Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.03.2018, RV/3100805/2010

Vorliegen einer Einkunftsquelle (bei einer zum Zweck der gewerblichen Vermietung neu errichteten "Mehrzweckhalle für verschiedenste Betriebe")

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R über die Beschwerde der BF, vom gegen den Bescheid vom betreffend Feststellung der Einkünfte für 1999 und die Beschwerden vom gegen die Bescheide vom  betreffend Feststellung der Einkünfte für 2000 und 2001 zu Recht erkannt: 

Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die im Kalenderjahr 1999 erzielten Einkünfte werden gem. § 188 BAO festgestellt. Die Höhe der Einkünfte und der auf die Beteiligten entfallende Anteil an den Einkünften sind dem Bescheid vom zu entnehmen.

Die im Kalenderjahr 2000 erzielten Einkünfte werden gem. § 188 BAO festgestellt. Die Höhe der Einkünfte und der auf die Beteiligten entfallende Anteil an den Einkünften sind dem gemäß § 293 b BAO berichtigten Bescheid vom zu entnehmen.

Die im Kalenderjahr 2001 erzielten Einkünfte werden gem. § 188 BAO festgestellt. Die Höhe der Einkünfte und der auf die Beteiligten entfallende Anteil an den Einkünften sind dem Bescheid vom zu entnehmen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Hinweis

Dieses Erkenntnis wirkt gegenüber allen Beteiligten, denen gemeinschaftliche Einkünfte zufließen (§§ 191 Abs. 3 lit. b BAO). Mit der Zustellung dieser Bescheidausfertigung an eine nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gilt die Zustellung an alle am Gegenstand der Feststellung Beteiligten als vollzogen (§ 101 Abs. 3 BAO).

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

1. Die Gemeinschaft G_und_Mitbesitzer erklärte in den Jahren 1999 bis 2001 (negative) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Feststellungsbescheide für diese Jahre (vom , vom und vom ) ergingen erklärungsgemäß, aber mit der Begründung, dass der Umfang der Abgabenpflicht nach dem Ergebnis eines Ermittlungsverfahrens noch ungewiss sei, gem. § 200 (1) BAO vorläufig.

2. Nach dem Verkauf des Mietobjektes mit erließ das Finanzamt gem. § 200 (2) BAO einen endgültigen Feststellungsbescheid 1999 mit Ausfertigungsdatum , mit dem die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abweichend von der Steuererklärung mit 0 festgestellt wurden.

3. Die Abgabepflichtigen erhoben (innerhalb verlängerter Frist) am Berufung gegen den Feststellungsbescheid 1999 und beantragten die Erlassung eines erklärungsgemäßen Bescheides.

4. Am erging eine abweisende Berufungsvorentscheidung. Mit Eingabe vom  beantragten die Abgabepflichtigen die Vorlage der Berufung gegen den Feststellungsbescheid 1999 an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

5. Mit Ausfertigungsdatum ergingen auch hinsichtlich der Jahre 2000 und 2001  gemäß § 200 (1) BAO endgültige Feststellungsbescheide, mit denen die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit 0 festgestellt wurden.

6. Auch gegen die Feststellungsbescheide für die Jahre 2000 und 2001 erhoben die Abgabepflichtigen am  Berufung und beantragten die Veranlagung laut Erklärung. Die Berufungen betreffend die Jahre 2000 und 2001 wurden ohne Erlassung einer Vorentscheidung vorgelegt.

II. Sachverhalt

1. An der Errichtergemeinschaft G_und_Mitbesitzer, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sind MH und MB zu je 25 % und MM zu 50 % beteiligt.

2. Der Gemeinschaft wurde mit Bescheid vom die Bewilligung für den Neubau einer Lagerhalle in Ort auf einem näher bezeichneten, im Eigentum der K_Handels_GmbH stehenden Grundstück erteilt. Gesellschafter der Grundstückseigentümerin waren wiederum MH und MB zu je 25 % und MM zu 50 %. Laut Baubewilligungsbescheid waren die drei Gesellschafter auch die Bauwerber.

3. Die "Mehrzweckhalle für verschiedenste Betriebe" (so die Bezeichnung im Ansuchen um Betriebsanlagengenehmigung) war "zur Gänze für die gewerbliche Vermietung" vorgesehen. Im "Fragebogen für Gesellschaften" wurde als Beginn der Vermietung der Monat Juli 1997 angegeben. Die Vermietung erfolgte (laut Berufung vom ) an die H_GmbH, AB und K_Handels_GmbH. Mieterlöse sind nach den Feststellungen des Finanzamtes ab März 1999 zugeflossen (vgl. die anlässlich einer UVA-Prüfung über den Zeitraum 10/98 bis 07/99 angefertigte Niederschrift vom , AbNr. 202119/99).

