Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 26.04.2018, RV/5101439/2016

Mittelpunkt der Lebensinteressen bei Auslandsentsendung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden Dr. V und die weiteren Senatsmitglieder Mag. R, Mag. R1 und R2, im Beisein der Schriftführerin Kerstin Schinagl, in der Beschwerdesache AB, St.Nr. 000/0000, Adresse, vertreten durch C Wirtschaftsprüfungs GmbH, Adresse1, über

1) die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 der belangten Behörde Finanzamt FA vom und

2) die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 der belangten Behörde Finanzamt FA vom 

in der Sitzung am nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

1) Der Beschwerde wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung teilweise stattgegeben.

2) Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2013 abgeändert. 

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses:


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Einkommensteuer 2013
 
 
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
 
 
Bezugsauszahlende Stelle
Steuerpflichtige Bezüge (245)
 
D GmbH
39.270,11 €
 
Pauschbetrag für Werbungskosten
-132,00 €
 
 
 
39.138,11 €


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Gesamtbetrag der Einkünfte
39.138,11 €
Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988)
 
Pauschbetrag für Sonderausgaben
-60,00 €
Einkommen
39.078,11 €
Die Einkommensteuer wird unter Berücksichtigung der ausländischen Einkünfte wie folgt ermittelt:
39.078,11 €
Ausländische Einkünfte
327.647,38 €
Bemessungsgrundlage für den Durchschnittsteuersatz
366.725,49 €
(366.725,49 – 60.000,00) x 0,5 + 20.235
173.597,74 €
Durchschnittsteuersatz (173.597,74 /366.725,49 x 100)
47,34 %
Durchschnittsteuersatz (47,34 % von 39.078,11)
18.499,58 €
Verkehrsabsetzbetrag
-291,00 €
Arbeitnehmerabsetzbetrag
-54,00 €
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
18.154,58 €
Die Steuer für die sonstigen Bezüge beträgt:
 
0 % für die ersten 620,00
0,00 €
6 % für die restlichen 3.166,52
189,99 €
Einkommensteuer
18.344,57 €
Rundung gemäß § 39 Abs. 3 EStG 1988
0,43 €
Festgesetzte Einkommensteuer
18.345,00 €
Berechnung der Abgabennachforderung/Abgabengutschrift
 
Festgesetzte Einkommensteuer
18.345,00 €
Bisher festgesetzte Einkommensteuer (Abgabengutschrift)
-17.707,00 €
Abgabennachforderung
638,00 €

Die Fälligkeit des mit dieser Entscheidung festgesetzten Mehrbetrages der Abgabe ist aus der Buchungsmitteilung des Finanzamtes zu ersehen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

A) Der Beschwerdeführer (Bf) reichte die Einkommensteuererklärung 2012 am elektronisch beim zuständigen Finanzamt ein. Der Einkommensteuerbescheid 2012 erging nach antragsgemäßer Veranlagung am .

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wandte der Bf durch seine steuerliche Vertreterin ein, dass das Finanzamt bei Berechnung der Steuer den ursprünglich von seinem Arbeitgeber eingereichten Inlandslohnzettel berücksichtigt habe. Dieser entspreche jedoch nicht seinen tatsächlichen steuerpflichtigen Einkünften in Österreich. Der Bescheid werde daher hinsichtlich der Höhe der Einkünfte angefochten.

Er beantrage die Anerkennung der Ansässigkeitsverlagerung nach Saudi-Arabien und in der Folge die Besteuerung lediglich der Bonuszahlung in Höhe von 96.895,34 € auf Grundlage der Aufteilung seiner Einkünfte gemäß Beilage 1.

Der Bf sei seit bei der D GmbH beschäftigt. Seit Beginn seiner Beschäftigung sei er immer wieder für längere Zeiträume ins Ausland entsandt worden (Juli 2001 bis Dezember 2004: E; Jänner 2005 bis Dezember 2007: F). In den Jahren 2008 und 2009 habe er - bis auf weniger als 90 Arbeitstage in der G - in Österreich gearbeitet. In den Jahren 2010 bis März 2011 sei er in die H entsendet gewesen. Seit April 2011 befinde er sich auf Entsendung in Saudi-Arabien.

Seit Beginn seiner Entsendung verfüge er in Saudi-Arabien über einen Wohnsitz. Seine Ehegattin sei im Jahr 2011 nach Saudi-Arabien gezogen. In Österreich besitze er zwar gemeinsam mit seiner Ehegattin eine Immobilie in Adresse, welche jedoch seit Beginn seiner Entsendung nach Saudi-Arabien zur Gänze von seinem erwachsenen Sohn und zeitweise dessen Freundin bewohnt werde. Ihm bzw. seiner Frau stehe in dieser Immobilie kein ständiger Wohnraum mehr zur Verfügung. Er besitze auch in Adresse2, eine 60 m2 große Wohnung, die er jedoch nicht bewohne und aus rein vermögensrechtlichen Aspekten halte. Des Weiteren verfüge er über ein österreichisches Bankdepot, auf dem er seine Wertpapiere verwalte.

Da sich der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen während seiner Tätigkeit für D nach Saudi Arabien verlagert habe, habe Österreich das Besteuerungsrecht auf das Einkommen, das sich auf seine österreichischen Arbeitstage beziehe. Saudi-Arabien habe das Besteuerungsrecht auf seine saudi-arabischen und Drittstaatsarbeitstage. Im Jahr 2012 habe er keinerlei Arbeitstage in Österreich gehabt. Seine gesamten Bezüge seien in diesem Jahr über die österreichische Lohnverrechnung abgerechnet worden. Die Gehaltskosten seien an die saudi-arabische Gesellschaft weiterbelastet worden.

Auf Grund seiner Auslandstätigkeit sei in Österreich für seine Einkünfte keine Lohnsteuer abgeführt worden. Um eine korrekte Besteuerung seiner Bezüge zu gewährleisten, seien seine Einkünfte im Rahmen der österreichischen Einkommensteuererklärung an Hand seiner Arbeitstage aufgeteilt und ein Lohnzettelsplit durchgeführt worden. Diesbezüglich übermittle er die Beilage 1 und ersuche um entsprechende Berücksichtigung.

Die österreichische Lohnverrechnung habe für das Jahr 2012 einen Jahreslohnzettel mit folgenden Kennzahlen übermittelt:


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KZ 210
 
369.392,34
KZ 215
 
 
KZ 220
 
40.204,66
SV gesamt
10.626,44
 
KZ 225
 
 
KZ 230
 
9.182,32
KZ 245
 
318.973,36
KZ 260
 
0,00

Auf Grund der Berücksichtigung seiner saudi-arabischen Arbeitstage und seiner Drittstaatsarbeitstage seien nicht 318.973,36 € (KZ 245) in Österreich steuerpflichtig, sondern 55.191,85 € (siehe Beilage 1).

Da sich der Bf gemäß Doppelbesteuerungsabkommen Saudi-Arabien - Österreich als in Saudi-Arabien ansässig erachte und er in Österreich im Jahr 2012 keine österreichischen Arbeitstage gehabt habe, unterliege nur der im Jahr 2012 erhaltene Bonus von 96.895,34 € der österreichischen Besteuerung. Diesen Bonus habe er für seine Leistungen im Jahr 2011 erhalten. Im Jahr 2011 seien sämtliche Einkünfte der österreichischen Besteuerung unterlegen. Von 96.895,34 € unterlägen 40.119,80 € der begünstigten Besteuerung gemäß § 67 Abs. 1 EStG.

Hinsichtlich seiner steuerlichen Ansässigkeit in Saudi-Arabien sei zu ergänzen, dass er dort auch über einen Wohnsitz verfüge, sodass bei Festlegung der Steuerpflicht und zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Saudi-Arabien zu beachten sei. Gemäß Art. 4 Abs. 2 DBA Österreich – Saudi-Arabien sei er auf Grund seiner zwei Wohnsitze sowohl in Österreich als auch in Saudi-Arabien ansässig. In diesem Fall gelte eine Person, die in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte verfüge, als in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen habe (Mittelpunkt der Lebensinteressen).

Die Verlagerung des Lebensmittelpunktes in den Entsendestaat sei an Hand der (Vermutungs-)Regel gemäß Rz 7596 EStR zu beurteilen. Diese besage, dass für eine Entsendedauer zwischen zwei und fünf Jahren an Hand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu klären sei, ob sich der Lebensmittelpunkt in den Entsendestaat verlagert habe oder nicht. Nach Ansicht des VwGH () sei bei der Bestimmung des Mittelpunkts der Lebensinteressen auf persönliche und wirtschaftliche Beziehungen abzustellen. Die persönlichen Beziehungen würden sich insbesondere in der Gestaltung des Familienlebens sowie in gesellschaftlichen, religiösen und sozialen Interessen und Aktivitäten niederschlagen. Für die Bestimmung der wirtschaftlichen Beziehungen sei insbesondere die Höhe der Einkünfte in den Vertragsstaaten ausschlaggebend. Im Zweifel komme den persönlichen Beziehungen - und dort wiederum der Gestaltung des Familienlebens - der Vorrang zu.

Der Bf sei seit 2011 von seiner Frau nach Saudi-Arabien begleitet worden. Sie hätten in Saudi-Arabien einen Wohnsitz begründet und sich dort auch in das soziale und kulturelle Umfeld integriert.

Auf Grund der oben beschriebenen Umstände sehe er im Zeitraum der Entsendung seine näheren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Saudi-Arabien, da sich dort der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen sowohl in beruflicher/wirtschaftlicher, aber vor allem in zwischenmenschlicher/persönlicher Hinsicht befinde.

Er ersuche, seine Einkünfte gemäß den Beilagen zur Steuererklärung 2012 (Beilagen 1 und 2) sowie unter Berücksichtigung seiner steuerlichen Ansässigkeit in Saudi-Arabien neu festzusetzen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte die Abgabenbehörde den angefochtenen Einkommensteuerbescheid ab und setzte die Einkommensteuer mit 47.959,00 € - anstatt bisher 150.071,00 € - fest.

In der gesonderten Bescheidbegründung verwies sie auf die Beilage zur Steuererklärung 2012 (Beilage zur Beschwerde) sowie die Aussage in der Beschwerde selbst, wonach der Bf sowohl in Österreich als auch in Saudi-Arabien einen Wohnsitz habe. In diesem Fall sei nach Art. 4 Abs. 2 DBA Saudi-Arabien eine Person, die in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte verfüge, in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen habe (Mittelpunkt der Lebensinteressen).

Auf Grund folgender Umstände sei davon auszugehen, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen nicht nach Saudi-Arabien verlagert habe:

Eine Abmeldung im Zentralen Melderegister sei nicht erfolgt. Das Haus in Adresse sei nicht vermietet, sondern lediglich dem Sohn unentgeltlich überlassen worden. Im Jahr 2012 sei mit Kaufvertrag vom weiteres Liegenschaftseigentum in Österreich erworben worden (EZ 000, KG 11111). Der Bf besitze eine 60 m2 große Wohnung in Adresse2. Für das Kfz VW-Golf (Kennzeichen) scheine nach wie vor der Bf als Zulassungsbesitzer auf. Laut Beschwerde werde in Österreich Kapitalvermögen auf einem österreichischen Wertpapierdepot verwaltet. Dem mit E-Mail vom übermittelten Entsendevertrag könne entnommen werden, dass dieser mit drei Jahren und drei Monaten (4/2011 -7/2014) befristet gewesen sei. Gleichzeitig habe der Bf mitgeteilt, dass Ende September/Anfang Oktober 2014 eine Entsendung nach I erfolgt sei. Es liege daher auch nur ein relativ kurzer Zeitraum der Entsendung vor, der jedenfalls deutlich unter fünf Jahren liege. Eine Ansässigkeitsbescheinigung von Saudi-Arabien habe der Bf nicht vorlegen können. Die Aufenthalte in Österreich im Jahr 2012 habe der Bf genützt, um Vorsorgeuntersuchungen durchzuführen und um Freunde und Bekannte zu besuchen. Daraus sei ersichtlich, dass er ärztliche Leistungen ohne Vorliegen eines Notfalls weiterhin in Österreich in Anspruch nehme und vor allem persönliche Kontakte in Österreich pflege und aufrecht erhalte.

