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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 16.05.2018, RV/7104420/2017

Vertreterpauschale einer "Verkaufsdirektorin" für Parfüm- und Pflegeprodukte

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden Dr. Christian Lenneis und die weiteren Senatsmitglieder Mag. Mirha Karahodzic, Erwin Agneter und Mag. Belinda Maria Eder, über die Beschwerde der *****, *****, *****, vertreten durch die Haimerl Hörler Wirtschaftsprüfer Steuerberater GmbH, Linke Wienzeile 4/Stiege 1/2. DG, 1060 Wien, gegen den Bescheid des Finanzamtes Waldviertel vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2015 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt: 

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

An der Vorläufigkeit des angefochtenen Bescheides tritt keine Änderung ein.

II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang und Beschwerdevorbringen:

Die Beschwerdeführerin reichte am bei der belangten Behörde eine Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2015 ein. Als Bezeichnung ihrer beruflichen Tätigkeit führte sie Verkaufsdirektorin an. Sie machte darin u.a. Fortbildungs-, Ausbildungs- und Umschulungskosten iHv € 2.460,00 sowie ein Berufsgruppenpauschale ("Vertreter/innen") geltend. Im Rahmen eines Ergänzungsersuchens legte die Beschwerdeführerin Nachweise für die von ihr geltend gemachten Werbungskosten (absolvierter Lehrgang zur diplomierten Ernährungstrainerin) sowie eine Bestätigung ihres Arbeitgebers vor, wonach sie im Zeitraum von bis "ausschließlich Vertretertätigkeit ausgeübt hat und von der Gesamtarbeitszeit mehr als die Hälfte im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig war." Zentraler Aufgabenbereich als Verkaufsdirektorin sei der Abschluss von Geschäften bei Kunden und die Akquise von neuen Kunden und daraus resultierenden Abschlüssen. Diese Tätigkeit mache mindestens 80-85% aus. Die Beschwerdeführerin trete fast täglich ihre Arbeit bzw. Dienstreisen von zu Hause aus an. In untergeordnetem Ausmaß (15-20%) führe sie Produktschulungen vor Ort bei den Kunden sowie für die Außendiensttätigkeit relevante Innendienstaufgaben wie kundenrelevante administrative Tätigkeiten wie Kundengespräche, Auf- und Nachbereitung von Angeboten, Reisekostenaufzeichnungen etc. durch.

Mit gemäß § 200 BAO vorläufigem Bescheid vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2015 mit € -1.473,00 festgesetzt und hinsichtlich der Nichtgewährung des Vertreterpauschales auf die Beschwerdevorentscheidung 2013 verwiesen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde vom führte die Beschwerdeführerin aus, sie verbringe durchschnittlich vier Tage im Außendienst. Ihre Aufgabe sei es, Geschäfte im Namen und für Rechnung ihres Arbeitgebers abzuschließen. Ihre Funktion als Verkaufsdirektorin bedeute primär eine größere Umsatzverantwortung und ändere nichts daran, dass die fast täglich bei den Kunden vor Ort sei. Die mit umfasste Leitungsfunktion für zwei Außendienstmitarbeiterinnen sei zeitlich untergeordnet und ändere nichts an ihrer Handelsvertreterfunktion. Bei fast jedem Kundenbesuch stehe ein angestrebter Verkaufsabschluss im Vordergrund. Dies sei aus den vorgelegten Wochentätigkeitsberichten ersichtlich. Im positiven Fall nehme die Beschwerdeführerin Kundenaufträge durch schriftliche Bestellungen direkt beim Kunden vor Ort entgegen. In ihrem Heimbüro leite sie die Aufträge an ihren Arbeitgeber weiter. Den Kundenschulungen komme nur eine untergeordnete und keinesfalls eigenständige Bedeutung zu. Bei der Beschwerdeführerin fielen außerdem dem Grunde nach tatsächlich Werbungskosten an, die nicht vom Arbeitgeber getragen werden, wie zB Strom- und Internetkosten.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde habe sich bereits in der Beschwerdevorentscheidung vom (betreffend Einkommensteuer 2013) ausführlich mit dem Kriterium des (Nicht-)Vorliegens einer (ausschließlichen) Vertretertätigkeit auseinandergesetzt. Eine Änderung hinsichtlich des Aufgabenbereiches der Beschwerdeführerin im Jahr 2015 sei aus der Aktenlage weder erkennbar noch werde sie in der Beschwerde behauptet. Aus der vorgelegten Bestätigung des Arbeitgebers sei nicht einmal das für eine Vertretertätigkeit typische Kriterium des persönlichen Abschlusses von Kaufgeschäften ableitbar. Dieses lasse sich auch nicht aus dem vorgelegten Tätigkeitsbericht ableiten. Im Übrigen ergehe die Beschwerdevorentscheidung vorläufig, da die - anerkannte - Ausbildung zur Ernährungstrainerin für eine Verkaufsleiterin zweifelsfrei keine Fortbildungsmaßnahmen darstelle und das Abzielen auf ein zukünftiges (neues) Steuersubstrat zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch ungewiss sei.

