Kein Familienbeihilfenanspruch bei Besuch einer Sport-Akademie mit dem Ziel Profisportler zu werden.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bfin, Adr, über die Beschwerde vom 7. September 2016 gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom , betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen Juli 2015 bis Juni 2016,
zu Recht erkannt:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof
nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang:
Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt die im Zeitraum Juli 2015 bis Juni 2016 für das Kind K. ausbezahlte Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge in Höhe von insgesamt € 2.397,20 zurück, weil die Berufsausbildung des Kindes bereits am abgeschlossen worden sei.
Mit Eingabe vom wurde von der Beschwerdeführerin das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, dass ihr Sohn den Beruf eines Profisportlers anstrebe, im Jahr 2015 keinen Verdienst gehabt habe und sich in Ausbildung befinde. Er sei ein talentierter österreichischer Eishockeyspieler, spiele im X-Team, sei Teilnehmer an Weltmeisterschaften und deshalb mit 14 Jahren von X. in die Sportakademie geholt worden, wo Sport und Schule kombiniert werden. Er habe mit X. zwei Jahre in der X-Liga gespielt, sei 2015 nach Amerika geholt worden und habe dort in der weltbesten Juniorenliga gespielt. Daran anschließend sei die Ausbildung an der Akademie weitergeführt worden.
In Beantwortung zweier Vorhalte betonte die Beschwerdeführerin, dass ihr Sohn im Rückforderungszeitraum kein Einkommen gehabt habe und sie für den Unterhalt aufkommen habe müssen.
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. K. habe am die Handelsschule abgeschlossen und mit dem X-Club einen Spielervertrag. Ein bestehe weder ein Ausbildungsplan, noch seien Prüfungen abzulegen. Eine Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetz liege daher nicht vor.
Dagegen brachte die Beschwerdeführerin den am beim Finanzamt eingelangten und mit datierten Vorlageantrag ein und führte ergänzend aus, dass ihr Sohn im betreffenden Jahr nicht berufstätig gewesen sei, seine Auslandsmonate nur der Ausbildung gedient hätten und die Art der Ausbildung bzw. der Lerninhalt einen physischen Teil mit zweimaligen täglichen Eistraining, Trockentraining, Krafttraining, Meisterschaftsspiele und Freundschaftsspiele umfasse. Der theroretische Teil umfasse Taktik, Strategie, Trainingslehre, Ernährung und Videoanalysen. Die Mannschaft werde jährlich immer wieder in die Hochburgen des Eishockeysports gesandt, um bei Turnieren zu lernen und sich ständig zu verbessern. Die Beurteilung am Jahresende geschehe durch den internationalen hochqualifizierten Trainerstab. Wer dem Leistungslevel nicht entspreche, verliere seinen Ausbildungsplatz, dessen Ausbildung werde nicht verlängert und müsse die Akademie verlassen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt und Beweiswürdigung:
Der Sohn der Beschwerdeführerin, K., geboren am , besucht die X. Nachwuchs-Akademie in C. und schloss laut vorgelegtem Abschlussprüfungszeugnis die Handelsschule mit ab.
Im Zeitraum bis bestand mit dem X-Club ein Spielervertrag. Vom bis verbrachte K. nach den Angaben der Beschwerdeführerin und den Eintragungen im Karriereauszug in Amerika und spielte dort bei den A. und den B..
Rechtslage:
§ 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der hier anzuwendenden Fassung des BGBl. I Nr. 35/2014 lautet auszugsweise:
"§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) ...,
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. ..."
§ 26 Abs. 1 FLAG 1967 lautet:
"§ 26. (1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen."
§ 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:
"(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden."
Rechtliche Erwägungen:
Was unter Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b) Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht näher definiert. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter diesen Begriff jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Zur Berufsausbildung gehört aber zweifelslos die allgemein bildende Schulausbildung. Ziel einer Berufsausbildung im Sinn des § 2 Abs. 1 lit. b) FLAG 1967 ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung. Berufsausbildung liegt daher nur dann vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist (vgl. ).
