Rückzahlung von Arbeitslohn - keine Rückerstattung der darauf entfallenden Abgabenbeträge (LSt, DB, DZ) an den Arbeitgeber
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Elisabeth Traxler über die Beschwerde der Bf., vertreten durch Dr. Michael Frank, Kirchenplatz 2, 3580 Horn, vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes Waldviertel, Rechte Kremszeile 58, 3500 Krems an der Donau, vom , betreffend Wiederaufnahme der Verfahren Haftung für Lohnsteuer für das Kalenderjahr 2013 sowie Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag für das Kalenderjahr 2013 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof
(Art. 133 Abs. 4 B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Strittig ist, ob ein Betrag, der von der Arbeitgeberin und nunmehrigen Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf.) im Kalenderjahr 2013 (versteuert) an eine Arbeitnehmerin ausbezahlt und in einem darauffolgenden Kalenderjahr von der Arbeitnehmerin an die Bf. zurückgezahlt wurde, zu einer (nachträglichen) Abänderung der Besteuerungsgrundlagen des Kalenderjahres 2013 und somit dazu führt, dass die auf den zurückgezahlten Betrag entfallenden Abgaben (Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag) der Bf. rückzuerstatten sind.
Dieser Frage liegt folgendes Verwaltungsgeschehen zu Grunde:
Im Kalenderjahr 2015 fand bei der Bf. eine die Kalenderjahre 2009-2013 umfassende Lohnsteuerprüfung (§ 86 Abs. 1 EStG 1988) statt, die von einem Organ der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (NÖGKK) durchgeführt wurde. In der am aufgenommenen Niederschrift über die Schlussbesprechung (§ 149 Abs. 1 BAO) wurde ua. auch Folgendes festgehalten: "Bezüglich der Dienstnehmerin XY ist ein Arbeitsgerichtsakt anhängig. Sofern ein Ergebnis vorliegt werden seitens der Kasse die entsprechenden Korrekturen vorgenommen".
Die das Kalenderjahr 2013 betreffenden Bescheide (Haftung für Lohnsteuer, Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen sowie des Zuschlages dazu) hat das Finanzamt am erlassen.
Am hat die Bf. betreffend Lohnsteuer sowie Dienstgerbeitrag samt Zuschlag für das Kalenderjahr 2013 beim Finanzamt einen Antrag auf Wiederaufnahme eingebracht und diesen wie folgt begründet:
Frau XY sei im gegenständlichen Unternehmen als handelsrechtliche Geschäftsführerin mit einem Entgelt über der Höchstbeitragsgrundlage beschäftigt gewesen. Zusätzlich seien an Frau XY Überstundenzuschläge in erhöhtem Ausmaß bezahlt worden. Mit außergerichtlichen Vergleich vom habe sich Frau XY ua. auch dazu verpflichtet, das ausbezahlte Überstundenentgelt in Höhe von € 52.654,55 zu refundieren. Da dafür bisher schon Lohnsteuer sowie Dienstgeberbeiträge samt Zuschlag abgeführt worden seien, werde der Antrag gestellt, das Jahr 2013 wiederaufzunehmen und die zuviel bezahlten Abgaben (Lohnsteuer: € 24.707,55, DB: € 2.536,06, DZ: € 325,44) dem Steuerkonto der Bf. wieder gutzuschreiben. Das Jahr 2013 sei zwar von der GPLA (Gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben) 2009-2013 mitumfasst, aber wie aus der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom ersichtlich, sei diese Vorgangsweise mit dem Prüfer so vereinbart worden.
Dem Antrag auf Wiederaufnahme hat die Bf. auch den am abgeschlossenen Vergleich vorgelegt aus dem ua. auch hervorgeht, dass Frau XY zur Rückzahlung des angesprochenen Betrages in Höhe von € 52.654,55 (Überstundenentgelt) an die Bf. verpflichtet ist.
