Sonderregelung des § 2 Abs. 1 lit. l FLAG 1967 für die Zeit eines Freiwilligen Sozialjahres, eines Freiwilligen Umweltschutzjahres, eines Gedenkdienstes, eines Friedens- und Sozialdienstes im Ausland - im Gegensatz zum Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienst - ein Familienbeihilfenanspruch vorgesehen ist, erscheine die Regelung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967 nicht in einer Weise unsachlich, die ein Herantreten an den Verfassungsgerichtshof erforderlich mache.

Der gegenständliche Beschwerdefall bietet für das Bundesfinanzgericht keinen Anlass, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzugehen.

In der Beschwerde wurde vorgebracht, dass die „Freiwilligkeit“ kein Argument für eine Andersbehandlung jener wäre, die ein Freiwilliges Sozialjahr geleistet haben im Vergleich zu jenen, die den Präsenz- oder Zivildienst geleistet haben, da bei Frauen auch die Absolvierung des Zivil- oder Präsenzdienstes freiwillig sei und hier die Familienbeihilfe für die „Lücke“ nach Ende des Zivil- oder Präsenzdienstes und Beginn des Studiums gewährt werde.

Gemäß § 10 Abs. 1 Wehrgesetz sind alle österreichischen Staatsbürger männlichen Geschlechtes, die das 17. Lebensjahr vollendet und das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wehrpflichtig.

Frauen und Wehrpflichtige können auf Grund freiwilliger Meldung nach den jeweiligen militärischen Erfordernissen einen Ausbildungsdienst in der Dauer von mindestens zwölf Monaten bis zu insgesamt vier Jahren leisten (§ 37 Abs. 1 Wehrgesetz).

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes müssen generell-abstrakte Normen (Gesetze) den „typischen Fall“ in sachgerechter (nicht gleichheitswidriger Weise) regeln. Aus bloßen „Ausnahmefällen“ kann der Verstoß einer Regelung gegen das Gleichheitsgebot nicht abgeleitet werden (vgl. , VfSlg. 8605; G 6/11; VfSlg. 19411).

Der Gesetzgeber wird daher in seinem rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht dadurch eingeschränkt, dass auch Frauen freiwillig einen Ausbildungsdienst im Bundesheer leisten können. Er kann daher sehr wohl den verpflichtenden Präsenz- oder Zivildienst sowie den beim Bundesheer absolvierbaren freiwilligen Ausbildungsdienst einerseits und das Freiwillige Sozialjahr andererseits beihilfenrechtlich unterschiedlich behandeln, ohne gegen den Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen. Nichts anderes gilt für den freiwilligen Ausbildungsdienst. Es steht dem Gesetzgeber daher einerseits völlig frei, jene Zeiträume zu bestimmen, in denen aufgrund bestimmter Leistungen des anspruchsvermittelnden Kindes, die dem Allgemeinwohl zugute kommen (Präsenz-, Ausbildungs-, Zivildienst, Leistungen im Sinne des Freiwilligengesetzes), ein Beihilfenanspruch vorgesehen wird oder auch nicht. Andererseits ist der Gesetzgeber aber auch frei, jene Fälle zu bestimmen, in denen auch nach Abschluss dieser Dienste allfällige weitere Beihilfenansprüche bestehen sollen. Wenn daher der Zeitraum zwischen Beendigung des Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes und Beginn einer (weiteren) Berufsausbildung beihilfenrechtlich anders behandelt wird als der Zeitraum zwischen Beendigung des Freiwilligen Sozialjahres und Beginn einer (weiteren) Berufsausbildung, so ist dies Teil des rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers und begegnet nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer nicht dargelegt hat, welche Bestimmung des FLAG 1967 er konkret als verfassungswidrig erachte. Im Vorlageantrag wurde nur ausgeführt, dass bei der aufgezeigte Andersbehandlung „das Gesetz“ verfassungswidrig wäre. Es ist für das Bundesfinanzgericht nicht erkennbar, inwieweit für den Beschwerdeführer etwa mit einer Aufhebung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG als verfassungswidrig (dem Gleichheitsgrundsatz widersprechend) etwas gewonnen wäre. Selbst im Fall einer Aufhebung dieser Norm könnte der Verfassungsgerichtshof dem Gesetzgeber nicht auftragen, beihilfenrechtliche Begünstigungen für bisher nicht erfasste Sachverhalte zu normieren; dies käme im Ergebnis einer positiven Rechtsschöpfung gleich, die dem Verfassungsgerichtshof nicht zukommt (vgl. auch dazu das bereits zitierte Erkenntnis VfSlg. 19411). Aus eben diesem Grund betont der Verfassungsgerichtshof immer wieder den weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Beihilfenrecht.

Insgesamt gesehen bestehen beim Bundesfinanzgericht daher keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die im vorliegenden Fall anzuwendenden Bestimmungen des FLAG 1967. Da nach den zitierten Bestimmungen kein Beihilfenanspruch für den Zeitraum zwischen Beendigung des Freiwilligen Sozialen Jahres und dem Beginn einer (weiteren) Berufsausbildung besteht, erfolgte die Rückforderung der zu Unrecht für den Zeitraum Juli 2016 bis August 2016 ausbezahlten Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen gemäß § 26 Abs. 1 FLAG und § 33 Abs. 3 EStG zu Recht.

§ 26 Abs. 1 FLAG 1967 normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Diese Verpflichtung zur Rückerstattung ist von subjektiven Momenten (wie z.B. Verschulden, Gutgläubigkeit etc.) unabhängig. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (z.B. , , u.a.).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Gegen dieses Erkenntnis ist daher eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, da die Frage, ob für volljährige Kinder für die Zeit zwischen Beendigung des Freiwilligen Sozialjahres und dem Beginn einer (weiteren) Berufsausbildung Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darstellt, zu der eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bislang fehlt.

Linz, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at