Am brachte die Beschwerdeführerin einen Antrag zur Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht ein. Darin brachte sie ergänzend zusammengefasst vor, sie verfüge zwar über keine formale Vollmacht iS einer Prokura, auf Grund langjähriger Übung, Kenntnis der Preiskonditionen und Geschäftsgebarung schließe sie de facto Verträge für ihren Arbeitgeber ab. Konkrete Aufträge könne sie bei Bedarf vorlegen. Außerdem werde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2015/15/0072, verwiesen, wonach das Vorliegen einer formalen Abschlussvollmacht kein Kriterium für die Anwendbarkeit des Pauschales sei. Vertreter sei auch, wer Geschäftsabschlüsse anbahne; wesentlich sei, dass eine Außendiensttätigkeit vorliege, deren vorrangiges Ziel die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen für ihren Arbeitgeber sei (unter Hinweis auf ). Geschäftsgegenstand des Arbeitgebers der Beschwerdeführerin sei der Vertrieb von hochwertigen Kosmetikartikeln, Kunden seien der einschlägige Einzelhandel. Geschäftsanbahnung und der Abschluss von Kaufverträgen seien unmittelbare Tätigkeit der Beschwerdeführerin. Dass ihre Tätigkeit im Jahr 2015 darauf abgezielt habe, die Produkte des Arbeitgebers zu vertreiben, also Geschäftsabschlüsse zu vermitteln, bestreite die belangte Behörde nicht. Sämtliche Kriterien für die Anerkennung des Vertreterpauschales lägen daher uneingeschränkt vor.

Am fand vor dem Bundesfinanzgericht die im Vorlageantrag beantragte mündliche Verhandlung statt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin steht seit als "Gebiets-Leiterin" in einem Angestelltenverhältnis bei der O- GmbH, die Teil der A einem Vertriebsunternehmen für exquisite Parfüm- und Pflege-Marken, ist. Seit ist sie dort als "Verkaufsdirektorin" tätig. Sie ist dabei in einer von ihrem Arbeitgeber festgelegten Region unterwegs, wobei ihr Arbeitgeber jederzeit die Gebietsgrenzen ändern kann. Sie hat keine festgelegten Arbeitszeiten, als Arbeitstage sind Montag bis Samstag vorgesehen. Sie erhält keine Provision, sondern ein Fixgehalt mit Erfolgsprämien. Die Beschwerdeführerin ist von Montag bis Donnerstag in bestimmten Gebieten Österreichs unterwegs, um Geschäfte anzubahnen und Präsentationen hinsichtlich der von ihr zum Verkauf angebotenen Waren durchzuführen. Ihre Reisen tritt sie von ihrem Wohnort aus an. Die Routen der Beschwerdeführerin werden von ihr vorweg geplant; es gibt eine "Wien-Tour", eine "Süd-Tour" und eine "West-Tour". Über die Touren führt die Beschwerdeführerin Wochentätigkeitsberichte, die Informationen zu den Kunden, Orten, Besuchsgründe sowie Abschluss oder Ablehnung der Aufträge enthalten. Als Besuchsgründe kommen Einverkauf, Verkaufseinsatz, Jahresgespräch, Neuheitenschulung sowie "MeetingSonstiges" in Frage. Die beispielhaft vorgelegte Jännerwoche 2016 enthielt von Montag bis Freitag Besuche in Graz (Montag), in Klagenfurt, Wolfsberg und Voitsberg (Dienstag), und in Wien (Mittwoch, Donnerstag und Freitag), wobei an allen Tagen außer Donnerstag der "Einverkauf" Besuchsgrund war.