Der (weitere) Besuch der X. Nachwuchs-Akademie in C. nach Abschluss der Schulausbildung an der Handelsschule für Leistungssportler/innen im Juni 2015 stellt unter Zugrundelegung dieser Kriterien keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 dar. Der Sohn der Beschwerdeführerin ist ihm Rahmen eines Spielervertrages an den X-Club gebunden. Die Nachwuchsakademie hat das Ziel junge talentierte Eishockeyspieler auf ihrem Weg zu einer Profikarriere durch Anbieten einer Vielfalt von Trainingsmöglichkeiten und entsprechender Bedingungen für die sportliche Entwicklung zu begleiten und zu fördern. Mögen damit auch die Vermittlung gewisser theoretischer Grundlagen, wie Taktik und Strategie, richtige Ernährung und Trainingslehre verbunden sein, die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine Berufsausbildung stellen, nämlich dem Auszubildenden das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen zu vermitteln, um die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen, sind nicht erfüllt. Der Sohn der Beschwerdeführerin wird nicht in einem "fachlichen" Bereich ausgebildet, sondern es steht im Vordergrund, dass die Jugendlichen durch intensives Training unter optimalen Verhältnissen die körperliche Leistungsfähigkeit erlangen und sich die erforderlichen technischen Fertigkeiten aneignen, um in Profimannschaften bestehen zu können.
Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 836/61 ausgeführt, dass eine Ausbildung zur Kunsteisläuferin keine Berufsausbildung nach der allgemeinen Verkehrsauffassung, sondern eine sportliche Betätigung darstellt. Der Zweck der Berufsausbildung ist nämlich nur dann als erfüllt anzusehen, wenn mit dieser eine nicht nur vorübergehende Selbsterhaltungsfähigkeit erlangt wird. Gerade im Rahmen der Ausübung eines Sports liegt eine solche jedoch meist nur in besonderen Ausnahmefällen, sowie für eine verhältnismäßig kurze Zeit vor. Obwohl diese Beurteilung im Rahmen des Einkommensteuergesetzes und für eine sportliche Ausbildung zur "Eiskunstläuferin" erging, ergibt sich für den vorliegenden Fall keine andere Sichtweise (vgl. )
Außerdem hält der vorgelegte Auszug aus dem Trainingsplan einem Vergleich mit einer üblicherweise bei einer Berufsausbildung vorgegebenen fixen Ausbildungsvorschrift mit vorgesehenen (Zwischen-)prüfungen nicht stand. Die Beurteilung des Leistungslevels durch den Trainerstab am Ende des Jahres erfüllt nicht die Voraussetzungen, welche die Rechtsprechung als Überprüfung des vermittelten Wissens im Rahmen einer Berufsausbildung als essentiell angesehen hat.
Die Förderung des Sports ist, so positiv eine sportliche Betätigung zu sehen ist, nicht Ziel des Familienlastenausgleichsgesetzes, hierfür stehen zutreffendenfalls andere Instrumentarien zur Verfügung.
Da bereits nach den obigen Ausführungen keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 vorliegt, braucht auf den im Hinblick auf den USA-Aufenthalt des Kindes allenfalls zu beachtenden Ausschließungsgrund des § 5 Abs. 3 FLAG 1967 (kein Familienbeihilfenanspruch bei ständigem Aufenthalt des Kindes im Ausland), nicht mehr eingegangen zu werden.
Die Rückforderung der Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbeträge erfolgte gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 EStG 1988 zu Recht.
Unzulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Ob ein Kind eine Berufsausbildung absolviert, ist eine Tatfrage (vgl. ), die einer Revision im Allgemeinen nicht zugänglich ist. Im Übrigen ist das Bundesfinanzgericht von der bisherigen Rechtsprechung nicht abgewichen. Es war auch sonst keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu beantworten, die über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung hat. Die ordentliche Revision war daher als unzulässig zu erklären.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2018:RV.3100087.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at