Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 24.05.2018, RV/7103992/2017

Haftung gemäß § 9 Abs. 1 BAO - Einbringungsverjährung und Unrichtigkeit der zugrunde liegenden Abgabenbescheide eingewendet.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat in der Beschwerdesache Bf., AdresseBf., vertreten durch Keber&Keber Steuerberatungs-GmbH, Börsegasse 9/2, 1013 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 4/5/10 vom betreffend Haftung gemäß § 9 Abs. 1 BAO in nichtöffentlicher Sitzung am  zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochten Bescheid bleibt unverändert aufrecht.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom wurde der nunmehrige Beschwerdeführer Bf. (in der Folge kurz Bf. genannt) als Haftungspflichtiger gemäß § 9 Abs. 1 BAO für uneinbringlich aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Fa. X-GmbH (FN 1***) in Höhe von insgesamt € 5.187,75 in Anspruch genommen. Dieser Betrag gliedert sich wie folgt:


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeitstag
Betrag in Euro
Körperschaftsteuer
1-3/07
431,79
Umsatzsteuer
12/06
901,64
Umsatzsteuer
01/07
535,58
Körperschaftsteuer
4-6/07
437,00
Säumniszuschlag2
2005
62,82
Körperschaftsteuer
7-9/07
437,00
Umsatzsteuer
04/2007
1.440,00
Umsatzsteuer
2006
121,54
Umsatzsteuer
2006
820,38

Zur Begründung wurde nach Zitieren der bezughabenden Gesetzesbestimmung ausgeführt, der Bf. sei im Zeitraum bis handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. X-GmbH also einer juristischen Person und daher zu deren Vertretung berufen gewesen. Er sei somit verpflichtet gewesen, die Abgaben aus deren Mittel zu bezahlen.

Gemäß § 21 Abs 1 UStG habe der Unternehmer spätestens am Tag (Fälligkeitstag)
des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeltraum) zweitfolgenden Kalendermonats
eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt
einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter
entsprechender Anwendung des § 20 Abs 1 und Abs. 2 und des § 16 leg. cit., selbst zu
berechnen habe. Der Unternehmer habe eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Für folgende Zeiträume - siehe Haftungsbescheid - sei die Umsatzsteuer gemeldet, festgesetzt bzw. rechtskräftig veranlagt, jedoch nicht entrichtet worden.

In diesem Zusammenhang sei auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungs-
gerichtshofes zu verweisen, wonach es Sache des Geschäftsführers sei, die Gründe
darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert hätten, die ihm obliegende
abgabenrechtliche Verpflichtung zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine
schuldhafte Pflichtverletzung gem. § 9 Abs. 1 BAO angenommen werden dürfe (,0038). Demnach hafte der Geschäftsführer für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung standen, hiezu nicht ausreichten, es sei denn, er weise nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet‚ die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe als andere Verbindlichkeiten.

Hinsichtlich anderer Abgaben, die für das Geschäftsergebnis einer juristischen Person
nicht erfolgsneutral seien, sei es Sache des gemäß § 80 BAO befugten Vertreters darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen habe können, dass die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet würden, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden dürfe. In der Regel werde nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der Gesellschaft haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermögliche. Außerdem treffe den Haftenden (§ 77 Abs. 2 BAO), die gleiche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (§ 119 leg. cit.) wie den Abgabenpflichtigen, sodass er zeitgerecht für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen habe. Der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer habe daher das Fehlen ausreichender Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen. Außerdem habe er darzutun, dass er die Abgabenforderungen bei der Verwendung der vorhandenen Mittel nicht benachteiligt habe (vgl. Erk. des ; vom , 85/17/0035 und vom , 87/14/0148). Da der Bf. seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen im
angeführten Umfang nicht nachgekommen sei und die Abgaben bei der o.a. Gesellschaft
uneinbringlich seien, sei wie im Spruch zu entscheiden gewesen.

Letztlich werde auf die Bestimmungen des § 7 Abs. 2 BAO verwiesen, wonach sich
persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche erstrecken. Ebenso seien Zwangs-
u. Ordnungsstrafen im Wege der Geschäftsführerhaftung geltend zu machen.