Mit Bescheid vom hat das Finanzamt den Antrag auf Wiederaufnahme abgewiesen und diese Entscheidung (zusammengefasst) wie folgt begründet:
Der Hinweis in der über die Schlussbesprechung aufgenommenen Niederschrift vom könne seinem Wortlaut nach nur die Bestimmung des § 69 ASVG betreffen, wonach eine Rückforderung von zu Unrecht entrichteten SV-Abgaben möglich sei. Eine Rückzahlung (von Arbeitslohn) an den Arbeitgeber könne nur im Rahmen der Veranlagung durch das Finanzamt berücksichtigt werden; eine Gutschrift putativ zu viel entrichteter Lohnsteuer - die ihrem Wesen nach ja eine "fremde" Schuld iSd § 1358 ABGB darstelle - auf dem Abgabenkonto des Arbeitgebers sei jedoch nicht möglich.
Mit der Frage "Rückzahlung von Arbeitslohn - Bemessungsgrundlage nach dem FLAG" habe sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2010/13/0133, beschäftigt und dazu Folgendes ausgeführt: Nach § 41 Abs. 3 FLAG 1967 sei der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer gewährt worden sei. Die Summe dieser Arbeitslöhne werde durch Zahlungen eines Dienstnehmers an den Dienstgeber nicht berührt. Die Anordnung einer sinngemäßen Anwendung der "Bestimmungen über den Steuerabzug vom Arbeitslohn (Lohnsteuer)" in § 43 Abs. 2 FLAG enthalte keinen Verweis auf § 16 Abs. 2 EStG 1988 in dem Sinn, dass die dort vorgesehene Berücksichtigung von Rückzahlungen als Werbungskosten des Arbeitnehmers beim beitragspflichtigen Arbeitgeber zu negativen Dienstgerbeiträgen zu führen hätte. Die (als Werbungskosten zu berücksichtigende) Rückzahlung von Arbeitslohn führe daher nicht zur Korrektur der DB/DZ-Bemessungsgrundlagen.
Diesen Ausführungen ist die Bf. in ihrer Beschwerde vom (zusammengefasst) wie folgt entgegen getreten:
Der Hinweis in der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom habe sich nicht nur auf die Bestimmungen des ASVG bezogen, sondern (entgegen der zugegebenermaßen unglücklichen Formulierung) auch auf die hier relevanten steuerrechtlichen Bestimmungen. Für die bei dieser Besprechung anwesenden Personen gäbe es keinerlei Zweifel an der nunmehr vom Finanzamt in Frage gestellten Vorgangsweise, nämlich Rückforderung der zu viel bezahlten Abgaben aufgrund der Rückerstattung von Entgeltteilen durch eine (ehemalige) Dienstnehmerin. Dies ergäbe sich auch unmissverständlich aus der Mail-Korrespondenz des (seinerzeitigen) Prüfungsorgans mit dem Finanzamt Waldviertel vom Juni 2016.
Frau XY habe den gegenständlichen Betrag (seinerzeit) rechtswidrig an sich selbst ausbezahlt. Hinsichtlich der (seinerzeitigen) Auszahlung liege daher keine gültige Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor. Die Auszahlung der letztendlich zurückbezahlten Entgeltbestandteile sei daher rechtsgrundlos erfolgt. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung handle es sich bei der (seinerzeitigen) Auszahlung daher um die Zahlung einer Nichtschuld. Dass der Rückforderungsanspruch der Bf. gegenüber der ehemaligen Dienstnehmerin ohne jeden Zweifel berechtigt sei, ergebe sich zudem auch daraus, dass der ggstdl. Vergleich außergerichtlich abgeschlossen worden sei. Dieser Vergleich basiere auf der Prämisse, dass die Dienstnehmerin die zuviel ausbezahlten Entgeltbestandteile "nur" netto zurückzubezahlen habe, während die Bf. die in diesem Zusammenhang abgeführten Lohnnebenkosten von der jeweils zuständigen Abgabenbehörde bzw. dem zuständigen Sozialversicherungsträger zurückfordere. Es könne wohl kaum die Intention des Gesetzgebers sein, dass der Fiskus im Falle einer - wie auch im ggstdl. Fall vorliegenden - Malversation einer Dienstnehmerin auf Kosten des Arbeitgebers "bereichert" werden soll. Eine solche "Bereicherung" würde aber im Ergebnis dann vorliegen, wenn der hier geltend gemachte Rückforderungsanspruch verneint werden würde und stattdessen lediglich die ehemalige Dienstnehmerin auf die Geltendmachung von Werbungskosten verwiesen werden könnte (deren steuerrelevante Berücksichtigung keinesfalls die Höhe des gegenständlichen Rückzahlungsanspruches erreichen könnte - und insofern den Fiskus "bereichere").