In einer Gesamtwürdigung sei festzuhalten, dass der Bf durch die relativ kurze und befristete Entsendung nach Saudi-Arabien, trotz Mitreise der Ehefrau, und die anderen angeführten Umstände die Ansässigkeit nicht gewechselt habe und er weiterhin in Österreich ansässig sei.

Laut Beilage zur Beschwerde sei der Bf an 244 Tagen in Saudi-Arabien anwesend gewesen. Gemäß Art. 15 DBA Saudi-Arabien komme daher dem Tätigkeitsstaat Saudi-Arabien das Besteuerungsrecht für in Saudi-Arabien ausgeübte Tätigkeiten und dem Ansässigkeitsstaat Österreich das Besteuerungsrecht für in Drittstaaten ausgeübte Tätigkeiten zu. Gemäß Art. 24 DBA Saudi-Arabien seien die Einkunftsteile, die Österreich nicht besteuern dürfe, für den Progressionsvorbehalt heranzuziehen.

Laut Beilage zur Beschwerde sei der Bf an 175 Tagen in Saudi-Arabien und an 37 Tagen in Drittstaaten tätig gewesen (gesamt 212 Tage). Daraus ergebe sich ein Verhältnis von 82,55 % zu 17,45 %.


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Jahreslohnzettel bisher
Bonus 2011
Drittstaaten
Berichtigter Lohnzettel
KZ 210
369.392,34
96.895,34
47.550,73
144.446,07
KZ 215
1.032,00
 
 
 
KZ 220
40.204,66
40.119,80
 
40.119,80
SV gesamt
10.626,44
3.027,81
1.325,96
4.353,77
KZ 225
1.444,12
1.444,12
 
1.444,12
KZ 230
9.182,32
1.583,69
1.325,96
2.909,65
KZ 245
318.973,36
55.191,85
46.224,77
101.416,62

47.550,73 = 17,45 % von (369.392,34 – 96.895,35)

1.325,96 = 17,45 % von (9.182,32 – 1.583,69)

Die Einkunftsteile, die auf Tätigkeiten in Saudi-Arabien entfielen, würden 218.088, 85 € betragen; diese seien als Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen (KZ 453).

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag stellte der Bf einen Antrag auf Entscheidung durch den Senat gemäß § 272 BAO sowie einen Antrag auf eine mündliche Verhandlung gemäß § 274 BAO.

Weiters beantragte er, die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der Ansässigkeit gemäß Art. 4 DBA Österreich – Saudi-Arabien in Saudi Arabien in Höhe von 20.013,00 € festzusetzen und im Zuge der Festsetzung lediglich die Bonuszahlung in Höhe von 96.895,34 € unter Berücksichtigung der Besteuerung nach festen Sätzen gemäß § 67 Abs. 1 EStG in Österreich zu besteuern.

Betreffend die Beschwerdegründe werde auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen. Zur Bescheidbegründung des Finanzamtes werde ergänzend vorgebracht:

Das Finanzamt begründe die Ablehnung des Ansässigkeitswechsels wie folgt:

-) Eine Abmeldung im Zentralen Melderegister habe nicht stattgefunden;

-) das Haus in Adresse sei nicht vermietet, sondern lediglich dem Sohn unentgeltlich überlassen worden;

-) im Jahr 2012 sei mit Kaufvertrag vom weiteres Liegenschaftseigentum in Österreich erworben worden;

-) für das Kfz VW-Golf (Kennzeichen) scheine der Bf als Zulassungsbesitzer auf;

-) in Adresse2 gebe es Wohnungseigentum im Ausmaß von 60 m2;

-) in Österreich werde Kapitalvermögen auf einem österreichischen Wertpapierdepot verwaltet;

-) dem mit E-Mail vom übermittelten Entsendevertrag könne entnommen werden, dass dieser mit drei Jahren und drei Monaten (4/2011 - 7/2014) befristet sei. Gleichzeitig sei mitgeteilt worden, dass Ende September/Anfang Oktober 2014 eine Entsendung nach I erfolge. Es liege daher nur ein relativ kurzer Zeitraum der Entsendung vor, der jedenfalls deutlich unter fünf Jahren liege;

-) eine Ansässigkeitsbescheinigung von Saudi-Arabien könne nicht vorgelegt werden;

-) die Aufenthalte in Österreich im Jahr 2012 seien genützt worden, um Vorsorgeuntersuchungen durchzuführen und um Freunde und Bekannte zu besuchen.

Dazu sei festzuhalten:

Der Bf sei seit bei der D GmbH beschäftigt. Seit Beginn seiner Beschäftigung bei D sei er immer wieder für längere Zeiträume ins Ausland entsendet worden (Juli 2001 bis Dezember 2004 nach E; Jänner 2005 bis Dezember 2007 nach F). In den Jahren 2008 und 2009 habe er - bis auf weniger als 90 Arbeitstage in der G - in Österreich gearbeitet. In den Jahren 2010 bis März 2011 sei er in die H entsendet gewesen.

Von April 2011 bis Juli 2014 sei er nach Saudi Arabien entsendet gewesen. Insgesamt sei er im Zeitraum 2011 (richtig wohl: 2001) bis heute mehr als 14 Jahre außerhalb von Österreich tätig gewesen. Lediglich in den Jahren 2008 bzw. 2009 sei es über einige Monate zu einer kurzen Unterbrechung gekommen. Während seiner Auslandstätigkeiten habe ihn seine Ehegattin stets begleitet. Seit Oktober 2014 sei er nach I entsendet. Auch hier begleite ihn seine Ehegattin.

Rechtliche Würdigung:

Wie bereits dargelegt, verfüge der Bf seit Beginn seiner Entsendung über einen Wohnsitz in Saudi-Arabien. Seine Ehegattin sei im Jahr 2011 nach Saudi-Arabien umgezogen. In Österreich besitze er zwar gemeinsam mit seiner Ehegattin eine Immobilie in Adresse, die jedoch seit Beginn seiner Entsendung nach Saudi-Arabien zur Gänze von seinem erwachsenen Sohn und zeitweise dessen Freundin bewohnt werde.

Bezüglich der fehlenden Abmeldung im Zentralen Melderegister sei auf die Entscheidung des VwGH () zu verweisen. Nach dieser sei die polizeiliche Meldung eines "Hauptwohnsitzes" für sich allein nicht ausschlaggebend.

Es sei richtig, dass er mit Kaufvertrag vom weiteres Liegenschaftseigentum in Österreich erworben habe. Der Erwerb sollte verhindern, dass am Nachbargrundstück des in Adresse liegenden Grundstücks gebaut werde. Nicht bestritten werde, dass die Immobilie seinem Sohn unentgeltlich zur Verfügung gestellt werde. Außerdem befinde sich eine 60 m2 große Wohnung in Adresse2, in seinem Besitz. Diese Wohnung bewohne er jedoch nicht, sondern habe diese im Jahr 2009 einerseits wegen der Unterbringung seines Sohnes während des Studiums und andererseits aus rein vermögensrechtlichen Aspekten angeschafft. Auf Grund der fehlenden Ausstattung sei eine Übernachtung in dieser Wohnung im Jahr 2012 und Folgejahre nicht möglich gewesen.

Zum befristeten Entsendevertrag sei darauf zu verweisen, dass laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine befristete Entsendung eine Verlagerung des Lebensmittelpunktes nicht ausschließe ( zitiert in BFG GZ RV/7100858/2013). Die Tatsache, dass der Familienwohnsitz nach Beendigung der Entsendung nicht wieder nach Österreich, sondern nach I verlegt worden sei, spreche für eine fehlende Verfestigung in Österreich.

Das Finanzamt begründe die österreichische Ansässigkeit weiters mit der Tatsache, dass er über ein österreichisches Bankdepot verfüge, auf dem er seine Wertpapiere verwalte. Nach ständiger Rechtsprechung der österreichischen Höchstgerichte sei es für die Verlagerung des Lebensmittelpunktes nicht erforderlich, sämtliche persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Österreich aufzugeben.

Der Verlagerung der Ansässigkeit nach Saudi-Arabien widerspreche demnach auch nicht, dass er Aufenthalte im Jahr 2012 in Österreich genützt habe, um Vorsorgeuntersuchungen durchzuführen und Freunde und Bekannte zu besuchen. Die medizinische Versorgung sei in Österreich viel besser als in Saudi-Arabien. Des Weiteren würden die österreichischen Ärzte seinen gesamten Krankheitsverlauf kennen und könnten daher die Qualität seiner medizinischen Versorgung noch weiter erhöhen. Inlandsaufenthalte seien nicht schädlich, sofern der Rückkehrwille fehle ().

Gemäß Doppelbesteuerungsabkommen Österreich - Saudi-Arabien erachte er sich als in Saudi-Arabien ansässig.

Sollten seine Immobilie in Adresse bzw. die Wohnung in Adresse2 als ein Wohnsitz im Sinne der Abgabenvorschriften zu qualifizieren sein, so verfüge er jedenfalls auch über einen Wohnsitz in Saudi-Arabien.

Bei Festlegung der Steuerpflicht und zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung sei das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Saudi-Arabien zu beachten. Nach Art. 4 Abs. 2 dieses Doppelbesteuerungsabkommens sei er auf Grund seiner zwei Wohnsitze sowohl in Österreich als auch in Saudi-Arabien ansässig.

In solch einem Fall gelte eine Person, die in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte verfüge, als in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen habe (Mittelpunkt der Lebensinteressen). Die Beibehaltung des inländischen Wohnsitzes als bloßes Feriendomizil oder als vorgesehener neuerlicher Hauptwohnsitz nach Ablauf von fünf Jahren könne in einem solchen Fall nicht als der Ansässigkeitsverlagerung hinderlich erachtet werden (EAS-Auskunft des GZ C 228/1-IV/4/03).

Die Verlagerung des Lebensmittelpunktes in den Entsendestaat sei ergänzend an Hand der (Vermutungs-)Regel gemäß Rz 7596 EStR zu beurteilen. Diese besage, dass für Entsendedauern zwischen zwei und fünf Jahren an Hand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu klären sei, ob sich der Lebensmittelpunkt in den Entsendestaat verlagert habe oder nicht.

Die Beurteilung des Ortes des Lebensmittelpunktes und damit der Ansässigkeit dürfe sich nicht nur nach den Verhältnissen in einem einzigen Kalenderjahr richten. Vielmehr könne bei der Beurteilung ein längerer Beobachtungszeitraum maßgeblich sein ().

Der Mittelpunkt der Lebensinteressen sei nach objektiven Kriterien zu bestimmen (BFH , I R 24/98). Maßgebend sei das Gesamtbild der tatsächlichen Lebensverhältnisse, während die subjektiven Absichten der Person grundsätzlich nicht zu beachten seien. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen einer Person sei jeweils für den Zeitraum innerhalb eines Kalenderjahres gesondert zu ermitteln (Wassermeyer/Lang/Schuch, Doppelbesteuerung, MA Art. 4 Rz 67).

Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Rechtsprechung den Begriff „Mittelpunkt der Lebensinteressen“ dahin definiert, dass darunter der Ort (in jenem Staat) zu verstehen sei, zu dem der Steuerpflichtige die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen habe. Entscheidend sei das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Der VwGH führe jedoch an, dass im Zweifel den persönlichen Beziehungen der Vorrang zukomme (). Wirtschaftlichen Beziehungen komme dabei in der Regel eine geringere Bedeutung zu als persönlichen Beziehungen (). Auch nach dem BFH sollten die geschäftlichen Interessen nur dann für die Bestimmung des Mittelpunktes der Lebensinteressen von Bedeutung sein, wenn sie den überwiegenden Teil der Gesamtinteressen des Steuerpflichtigen darstellten (BFH , II R 69/70).