Die Schuldhaftigkeit sei damit zu begründen, dass durch das pflichtwidrige Verhalten
des Bf. als Vertreter der Gesellschaft die Uneinbringlichkeit eingetreten sei. Weiters sei der Bf. seiner Verpflichtung, Behauptungen und Beweisanbote zu seiner Entlastung darzutun, nicht nachgekommen, daher sei wie im Spruch zu entscheiden gewesen.

Aufgrund der Vermögenslosigkeit und der Beendigung der Tätigkeit der Gesellschaft,
diese sei bereits im Firmenbuch gelöscht, sei die Uneinbringlichkeit der aushaftenden
Abgabenschuld nachgewiesen.

Durch die Einstellung des Geschäftsbetriebes bei der Fa. X-GmbH sei die Uneinbringlichkeit des Abgabenrückstandes beim
Primärschuldner entstanden.

Folgende Bescheide wurde dem Bf. mit dem gegenständlichen Haftungsbescheid zugestellt: Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 04/2007 (Kopie), Umsatzsteuerbescheid 2006 (Kopie), Umsatzsteuerbescheid 2006 BVE (Kopie).

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Gegen diesen Bescheid richtet sich die frist- und formgerechte Beschwerde des Bf. vom , mit welcher beantragt wird, den angefochtenen Haftungsbescheid ersatzlos aufzuheben.

Zur Begründung wird ausgeführt, der angefochtene Bescheid enthalte keine nachvollziehbare Begründung. Es würden nur Textbausteine ohne jeden Bezug zum konkreten Sachverhalt aneinandergereiht.

Zudem seien die dem angefochtenen Haftungsbescheid zugrunde liegenden Sachbescheide unrichtig. Gegen diese sei Beschwerde erhoben worden bzw. werde Beschwerde erhoben werden, sobald diese Bescheide dem Haftungspflichtigen zugestellt worden seien (Zustellung sei beantragt worden).

Überdies sei die Erlassung eines Haftungsbescheides unzulässig, da hinsichtlich der
zugrundeliegenden Sachbescheide bereits die Einbringungsverjährung eingetreten sei.

Unter Einem stelle der Bf. die Anträge gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 und § 274 Abs. 1 Z 1 BAO
auf Entscheidung durch den Senat und auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat.

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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die gegenständliche Beschwerde als unbegründet ab.

Zur Begründung wurde ausgeführt, das Argument der Einbringungsverjährung gehe ins Leere, da mit , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , und Unterbrechungshandlungen im Sinne des § 238 BAO gesetzt worden seien.
Die dem Haftungsbescheid zugrundeliegenden Sachbescheide seien vom Bf. bei
der persönlichen Übernahme des Haftungsbescheides mit übernommen worden.

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Mit Schriftsatz vom beantragte der Bf. die Entscheidung über die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht.

Zur Begründung wird ausgeführt, die angefochtene Beschwerdevorentscheidung enthalte - wie schon der angefochtene Bescheid selbst - keine nachvollziehbare Begründung.

Die im Zusammenhang mit der geltend gemachten Einbringungsverjährung angeblichen gesetzten Verfolgungshandlungen seien nicht spezifiziert worden, sondern
es werde jeweils nur ein Datum angeführt. Zudem seien die dem angefochtenen Haftungsbescheid zugrundeliegenden Sachbescheide unrichtig. Gegen diese sei Beschwerde erhoben worden bzw. werde Beschwerde erhoben werden, sobald diese Bescheide dem Haftungspflichtigen zugestellt worden seien (Zustellung sei beantragt worden).

Unter einem wiederhole der Bf. die Anträge gemäß § 272 Abs 2 Z 1 und § 274 Abs 1 Z 1 BAO auf Entscheidung durch den Senat und auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat.