Die Beschwerdeführerin hat keine formelle Abschlussvollmacht. Ihr zentraler Aufgabenbereich umfasst den Abschluss von Geschäften bei Kunden und die Akquise von neuen Kunden und daraus resultierenden Abschlüssen. Diese Tätigkeit findet im Außendienst statt. Die Arbeitgeberin der Beschwerdeführerin könnte Geschäfte zurückweisen, weshalb sie in erster Linie Geschäfte anbahnt. In untergeordnetem Ausmaß führt sie Produktschulungen bzw. Produktpräsentationen vor Ort bei den Kunden durch. Die Kundenschulungen stehen mit der Produktpräsentation in Zusammenhang, die Präsentationen betreffen ausschließlich die von der Beschwerdeführerin zum Verkauf angebotenen Waren. Für die Außendiensttätigkeit relevante, administrative Tätigkeiten wie Kundengespräche, Auf- und Nachbereitung von Angeboten und Reisekostenaufzeichnungen führt sie ebenso in untergeordnetem Ausmaß durch. Auf Grund der untergeordneten Innendiensttätigkeit (Heimarbeit) entstehen der Beschwerdeführerin Kosten, insbesondere Strom- und Internetkosten, die nicht vom Arbeitsgeber ersetzt werden. 

In ihrer ArbeitnehmerInnenveranlagung 2015 beantragte sie sowohl den Abzug von Werbungskosten (Ausbildungs- und Umschulungskosten iHv € 2.460,00 für die Absolvierung einer Ausbildung zur Ernährungstrainerin) als auch das Berufsgruppenpauschale für Vertreter. Die vorläufige Einkommensteuerfestsetzung führte zu einer Nachforderung iHv € 1.473,00. 

Die Beschwerdeführerin erhielt im Jahr 2015 von ihrem Arbeitgeber keine Kostenersätze iSd § 26 EStG 1988.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zur beruflichen Stellung der Beschwerdeführerin im Allgemeinen ergeben sich aus dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Dienstvertrag, insbesondere aus den §§ 1 und 6.

Die Feststellung zum Unternehmensgegenstand der Arbeitgeberin der Beschwerdeführerin ergibt unzweifelhaft aus ihrem Internetauftritt sowie aus den unstrittigen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen zur Tätigkeit der Beschwerdeführerin, insbesondere zum Ablauf ihrer Arbeitswoche, ergeben sich aus der Zusammenschau der vorgelegten Bestätigungen ihrer Arbeitgeberin, insbesondere vom  (AS 49), sowie aus den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung und der Einsicht in den exemplarisch vorgelegten Tätigkeitsbericht (AS 42), der mit diesen Ausführungen in Einklang steht. Die vom Amtsvertreter in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Bestätigung des Arbeitgebers vom enthielt nur eine allgemeine Bezeichnung der Beschwerdeführerin als Verkaufsdirektorin und bestätigt ihre berufliche Entwicklung in den Jahren 2005 und 2008. Die von der belangten Behörde vorgelegte Arbeitsplatzbeschreibung vom , welche zur Begründung der hier nicht gegenständlichen Beschwerdevorentscheidung vom betreffend die Einkommensteuer 2013 herangezogen worden ist, welche die Tätigkeit der Beschwerdeführerin (für den damaligen Zeitpunkt) in 20 % Innendienst und 80 % Außendienst unterteilte, ist angesichts der Ausführungen des steuerlichen Vertreters der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung zum Arbeitsablauf unbeachtlich. Aus dem auszugsweise vorgelegten Tätigkeitsbericht geht die Reisetätigkeit der Beschwerdeführerin eindeutig hervor, es gibt auch keinen Grund daran zu zweifeln, dass die Beschwerdeführerin zumindest vier Tage die Woche im Außendienst zum Verkauf von Kosmetikprodukten tätig ist. Für den erkennenden Senat ergibt sich daraus auch, dass die sonstige Tätigkeit der Beschwerdeführerin im Innendienst in untergeordnetem Ausmaß stattfindet und jedenfalls auch dem Verkauf von Kosmetikprodukten dient.