4. Mit Vertrag vom verkaufte die Errichtergemeinschaft die Halle an die M_Vermietungs_GmbH. Mit (Leasing)Vertrag vom selben Tag wurde die Liegenschaft zurückgemietet (sale and lease back) und an die bisherigen Mieter in Bestand gegeben. Die Möglichkeit zur Untervermietung ist im Leasingvertrag ausdrücklich festgehalten.

5. Mit dem am ausgefertigten Bescheid wurden die von den Beschwerdeführern im Jahr 1999 erzielten (negativen) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung - der Steuererklärung entsprechend - gemäß § 188 BAO festgestellt. Die Vorläufigkeit dieses Bescheides wurde wie folgt begründet: "Da nach dem Ergebnis eines Ermittlungsverfahrens (Anm. BFG: gemeint ist ein Ergänzungsersuchen des Finanzamtes und ein Antwortschreiben der steuerlichen Vertretung vom )der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss ist, wurde die Veranlagung gem. § 200 BAO vorläufig durchgeführt".

6. Am erging ein endgültiger Feststellungsbescheid 1999, mit dem abweichend von der Steuererklärung die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit 0 S festgestellt wurden. Die Bescheidbegründung lautet:

"Der Verlust aus gegenständlicher Vermietung kann ab 1999 steuerlich nicht mehr berücksichtigt werden, weil (bedingt durch den Verkauf des Gebäudes mit Wirkung zum ) innerhalb eines abgeschlossenen Zeitraumes kein Gesamtüberschuss erwirtschaftet wurde. Außerdem wurden die Erwartungen der am erstellten Prognose nicht einmal in den Jahren 2000 und 2001 erfüllt."

7. Dagegen wurde innerhalb verlängerter Frist Berufung (Beschwerde) erhoben und die erklärungsgemäße Veranlagung beantragt. Begründend wurde ausgeführt, der Bescheid vom , mit dem eine erklärungsgemäße Einkünftefeststellung und Aufteilung auf die drei Miteigentümer erfolgt sei, sei zunächst insofern rechtswidrig, als er keine Begründung ("nur pauschale Begründungssätze") für die Vorläufigkeit enthalte. Zu erwähnen sei auch, dass die davon abgeleiteten Einkommensteuerbescheide für die drei Miteigentümer endgültig erlassen worden seien.

Das Mietobjekt sei im Jahr 2002 nicht nur veräußert, sondern "sofort zurückvermietet, präzise zurückverleast" worden. Die Miteigentumsgemeinschaft habe sich durch einen unter einem abgeschlossenen Leasingvertrag die Nutzungsmöglichkeit des Objektes weiterhin gesichert. Es liege ein sale and lease back Geschäft vor. An der Tätigkeit der Miteigentumsgemeinschaft, nämlich der Vermietung, habe sich nichts geändert. Auch die Mieter seien "über lange Jahre, jedenfalls deutlich über das Jahr 2002 hinaus", ident geblieben.

Selbst wenn "in eventu" ein abgeschlossener Zeitraum vorliegen würde, stünde der Schluss, mangels Gesamtüberschuss (gemeint offenbar: der Einnahmen über die Werbungskosten) liege Liebhaberei vor, im Widerspruch zur Rechtsprechung. Es habe nämlich immer die Absicht bestanden, die Vermietung "auf unbestimmte Zeit" auszuüben, eine zeitliche Begrenzung sei nie vorgesehen gewesen. Auch das Finanzamt habe eine von vornherein befristete Vermietung nie angenommen. Es liege daher kein abgeschlossener Zeitraum vor. Durch das Sale and lease back Geschäft sei wirtschaftlich die Kreditfinanzierung durch einen Mietaufwand ersetzt worden, was nichts anderes als eine Änderung in der Finanzierung bedeute.

Entscheidend sei nach der L-VO III, ob die Vermietung grundsätzlich ertragsgeeignet gewesen sei. Mit der Übertragung einer an sich ertragbringenden Einkunftsquelle vor Erzielung eines positiven Gesamtergebnisses allein gehe die Einkunftsquelleneigenschaft nicht verloren (Hinweis u.a. auf ). Es sei zu prüfen, ob die Vermietung ertragsgeeignet gewesen sei, wobei ein Zeitraum von 28 Jahren bei der großen Vermietung zu betrachten sei.