Mit Schreiben vom zog der Bf. den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück, weswegen am in nichtöffentlicher Sitzung durch den Senat des Bundesfinanzgerichtes entschieden wurde.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 248 BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1) innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen. Beantragt der Haftungspflichtige die Mitteilung des ihm noch nicht zur Kenntnis gebrachten Abgabenanspruches, so gilt § 245 Abs. 2, 4 und 5 sinngemäß.

Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. § 209a gilt sinngemäß.
(2) Die Verjährung fälliger Abgaben wird durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Mit der gegenständlichen Beschwerde wendet der Bf. zunächst ein, die Erlassung des gegenständlichen Haftungsbescheides vom sei wegen Eintritts der Einbringungsverjährung unzulässig. Dazu ist auszuführen, dass die Geltendmachung der Haftung gemäß § 9 Abs. 1 BAO eine Maßnahme des Einbringungsverfahrens ist, die der Einhebungsverjährung gemäß § 238 BAO unterliegt.

Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen 5 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchen die Abgabe fällig geworden ist, keineswegs jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. Gemäß § 238 Abs. 2 BAO wird die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen hin erkennbare Amtshandlung unterbrochen und mit Ablauf des Jahres, in welchen die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH genügt es für die Unterbrechungswirkung einer Amtshandlung, dass sie nach außen in Erscheinung tritt und erkennbar den Zweck verfolgt, den Anspruch gegen einen bestimmten Abgabenschuldner durchzusetzen, ohne dass es darauf ankommt, ob die Amtshandlung zur Erreichung des angestrebten Erfolges konkret geeignet ist und ob der Abgabenschuldner von der Amtshandlung Kenntnis erlangte (vgl. z.B. ; ).

Die Amtshandlung muss, damit ihr unterbrechende Wirkung zukommt, nach außen erkennbar sein. Sie muss dem Abgabe­pflichtigen nicht zur Kenntnis gelangt sein (; ; ) .                 

Seit der Entscheidung des verstärkten Senates vom , 91/13/0037, 91/13/0038, ist der VwGH in ständiger Rechtsprechung der Ansicht, dass Unterbrechungshandlungen anspruchsbezogen wirken, somit die Verjährung gegenüber jeden unterbrechen, der als Zahlungspflichtiger in Betracht kommt, ohne dass es rechtlich von Bedeutung wäre, gegen wen sich solche Amtshandlungen richten (vgl. z.B. ; ).

Mit Ablauf des Jahres, in welchen die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen (§ 238 Abs. 2 2. Satz BAO).

Nach der Aktenlage hat die Abgabenbehörde zur Hereinbringung der haftungsgegenständlichen Abgabenschuld der Primärschuldnerin  Fa. X-GmbH beispielhaft folgende Unterbrechungshandlungen gesetzt:
- Abfrage beim zentralen Melderegister zur Ermittlung der Meldeadresse des Bf. vom zwecks Durchführung von Einbringungsmaßnahmen.
- Haftungsvorhalt  vom adressiert an den Bf. samt Fragebogen zur Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse. Dieses Schreiben vom wurde zunächst an die Wohnadresse des Bf. laut ZMR-Auskunft (keine Zustellung wegen Ortsabwesenheit) und in der Folge an den Bf. an seiner Firmenadresse (p.A. Y-GmbH, AdresseY-GmbH) durch Hinterlegung am zugestellt, wobei die hinterlegte Sendung laut Aktenlage behoben wurde.
-  Abfrage beim zentralen Melderegister zur Ermittlung der Meldeadresse des Bf. vom zwecks Durchführung von Einbringungsmaßnahmen.
- Mahnung - Zahlungsaufforderung an den Bf. vom betreffend Haftungsbescheid vom (Laut Aktenlage konnte dieser Bescheid dem Bf. wegen eines Auslandsaufenthaltes nicht wirksam zugestellt werden). Daraufhin wurde am durch die Steuerberaterin Dkfm. Stb. ein Ratenansuchen (per E-Mail) eingebracht, das am vom Finanzamt abgewiesen wurde. Laut Aktenvermerk der Finanzbediensteten wurde eine mündlichen Vereinbarung mit dem Bf. zur monatlichen Zahlung von € 500,00 getroffen.
-  Abfrage beim zentralem Melderegister zur Ermittlung der Wohnadresse des Bf. vom .
- Abfrage beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger vom zur Ermittlung einer Erwerbstätigkeit des Bf. zwecks Durchführung von Einbringungsmaßnahmen.
- Abfrage beim zentralem Melderegister zur Ermittlung der Wohnadresse des Bf. vom .