Nichts anderes könne für die Rückforderung von DB und DZ gelten: auch hier sei die Bf. irrtümlich von einer falschen Bemessungsgrundlage ausgegangen, weshalb auch diesfalls der Rückforderungsanspruch (Zahlung einer Nichtschuld) zu bejahen sei.
Der Beschwerde hat die Bf. die angesprochene Mail-Korrespondenz vom Juni 2016 angeschlossen. Diese Mail wurde vom Prüfungsorgan der NÖGKK, welches seinerzeit die Prüfung 2009-2013 durchgeführt hat, erstellt, ist an einen Bediensteten des Finanzamtes Waldviertel gerichtet und hat folgenden Inhalt: "Sofern es tatsächlich zur Rückzahlung der genannten Beträge kommt bestehen keine Bedenken die entsprechenden Gutschriften vorzunehmen".
Mit Bescheid (Beschwerdevorentscheidung) vom hat das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Betreffend Lohnsteuer hat das Finanzamt in seiner Begründung - wie bereits im Erstbescheid - auf die Möglichkeit, dass die Dienstnehmerin den zurückgezahlten Betrag als Werbungskosten (§ 16 Abs. 2 EStG 1988) geltend machen könne, hingewiesen. Hinsichtlich des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages dazu hat das Finanzamt ausgeführt, dass zurückgezahlter Arbeitslohn zu keiner Änderung der Beitragsgrundlage des Kalendermonats führe, in dem die Rückzahlung erfolgt sei und dass es auch nicht zulässig sei, die Beitragsgrundlage des Kalendermonats zu berichtigen (vermindern), in dem der Arbeitslohn seinerzeit ausbezahlt worden sei, da weder das Familienlastenausgleichsgesetz noch das Wirtschaftskammergesetz eine Regelung kennen würden, die mit der die Werbungskosten betreffenden Bestimmung im Einkommensteuergesetz vergleichbar wären.
In ihrem Vorlageantrag vom hat die Bf. (nur) die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantragt.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 303 Abs. 1 lit b Bundesabgabenordnung (BAO) kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Gegenstand dieses Verfahrens ist daher die Frage, ob die Tatsache, dass ein von der Bf. im Kalenderjahr 2013 an die Dienstnehmerin (versteuert) ausbezahlter Betrag, der in einem Folgejahr von der Dienstnehmerin wieder zurückbezahlt worden ist, zu das Kalenderjahr 2013 betreffenden, im Spruch anders lautenden Bescheiden (betreffend: Lohnsteuer sowie Dienstgerbeitrag samt Zuschlag) geführt hätte.
Dazu ist Folgendes auszuführen:
Zur Lohnsteuer:
Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1. lit. a EStG 1988 zählen zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Als Vorteil aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis kommt daher alles in Betracht, was im Rahmen des Dienstverhältnisses einem Arbeitnehmer zufließt (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Tz 12 zu § 25, und die dort angeführte Rechtsprechung).
Zum Einwand der Bf., die (seinerzeitige) Auszahlung sei auf Grund einer Malversation (der Dienstnehmerin) und damit rechtsgrundlos erfolgt: Gemäß § 23 Abs. 2 BAO wird die Erhebung einer Abgabe nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Verhalten (ein Handeln oder ein Unterlassen), das den abgabepflichtigen Tatbestand erfüllt oder einen Teil des abgabepflichtigen Tatbestandes bildet, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt. Rechtswidrigkeit und Strafbarkeit sind nicht negative (die Besteuerung ausschließende) Tatbestandsmerkmale der Abgabenvorschriften und daher im Bereich der wirtschaftlichen Betrachtungsweise prinzipiell unbedeutsam ( Zl. 95/15/0080, mw Literaturhinweisen).