Der Berufung wurden zwei Prognoserechnungen in einer Variante mit sale and lease back und einer Variante ohne sale and lease back angeschlossen. Beide Berechnungen umfassen den Zeitraum von 1998 bis 2023, wobei für die Jahre bis 2008 die "Ist-Zahlen" und für den Zeitraum danach die "Plan-Zahlen" angesetzt wurden.

Die Vorschaurechnung mit sale and lease back weist ab dem Jahr 2008 ausschließlich positive Jahresergebnisse aus. Für das Jahr 2023 wird ein positives Gesamtergebnis im Betrag von 27.058 € prognostiziert. In den Jahren 2002 bis 2005 seien jeweils positive Ergebnisse angefallen. Im Jahr 2006 sei "ein ganz geringer Verlust eingetreten", die Jahre 2007 und 2008 seien wieder positiv gewesen. Dasselbe gelte für die Planzahlen ab 2009. Es zeige sich eine deutliche Verbesserung der Gewinnsituation und es lägen nur "Anlaufverluste" vor. Ein "Totalüberschuss innerhalb des vorgesehenen Zeitraumes" werde "leicht erzielt".

Bei der Variante ohne sale and lease back werden positive Jahresergebnisse nach vier Jahren, somit ab dem Jahr 2002 ausgewiesen (nur für das Jahr 2006 wurde ein Überschuss der Werbungskosten iHv -25,23 € vorausgesagt). Die Variante mit sale and lease back unterscheide sich von dieser Berechnung insofern, als die wegfallende Gebäudeabschreibung "kalkulatorisch mit einer wirtschaftlichen Abschreibung von 3% gerechnet" worden sei. Es liege insofern ein höherer Mietaufwand vor. Auch bei dieser Variante sei ein Totalüberschuss "sehr leicht gegeben". Die Tätigkeit sei daher jedenfalls geeignet, Erträge abzuwerfen.

8. In der abweisenden Berufungsvorentscheidung vom führte das Finanzamt aus, die Errichtergemeinschaft hätte am in Beantwortung eines Fragebogens die Aufnahme ihrer Vermietungstätigkeit im Juli 1997 mitgeteilt. Es handle sich um eine große Vermietung. Einkünfte lägen bei einer solchen Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 1 der L-VO 1993 vor, wenn sie durch die Absicht veranlaßt sei, einen Gesamtgewinn oder einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen, wobei diese Absicht anhand objektiver Umstände nachvollziehbar sein müsse. Solche Umstände seien bei der großen Vermietung die Angemessenheit der Zeitrelation iSd § 2 Abs. 3 L-VO und die Kriterien iSd § 2 Abs. 1 L-VO.

An der beschwerdeführenden Errichtergemeinschaft seien MH und MB zu je 25 % und MM zu 50 % beteiligt. Sie hätten auf einem Grundstück der M_Vermietungs_GmbH (ehemals K_Handels_GmbH, deren Gesellschafter wiederum MH und MB zu je 25 % sowie MM zu 50 % gewesen seien) ein Büro- und Lagerflächen im Ausmaß von 357,50 m² umfassendes Gebäude errichtet. Mit Ergänzungsersuchen vom seien die Beschwerdeführer aufgefordert worden, bekannt zu geben, wann erstmals mit einem Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten aus dieser Tätigkeit zu rechnen sei. Mit Schreiben vom  sei eine "Aufstellung der Jahre 2000 bis 2002" übermittelt worden. Ergänzend hätten die Beschwerdeführer angegeben, "eine getreue Darstellung der Überschussrechnung" werde erst ab dem Jahr 2001 möglich sein. Auf Grund dieses Ermittlungsverfahrens sei der Feststellungsbescheid mit der Begründung, dass der Umfang der Abgabepflicht noch nicht feststehe, vorläufig ergangen. Vom Verkauf und der anschließenden Rückmiete des Mietobjektes habe das Finanzamt erst im Jahr 2009 aus Akten der Bewertungsstelle Kenntnis erlangt. Erst damit sei die hinsichtlich des Umfanges der Abgabepflicht bestehende Ungewissheit weggefallen. Mit dem Verkauf sei die Tätigkeit (Vermietung des Superädifikates) beendet worden. Die nachfolgende Vermietung des geleasten Gebäudes ("sozusagen eine Untervermietung") stelle eine neue Tätigkeit dar. Die dadurch eingetretenen, aus den vorgelegten Prognosen ersichtlichen Änderungen in der Finanzierung seien gravierend. Während die Prognose ohne sale and lease back für das Grundstück ab 2002 einen Mietaufwand von jährlich annähernd 7.000 € ausweise, werde in der Variante mit sale and lease back statt dessen ein Leasingentgelt im Betrag von 19.000 € im Jahr 2000 berücksichtigt, das in den Folgejahren noch stark gestiegen sei. Eine Abschreibung sei nur bis zum Verkauf als Aufwand angesetzt worden, ebenso habe bei der Variante mit sale and lease back die Zinsbelastung abgenommen. Die Prognoserechnung ohne sale and lease back weise einen Gesamteinnahmenüberschuss im Betrag von 253.926 € auf. Bei der Variante mit sale and lease back errechne sich ein solcher von nur 27.059 €. Die Vermietung des ab dem Verkauf geleasten Gebäudes stelle daher nach Ansicht des Finanzamtes eine neue Betätigung dar.