Persönliche Beziehungen:

Unter persönlichen Beziehungen seien all jene zu verstehen, die einen Menschen aus in seiner Person liegenden Gründen mit jenem Ort verbinden, an dem er einen Wohnsitz innehabe. Von Bedeutung seien dabei die Ausübung des Berufes, die Gestaltung des Familienlebens sowie Betätigungen religiöser und kultureller Art und andere Tätigkeiten zur Entfaltung persönlicher Interessen und Neigungen (). Der Verwaltungsgerichtshof lehne sich in seiner Rechtsprechung an den deutschen Bundesfinanzhof an. Nach diesem gehörten dazu familiäre, gesellschaftliche, politische und kulturelle Bindungen (BFH , I R 24/89). Aber auch andere Betätigungen zur Entfaltung der persönlichen Interessen und Neigungen wie zB die Mitgliedschaft in Vereinen, die Ausübung sportlicher Aktivitäten und anderer Hobbys, das Unterhalten von privaten Kunstsammlungen sowie Passionen der Person, wie zB Jagd oder Pferdehaltung, könnten Indizien für den Mittelpunkt der Lebensinteressen darstellen (Lehner in Vogel, DBA, Art. 4 Rz 198).

Auch die Absicht des Steuerpflichtigen, seinen Lebensabend an einem bestimmten Ort zu verbringen, könne als persönliche Beziehung gewertet werden. Die Absicht müsse sich in äußeren Umständen manifestieren, die nachprüfbar seien. Keine Rolle spiele für den Begriff der persönlichen Beziehungen, wo die natürliche Person über die größeren Räumlichkeiten verfüge (Lehner in Vogel, DBA, Art. 4 Rz 193).

Unter diesen Merkmalen komme in der Regel der familiären Bindung eine herausragende Bedeutung zu (Art. 4 Nr. 15 MK). Der Verwaltungsgerichtshof entscheide in ständiger Rechtsprechung, dass im Regelfall nach den Erfahrungen des Lebens die stärksten persönlichen Beziehungen zu dem Ort bestehen würden, an dem man regelmäßig und Tag für Tag mit seiner Familie lebe; dass also der Mittelpunkt der Lebensverhältnisse einer verheirateten Person regelmäßig am Ort des Aufenthaltes ihrer Familie zu finden sei (). Weiters führe der Verwaltungsgerichtshof aus, dass es der Lebenserfahrung widerspreche, dass eine Person ohne Vorliegen besonderer Umstände zu einem Wohnsitz, der etwa nur aus einem - unter Umständen vom Dienstgeber zur Verfügung gestellten - Zimmer am Arbeitsort bestehe und nur während der Arbeitswoche benützt werde, engere persönliche Bindungen habe als zu einer mit dem Ehegatten benützten Wohnung ().

Wirtschaftliche Beziehungen:

Wirtschaftliche Bindungen gingen vor allem von örtlich gebundenen Tätigkeiten, Einnahmequellen und Vermögensgegenständen aus. So nenne der BFH die Orte sowohl der regelmäßigen als auch der nur gelegentlichen Berufsausübung, die konkrete Absicht, künftig eine berufliche Tätigkeit an einem anderen Ort auszuüben und die Belegenheit von eigenem Vermögen als Beispiele wirtschaftlicher Bindungen. Für die Bestimmung der wirtschaftlichen Beziehungen sei insbesondere die Höhe der Einkünfte in den Vertragsstaaten ausschlaggebend.

Den genannten Merkmalen könne im Einzelfall unterschiedliche Bedeutung zukommen, ohne dass deshalb zwischen ihnen eine feste Rangfolge bestehe. So könnten der Ort der Belegenheit von Vermögen und der Ort seiner Verwaltung auseinanderfallen, ohne dass von vornherein gesagt werden könne, welchem die größere Bedeutung beizumessen sei. Dies könne nur nach den Verhältnissen des Einzelfalls beurteilt werden (Wassermeyer/Lang/Schuch, Doppelbesteuerung, MA Art. 4 Rz 69).

Abwägung nach den Verhältnissen des Einzelfalls:

Es bedürfe sohin einer zusammenfassenden Wertung. Entscheidend sei letztlich, welcher Vertragsstaat für die Person insgesamt der bedeutungsvollere sei. In der Praxis gehe es darum, einen möglichen Schwerpunkt in einem der beiden Vertragsstaaten auszumachen. Entscheidend sei dabei nicht, ob Österreich auf „ewig“ verlassen worden sei. Es gehe nur darum, wo der Bf während seiner Berufstätigkeit den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen gehabt habe. Denkbar sei auch, die Aufenthaltszeiten während der Nutzung der verschiedenen ständigen Wohnstätten indiziell heranzuziehen.

Der Bf sei insgesamt mehr als 14 Jahre außerhalb von Österreich tätig gewesen. Gemäß Rz 7596 EStR deute dies auf eine Verlagerung des Mittelpunktes der Lebensinteressen weg von Österreich hin.

Er sei von seiner Frau seit 2011 nach Saudi-Arabien begleitet worden. Dort hätten sie einen Wohnsitz begründet und sich auch in das dortige soziale und kulturelle Umfeld integriert. Bei Zeiträumen von mehr als fünf Jahren spreche die Vermutung für die Verlagerung des Lebensmittelpunktes, wenn die Ehefrau und die haushaltszugehörigen Kinder mitziehen würden (-G/10).

Nach Meinung des Bf sprächen weitere Punkte für eine Ansässigkeitsverlagerung nach Saudi-Arabien:

-) Er habe im betreffenden Zeitraum kein Wahlrecht in Österreich ausgeübt;

-) er habe im betreffenden Zeitraum die täglich erscheinende „Arab News“ abonniert, habe jedoch kein Zeitungsabonnement in Österreich gehabt;

-) seine Hobbys habe er im betreffenden Zeitraum in Saudi-Arabien ausgeübt;

-) er habe in Saudi-Arabien einen großen Freundes- und Bekanntenkreis aufbauen können; vor allem seine Frau habe sich im saudi-arabischen Raum sehr gut vernetzt;

-) er habe im betreffenden Zeitraum viele kulturelle Veranstaltungen in Saudi-Arabien besucht;

-) er habe während seiner Entsendung einen saudi-arabischen Handyvertrag (Firmenhandy) gehabt.

Auf Grund der oben beschriebenen Umstände sehe er im Zeitraum der Entsendung seine näheren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Saudi-Arabien, da sich dort der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen, vor allem in zwischenmenschlicher/persönlicher, aber auch in beruflicher/wirtschaftlicher Hinsicht, befunden habe. Gleichzeitig spreche auch die zeitliche Komponente für eine fehlende Ansässigkeit in Österreich.

Im Jahr 2012 habe er keine österreichischen Arbeitstage gehabt. Es unterliege nur der im Jahr 2012 ausbezahlte Bonus von 96.895,34 € der österreichischen Besteuerung. Diesen Bonus habe er für seine Leistungen im Jahr 2011 erhalten. Im Jahr 2011 seien sämtliche Einkünfte der österreichischen Besteuerung unterlegen. Von 96.895,34 € würden 40.119,80 € der begünstigten Besteuerung gemäß § 67 Abs. 1 EStG unterliegen.

Er ersuche daher, die Einkünfte gemäß der Beilage zur Steuererklärung 2012 (Beilage 1) sowie unter Berücksichtigung seiner steuerlichen Ansässigkeit in Saudi-Arabien neu festzusetzen.

Die entsprechende saudi-arabische Ansässigkeitsbescheinigung habe er bereits beantragt. Die Ausstellung nehme jedoch einen Zeitraum von mehreren Monaten in Anspruch und werde nachgereicht, sobald die Ausstellung erfolgt sei.

B) Mit Bescheid vom wurde der Bf zur Einkommensteuer 2013 veranlagt.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wandte er ein, dass das Finanzamt bei Berechnung der Steuer den ursprünglich von seinem Arbeitgeber eingereichten Inlandslohnzettel berücksichtigt habe. Dieser entspreche jedoch nicht seinen tatsächlichen steuerpflichtigen Einkünften in Österreich.

Er beantrage die Berücksichtigung des Lohnzettelsplits in L1 und L8 und die Besteuerung der ausgeübten Stock Options in Höhe von 9.448,84 €, ausgewiesen auf dem Lohnzettel L17.

Eingangs verwies der Bf abermals – wie bereits in der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 – auf seine bisherigen Entsendungen und darauf, dass ihn seine Ehegattin stets begleitet habe.

Seit Beginn seiner Entsendung verfüge er über einen Wohnsitz in Saudi-Arabien. Seine Ehegattin sei im Jahr 2011 nach Saudi-Arabien gezogen. In Österreich besitze er zwar gemeinsam mit seiner Ehegattin eine Immobilie in Adresse, welche jedoch seit Beginn seiner Entsendung nach Saudi-Arabien zur Gänze von seinem erwachsenen Sohn und zeitweise dessen Freundin bewohnt werde. Ihm bzw. seiner Frau stehe in dieser Immobilie kein ständiger Wohnraum mehr zur Verfügung. Auch wenn das Haus seinem Sohn unentgeltlich überlassen worden sei, verfüge er über keine jederzeit zugängliche Wohn- und Schlafmöglichkeit in diesem Haus.

Wie bereits dargelegt, befinde sich außerdem eine 60 m2 große Wohnung in Adresse2, in seinem Eigentum. Diese Wohnung bewohne er jedoch nicht; er halte sie  aus rein vermögensrechtlichen Aspekten. Auf Grund der fehlenden Ausstattung sei eine Übernachtung in dieser Wohnung nicht möglich.

Weiters verfüge er über ein österreichisches Bankdepot, auf dem er seine Wertpapiere verwalte.

Nach ständiger Rechtsprechung der österreichischen Höchstgerichte sei es für die Verlagerung des Lebensmittelpunktes nicht erforderlich, sämtliche persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Österreich aufzugeben. Daher widerspreche auch nicht der Verlagerung der Ansässigkeit nach Saudi-Arabien, wenn Aufenthalte im Jahr 2013 in Österreich genutzt worden seien, um Vorsorgeuntersuchungen durchzuführen und/oder Freunde und Bekannte zu besuchen.

Wie bereits in der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 verwies der Bf auf Rz 7596 EStR sowie die Maßgeblichkeit der persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zur Feststellung des Lebensmittelpunktes.

Ebenso wiederholte der Bf die bereits im Vorlageantrag betreffend Einkommensteuerbescheid 2012 aufgezählten Punkte, die seiner Meinung nach für eine Ansässigkeitsverlagerung nach Saudi-Arabien sprechen würden (keine Ausübung des Wahlrechts in Österreich; Zeitungsabo, Ausübung der Hobbys, Freundes- und Bekanntenkreis, Besuch kultureller Veranstaltungen bzw. Handyvertrag in Saudi-Arabien).

Da er im Jahr 2013 keinen Wohnsitz im Sinne der österreichischen Abgabenvorschriften inne gehabt habe bzw. sich der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen während seiner Tätigkeit für D nach Saudi-Arabien verlagert habe, habe Österreich das Besteuerungsrecht von Einkünften, welche sich auf seine österreichischen Arbeitstage beziehen würden. Saudi-Arabien habe das Besteuerungsrecht auf Einkünfte, die auf seine saudi-arabischen Arbeitstage und Drittstaatsarbeitstage entfielen. Im Jahr 2013 habe er keinerlei Arbeitstage in Österreich gehabt. Zum Nachweis lege der den Kalender-Report 1.1. bis vor.