Die Feststellungen zu den in der ArbeitnehmerInnenveranlagung 2015 geltend gemachten Posten und zur Einkommensteuerfestsetzung ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und sind insoweit unstrittig.

Die Feststellung, dass keine Kostenersätze geleistet wurden, ergibt sich aus dem durch die belangte Behörde vorgelegten (Jahres-)Lohnzettel der Beschwerdeführerin für das Jahr 2015. In der mündlichen Verhandlung bestätigte der Amtsvertreter, dass im Jahr 2015 Kostenersätze nicht geleistet wurden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

3.1.1. Strittig ist im vorliegenden Fall, ob der Beschwerdeführerin für ihre Tätigkeit als "Verkaufsdirektorin" im Jahr 2015 das Vertreterpauschale nach § 1 Z 9 der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen (VO), BGBl. II 382/2001 und idF BGBl. II 382/2015, zusteht. Dazu ist zunächst Folgendes auszuführen:

3.1.2. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit unterliegen der Einkommensteuer. Sie sind aus dem Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu ermitteln (§ 2 Abs. 3 Z 2 EStG 1988). Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Für Werbungskosten, die bei nicht selbständigen Einkünften erwachsen, ist gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 ohne besonderen Nachweis ein Pauschbetrag von 132 Euro jährlich abzuziehen.

Gemäß § 17 Abs. 6 EStG 1988 können zur Ermittlung von Werbungskosten vom Bundesminister für Finanzen Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festgelegt werden.

Eine solche Verordnung hat der Bundesminister für Finanzen mit der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen (im Folgenden kurz: Verordnung), BGBl. II 382/2001, mit Geltung ab erlassen. Gemäß § 1 Z 9 dieser Verordnung können für Vertreter anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG für die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses 5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.190 Euro jährlich abgezogen werden. Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden. Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Pauschbeträge sind gemäß § 2 der VO die Bruttobezüge abzüglich der steuerfreien Bezüge und abzüglich der sonstigen Bezüge, soweit diese nicht wie ein laufender Bezug nach dem Lohnsteuertarif zu versteuern sind. Bei nicht ganzjähriger Tätigkeit sind die sich aus § 1 ergebenden Beträge anteilig zu berücksichtigen; hierbei gelten angefangene Monate als volle Monate.

§ 4 der Verordnung, BGBl. II 382/2001, sieht vor, dass die in § 1 festgelegten Pauschbeträge um die Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 zu kürzen sind, ausgenommen jene nach § 1 Z 9 (Vertreter). Mit Erkenntnis vom , V 45/2017, hat der Verfassungsgerichtshof die Vertreter betreffende Wortfolge in § 4 der Verordnung in der Stammfassung BGBl. 382/2001 aufgehoben; die Aufhebung trat mit dem Tag der Kundmachung (, siehe BGBl. II 48/2018) in Kraft und gilt nach Art. 139 Abs. 6 B-VG - mangels Erstreckung der Anlassfallwirkung - nur pro futuro. Die Stammfassung gilt daher für den Beschwerdefall weiter, was bedeutet, dass für das Jahr 2015 zwei Fassungen, nämlich die (als gesetzwidrig erkannte) Fassung BGBl. II 382/2001 und die Fassung BGBl. II 382/2015 (ab ) zur Anwendung kommen. Mangels Vorliegens von Kostenersätzen gemäß § 26 EStG 1988 kommt aber die Anwendung des § 4 der genannten Verordnung von Vornherein hier nicht in Betracht, weshalb sich das Bundesfinanzgericht nicht veranlasst sieht, hinsichtlich des Monats Dezember 2015 und der Fassung BGBl. II 382/2015 einen Normenprüfungsantrag gemäß Art. 139 B-VG an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.