Dass sich Frau XY den gegenständlichen Betrag (seinerzeit) rechtswidrig an sich selbst ausbezahlt haben soll, steht der Beurteilung, dass es sich bei diesem Betrag um Arbeitslohn iSd § 25 Abs. 1 Z 1. lit. a EStG 1988 gehandelt hat, daher nicht entgegen.
Gemäß § 83 Abs. 1 EStG 1988 ist der Arbeitnehmer beim Steuerabzug vom Arbeitslohn (Lohnsteuer) Steuerschuldner. Der Arbeitgeber haftet dem Bund (nur) für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer (§ 82 EStG 1988). Die Geltendmachung von Ansprüchen auf Rückzahlung von Lohnsteuer obliegt daher ausschließlich dem Arbeitnehmer als Abgabengläubiger, nicht jedoch dem Arbeitgeber als (nur) Haftungspflichtigen. Zahlt daher - wie auch im ggstdl. Fall - ein Arbeitnehmer an den Arbeitgeber Arbeitslohn zurück, so besteht - wie das Finanzamt zutreffend ausgeführt hat - nur die Möglichkeit, dass der Arbeitnehmer diese Rückzahlung gemäß § 16 Abs. 2 EStG 1988 als Werbungskosten geltend macht (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Tz 12 zu § 82; Zl. 95/15/0080).
Zum Dienstgeberbeitrag (samt Zuschlag):
Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Er ist gemäß § 43 Abs. 1 erster Satz FLAG für jeden Monat bis spätestens zum 15. Tag des nachfolgenden Monats an das Finanzamt zu entrichten.
Nach § 43 Abs. 2 FLAG finden die Bestimmungen über den Steuerabzug vom Arbeitslohn (Lohnsteuer) sinngemäß Anwendung.
Als Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Zuschlages zum Dienstgerbeitrag gilt gemäß § 122 Abs. 7 zweiter Satz WKG die Beitragsgrundlage nach § 41 FLAG.
Die Frage der "Rückerstattung" von Dienstgeberbeiträgen samt Zuschlag wenn - wie auch im ggstdl. Fall - ein Arbeitnehmer Arbeitslohn an seinen Arbeitgeber zurückzahlt, wurde sowohl an den Verfassungsgerichtshof als auch an den Verwaltungsgerichtshof herangetragen.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom , B 1394/09-8, ausgesprochen, dass es sich beim Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichfonds für Familienbeihilfen um eine Objektsteuer handelt, weshalb der Gesetzgeber nicht gehalten ist, für Zwecke der Ermittlung der Bemessungsgrundlage dieses Beitrages in jeder Hinsicht die für Zwecke der einkommensteuerlichen Behandlung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltenden Regeln zu berücksichtigen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem (auch vom Finanzamt angeführten) Erkenntnis vom vom , Zl. 2010/13/0133, (zusammengefasst) ausgeführt, dass Werbungskosten des Dienstnehmers (gemeint: Rückzahlung von Arbeitslohn als Werbungskosten gemäß § 16 Abs. 2 EStG 1988) den Dienstgeberbeitrag nicht beeinflussen und dass der Verfassungsgerichtshof seinen oa. Ablehnungsbeschluss u.a. auch darauf gegründet habe, dass der Gesetzgeber nicht gehalten sei, für Zwecke der Ermittlung der Bemessungsgrundlage des Dienstgeberbeitrags in jeder Hinsicht die für Zwecke der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltenden Regeln zu berücksichtigen. Auch der Verwaltungsgerichtshof ist daher zu dem Ergebnis gelangt, dass die in § 43 Abs. 2 FLAG angeordnete sinngemäße Anwendung der "Bestimmungen über den Steuerabzug vom Arbeitslohn (Lohnsteuer)" keinen Verweis auf § 16 Abs. 2 EStG 1988 in dem Sinn enthält, dass die dort vorgesehene Berücksichtigung von Rückzahlungen als Werbungskosten des Arbeitnehmers zur Rückerstattung von Dienstgeberbeiträgen an den beitragspflichtigen Arbeitgeber zu führen hätte.
Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung - der sich das Bundesfinanzgericht vollinhaltlich anschließt - hat das Finanzamt daher auch der Rückerstattung von Dienstgeberbeiträgen zu Recht eine Absage erteilt. Gleiches gilt zufolge des Verweises in § 122 Abs. 7 zweiter Satz WKG auf § 41 FLAG auch für den Zuschlag zum Dienstgerbeitrag.
Da die Rückzahlung von Arbeitslohn zu keinen im Spruch anders lautenden Bescheiden betreffend Haftung für Lohnsteuer 2013 sowie Festsetzung des Dienstgeberbeitrages 2013 samt des Zuschlages dazu geführt hätte, liegen die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme dieser Verfahren nicht vor.
Zum Einwand der Bf., dass die von ihr eingeschlagene Vorgehensweise mit dem Prüfungsorgan so vereinbart worden sei:
Gemäß § 114 Abs. 1 erster Satz BAO haben die Abgabenbehörden darauf zu achten, dass alle Abgabepflichtigen nach den Abgabenvorschriften erfasst und gleichmäßig behandelt werden, sowie darüber zu wachen, dass Abgabeneinnahmen nicht zu Unrecht verkürzt werden.
§ 114 BAO ist zum Teil eine einfachgesetzliche Wiederholung verfassungsrechtlicher Grundsätze, nämlich des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 2 StGG, Art. 7 Abs. 1 B-VG) und des Legalitätsgrundsatzes (Art. 18 Abs. 1 B-VG) (Ritz, BAO, Kommentar6, Rz 1 zu § 114).
Das im Art. 18 Abs. 1 B-VG normierte Legalitätsgebot ist grundsätzlich stärker als jeder andere Grundsatz, insbesondere jener von Treu und Glauben. Aber selbst dort, wo die Geltung des Grundsatzes von Treu und Glauben auch im Abgabenrecht bejaht wird, wird dadurch nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung geschützt ( Zl. 89/16/0218).
Eine von den Organwaltern bei einer Betriebsprüfung geäußerte Rechtsauffassung kann prinzipiell weder als verbindliche Auffassung dem Abgabepflichtigen gegenüber gewertet werden, noch auch die Bescheidbehörde bei Gestaltung der Bescheide binden. Unter dem Gesichtswinkel von Treu und Glauben ist also nicht davon auszugehen, dass die Abgabenbehörde an einer nicht bescheidmäßig erteilten Auskunft auch dann festhalten muss, wenn die Behörde nachträglich die (absolute) Unrichtigkeit der Auskunft, sei es im Tatsachenbereich (Beurteilung von Sachgebieten) oder im Rechtsbereich (rechtliche Beurteilung, Auslegungsfragen) erkennt (Stoll, BAO, Kommentar, Band 2, Seite 1303).
Wie oben ausgeführt worden ist, gibt es keine gesetzliche Grundlage dafür, dem Arbeitgeber jene Beträge an Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag, die auf einen an ihn zurückgezahlten Arbeitslohn entfallen, rückzuerstatten. Einer dessen ungeachtet durchgeführten Rückerstattung würde daher zweifelsohne der Verstoß gegen das Legalitätsprinzip (Art. 18 Abs. 1 B-VG) anhaften. Vor diesem Hintergrund bedarf es nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes keiner näheren Erläuterungen mehr, dass dem Vermerk des Prüfungsorgans in der Niederschrift über die Schlussbesprechung ("... werden seitens der Kasse die entsprechenden Korrekturen vorgenommen") keine normative, die Rückzahlung der genannten Beträge begründende Wirkung zukommen kann, auch nicht in Verbindung mit der (nur) an das Finanzamt gerichteten Mail des Prüfungsorgans vom Juni 2016.
Zur Revision (Art. 133 Abs. 4 B-VG)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision nur dann zulässig, wenn zu einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet worden ist oder wenn das Bundesfinanzgericht in seinem Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.
Zur Frage der Rückerstattung jener Beträge an Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag an den Arbeitgeber, die auf an ihn rückgezahlten Arbeitslohn entfallen, gibt es eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes, von der das Bundesfinanzgericht nicht abgewichen ist.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 83 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 82 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 1358 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 § 41 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 43 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 23 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 122 Abs. 7 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998 Art. 18 Abs. 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2018:RV.7100606.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at