Im Jahr 2013 seien seine gesamten Bezüge über die österreichische Lohnverrechnung abgerechnet worden. Die Gehaltskosten seien an die saudi-arabische Gesellschaft weiterbelastet worden.

Er ersuche, die Einkünfte gemäß den Beilagen zur Steuererklärung 2013 sowie unter Berücksichtigung seiner steuerlichen Ansässigkeit in Saudi-Arabien neu festzusetzen. Sämtliche Unterlagen habe er am mittels Fax an das Finanzamt übermittelt. Zum Beweis dafür lege er den Übertragungsbericht vom vor.

Die entsprechende saudi-arabische Ansässigkeitsbescheinigung sei bereits beantragt worden. Die Ausstellung werde jedoch einen Zeitraum von zwei bis drei Monaten in Anspruch nehmen und werde nachgereicht, sobald die Ausstellung erfolgt sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte das Finanzamt den angefochtenen Einkommensteuerbescheid ab und setzte die Einkommensteuer – anstatt wie bisher mit 171.825,00 € - mit 17.707,00 € fest.

In der gesonderten Bescheidbegründung führte die Abgabenbehörde aus, dass der Einkommensteuerbescheid 2013 – wie auch der Einkommensteuerbescheid 2012 – unter Berücksichtigung des vom Arbeitgeber übermittelten Lohnzettels erlassen worden sei. Die Verhältnisse hätten sich im Jahr 2013 gegenüber dem Jahr 2012 augenscheinlich nicht geändert, weshalb auf die Begründung zur Beschwerdevorentscheidung 2012 vom verwiesen werden könne.

Zur Frage des Wohnsitzes in Adresse, habe der Sohn BB am niederschriftlich angegeben, dass er dort im Zeitraum 2012 bis Juli 2013 teilweise mit seiner Freundin den ersten Stock bewohnt und Küche und Wohnzimmer im Erdgeschoß mitbenützt habe. Das Erdgeschoss bestehe aus Küche, Wohnzimmer und Schlafzimmer.

Auf die Frage, ob den Eltern im Zeitraum 2012 - Juli 2013 dort auf Dauer eigener Wohnraum ausschließlich zu deren Verfügung gestanden sei, habe der Sohn geantwortet, dass die Eltern das Erdgeschoss genutzt hätten, aber nur sehr selten nach Hause gekommen seien. Die Küche sei dann gemeinsam genutzt worden. Im Dachgeschoss würden die Eltern darüber hinaus Sachen aufbewahren. Seit Juli 2013 stehe das Objekt leer; manchmal an den Wochenenden oder Feiertagen würden die Eltern kommen. Der Bf habe die ganze Zeit über einen Schlüssel besessen.

Der Bruder habe schon ein Haus um die Ecke errichtet, und BB baue gerade ein Haus im Anschluss an die Garage.

Aus diesen Aussagen sei eindeutig nachgewiesen, dass dem Bf im gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum Wohnraum zu seiner ausschließlichen Verfügung gestanden sei, und zwar zumindest das Schlafzimmer im Erdgeschoss. Ab Juli 2013 sei dem Bf wieder das gesamte Haus zur Verfügung gestanden. Auch habe der Bf immer einen Schlüssel gehabt.

Auch in der Papier-Einkommensteuererklärung 2012 (eingelangt am als Anlage zur Beschwerde über die Abweisung der Aussetzung 2012), vom  Bf am unterschrieben, sei als derzeitige Wohnanschrift Adresse, angeführt. Auch im Lohnausweis 2013 (übermittelt mit der Beschwerde 2013 vom ) werde diese Adresse angeführt. Dementsprechend bestehe nach wie vor eine polizeiliche Meldung.

Der Bf habe daher im verfahrensgegenständlichen Zeitraum an dieser Adresse einen Wohnsitz gehabt.

Eine Ansässigkeitsbescheinigung von Saudi-Arabien habe der Bf nach wie vor nicht vorgelegt, obwohl eine solche bereits für 2012 urgiert und mehrfach angekündigt worden sei. Mit E-Mail vom sei eine solche innerhalb der nächsten zwei bis drei Monate angekündigt worden. In der gegenständlichen Beschwerde vom sei wiederum ein Zeitraum von zwei bis drei Monaten avisiert worden. Eine Ansässigkeitsbescheinigung sei nach wie vor nicht vorgelegt worden.

Laut Beschwerde vom seien im Jahr 2013 auch Stock Options ausgeübt worden. Die diesbezügliche Option sei laut Beschwerde am eingeräumt worden. Die Stock Options seien im übermittelten Lohnzettel offensichtlich nicht enthalten, da diese im vorgeschlagenen Lohnzettelsplitting zusätzlich im Inlandslohnzettel angeführt seien.

Einkünfte aus der Ausübung des lohnwerten Vorteils bei Ausübung der Option im Jahr 2013 würden dort erzielt, wo der Arbeitnehmer zwischen Einräumung der Option und der Erlangung des Ausübungsrechtes gearbeitet habe (EAS 2710 vom ). Habe der Arbeitsplatz zwischen Optionseinräumung und Optionsausübung grenzüberschreitend gewechselt, müsse der Optionsgewinn nach dem Kausalitätsprinzip auf die betroffenen Staaten aufgeteilt werden (Loukota/Jirousek, Internationales Steuerrecht. I/1 Z 15 Rz 170).

Im Jahr 2010 bis sei der Bf in die H entsendet gewesen und ab nach Saudi-Arabien.

Nach dem DBA H seien Einkünfte gemäß Art. 15 in Österreich zu veranlagen unter Anrechnung der in den H bezahlten Steuer. Nach dem DBA Saudi-Arabien seien Einkünfte gemäß Art. 15 in Österreich mit Progressionsvorbehalt steuerfrei zu stellen.

Die Einkünfte aus der Ausübung der Stock Options würden daher wie folgt aufgeteilt:


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-
430 Tage
39,27 %
5.763,21
H
665 Tage
60,73 %
8.912,64
Saudi-Arabien
 
1.095 Tage
 
14.675,85
 

Laut Beilage zur Beschwerde 2013 lägen 279 Anwesenheitstage in Saudi-Arabien vor. Gemäß Art. 15 DBA Saudi-Arabien komme daher dem Tätigkeitsstaat Saudi-Arabien das Besteuerungsrecht für in Saudi-Arabien ausgeübte Tätigkeiten und dem Ansässigkeitsstaat Österreich das Besteuerungsrecht für in Drittstaaten ausgeübte Tätigkeiten zu. Gemäß Art. 24 DBA Saudi-Arabien seien die Einkunftsteile, die Österreich nicht besteuern dürfe, für den Progressionsvorbehalt heranzuziehen.

Laut Beilage zur Beschwerde lägen 199 Tätigkeitstage in Saudi-Arabien und 20 Tätigkeitstage in Drittstaaten vor (gesamt 219 Tage). Daraus ergebe sich ein Verhältnis von 90,87 % zu 9,13 %.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
 
Jahreslohnzettel bisher
Stock Options 2011
Drittstaaten 9,13 %
Berichtigter Lohnzettel
KZ 210
405.900,80
5.763,21
37.058,74
42.821,95
KZ 215
1.032,00
 
94,22
94,22
KZ 220
42.989,14
 
3.924,91
3.924,91
SV gesamt
11.153,84
 
1.018,34
1.018,34
KZ 225
1.515,82
 
138,39
138,39
KZ 230
9.638,02
 
879,95
879,95
KZ 245
352.241,64
5.763,21
32.159,66
37.922,87

Die Einkunftsteile, die auf Tätigkeiten in Saudi-Arabien entfielen, würden 328.994,62 € (352.241,64 - 32.159,66 + 8.912,64) betragen und seien als Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen.

Der Bf stellte durch seine steuerliche Vertreterin einen Vorlageantrag, einen Antrag auf Entscheidung durch den Senat und auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Er beantrage, seine Ansässigkeit gemäß Art. 4 DBA Österreich – Saudi-Arabien in Saudi-Arabien zu berücksichtigen, lediglich die Aktienoptionen zum in Österreich steuerbaren Anteil in Höhe von 9.448,84 € zu besteuern und die Einkommensteuer somit in Höhe von
-110,00 € festzusetzen.

Im „Sachverhalt“ verwies der Bf wiederum auf seine bisherigen Entsendungen und wiederholte die in der gesonderten Bescheidbegründung zur Beschwerdevorentscheidung 2012 angeführten Punkte, die laut Finanzamt dafür sprechen würden, dass sich sein Mittelpunkt der Lebensinteressen nicht nach Saudi-Arabien verlagert habe.

Auf Grund der Befragung seines Sohnes komme das Finanzamt zum Schluss, dass er in Adresse einen Wohnsitz habe.

In der „rechtlichen Würdigung“ bestritt der Bf die Feststellung des Finanzamtes, wonach er einen abgabenrechtlichen Wohnsitz in Österreich habe, nicht.

Zur „Ansässigkeit in Saudi-Arabien“ seien die Begründungen des Finanzamtes jedoch mangelhaft.

Der Bf verfüge auch in Saudi-Arabien über einen Wohnsitz. Gemäß dem Doppelbesteuerungsabkommen Österreich - Saudi-Arabien erachte er sich als in Saudi-Arabien ansässig.

Bei Vorliegen eines Wohnsitzes in beiden Staaten sei zur Festlegung der Steuerpflicht und Vermeidung einer Doppelbesteuerung die Ansässigkeit gemäß Doppelbesteuerungsabkommen Österreich – Saudi-Arabien zu prüfen. Demnach gelte eine Person, die in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte verfüge, als in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen habe (Mittelpunkt der Lebensinteressen). Die Beibehaltung des inländischen Wohnsitzes als bloßes Feriendomizil oder als vorgesehener neuerlicher Hauptwohnsitz nach Ablauf von fünf Jahren könne in einem solchen Fall nicht als einer Ansässigkeitsverlagerung hinderlich erachtet werden (EAS-Auskunft des GZ C 228/1-IV/4/03). Die Verlagerung des Lebensmittelpunktes in den Entsendestaat bei einer Entsendedauer zwischen zwei und fünf Jahren sei gemäß Rz 7596 EStR an Hand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu klären.

Der Mittelpunkt der Lebensinteressen sei nach objektiven Kriterien zu bestimmen (BFH I R 24/98, BStBl II 1991, 562). Maßgebend sei das Gesamtbild der tatsächlichen Lebensverhältnisse, während die subjektiven Absichten der Person grundsätzlich nicht zu beachten seien. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen einer Person sei jeweils für den Zeitraum innerhalb eines Kalenderjahres gesondert zu ermitteln (Wassermeyer/Lang/Schuch, Doppelbesteuerung, MA Art. 4, Rz 67).

Der österreichische Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Rechtsprechung den Begriff „Mittelpunkt der Lebensinteressen“ dahin definiert, dass darunter der Ort (in jenem Staat) zu verstehen sei, zu dem der Steuerpflichtige die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen habe. Entscheidend sei das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Der VwGH führe jedoch an, dass im Zweifel den persönlichen Beziehungen der Vorrang zukomme (). Wirtschaftlichen Beziehungen komme dabei in der Regel eine geringere Bedeutung zu als persönlichen Beziehungen (). Auch nach dem BFH sollten die geschäftlichen Interessen nur dann für die Bestimmung des Mittelpunktes der Lebensinteressen von Bedeutung sein, wenn sie den überwiegenden Teil der Gesamtinteressen des Steuerpflichtigen darstellten (BFH II R 69/70, BStBl II 1971, 758).

a) Persönliche Beziehungen:

Zu den „persönlichen Beziehungen“ wiederholte der Bf wortgleich seine im Vorlageantrag betreffend Einkommensteuerbescheid 2012 gemachten Ausführungen.