Die Prognoserechnung ohne sale and lease back, die bereits nach einem Zeitraum von zehn Jahren (im Jahr 2008) ein positives Gesamtergebnis ausweise, sei "nachvollziehbar". Es sei aber von vornherein geplant gewesen, diese Tätigkeit zeitlich begrenzt auszuüben. Bei "einer beendeten Betätigung" liege es an der Beschwerdeführerin, den Nachweis zu erbringen, dass die Betätigung doch auf einen unbegrenzten Zeitraum, zumindest aber bis zur Erzielung eines positiven Gesamtergebnisses geplant gewesen sei. Der Verkauf des Gebäudes habe daher eine Beendigung der Betätigung nach sich gezogen. Das anschließende Leasing stelle eine neue Betätigung dar.

9. Im Vorlageantrag wurde zunächst auf die Ausführungen in der Berufung (Beschwerde) verwiesen. Die Erlassung der (vorläufigen) Feststellungsbescheide sei auch unzulässig gewesen, weil hinsichtlich der davon abzuleitenden Bescheide bereits Verjährung eingetreten sei. Zudem habe die Begründung für die Vorläufigkeit der ursprünglichen Feststellungsbescheide nur in der Wiedergabe von Gesetzestexten bestanden, was keine Begründung darstelle. Auch nach einem Ermittlungsverfahren (Ergänzungsersuchen vom ; Eingabe vom ; vgl. oben Pkt. II/8) sei nicht erkennbar, worauf das Finanzamt die Vorläufigkeit gestützt habe. Es sei dem Finanzamt nämlich mitgeteilt worden, dass zwar im ersten Jahr "ein Verlust, danach aber relativ hohe Gewinne" angefallen seien. Aus Sicht der Ergebnisentwicklung sei daher die Vorläufigkeit des Bescheides nicht zu erklären.

Unzutreffend sei auch, dass dem Finanzamt der Verkauf des Gebäudes nicht mitgeteilt worden sei. Wenn auch "eineausdrückliche Information zwar nicht stattgefunden" habe, sei der Verkauf aus den Steuererklärungen und den Beilagen insofern ersichtlich gewesen, als damit Abschreibungen und Zinsaufwand weggefallen und dafür ein Leasingaufwand hinzugekommen seien. Schließlich habe das Finanzamt beim Vergleich der beiden Finanzierungsarten genau auf diese "schon lange vor dem Jahr 2009 bestens bekannten" Änderungen abgestellt.

Nach Ansicht des Finanzamtes sei die Vermietungstätigkeit mit dem Verkauf beendet und eine neue Tätigkeit begonnen worden. Weiters gehe das Finanzamt ohne dafür eine Begründung zu liefern davon aus, es sei von vornherein geplant gewesen, die Vermietungstätigkeit zeitlich nur begrenzt auszuüben. Im vorliegenden Fall sei die Vermietung - wie schon in der Berufung aufgezeigt worden sei - "an dieselben Mieter ohne jede Unterbrechung weiter gegangen". Geändert habe sich durch das sale and lease back nur die Art der Finanzierung. Bei der großen Vermietung werde "einhellig judiziert", dass "eine Änderung der Finanzierungsstruktur zum Beispiel durch Rückzahlung von Darlehen, erhöhte Eigenmittelzufuhr etc." nicht zu einer Beendigung der Tätigkeit führe. Die Beschwerdeführer wiederholten, dass eine Beendigung der Tätigkeit nie geplant gewesen und bisher auch nicht erfolgt sei. Selbst wenn man eine Beendigung durch das im Jahr 2002 erfolgte Sale and lease back annehmen würde, bleibe unergründlich, weshalb dies bereits zu Beginn der Tätigkeit so geplant gewesen sein sollte. Erste Überlegungen zu dieser Umstellung seien erst 2010 angestellt worden, die Umsetzung sei später erfolgt.

