Einräumung eines höchstpersönlichen Wohnungsgebrauchsrechts an die Witwe im Zuge eines Verlassenschaftsverfahrens - Abschluss eines Mietvertrages oder Einräumung einer Dienstbarkeit - Gebührentarif?
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/4100207/2015-RS1 | Wird im Zuge eines Verlassverfahrens der erblasserischen Witwe und Mutter der Beschwerdeführerin von Letzterer im Gegenzug für die Erbsausschlagung durch die Mutter dieser ein lebenslanges, höchstpersönliches, nicht übertragbares und vererbliches, auch die Rechtsnachfolger der Beschwerdeführerin bindendes Wohnungsgebrauchsrecht an der von der Mutter schon vorher bewohnten Wohnung im vererbten Familienwohnhaus eingeräumt, so spricht dies für die Einräumung einer Dienstbarkeit. Dies auch deshalb, weil keinerlei Hinweise auf den Abschluss eines Mietvertrages vorliegen und das Wohnrecht, ebenso wie ein Veräußerungs- und Belastungsverbot zu Gunsten der Berechtigten, ins Grundbuch eingetragen wurde. Dazu kommt noch, dass der Berechtigten eine Vermietung verboten war und sämtliche Betriebskosten von der Tochter zu tragen waren. Das Entgelt in Höhe des Wertes des Erbverzichtes war gemäß § 33 TP 9 GebG mit 2% zu vergebühren. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter hinsichtlich der Beschwerde der Bf., vertreten durch Notar, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Rechtsgeschäftsgebühr zu Recht
erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Im Verlassenschaftsverfahren nach dem verstorbenen Vater der Beschwerdeführerin (in der Folge auch bloß: Bf.) hatte die erblasserische Witwe, die Mutter der Bf., zugunsten der allein erbenden Bf. auf ihren Drittelanteil an der Erbschaft verzichtet. Im Gegenzug hatte sich die Mutter ein lebenslanges Wohnungsgebrauchsrecht an der Erdgeschosswohnung im von der Bf. erworbenen Zweifamilienhaus ausbedungen und von der Bf. vertraglich eingeräumt erhalten.
Für dieses Rechtsgeschäft hatte das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (im Folgenden nur: Finanzamt) Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 9 Gebührengesetz 1957 mit einem Tarifsatz von 2% des Wertes – des ausgeschlagenen Anteiles am Reinnachlass in Höhe von € 29.414,90 als Entgelt – vorgeschrieben.
Ihre dagegen fristgerecht erhobene und als Berufung bezeichnete Beschwerde begründete die Beschwerdeführerin damit, es läge ein Mietvertrag im Sinne des § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 Gebührengesetz 1957 vor, welcher nur mit einem Satz von 1% zu vergebühren wäre.
Über die Beschwerde wurde
erwogen:
Ausgehend vom Inhalt des elektronisch vorgelegten Bemessungsaktes und der darin einliegenden unbedenklichen Urkunden und Schriftstücke wird seitens des Bundesfinanzgerichtes nachstehender Sachverhalt als erwiesen und entscheidungsrelevant
festgestellt:
Der Vater der Beschwerdeführerin war im Herbst 2013 verstorben. Nachdem sich ihre Geschwister und ihre Mutter, die erblasserische Witwe, ihres gesetzlichen Erbteiles entschlagen hatten, wurde die (gesamte) Verlassenschaft der Bf., die dazu die unbedingte Erbantrittserklärung abgegeben hatte, als Alleinerbin eingeantwortet.
Zum Nachlass gehörte unter anderem eine Liegenschaft mit einem darauf befindlichen Zweifamilienhaus, das den gemeinsamen Wohnsitz der Eltern bildete, und in welchem die Mutter die Wohnung im Erdgeschoß bewohnte.
Unmittelbar vor der Einantwortung hatte die Bf. ihrer Mutter als Abgeltung für deren Erbverzicht ein Wohnungsgebrauchsrecht an der vorgenannten Wohnung eingeräumt. Verfasser der über diesen Rechtsvorgang errichteten Urkunde war ein Öffentlicher Notar, der nunmehr im gegenständlichen Rechtsmittelverfahren als bevollmächtigter Vertreter der Bf. fungiert.
In dieser als “Vertrag über die Einräumung eines Wohnungsgebrauchsrechts“ überschriebenen Urkunde heißt es auszugsweise, zusammengefasst, und zum Teil wörtlich wie folgt:
Die Mutter hat die ihr angefallene Erbschaft gegen Vorbehalt eines Wohnungsgebrauchsrechts und des Belastungs- und Veräußerungsverbots an der vorgenannten Liegenschaft ihres verstorbenen Ehegatten ausgeschlagen.
Einräumung des Wohnungsgebrauchsrechts:
In Erfüllung der vorgenannten Erbausschlagungserklärung der Mutter räumt die Bf. mit Wirkung für sich und ihre Rechtsnachfolger im Eigentum an der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft ihrer Mutter auf deren Lebensdauer das unentgeltliche Wohnungsgebrauchsrecht an der Wohnung im Erdgeschoß des Hauses ein. Die Mutterist demnach berechtigt, so wie bisher in dieser Wohnung alleine zu wohnen und jederzeit Besucher zu sich in die Wohnung kommen zu lassen und diese dort auch fallweise und vorübergehend zu beherbergen. Eine Vermietung der Wohnung oder einzelner Teile derselben durch die Wohnungsberechtigte ist nicht zulässig.