Im Sinne dieser Ausführungen wolle der Bf darauf hinweisen, dass im Jahr 2013 sowohl sein berufliches als auch sein familiäres Leben (in Begleitung seiner Gattin) ausschließlich in Saudi-Arabien stattgefunden hätten. Seine Frau habe ihn seit 2011 nach Saudi-Arabien begleitet. Sie hätten in Saudi-Arabien einen Wohnsitz begründet und sich auch in das soziale und kulturelle Umfeld in Saudi-Arabien integriert. Bei Zeiträumen über fünf Jahren spreche die Vermutung für die Verlagerung des Lebensmittelpunktes, wenn die Ehefrau und die haushaltszugehörigen Kinder mitziehen würden (UFS Graz , RV/0056-G/10).

Das Finanzamt lege in seiner Bescheidbegründung im Verfahren betreffend 2012 zwar dar, dass der Entsendevertrag befristet abgeschlossen worden sei, doch schließe eine befristete Entsendung nach der Rechtsprechung des VwGH eine Verlagerung des Lebensmittelpunktes nicht aus (vgl. zit in BFG GZ RV/7100858/2013). Die Tatsache, dass der Bf nach Beendigung der Entsendung seinen Familienwohnsitz nicht wieder nach Österreich, sondern nach I verlagert habe, spreche klar gegen das Bestehen eines Lebensmittelpunktes in Österreich.

Zu seinen persönlichen Beziehungen halte er fest, dass es, anders als vom Finanzamt angenommen, einer Verlagerung der Ansässigkeit nach Saudi-Arabien nicht widerspreche, dass er Aufenthalte in Österreich genützt habe, um Vorsorgeuntersuchungen durchzuführen und um Freunde und Bekannte zu besuchen. Er möchte diesbezüglich darauf hinweisen, dass die medizinische Versorgung in Österreich viel besser sei als die medizinische Versorgung in Saudi-Arabien, weshalb es schlicht unvernünftig wäre, jene nicht zu nutzen. Die österreichischen Ärzte würden seinen gesamten Krankheitsverlauf kennen, was die Qualität seiner medizinischen Versorgung noch weiter erhöhe. Inlandsaufenthalte seien nicht als schädlich zu betrachten, sofern der Rückkehrwille fehle ().

Auch der Besuch seiner österreichischen Freunde sei seines Erachtens kein Ausgangspunkt zur Annahme einer Ansässigkeit in Österreich. Schließlich habe er sich im Zuge seiner langjährigen internationalen Tätigkeit in vielen Ländern vernetzt und pflege selbstverständlich auch im Ausland regelmäßig geknüpfte Beziehungen. Dies sei jedoch kein Grund, in jedem dieser Länder eine steuerliche Ansässigkeit anzunehmen oder auch nur zu prüfen.

Abschließend möchte er im Folgenden im Sinne der Definition der „persönlichen Beziehungen“ im Zusammenhang mit der steuerlichen Ansässigkeit durch die österreichische Rechtsprechung einige Punkte anführen, die seines Erachtens das eindeutige Überwiegen seiner persönlichen Beziehungen zu Saudi-Arabien im Verhältnis zu Österreich noch zusätzlich unterstreichen würden:

-) Er habe im betreffenden Zeitraum kein Wahlrecht in Österreich ausgeübt;

-) er habe im betreffenden Zeitraum die täglich erscheinende „Arab News“ abonniert, habe jedoch kein Zeitungsabonnement in Österreich gehabt;

-) seine Hobbys habe er im betreffenden Zeitraum in Saudi Arabien gepflegt;

-) er habe in Saudi-Arabien einen großen Freundes- und Bekanntenkreis aufbauen können; vor allem seine Frau habe sich im saudi-arabischen Raum sehr gut vernetzt;

-) er habe im betreffenden Zeitraum viele kulturelle Veranstaltungen in Saudi Arabien besucht;

-) er habe während seiner Entsendung einen saudi-arabischen Handyvertrag (Firmenhandy) gehabt.

b) Wirtschaftliche Beziehungen:

Auch zu den „wirtschaftlichen Beziehungen“ führte der Bf eingangs wortgleich aus wie im Vorlageantrag betreffend Einkommensteuerbescheid 2012.

Das Finanzamt begründe die Annahme seiner österreichischen Ansässigkeit im Jahr 2013 ua mit der Tatsache, dass er über ein österreichisches Bankdepot verfüge, auf dem er seine Wertpapiere verwalte. Im Lichte obiger Ausführungen sei jedoch darauf hinzuweisen, dass die Höhe seiner Einkünfte aus den in Österreich verwalteten Wertpapieren im Jahr 2013 in keinem Verhältnis zu jenen der im gleichen Zeitraum in Saudi-Arabien erzielten Einkünften gestanden sei.

Nach ständiger Rechtsprechung der österreichischen Höchstgerichte sei es außerdem für die Verlagerung des Lebensmittelpunktes nicht erforderlich, sämtliche persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Österreich aufzugeben. Auch sei eindringlich darauf hinzuweisen, dass persönliche Beziehungen - in seinem speziellen Fall zu seiner ihn stets begleitenden Ehegattin - in jedem Fall schwerer wiegen würden als bloße wirtschaftliche.

c) Conclusio zur Ansässigkeit gemäß DBA Österreich – Saudi-Arabien:

Die Beurteilung der steuerlichen Ansässigkeit bedürfe einer zusammenfassenden Wertung im Einzelfall. Entscheidend sei letztlich, welcher Vertragsstaat für die Person insgesamt der bedeutungsvollere sei. In der Praxis gehe es darum, einen möglichen Schwerpunkt in einem der beiden Vertragsstaaten auszumachen. Maßgeblich sei dabei nicht, ob Österreich auf „ewig“ verlassen worden sei. Es gehe nur darum, wo er während seiner Berufstätigkeit den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen gehabt habe.

Denkbar sei auch, die Aufenthaltszeiten während der Nutzung der verschiedenen ständigen Wohnstätten indiziell heranzuziehen.

Insgesamt sei der Bf mehr als 14 Jahre außerhalb Österreichs tätig gewesen. Gemäß Rz 7596 EStR deute dies auf eine Verlagerung des Mittelpunktes der Lebensinteressen weg von Österreich hin.

Auf Grund der oben beschriebenen Umstände sehe er seine näheren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Saudi-Arabien im Zeitraum der Entsendung, da sich dort der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen vor allem in zwischenmenschlicher/persönlicher, aber auch in beruflicher/wirtschaftlicher Hinsicht befunden habe. Gleichzeitig spreche auch die zeitliche Komponente gegen eine Ansässigkeit in Österreich.

Im Jahr 2013 habe der Bf keine österreichischen Arbeitstage gehabt, jedoch sei ihm ein Bonus in Form von Aktienoptionen zugeflossen, welcher auf Grund folgender Erwägungen anteilig in Österreich zu versteuern sei:

Die Aktienoptionen seien ihm am eingeräumt  worden („granting“), am seien sie in seine wirtschaftliche Verfügungsmacht gelangt und ihm somit als Vorteil aus dem  Dienstverhältnis wirtschaftlich zugeflossen („vesting“). Die Periode zwischen dem Zeitpunkt des „granting“ und jenem des „vesting“ habe in Summe 1095 Tage umfasst, 705 Tage davon sei er als in Österreich ansässig anzusehen gewesen ( bis ). Die Anwendung des Kausalitätsprinzips ergebe einen Anteil der österreichischen Arbeitstage und somit ein anteiliges Besteuerungsrecht Österreichs in Höhe von 68,38 % der Einkünfte.

Es seien daher 68,38 % des Werts der Aktienoptionen im vesting-Zeitpunkt (14.675,85 €), sohin 9.448,84 €, in Österreich zu versteuern. Da diese Einkünfte unter dem Freibetrag in Höhe von 11.000,00 € lägen (§ 33 Abs. 1 EStG), sei die Einkommensteuer mit Null festzusetzen. Auf Grund des ihm gebührenden Verkehrs- und Arbeitnehmerabsetzbetrags sei ihm eine Negativsteuer von 110,00 € gutzuschreiben.

Er ersuche, die Einkünfte gemäß der Beilage zur Steuererklärung 2013 (Beilage 1) sowie unter Berücksichtigung seiner steuerlichen Ansässigkeit in Saudi Arabien neu festzusetzen.

Zu dem in der Begründung zur Beschwerdevorentscheidung bemängelten Fehlen einer Ansässigkeitsbescheinigung sei darauf hinzuweisen, dass die Erlangung einer solchen für ihn mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden sei. Durch die Beantragung einer saudi-arabischen Ansässigkeitsbescheinigung würden dem Bf laut ersten, von seiner steuerlichen Vertretung eingeholten Auskünften Kosten in Höhe von 5.000 USD erwachsen, da dies in Saudi-Arabien mit einem komplizierten und teuren Verfahren verbunden sei. Auch auf Grund der Tatsache, dass er mittlerweile in I lebe und arbeite und Saudi-Arabien endgültig verlassen habe, wäre der Aufwand zur Erlangung einer derartigen Bescheinigung für ihn enorm. Seines Erachtens seien die von ihm vorgebrachten Tatsachen mehr als ausreichend, um auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung seine steuerliche Ansässigkeit im Jahr 2013 in Saudi-Arabien festzustellen.

Er rege daher an, im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht von der Forderung nach einer saudi-arabischen Ansässigkeitsbescheinigung im Sinne des Verhältnismäßigkeitsprinzips abzusehen.

Ein Ersuchen um Ergänzung des Bundesfinanzgerichtes vom beantwortete der Bf durch seine steuerliche Vertreterin mit Schreiben vom wie folgt:

„1. Wie lange dauerte Ihre Entsendung nach I? In welchen Ländern waren Sie danach (bis dato) eingesetzt?

Meine Entsendung nach I endete am , da die I Niederlassung veräußert wurde. In der Folge war ich als Projektleiter für meinen Arbeitgeber DD (früher D) hauptsächlich im ungarischen Werk in K tätig. Ein weiteres internationales Assignment wird von mir angestrebt.

2. Wird die Verlagerung des Mittelpunkts der Lebensinteressen in einen anderen Vertragsstaat (im vorliegenden Fall Saudi-Arabien) geltend gemacht, ist erforderlich, dass diesbezüglich von den Steuerverwaltungen beider Staaten eine übereinstimmende Beurteilung vorgenommen wird. Meldeten Sie die Verlagerung Ihres Lebensmittelpunktes gegenüber der Steuerverwaltung oder anderen Behörden in Saudi-Arabien?

Während meiner diversen Auslandsentsendungen wurde ich seit dem Jahr 2010 von C steuerlich vertreten. So wurde auch eine eventuelle Steuerpflicht in Saudi-Arabien selbstverständlich von C Saudi-Arabien geprüft.

Da es jedoch nach saudischem Steuerrecht zu keiner Besteuerung kam, war eine Meldung für steuerliche Zwecke nicht erforderlich und wurde somit auch nicht erstattet.

Lediglich für den Erhalt eines saudischen Aufenthaltstitels war eine Meldung bei den saudischen Behörden Voraussetzung, welche selbstverständlich erstattet wurde. In der Beilage zu diesem Schreiben übermittle ich Ihnen Kopien meines saudischen Aufenthaltstitels sowie des Aufenthaltstitels meiner Gattin. Die Originaldokumente liegen mir leider nicht mehr vor, da diese beim endgültigen Verlassen Saudi-Arabiens von den Behörden standardgemäß eingezogen wurden (Beilage 1: Aufenthaltstitel Saudi-Arabien L und AB).

Meine Entsendung nach Saudi-Arabien begann mit und endete am . Meine Gattin folgte mir im September 2011 nach Saudi-Arabien.

2.a) Waren Sie in Saudi-Arabien steuerlich erfasst? Falls ja, wären die Steuerbescheide der saudi-arabischen Abgabenbehörde für die Jahre 2012 und 2013 vorzulegen.