Diese genannten, zur Hereinbringung des Abgabenanspruches gesetzten Unterbrechungshandlungen vom (ZMR-Abfrage), (Zahlungsaufforderung), (Abweisung-Zahlungserleichterungsansuchen), (ZMR-Abfrage), (ZMR- und HSV-Abfrage) hatten zur Folge, dass gemäß § 238 Abs. 2 BAO mit Ablauf des jeweiligen Jahres die (fünfjährige) Einbringungsverjährungsfrist jeweils neu zu laufen begann.

Zudem sind aus der Aktenlage auch eine Reihe von Unterbrechungshandlungen, die darauf gerichtet waren, die Abgabenschuldigkeiten der Primärschuldnerin Fa. X-GmbH bei dem dem Bf. nachfolgenden Geschäftsführer NfGf. einzubringen. Beispielhaft sind hier zu nennen ein Amtshilfeersuchen an die ungarische Finanzverwaltung vom , Ersuchen um Meldeauskunft in Ungarn vom , Haftungsvorhalt an NfGf. vom (adressiert an die ermittelte ungarische Adresse). Da Unterbrechungshandlungen anspruchsbezogen wirken, unterbrachen diese auch die Einbringungsverjährung gegenüber dem Bf.

Aus den dargestellten Erwägungen ergibt sich, dass entgegen dem Beschwerdevorbringen des Bf. die Einhebungsverjährung der Erlassung des gegenständlichen Haftungsbescheides vom  nicht entgegen stand.

Laut Firmenbuch war der Bf. im Zeitraum bis handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. X-GmbH und er zählt somit zum Kreis der im § 80 Abs. 1 BAO genannten gesetzlichen Vertreter, welche zur Haftung gemäß § 9 Abs. 1 BAO herangezogen werden können.

Die unbestrittene Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldnerin bei der Primärschuldnerin steht aufgrund der am erfolgten amtswegigen Löschung gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit fest.

Die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten durch den Bf. besteht darin, dass er die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten nicht zu deren gesetzlichen Fälligkeitstag (, , , , , ) entrichtet hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (vgl. etwa ).

Nach der ebenfalls ständigen VwGH-Judikatur haftet der Vertreter für nicht entrichtete Abgaben des Vertretenen auch dann, wenn ihm die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten des Vertretenen nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschuldigkeiten im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten. Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Eine Betrachtung der Gläubigergleichbehandlung hat zum jeweiligen Fälligkeitstag zu erfolgen. Dem Vertretenen obliegt es auch, entsprechende Beweisvorsorgen – etwa durch das Erstellen und Aufbewahren von Ausdrucken – zu treffen. Dem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht oder nicht zur Gänze entrichten kann, ist schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar, jene Informationen zu sichern, die ihm im Falle der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinn ermöglichen. Dazu ist auszuführen, dass der Bf. nach der Aktenlage schon seit 2009 in Kenntnis von der Absicht des Finanzamtes ist, dem Bf. zur Haftung heranzuziehen.

Zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters gehört es, dafür zu sorgen, dass die Abgaben entrichtet werden. Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob den Vertreter diese Pflicht getroffen hat, bestimmt sich danach, wann die Abgabe nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wäre. Bei Selbstbemessungsabgaben ist maßgebend, wann die Abgabe bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung zu entrichten oder abzuführen gewesen wäre (vgl. z.B. ).

Mit der gegenständlichen Beschwerde wird das Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung des Bf. im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO nicht in Abrede gestellt. Aus der Aktenlage lässt sich auf das Vorhandensein liquider Mittel zu einer (zumindest teilweisen) Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten aufgrund von Zahlungen auf das Abgabenkonto der Primärschuldnerin bis zum schließen.