3.1.3. Voraussetzung für den Abzug von Werbungskosten (auch in pauschaler Höhe) ist, dass der Abgabepflichtige als Werbungskosten abzugsfähige Aufwendungen oder Ausgaben überhaupt aus versteuertem Einkommen zu tragen hat. Dies erfordert einen entsprechenden Nachweis durch den Abgabepflichtigen. Die Beschwerdeführerin hat im Verfahren nach Ansicht des erkennenden Senates hinreichend glaubhaft gemacht, dass ihr für ihre Tätigkeit auf Grund der untergeordneten Heimarbeit Kosten, insbesondere Strom- und Internetkosten, entstehen, die auch nicht vom Arbeitsgeber ersetzt werden.

3.1.4. Eine Legaldefinition des Vertreters enthält die genannte Verordnung nicht. Wie eingangs dargelegt legt sie lediglich fest, dass der Außendienst den Innendienst zeitlich überwiegen muss und der Innendienst die für konkrete Aufträge erforderlichen Tätigkeit umfassen darf. Ein Arbeitnehmer wird auch dann (noch) als Vertreter angesehen, wenn er Waren zustellt, solange der Kundenverkehr im Außendienst in Form des Abschlusses von Kaufgeschäften im Namen und für Rechnung seines Arbeitgeber im Vordergrund steht. Der Vertretertätigkeit für den Verkauf von Waren ist es gleichzuhalten, wenn Rechtsgeschäfte über Dienstleistungen im Namen und für Rechnung des Arbeitgebers abgeschlossen werden. Wenn ein Arbeitnehmer iR seines (den Innendienst überwiegenden) Außendienstes auch Tätigkeiten der Auftragsdurchführung verrichtet, ist er dennoch als Vertreter tätig, solange der Kundenverkehr in Form des Abschlusses von Geschäften im Namen und für Rechnung seines Arbeitgebers (über Verkauf von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen) eindeutig im Vordergrund steht. Maßgeblich ist, ob der Außendienst vom Abschluss von Rechtsgeschäften geprägt ist. Es wäre weiters unsachlich, die Subsumtion unter eine bestimmte Gruppe von Steuerpflichtigen deshalb nicht mehr vorzunehmen, weil in völlig untergeordnetem Ausmaß zusätzlich auch eine andere Tätigkeit ausgeübt wird, zumal eine solche völlig untergeordnete Tätigkeit typischerweise nicht dazu führt, dass Werbungskosten in geringerem Ausmaß anfallen als ohne sie (; , zu einem EDV-Organisationsberater). Eine ähnlich "völlig untergeordnete Leitungstätigkeit" liegt dann nicht vor, wenn der Steuerpflichtige Geschäftsführer für zwei Gesellschaften mit insgesamt 276 Dienstnehmern ist (). Bei der Fülle der von einer "Dealer Account Managerin" (Vertriebsleiterin) über die Anbahnung und den Abschluss von Verträgen und die Kundenbetreuung hinausgehenden Aufgaben kann von einer "völlig untergeordneten anderen Tätigkeit" nicht mehr gesprochen werden ().