Bitte beachten Sie die Ausführungen unter Punkt 2. Eine steuerliche Erfassung ist in Saudi-Arabien mangels Steuerpflicht weder erforderlich noch üblich. Dementsprechend ist es mir nicht möglich, saudische Steuerbescheide für den genannten Zeitraum vorzulegen.

2.b) Da eine Ansässigkeitsbescheinigung nicht vorgelegt wurde, wäre die Ansässigkeit in Saudi-Arabien an Hand anderer geeigneter Unterlagen zu belegen.

Die Verortung meiner steuerlichen Ansässigkeit wurde zwischen C Österreich und C Saudi-Arabien abgestimmt. Bitte finden Sie in der Beilage die entsprechende Korrespondenz aus dem Jahr 2014 (Beilage 2: Korresp. zwischen C Ö. und C SA bzgl. steuerlicher Ansässigkeit).

Nach damaliger Auskunft von C Saudi-Arabien war die Ausstellung einer Ansässigkeitsbescheinigung gemäß DBA Österreich - Saudi-Arabien durch die saudischen Behörden nicht möglich. Eine Ansässigkeitsbescheinigung würde demnach nur auf Grundlage nationalen saudischen Steuerrechts ausgestellt und hätte somit für Zwecke der steuerlichen Ansässigkeit gem. dem anwendbaren DBA allenfalls Indizwirkung.

Da das Verfahren zur Ausstellung einer solchen Ansässigkeitsbescheinigung in Saudi-Arabien darüber hinaus sehr kostenintensiv gewesen wäre (Kostenschätzung von C Saudi-Arabien: 5.000 USD), wurde auf die Beantragung einer solchen Bescheinigung verzichtet (Beilage 3: Kostenschätzung Ansässigkeitsbescheinigung durch C SA).

3. Nach Auskunft Ihres Sohnes BB bauten er und sein Bruder in unmittelbarer Nähe Ihres Einfamilienhauses ebenfalls ein Haus. Leben weitere Verwandte in der Nähe (in Adresse)? Falls ja, in welchem Verwandtschaftsverhältnis stehen diese zu Ihnen bzw. Ihrer Ehegattin? Wo leben Ihre Eltern/Schwiegereltern/allenfalls weitere Kinder?

In Adresse sind darüber hinaus zwei meiner Brüder sowie ein Bruder meiner Gattin wohnhaft. Sowohl meine Eltern als auch meine Schwiegereltern sind bereits verstorben. Neben den von Ihnen genannten beiden Söhnen sind keine weiteren Kinder vorhanden.

4. Welches Unternehmen (nach dem Entsendevertrag „the Company") kam für die Miete samt Nebenkosten in Saudi-Arabien auf? Bewohnten Sie eine von Ihrer Arbeitgeberin zur Verfügung gestellte Unterkunft? Wie groß war die Wohnung/das Haus? War diese/dieses bereits möbliert? Wurde ein Mietvertrag abgeschlossen? Falls ja, war dieser befristet für die Dauer der Entsendung? Ein allenfalls vorliegender Mietvertrag wäre zur Einsicht vorzulegen.

Sowohl die Miete als auch die Nebenkosten wurden von meinem saudischen Beschäftiger N, einem konzernverbundenen Unternehmen von D, bezahlt. Der Mietvertrag wurde direkt von meinem saudischen Beschäftiger abgeschlossen, der mir sodann die Unterkunft zur Verfügung stellte.

Bitte finden sie hierzu im Folgenden einen Auszug aus meinem Entsendevertrag zum Thema

„housing“:

„Housing Budget: Your housing budget will be established in accordance with the Mid East Project guidelines. Rents, Deposits and Customary Utilities will be paid directly by the Company.“

Die Wohnfläche des angemieteten Hauses betrug ca. 160 m2. Das Haus war im Zeitpunkt des Einzugs zum Großteil möbliert.

Das von meinem Beschäftiger eingegangene Mietverhältnis begann am und dauerte bis . Der Mietvertrag wurde jährlich erneuert. In der Beilage zu diesem Schreiben finden Sie Kopien sämtlicher Mietverträge dieser Vertragskette (Beilage 4: Mietvertrag zwischen N (D) und M Investment Co. sowie jährliche Verlängerungen desselben).

5. Leisteten Sie während Ihrer Entsendung weiterhin Beiträge zur österreichischen Sozialversicherung? Falls nein, legen Sie an Hand geeigneter Unterlagen dar, auf welche Weise Sie während Ihres Aufenthaltes in Saudi-Arabien versichert waren.

Es wurden weiterhin Beiträge zur österreichischen Sozialversicherung einbezahlt. Für die Dauer der Entsendung nach Saudi Arabien wurde vom Arbeitgeber gemäß dem Entsendevertrag eine Internationale Krankenversicherung (Cigna Saico) für mich und meine Frau abgeschlossen.

Bitte finden Sie diesbezüglich im Nachhinein einen Auszug aus meinem Entsendevertrag hinsichtlich „Krankenversicherung“:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Your monthly home country benefit plan coverage and contributions
Pension and Social Security participation: You will remain in and continue to your home country pension and Social Security plan(s).
Health care: You and your dependent family members will be covered by the
Cigna SAICO international health insurance plan. You will NOT need to
make any monthly contributions to your health care. You also may continue
to make contributions for health insurance based on your home country plan
requirements.

6. Eröffneten Sie während der Dauer Ihrer Entsendung ein Gehaltskonto in Saudi-Arabien? Wurde die Bankverbindung in Österreich aufgelöst?

Ich habe kein Gehaltskonto in Saudi-Arabien eröffnet, meine Bankverbindung in Österreich blieb während der Entsendung aufrecht.

7. Erläutern Sie nachstehende Vorbringen näher: Ihre Integration in das soziale und kulturelle Umfeld in Saudi-Arabien, den dortigen Aufbau eines großen Freundes- und Bekanntenkreises sowie die sehr gute Vernetzung Ihrer Frau im saudi-arabischen Raum.

Unser Freundes- und Bekanntenkreis bestand einerseits aus ausländischen Familien (Expatriates aus verschiedensten Nationen), andererseits aber auch aus Saudi Familien (zum Teil Arbeitskollegen).

Die Vernetzung meiner Frau ergab sich aus diesen Bekanntschaften. Da meine Frau in Saudi-Arabien nicht berufstätig war, war sie sehr aktiv im Aufbau dieses Freundeskreises. Sie steht auch einer weiteren Entsendung nach Saudi-Arabien sehr positiv gegenüber. Bildmaterial kann auf Anforderung nachgereicht werden.“

Am wurde die mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Bf und seiner steuerlichen Vertretung und in Anwesenheit des Vertreters des Finanzamtes durchgeführt.

Beide Parteien verwiesen auf ihr bisheriges Vorbringen, wobei der Vertreter des Finanzamtes dem Bundesfinanzgericht eine schriftliche Zusammenfassung (Beilage A) der Gründe, die seiner Ansicht nach für eine in Österreich verbliebene Ansässigkeit sprachen, überreichte. Insbesondere unterstrich er, dass der Bf trotz der bisher zahlreichen Auslandsentsendungen nur für die Entsendung nach Saudi-Arabien eine Verlagerung seiner Ansässigkeit geltend gemacht habe, wogegen er vor und nach dieser Entsendung stets erklärt habe, in Österreich ansässig zu sein.

Darüber hinaus fielen die in der Beschwerde und im Vorlageantrag angeführten Gründe (Zeitungs-Abo, Handy-Vertrag, Ausüben von Hobbys, Kontakt mit Bekannten, Besuch kultureller Veranstaltungen) nicht ins Gewicht, weil diese auch für kurzfristige Entsendungen typisch seien.

Die steuerliche Vertretung brachte eingangs vor, dass der Bf sein Dienstverhältnis beendet habe und ab für einen spanischen Dienstgeber in Spanien tätig sein werde.

Während seines seit 2001 bestehenden Dienstverhältnisses sei der Bf beinahe durchgehend im Ausland beschäftigt gewesen; so habe er in den gegenständlichen Jahren 2012 und 2013 keinen einzigen Tag in Österreich gearbeitet.

Im Hinblick auf das Familienleben stelle der VwGH stets auf die Ehegattin und schulpflichtige Kinder ab; da seine Söhne erwachsen seien, habe sich das Familienleben des Bf und seiner Gattin auf Saudi-Arabien konzentriert.

Der Feststellung des Finanzamtes, dass während der Abwesenheit des Bf weder das Kfz noch das Festnetztelefon abgemeldet worden seien, sei zu entgegnen, dass beides der im Haus anwesende Sohn genutzt habe.

Der Bf übergab dem  Gericht eine am Vortag beim zuständigen Finanzamt eingereichte Selbstanzeige, weil er Kapitaleinkünfte aus einem in den H befindlichen Depot bisher nicht erklärt hatte. Dieses Depot repräsentiere einen Wert von rund 600.000 USD, wogegen sich auf dem in Österreich befindlichen Depot ein wesentlich geringerer Vermögenswert befinde.

Rechtslage

Nach § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind jene natürlichen Personen unbeschränkt steuerpflichtig, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Nach § 26 Abs. 1 BAO hat jemand dort einen Wohnsitz im Sinn der Abgabenvorschriften, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Bei der Verwendung als Wohnung kommt es weniger auf den tatsächlichen Aufenthalt als vielmehr auf die Bestimmung oder Widmung der Wohnung zu nicht nur vorübergehenden Wohnzwecken durch den Steuerpflichtigen an (BFH , I R 274/82).

Nach Art. 4 Abs. 1 lit. a des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Saudi-Arabien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (in der Folge kurz DBA Österreich – Saudi-Arabien) bedeutet der Ausdruck „eine in einem Vertragsstaat ansässige Person“ im Sinne dieses Abkommens eine Person, die nach den Vorschriften dieses Staates in diesem Staat auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist.

Art. 4 Abs. 2 lautet:

„Gilt nach Absatz 1 dieses Artikels eine natürliche Person als in beiden Vertragsstaaten ansässig, so gilt Folgendes:

a) Die Person gilt als nur in dem Staat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt; verfügt sie in beiden Vertragsstaaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als nur in dem Vertragsstaat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen);

b) kann nicht bestimmt werden, in welchem Vertragsstaat die Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen hat, oder verfügt sie in keinem der Vertragsstaaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als nur in dem Vertragsstaat ansässig, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat;

c) hat die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in beiden Vertragsstaaten oder in keinem der Vertragsstaaten, so gilt sie als nur in dem Vertragsstaat ansässig, dessen Staatsangehöriger sie ist;

d) ist die Person Staatsangehöriger beider Vertragsstaaten oder keines der Vertragsstaaten, so regeln die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten die Frage in gegenseitigem Einvernehmen.“

Der abkommensrechtliche Begriff der „ständigen Wohnstätte“ deckt sich weitgehend mit dem Begriff des „Wohnsitzes“ nach § 26 BAO (Beiser, ÖStZ 20/1989, 243).

Hat jemand sowohl in Österreich als auch in einem anderen Staat einen Wohnsitz, ist er nach § 1 Abs. 2 EStG 1988 in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig, doch bedarf zusätzlich die Frage der Klärung, ob Österreich dadurch im Verhältnis zum anderen Staat der „Ansässigkeitsstaat“ im Sinne der jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen geworden ist.

Für die Bestimmung des Mittelpunktes der Lebensinteressen sind grundsätzlich allein objektive Kriterien von Bedeutung, subjektive Absichten und Erklärungen sind dem gegenüber unbeachtlich (; Tumpel in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA, Art 4 Rz 33).

Entscheidend für die Lösung dieser Frage ist das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, wobei das Überwiegen der Beziehungen zum einen oder anderen Staat den Ausschlag gibt (); wirtschaftlichen Beziehungen kommt in der Regel geringere Bedeutung zu als persönlichen Beziehungen ().