Mit dem angefochtenen Haftungsbescheid wurde der Bf. darauf hingewiesen, dass er einerseits das Fehlen ausreichender Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen und andererseits auch darzutun hat, dass er die Abgabenforderungen bei der Verwendung der vorhandenen Mitteln nicht benachteiligt hat. Diesen Ausführungen im Haftungsbescheid kommt Vorhalts-Charakter zu und der Bf. hat im weiteren Haftungsverfahren weder behauptet, die Abgabenbehörde nach Maßgabe der vorhandenen liquiden Mittel anteilsmäßig gleichmäßig befriedigt zu haben, noch hat er eine derartige Gleichbehandlung durch Vorlegen einer Liquiditätsrechnung glaubhaft gemacht.

Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des VwGH konnte der Bf. daher im vollen Ausmaß der uneinbringlich aushaftenden haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten in Anspruch genommen werden, da er seine qualifizierten Mitwirkungspflicht hinsichtlich des teilweisen Fehlens liquider Mitteln und der anteiligen Verwendung dieser Mittel nicht nachgekommen ist (vgl. z.B. ; ).

Gemäß § 7 Abs. 2 BAO erstrecken sich persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche. Somit erfolgte die Haftungsinanspruchnahme für den am fällig werdenden Säumniszuschlag 2/2005 iHv € 62,82 zu Recht.

Die Inanspruchnahme der gemäß § 9 BAO bestehenden Haftung setzt voraus, dass die schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten kausal für die Uneinbringlichkeit ist. Bei schuldhafter Pflichtverletzung, darf die Abgabenbehörde mangels dagegensprechender Umstände annehmen, dass die Pflichtverletzung Ursache der Uneinbringlichkeit ist (vgl. z.B. ; , 2002/13/0178).

Mit der gegenständlichen Beschwerde wird auch eingewendet, dass die dem angefochtenen Haftungsbescheid zugrundeliegenden Sachbescheide unrichtig seien. Gegen diese sei Beschwerde erhoben worden bzw. werde Beschwerde erhoben werden, sobald diese Bescheide dem Bf. zugestellt worden seien.

Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des VwGH daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten. Durch § 248 BAO ist dem Haftenden ein Rechtszug gegen die zugrundeliegenden Abgabenbescheid eingeräumt.

Sollte der Bf. mit seinen gemäß § 248 BAO eingebrachten Beschwerden gegen die zugrundeliegenden Abgabenbescheide in der Folge erfolgreich sein, so würde aufgrund der Akzessorietät der Haftung ohnehin die Haftungsschuld des Bf. entsprechend der Minderung der Abgabenschuld wegfallen.

Unter Verweis auf diese Bindungswirkung der zugrundeliegenden Abgabenbescheide im gegenständlichen Haftungsverfahren kann das nicht näher konkretisierte Beschwerdevorbringen des Bf., die zugrundeliegenden Abgabenbescheide seien unrichtig, der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid nicht zum Erfolg verhelfen.

Die Heranziehung zur Haftung ist schlussendlich in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen der Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist.

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde eine missbräuchliche Ermessensübung der Abgabenbehörde bei Erlassung des Haftungsbescheides weder behauptet noch dargelegt.

Im gegenständlichen Fall ist zu beachten, dass die Haftungsinanspruchnahme des Bf. die einzige Möglichkeit der Einbringung der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten darstellt, sodass im gegenständlichen Fall Zweckmäßigkeitserwägungen im Interesse der Allgemeinheit an der Hereinbringung der Abgabenschuld Vorrang gegenüber vom Bf. ohnehin zu seinen Gunsten nicht vorgebrachten Billigkeitserwägungen zu geben ist.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als rechtskonform.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer ordentlichen Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Das gegenständliche Erkenntnis weicht nicht von der Rechtsprechung des VwGH ab und hatte auch die Klärung der Haftungsvoraussetzungen im Einzelfall und somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zum Gegenstand.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 238 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 248 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7103992.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at