Dienten die Kundenbesuche – neben dem Abschluss von Werbeplatzierungsvereinbarungen – zugleich der Präsentation und dem Direktverkauf neuer Produkte, sind auch diese Kundentermine – auch wenn bei diesen Gesprächen die individuelle Beratung durch Kundenbetreuung im Vordergrund gestanden haben mag – zumindest mittelbar auf den Abschluss von Geschäftsabschlüssen gerichtet oder dienten zumindest deren Anbahnung. Die Kundenbesuche, die nicht direkt auf den Abschluss einer Werbeplatzierungsvereinbarung gerichtet waren, sind somit ebenfalls als Vertretertätigkeit zu qualifizieren (). Tätigt ein Verkaufsfahrer tatsächlich vorrangig Geschäftsabschlüsse für die Waren, die er ausliefert, stehen seine administrativen Tätigkeiten sowie die Betreuung und Werbung mit diesen Geschäftsabschlüssen in Zusammenhang und besteht die reine Zustellung von Waren in einem untergeordneten Ausmaß, erfüllt er alle Voraussetzungen des Begriffes eines Vertreters ().

Die oben dargestellten Judikaturbeispiele zeigen deutlich, dass die Bezeichnung der Tätigkeit für die Frage der Gewährung des Vertreterpauschales ohne Belang ist und es lediglich darauf ankommt, dass die Person, mag sie nun als Vertreter, Vertriebsleiter oder Verkaufsdirekorin bezeichnet werden, abgesehen von untergeordneten Nebentätigkeiten keine andere Tätigkeit als den Abschluss von Kaufverträgen für den Arbeitgeber durchführt und dazu überwiegend im Außendienst tätig ist. Nebentätigkeiten von untergeordneter Bedeutung, die dem Hauptziel des Verkaufs dienen, sind dabei nicht schädlich. Dies trifft auch auf die Tätigkeiten der Beschwerdeführerin zu:

Wie den Sachverhaltsfeststellungen zu entnehmen ist, verbringt sie jedenfalls mehr als die Hälfte ihrer Arbeitszeit im Außendienst, wo sie die Parfüm- und Pflegeprodukte ihrer Arbeitgeberin vorstellt und Verkäufe anbahnt bzw. letztlich in die Wege leitet, auch wenn sie keine formelle Abschlussvollmacht hat. Das Sammeln und Aktualisieren von Kundeninformationen, die Bearbeitung von eingelangten Aufträgen und die Setzung von Werbemaßnahmen iS von Produktvorstellungen für zukünftige Abschlüsse bei Kundenkontakten sind keine vertreterfremden Tätigkeiten. Sie haben untergeordnete Bedeutung und dienen dem Hauptziel der Tätigkeit der Beschwerdeführerin, nämlich des Verkaufsabschlusses bzw. Verkaufs von Parfüm- und Pflegeprodukten.

Damit ist die Beschwerdeführerin ungeachtet ihrer Bezeichnung als Gebiets-Leitern oder Verkaufsdirektorin und ungeachtet der Tatsache, dass sie Geschäftsabschlüsse lediglich anbahnt, eine klassische Vertreterin im Sinne der eingangs genannten Verordnung. Der angefochtene Bescheid war daher in Stattgabe der Beschwerde abzuändern und das Vertreterpauschale zu gewähren.

Gegen die Vorläufigkeit des angefochtenen Bescheides hat die Beschwerdeführerin nichts vorgebracht. Da der Grund hierfür - Ausbildung zur Ernährungstrainerin für eine Verkaufsleiterin stellen zweifelsfrei keine Fortbildungsmaßnahmen dar und das Abzielen auf ein zukünftiges (neues) Steuersubstrat ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch ungewiss - unverändert noch aufrecht ist, bleibt die Vorläufigkeit bestehen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnissesauszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zu § 17 Abs. 6 EStG 1988 iVm § 1 Z 9 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen liegt die einheitliche, unter II.3.1.3. zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Von dieser Rechtsprechung wird auch nicht abgewichen; zudem war die Entscheidung von einzelfallbezogenen Sachverhaltsfragen abhängig, die im Wege der freien Beweiswürdigung beurteilt wurden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 26 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 Z 9 Durchschnittssätze für Werbungskosten - Angehörige bestimmter Berufsgruppen, BGBl. Nr. 32/1993
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7104420.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at