Persönliche Beziehungen sind solche, die den eigentlichen Inhalt des menschlichen Lebens ausmachen. Dazu gehören die Gestaltung des Familienlebens und die dem Einzelindividuum wesentlichen Betätigungen religiöser, kultureller und anderer Art, mit denen es sich bemüht, jenen Teil des Lebens auszufüllen, über den nach Interesse und Neigung zu verfügen ihm gestattet ist (Beiser in ÖStZ 1989, 241 ff, Doppelwohnsitz und Mittelpunkt der Lebensinteressen im zwischenstaatlichen Steuerrecht, mit Verweis auf ).

Nach der Judikatur des VwGH bestehen im Regelfall die stärksten persönlichen Beziehungen zu dem Ort, an dem jemand regelmäßig Tag für Tag mit seiner Familie lebt. Der Mittelpunkt der Lebensverhältnisse einer verheirateten Person wird regelmäßig am Ort des Aufenthaltes ihrer Familie zu finden sein. Diese Annahme setzt allerdings das Fehlen ausschlaggebender und stärkerer Bindungen zu einem anderen Ort, etwa aus beruflichen oder gesellschaftlichen Gründen, voraus ().

Im Erkenntnis vom , 2011/15/0193, sprach der VwGH aus, dass ein rund zweijähriges Auslandsdienstverhältnis eines in Österreich wohnhaften Steuerpflichtigen als Dienstnehmer eines irischen Arbeitgebers noch nicht zur Verlagerung des Mittelpunktes der Lebensinteressen nach Irland führt, wenn in Irland keine konkreten persönlichen Beziehungen bestanden, die über die persönlichen Beziehungen in Österreich hinausgingen, wobei der VwGH übliche Kontakte zu Arbeitskollegen und Mitbewohnern für nicht als persönliche Beziehungen ins Gewicht fallend erachtete (so auch ).

Nach der Judikatur lässt eine zeitlich begrenzte Auslandstätigkeit den Mittelpunkt der Lebensinteressen selbst dann im Inland bestehen, wenn die Familie an den Arbeitsort im Ausland mitzieht, die Wohnung im Inland aber beibehalten wird (Beiser, ÖStZ 20/1989, 244/245, mit Verweis auf BFH , IR 274/82; ; ; ).

Der Mittepunkt der Lebensinteressen kann allerdings auch dann in einem Staat liegen, wenn die Absicht besteht, diesen Staat nach einer gewissen Zeit wieder zu verlassen. Ein Zuzug für immer ist nicht erforderlich. Diese Annahme setzt im Regelfall nicht nur die Führung eines gemeinsamen Haushaltes voraus, sondern, wie oa, auch das Fehlen ausschlaggebender und stärkerer Bindungen zu einem anderen Ort ().

Der Bf führte zutreffend aus, dass auch die Absicht des Steuerpflichtigen, seinen Lebensabend an einem bestimmten Ort zu verbringen, als persönliche Beziehung gewertet werden kann (Beiser, ÖStZ 20/1989, 245, mit Verweis auf BFH , III R 60/70).

Weitere Indizien für engere persönliche Beziehungen zum Inland können der Wohnsitz der Eltern, die Hauptwohnsitzmeldung oder die Zulassung von Pkws und Motorrädern sein. Der Wohnort volljähriger Kinder wird dagegen im Allgemeinen für die engsten persönlichen Beziehungen der Eltern keine große Rolle spielen (Tumpel in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA, Art 4 Rz 34).

Die polizeiliche An- und Abmeldung ist für die Frage des Wohnsitzes (der Innehabung) zwar nicht entscheidend, sie kann aber in Zweifelsfällen ein Indiz sein ().

Wirtschaftliche Bindungen gehen vor allem von örtlich gebundenen Tätigkeiten und von Vermögensgegenständen in Form von Einnahmequellen aus. Dazu zählen zB der Arbeitsort oder der Ort, von dem aus das Vermögen verwaltet wird (Beiser, ÖStZ 20/1989, 243).

Für die Bestimmung, zu welchem Vertragsstaat die engeren wirtschaftlichen Beziehungen bestehen, ist insbesondere die Höhe der Einkünfte in den Vertragsstaaten ausschlaggebend.

Für wirtschaftliche Beziehungen zu einem Vertragsstaat spricht zB die Tätigkeit als Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft und eine Wohnstätte am Sitz der Gesellschaft. Indizien für eine wirtschaftliche Beziehung zu einem Vertragsstaat können von diesem ausgestellte Arbeitsgenehmigungen und Ansässigkeitsbescheinigungen sein. Bestehen die wirtschaftlichen Beziehungen auf Grund von Vermögensgegenständen (wie zB Beteiligungen, Immobilienvermögen), ist auf den Umfang, die Bedeutung und die „Betreuungsintensität“ des Vermögens abzustellen (Tumpel in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA, Art 4 Rz 35).

Persönliche und wirtschaftliche Beziehungen müssen nicht kumulativ vorliegen. Bei gegenläufigen Beziehungen (zB engere persönliche Beziehungen zum einen Staat, engere wirtschaftliche Beziehungen zum anderen Staat) entscheidet das Überwiegen. Dies erfordert eine zusammenfassende Wertung; es zählt das Gesamtbild der Lebensverhältnisse.

Der Mittelpunkt der Lebensinteressen ist durch eine zusammenfassende Wertung aller Umstände zu ermitteln. Entscheidend ist letztlich, welcher Vertragsstaat für die Person der bedeutungsvollere ist ().

Der VwGH bestätigte erst jüngst, dass bei Ermittlung des Mittelpunktes der Lebensinteressen regelmäßig nicht nur auf die Verhältnisse eines Jahres, sondern auf einen längeren Beobachtungszeitraum abzustellen ist (; ).

Nach Art. 15 Abs. 1 des DBA Österreich – Saudi-Arabien dürfen - vorbehaltlich der Artikel 16 (Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsvergütungen), 17 (Künstler und Sportler), 18 (Ruhegehälter), 19 (Öffentlicher Dienst) und 20 (Studenten) - Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen im anderen Staat besteuert werden.

Art. 24 dieses Abkommens definiert die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung:

Abs. 1: „Bezieht eine in einem Vertragsstaat ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen im anderen Vertragsstaat besteuert werden, so nimmt der erstgenannte Staat vorbehaltlich des Absatzes 2 diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus.“

Abs. 3: „Einkünfte oder Vermögen einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in diesem Staat auszunehmen sind, dürfen gleichwohl in diesem Staat bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen der Person einbezogen werden.“

Anzuwenden ist demnach die Befreiungsmethode mit Progressionsvorbehalt.

Nach Art. 15 OECD-Musterabkommen werden Einkünfte aus der Ausübung von Aktienoptionsrechten von Arbeitnehmern in der Regel dort erzielt, wo der Arbeitnehmer zwischen der Einräumung der Option („granting“) und der Erlangung des Ausübungsrechts (Ende der Sperrfrist; „vesting“) gearbeitet hat.

Ein geldwerter Vorteil fließt dem Berechtigten erst zu, wenn dieser die Option ausübt und der Kurswert der Aktien den Übernahmepreis übersteigt.

Arbeitgeber ist, wer Arbeitslohn im Sinne des § 25 EStG 1988 „auszahlt“. Auf den Zahlungsvorgang als solchen kommt es nicht an; die rein manipulative Tätigkeit ist nicht von Bedeutung. Arbeitgeber ist vielmehr derjenige, zu dessen Lasten der Arbeitslohn gezahlt wird, in dessen Bereich der Arbeitnehmer organisatorisch und auf Grund der Weisungsgebundenheit eingegliedert ist. Werden die Lohnzahlungen von einem Dritten übernommen, so ist der Dritte alleine deshalb noch nicht der Arbeitgeber, wenn dem Dritten nicht auch die Arbeitskraft geschuldet wird. Arbeitgeber kann nur derjenige sein, demgegenüber das Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 besteht [Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG, § 47 Rz 6 f, 18. Lfg. (April 2016)].

Erwägungen

Strittig war im vorliegenden Fall, ob sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Bf, der von April 2011 bis Juli 2014 nach Saudi-Arabien entsendet war, in den beiden Beschwerdejahren 2012 und 2013 weiterhin in Österreich oder in Saudi-Arabien befand.

Im Vorlageantrag zur Einkommensteuer 2013 bestritt der Bf auf Grund der von der Abgabenbehörde aufgezählten, für einen Wohnsitz in Österreich sprechenden Merkmale, die gleichermaßen für das Kalenderjahr 2012 zutrafen, nicht länger, in den Beschwerdejahren (auch) in Österreich einen Wohnsitz gehabt zu haben. Nunmehr unstrittig war daher, dass der Bf während der Dauer seiner Entsendung sowohl in Österreich als auch in Saudi-Arabien über einen Wohnsitz verfügte.

Zu prüfen war daher, zu welchem Staat der Bf die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen (den Mittelpunkt der Lebensinteressen) hatte, wobei auf einen längeren Beobachtungszeitraum abzustellen war.

Dass der Bf während der Dauer seiner Entsendung nach Saudi-Arabien von seiner Ehegattin begleitet wurde, war ein gewichtiges Indiz für die Verlagerung des Lebensmittelpunktes in diesen Staat. Es bedeutete aber noch nicht automatisch, dass sich die engeren Beziehungen gleichfalls nach Saudi-Arabien verlagerten und nicht weiterhin zu Österreich bestehen blieben. Dass die Begleitung der Ehefrau für sich alleine nicht ausreichte, um eine Verlagerung des Lebensmittelpunktes anzunehmen, zeigte sich nicht zuletzt daran, dass die Ehegattin den Bf  während seiner insgesamt mehr als 14 Jahre andauernden Auslandstätigkeiten stets begleitet hatte, eine Verlagerung des Lebensmittelpunktes in einen dieser Staaten aber dennoch nicht geltend gemacht worden war.

Der Bf betonte wiederholt, dass er sich in Saudi-Arabien einen großen Freundes- und Bekanntenkreis aufgebaut habe und seine Frau im saudi-arabischen Raum sehr gut vernetzt gewesen sei. Nach Ersuchen um Konkretisierung dieses allgemeinen Vorbringens teilte der Bf in seiner Eingabe vom mit, dass der Freundes- und Bekanntenkreis einerseits aus ausländischen Familien (Expatriates aus verschiedensten Nationen), andererseits aber auch aus Saudi-Familien, zum Teil Arbeitskollegen, bestanden habe.

Im Erkenntnis vom , 2011/15/0193, sprach der VwGH nicht nur aus, dass eine zeitlich begrenzte Auslandstätigkeit den Mittelpunkt der Lebensinteressen auch dann im Inland bestehen lasse, wenn die Familie an den Arbeitsort im Ausland mitziehe, die Wohnung im Inland aber beibehalten werde, sondern hielt darüber hinaus fest, dass übliche Kontakte zu Arbeitskollegen und Mitbewohnern nicht als persönliche Beziehungen ins Gewicht fielen.

Der Bf bewohnte in Saudi-Arabien nach eigenen Angaben gemeinsam mit einer Gattin ein Haus mit 160 m2 Wohnfläche, das im Zeitpunkt seines Einzugs großteils möbliert war. Der Mietvertrag wurde nicht mit ihm, sondern mit seinem saudischen Beschäftiger, einem konzernverbundenen Unternehmen von D, auf ein Jahr abgeschlossen und in der Folge jeweils um ein weiteres Jahr verlängert. Die Unterkunft wurde dem Bf sodann von seinem saudischen Beschäftiger zur Verfügung gestellt; sowohl die Miet- als auch die Nebenkosten trug das saudische Unternehmen.