III. Rechtslage

Gemäß § 1 Abs. 1 L-VO liegen Einkünfte bei einer Betätigung (einer Tätigkeit oder einem Rechtsverhältnis) vor, die
- durch die Absicht veranlasst ist, einen Gesamtgewinn oder einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) zu erzielen, und
- nicht unter Abs. 2 fällt.

Voraussetzung ist, dass die Absicht anhand objektiver Umstände (§ 2 Abs. 1 und 3) nachvollziehbar ist. Das Vorliegen einer derartigen Absicht ist für jede organisatorisch in sich geschlossene und mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteten Einheit gesondert zu beurteilen.

Fallen bei Betätigungen im Sinn des § 1 Abs. 1 Verluste an, so ist gemäß § 2 Abs. 1 L-VO das Vorliegen der Absicht, einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) zu erzielen, insbesondere anhand folgender Umstände zu beurteilen:

1. Ausmaß und Entwicklung der Verluste,

2. Verhältnis der Verluste zu den Gewinnen oder Überschüssen,

3. Ursachen, auf Grund derer im Gegensatz zu vergleichbaren Betrieben, Tätigkeiten oder Rechtsverhältnissen kein Gewinn oder Überschuss erzielt wird,

4. marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf angebotene Leistungen,

5. marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf die Preisgestaltung,

6. Art und Ausmaß der Bemühungen zur Verbesserung der Ertragslage durch strukturverbessernde Maßnahmen (zB Rationalisierungsmaßnahmen).

Gemäß § 2 Abs. 3 L-VO gilt Abs. 2 (Anm.: Anlaufzeitraum) nicht für Betätigungen im Zusammenhang mit der entgeltlichen Überlassung von Gebäuden. Das Vorliegen einer Absicht im Sinn des § 1 Abs. 1 ist in diesem Fall nach dem Verhältnis des Zeitraumes, innerhalb dessen ein Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss geplant ist, zum üblichen Kalkulationszeitraum zu beurteilen.

Unter Gesamtgewinn ist gemäß § 3 Abs. 1 L-VO der Gesamtbetrag der Gewinne zuzüglich steuerfreier Einnahmen abzüglich des Gesamtbetrages der Verluste zu verstehen. ...

IV. Erwägungen

Der Liebhabereibetrachtung sind jeweils nur Zeiträume gleicher Bewirtschaftungsart zu Grunde zu legen. Ändert sich die Art des wirtschaftlichen Engagements grundlegend und sind deshalb für die Zukunft positive wirtschaftliche Ergebnisse zu erwarten, so können die geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mit Erfolg in die Vergangenheit projiziert werden, dass eine bisher notwendigerweise ertragslose Tätigkeit bereits für die Vergangenheit als Einkunftsquelle beurteilt wird. Liegt keine Änderung der Bewirtschaftung vor, ist eine gemeinsame Betrachtung der vor und nach der betroffenen Bewirtschaftungsmaßnahme gelegenen Zeiträume vorzunehmen. Liegt jedoch eine (nicht von vornherein geplante) Änderung der Bewirtschaftungsart vor, ist die Vermietung vor der Änderung der Bewirtschaftungsart so zu beurteilen, als würde sie weiterhin ohne Änderung betrieben. Für die Zeit nach der Änderung der Bewirtschaftungsart erfolgt eine neue Beurteilung (vgl.  mwH).

Das Finanzamt erblickt im Verkauf des Mietobjektes eine Beendigung der ursprünglichen Vermietung. Die Tätigkeit sei "nach Ansicht des Finanzamtes von vornherein nur zeitlich begrenzt geplant" gewesen. Bei einer beendeten Tätigkeit wäre es Sache der Beschwerdeführer gewesen, den Nachweis zu erbringen, dass die Vermietung "doch auf einen unbegrenzten Zeitraum, zumindest jedoch bis zur Erzielung eines Gesamtüberschusses" geplant gewesen sei. Diesen Nachweis hätten die Beschwerdeführer nicht erbracht. Die gegenständliche Vermietung stelle "wegen der Angemessenheit der Zeitrelation" von Beginn an Liebhaberei dar.

Es ist wenig wahrscheinlich, dass eine neu errichtete, "zur Gänze für die gewerbliche Vermietung" vorgesehene"Mehrzweckhalle für verschiedenste Betriebe" (vgl. oben Pkt. II/3) von vorn herein nur auf einen Zeitraum von rund vier Jahren angelegt sein soll. Es ist nicht ersichtlich, worauf das Finanzamt seine Annahme, die Beendigung der Vermietung im Jahr 2002 sei von vornherein so geplant gewesen, stützt. Eine solche Annahme hätte konkreter und stichhältiger Hinweise bedurft. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beschwerdeführer, die das Vorliegen einer solchen Absicht bereits zu Beginn der Vermietung in Abrede stellen (s. Vorlageantrag), Gelegenheit gehabt hätten, dazu Stellung zu nehmen.  

Die tatsächliche Erzielung eines insgesamt positiven Gesamtergebnisses ist keine Voraussetzung für die Einkunftsquelleneigenschaft. Maßgeblich hiefür ist die objektive Eignung zur Erwirtschaftung eines solchen Gesamterfolges und subsidiär das nach außen in Erscheinung tretende Streben nach einem solchen Erfolg (z.B. , ÖStZB 20/2017 mwH). Im Zweifel ist das Vorliegen einer Einkunftsquelle vom Abgabepflichtigen an Hand einer Prognoserechnung zu dokumentieren (vgl. Doralt/Renner, EStG8, § 2 L-VO Tz 510 und 523; Rauscher/Grübler, Steuerliche Liebhaberei2, Rz 414).

Die Beschwerdeführer haben zwei Prognoserechnungen, eine "mit sale and lease back" und eine "ohne sale and lease back" vorgelegt. Beide Prognosen basieren bis zum Jahr 2008 auf den tatsächlich erzielten Ergebnissen. Für die Folgejahre wurden "Planzahlen" angesetzt. 

Erblickt man im (nicht von vorneherin geplanten) Verkauf und der gleichzeitigen Rückmiete die Beendigung der bisherigen und den Beginn einer neuen Vermietung, ist die ursprüngliche Tätigkeit so zu beurteilen, als wäre kein Verkauf erfolgt. Für die Beurteilung der Einkunftsquelleneigenschaft wäre die Prognose "ohne sale and lease back" heranzuziehen. Danach wurde ein positives Gesamtergebnis (in Höhe von gerundet € 7.500) im Jahr 2008, somit nach zehn Jahren seit Beginn der Tätigkeit erwirtschaftet. In der Berufungsvorentscheidung vom (betreffend den Feststellungsbescheid 1999) ist dazu ausgeführt, die Vorschaurechnung sei "nachvollziehbar" (s.o. Pkt. 8). Mit den bekämpften Bescheiden vom (Feststellung 2009) und vom (Feststellung 2000 und 2001) ging das Finanzamt vom Vorliegen einer Einkunftsquelle aus, wurden doch die Einkünfte aus der Vermietung - ungeachtet der Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung vom - gemäß § 188 BAO (wenn auch mit 0) festgestellt. Bei Verneinung einer Einkunftsquelle wäre auszusprechen gewesen, dass eine Feststellung von Einkünften zu unterbleiben hat.

Vom Vorliegen einer Einkunftsquelle ist auch auszugehen, wenn man im Verkauf des Mietobjektes keine Beendigung der Vermietung sieht. Die für diesen Fall vorgelegte "Prognose mit sale and lease back" weist positive Periodenergebnisse für die Jahre 2002 und 2003, 2005 und ab 2008 aus. Ein positives Gesamtergebnis wird im Jahr 2012 erzielt. Ersetzt man die darin für die Jahre 2009 bis 2012 angesetzten "Planzahlen" durch die tatsächlich erklärten Einkünfte aus V+V führt dies zum selben Ergebnis (das in diesem Fall erzielte positive Gesamtergebnis liegt sogar geringfügig über dem prognostizierten).

Gegenständliche Vermietungstätigkeit stellt daher in den Jahren 1999 bis 2001 eine Einkunftsquelle dar.

Den Beschwerden war daher Folge zu geben.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Frage nach der Einkunftsquelleneigenschaft einer (großen) Vermietung besteht umfangreiche und einheitliche höchstgerichtliche Rechtsprechung (vgl. beispielsweise die im Erkenntnis zitierten Entscheidungen). Von dieser wird mit dem gegenständlichen Erkenntnis nicht abgewichen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Große Vermietung
Einkunftsquelleneigenschaft
Prognoserechnung
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.3100805.2010

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at