Einem der Eingabe des Bf vom beigefügten Plan der Siedlung, in der sich das dem Bf zur Verfügung gestellte Haus „Villa 4262“ befand und die nach dem Vermieter mit „M Village II“ benannt war, war zu entnehmen, dass sich innerhalb eines abgegrenzten Areals, das offenbar durch ein „Security Entrance Gate“ betreten und durch ein „Exit Gate“ verlassen werden konnte, eine Vielzahl gleichartiger Villen befand. Im inneren Bereich war eine „Recreation Center Area“ gelegen, die folgende Räumlichkeiten umfasste: „Recreation Room, Restaurant, Pool, Indoor Tennis Court, Work Out Room, Gymnasium, Children’s Play Room, Small Store, Library and VIP Guest Quarters.“

Auf der Internetseite www.wikipedia.org war zum Punkt „Saudi-Arabien; Bevölkerung, Gastarbeiter“ Nachstehendes zu lesen:

„In Saudi-Arabien sind knapp 11 Millionen Gastarbeiter beschäftigt (…).Daneben gibt es noch eine kleinere Anzahl hochqualifizierter Gastarbeiter aus Europa, Nordamerika und anderen Regionen. Diese Gastarbeiter aus westlichen Ländern leben meist in Compounds. Dabei handelt es sich um hermetisch abgeriegelte und bewachte Siedlungen. Diese Compounds haben eine autonome Infrastruktur mit Geschäften, Schwimmbädern, Sportanlagen und dergleichen. Eine „westliche“ Lebensweise in diesen Compounds wird geduldet.“

Zur „Stellung der Frau“ wurde dort ausgeführt:

„In Saudi-Arabien haben Frauen nicht die gleichen Rechte wie Männer. Alle Frauen müssen in der Öffentlichkeit bodenlange Gewänder und Kopftücher tragen. Männer können mit Strafen – zum Teil archaischen Strafen wie Peitschenhieben – belegt werden, wenn sie sich in der Öffentlichkeit mit Frauen zeigen. Saudi-Arabien wird im Global Gender Gap Report 2016 des Weltwirtschaftsforums über Geschlechtergerechtigkeit auf Platz 141 von insgesamt 144 Ländern eingeordnet.“

Laut www.zeit.de (Ausgabe 06/2017) war es für die Bürger in Saudi-Arabien, die bisher keine Steuern zahlten, ab Februar 2017 vorbei mit der allgemeinen Steuerfreiheit.

Dass der Bf und seine Frau unter diesen Gegebenheiten auch zu anderen als Arbeitskollegen bzw. in ihrem abgegrenzten Gebäudekomplex lebenden ausländischen Familien Kontakte geknüpft hätten, war auf Grund dieser Umstände und der gravierenden kulturellen Unterschiede sowie mangels Vorlage gegenteiliger Beweise auszuschließen und wurde im Ergebnis auch nicht behauptet. Dass daher in Saudi-Arabien konkrete persönliche Beziehungen geknüpft worden wären, die über die persönlichen Beziehungen in Österreich hinausgegangen wären, entsprach offenbar nicht der dortigen Lebensrealität. Ebenso wenig ergaben sich Anhaltspunkte dafür, dass die mit der beruflichen Tätigkeit in Saudi-Arabien verbundenen wirtschaftlichen und persönlichen Beziehungen nach der Rückkehr nach Österreich nicht wieder abgebaut worden wären.

Dem gegenüber wohnten in Österreich nicht nur zwei Brüder des Bf und ein Bruder seiner Gattin im selben Ort wie er, sondern bauten auch seine beiden Söhne ihre Häuser in unmittelbarer Nachbarschaft zu ihren Eltern. Trotz der oftmaligen Auslandsaufenthalte waren offenbar nicht nur die sozialen Beziehungen zu den Kindern und weiteren Verwandten intakt, sondern auch zu Freunden, die der Bf während seiner Aufenthalte in Österreich seinen Angaben zufolge besuchte.

Der Bf war laut Zentralem Melderegister seit mit seinem Hauptwohnsitz in Adresse, wo er und seine Gattin gemeinsam ein Eigenheim errichtet hatten, gemeldet. Nach Erhebungen des Finanzamtes war der Bf nach wie vor Zulassungsbesitzer eines Kfz und unter einer im Telefonbuch eingetragenen Festnetztelefonnummer erreichbar. Abmeldungen welcher Art auch immer waren weder feststellbar, noch wurden solche vorgebracht. Seine Aufenthalte in Österreich nützte er nicht nur, um Kontakt zu Freunden zu halten, sondern auch, um Vorsorgeuntersuchungen durchführen zu lassen.

Zutreffend verwies das Finanzamt im Vorlagebericht in diesem Zusammenhang darauf, dass den Bf auch die Kenntnis seiner Krankheitsgeschichte durch österreichische Ärzte an dieses Land binde.

Nach Ansicht des Gerichtes lagen zudem auch Umstände vor, die auf die Absicht des Bf, seinen Lebensabend in Adresse in Österreich verbringen zu wollen, schließen ließen. Er behielt seinen Hauptwohnsitz in diesem Ort trotz vieler Auslandsaufenthalte nicht nur bei, sondern erwarb dort im Jahr 2012, als er sich in Saudi-Arabien aufhielt,  ein weiteres Grundstück, um zu verhindern, dass am Nachbargrundstück gebaut wird. Ein derartiges Interesse und der Wunsch, die Wertigkeit dieses Wohnsitzes zu erhalten, waren nur mit der Absicht begründbar, diesen in Zukunft intensiver zu nutzen, als es bisher auf Grund seines beruflichen Engagements möglich war.

Durch die berufliche Tätigkeit in Saudi-Arabien ergaben sich zweifelsohne wirtschaftliche Anknüpfungspunkte an den Wohnsitz in Saudi-Arabien. Andererseits blieb er in die Organisation seiner österreichischen Arbeitgeberin eingegliedert, und das Arbeitsverhältnis blieb auch während der Entsendung aufrecht. Die Bezüge wurden über die österreichische Lohnverrechnung abgerechnet und lediglich die Gehaltskosten an die saudi-arabische Gesellschaft weiterbelastet, sodass auch weiterhin ein wirtschaftlicher Bezug zu Österreich bestand.

Laut Entsendevereinbarung standen dem Bf weiterhin Gehaltserhöhungen von D Austria zu und blieb er im jährlichen Vergütungsprogramm. Der vorübergehende Wechsel des Arbeitsverhältnisses hatte keinen Einfluss auf das bestehende Arbeitsverhältnis zur Muttergesellschaft, und der Bf verblieb im österreichischen Pensions- und Sozialversicherungssystem. Bei Einhaltung der gesamten Entsendeperiode wurde ihm eine Bonuszahlung in Aussicht gestellt. Die Anweisungsbefugnis oblag weiterhin der Muttergesellschaft; ein Rückruf durch diese war möglich.

Trotz zahlreicher Auslandsaufenthalte verblieben die wirtschaftliche Absicherung und das Vermögen des Bf in Österreich.

So befand sich in Adresse in Österreich nicht nur das gemeinsam mit seiner Gattin errichtete Haus, sondern besaß der Bf daneben eine Wohnung in Adresse2 und erwarb im Jahr 2012 ein weiteres Grundstück in Österreich. Sein Wertpapierdepot wurde in Österreich verwaltet, und obwohl die Gehaltskosten an die saudi-arabische Gesellschaft weiterverrechnet wurden, verblieben die Lohnverrechnung sowie die wirtschaftliche Absicherung durch laufende Einzahlungen in die österreichische Sozialversicherung in Österreich.

Inwieweit ein in den H, wo der Mutterkonzern seiner bisherigen Arbeitgeberin seinen Sitz hat, gehaltenes Wertpapierdepot ein zusätzliches Argument für die Verlagerung der Ansässigkeit nach Saudi-Arabien darstellen könnte, wurde nicht plausibel aufgezeigt.

Die wirtschaftlichen Beziehungen zu Saudi-Arabien erschöpften sich in den dort erzielten Einkünften auf Grund seiner Entsendung, die von vornherein zeitlich befristet war und die anschließende Rückkehr nach Österreich vorsah.

Dass der Bf sich in zeitlicher Hinsicht mehr an seinem saudi-arabischen Wohnsitz aufhielt, in Saudi-Arabien seine Freizeit verbrachte und dort – nicht näher bezeichnete – Hobbys ausübte, einen saudischen Handyvertrag für sein Diensthandy abschloss und eine dort verfügbare Zeitung abonnierte, war zwangsläufig seiner Berufstätigkeit und dem Erfordernis seiner persönlichen Anwesenheit bzw. der Ortsgebundenheit geschuldet und vermochte am Übergewicht seiner persönlichen Beziehungen zu Österreich nichts zu ändern.

Im Übrigen stand das Vorbringen im Vorlageantrag 2013, der Umstand, dass er nach Beendigung der Entsendung seinen Familienwohnsitz nicht wieder nach Österreich, sondern nach I verlagert habe, spreche klar gegen das Bestehen eines Lebensmittelpunktes in Österreich, insofern nicht den Tatsachen, als der Bf auch in den Einkommensteuererklärungen 2014 und 2015 einen österreichischen Wohnsitz bejahte. Dass die Entsendung nach I unmittelbar der Entsendung nach Saudi-Arabien folgte, war für sich alleine kein Indiz dafür, dass in I (persönliche) Bindungen entstanden wären, die stärker als die oben aufgezeigten zu Österreich gewesen wären.

Bei Würdigung der gesamten persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen war davon auszugehen, dass Österreich im Vergleich zu Saudi-Arabien der für den Bf bedeutungsvollere Staat war.

Für das Kalenderjahr 2012 kam daher nach Art. 15 DBA Österreich – Saudi-Arabien dem Tätigkeitsstaat Saudi-Arabien das Besteuerungsrecht für die dort ausgeübte Tätigkeit und dem Ansässigkeitsstaat Österreich das Besteuerungsrecht für die in Drittstaaten ausgeübte Tätigkeit und die Bonuszahlung zu; die in Saudi-Arabien erzielten Einkünfte waren bei der Veranlagung in Österreich als Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen.

Der Bf erhob gegen die Aufteilung bzw. Zuordnung der Einkünfte laut Beschwerdevorentscheidung keine Einwendungen, sodass der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 teilweise im Sinne der Beschwerdevorentscheidung stattzugeben war.

Die Einkommensteuer 2013 betreffend äußerte der Bf gegen die im Vorlagebericht, der auch ihm übermittelt wurde, in Aussicht gestellte Aufteilung der Einkünfte aus der Ausübung der Stock Options ebenfalls keine Bedenken. Unverändert zur Beschwerdevorentscheidung waren daher 32.159,66 € als Drittstaateneinkünfte in Österreich zu besteuern und ein Anteil der Einkünfte von 320.081,98 € (352.241,64 € - 32.159,66 €) der Tätigkeit des Bf in Saudi-Arabien zuzuordnen.

Von den Gesamteinkünften aus der Ausübung der Stock Options in Höhe von 14.675,85 € unterlag daher, wie vom Finanzamt berechnet, ein Anteil von 7.110,45 € der inländischen Besteuerung; der Restbetrag von 7.565,40 € entfiel auf Saudi-Arabien.

Insgesamt waren daher 327.647,38 € (352.241,64 € laut KZ 245 des ursprünglich eingereichten Lohnzettels, abzüglich der in Drittstaaten erzielten Einkünfte von 32.159,66 € laut Beschwerdevorentscheidung zuzüglich des oa. Optionsgewinns von 7.565,40 €) progressionserhöhend anzusetzen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Verfahren wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, auf welche die genannten Voraussetzungen zutreffen. Entscheidend für die Klärung der gegenständlichen Streitfrage waren im Wesentlichen Sachverhaltsfragen.

Im Übrigen folgt die Entscheidung der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur. 

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 15 OECD-MA, OECD-Musterabkommen
Verweise
BFH , I R 274/82








BFH , III R 60/70


Zitiert/besprochen in
Oberrader in BFGjournal 2020, 151
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.5101439.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at