Kosten:
Die Tochter Bf. verspricht, alle laufenden Betriebs-, Bewirtschaftungs- und Verwaltungskosten der Liegenschaft und somit auch der Wohnung im Erdgeschoß zu tragen.
Bindung an die Person der Mutter:
Das Wohnungsgebrauchsrecht der Mutter ist ein höchstpersönliches Recht, kann nicht vererbt werden und erlischt mit ihrem Ableben.
Vorzeitiges Erlöschen des Wohnungsgebrauchsrechts:
Das Wohnungsgebrauchsrecht der Mutter endet ersatzlos und entschädigungslos, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen auf Dauer in dieser Wohnung nicht mehr wohnen kann, das Wohnungsgebrauchsrecht damit für sie wertlos geworden ist und sie deshalb in ein Seniorenwohnheim oder in ein Pflegeheim oder in eine Einrichtung “Betreutes Wohnen“ übersiedeln wird. Die Mutter verspricht, bei Vorliegen eines derartigen Sachverhalts die grundbücherliche Löschung ihres Wohnungsgebrauchsrechts und ihres Belastungs- und Veräußerungsverbotes zu bewilligen, sodass die Tochter Bf. dann ohne weiteres Mitwirkungsrecht ihrer Mutter über die Vertragsliegenschaft frei verfügen kann.
Sicherstellung:
Zur Verdinglichung dieses Wohnungsgebrauchsrechts bestellt die Bf. an der Vertragsliegenschaft die Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechts zu Gunsten und auf Lebensdauer ihrer Mutter.
III. Eigentumsverhältnisse:
Ferner verpflichtet sich die Tochter Bf. die Liegenschaft zwecks Erhaltung im Familienbesitz ab sofort nicht ohne Zustimmung ihrer Mutter ganz oder teilweise zu veräußern oder grundbücherlich zu belasten. Die Vertragsparteien vereinbaren die grundbücherliche Eintragung diese Belastungs- und Veräußerungsverbotes.
Die Vertragsparteien sind in Kenntnis, dass dieses Zustimmungsrecht nur zugunsten der Mutter und nur zulasten der Tochter Bf. gilt und nicht auf andere Personen vererbt oder übertragen werden kann.
Das Belastungs- und Veräußerungsverbot gilt solange, als das Wohnungsgebrauchsrecht der Mutter aufrecht besteht.
Weiters erklärten die Vertragsparteien noch ihre Zustimmung zur Eintragung des Wohnungsgebrauchsrechts und des Belastungs- und Veräußerungsverbotes im Grundbuch.
Abschließend ist zur Gebührenberechnung noch festgehalten, dass Bemessungsgrundlage für die Wohnrechtseinräumung gemäß § 33 TP 9 GebG der Wert des bedungenen Entgelts sei. Das Entgelt bestehe im Verzicht auf das quotenmäßige Erbrecht, welches einem (Drittel-) Anteil am Reinnachlass in Höhe von € 29.414,90 entspreche.
Diese Feststellungen sind im Hinblick auf die hier allein entscheidende Frage, ob mit der Vereinbarung ein Mietvertrag abgeschlossen oder eine Dienstbarkeit eingeräumt worden ist,
rechtlich wie folgt zu würdigen:
Gemäß § 33 TP 9 Gebührengesetz 1957 idgF (GebG) beträgt der Tarif der (Rechtsgeschäfts-) Gebühr für Dienstbarkeiten, wenn jemandem der Titel zur Erwerbung einer Dienstbarkeit entgeltlich eingeräumt oder die entgeltliche Erwerbung von dem Verpflichteten bestätigt wird, 2 v.H. von dem Werte des bedungenen Entgeltes.
Der Tarif der Gebühr für Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, beträgt nach § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG im allgemeinen 1 v.H. nach dem Wert.
Schließlich wird noch auf die Bestimmung des § 17 Abs. 1 GebG verwiesen, wonach für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend ist.
Das Gesetz umschreibt die Gebührentatbestände des § 33 GebG im Allgemeinen mit Begriffen des Zivilrechtes, in concreto des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB).
Nach § 472 ABGB wird durch das Recht der Dienstbarkeit ein Eigentümer (in der Regel einer Liegenschaft) verbunden, zum Vorteile eines anderen, nämlich des Berechtigten, in Rücksicht seiner Sache etwas zu dulden oder unterlassen. Es ist ein dingliches, gegen jeden Besitzer der dienstbaren Sache wirksames Recht.
Als persönliche Dienstbarkeiten (Servituten) kennt das bürgerliche Recht das Gebrauchsrecht, die Fruchtnießung und das Wohnungsrecht. Eine Fruchtnießung erlaubt einen – abgesehen von der zwingenden Schonung der Substanz – uneingeschränkten Gebrauch einer Sache. Ein Gebrauchsrecht ist ein dingliches Recht auf Nutzung einer Sache wie ein Fruchtgenuss, aber nur zum persönlichen Bedürfnis des Berechtigten. Ein Wohnungs(gebrauchs)recht ist das Recht, eine Wohnung zum persönlichen Gebrauch zu benützen.
Ein Wohnungsgebrauchsrecht ist dann anzunehmen, wenn einer Person Wohnräume zur Benützung bis an deren Lebensende versprochen werden. Es unterscheidet sich von der Miete durch die Unübertragbarkeit und Unvererblichkeit. Selbst ein ausnahmsweise nur obligatorisch begründetes Wohnungsgebrauchsrecht unterscheidet sich von der Miete durch die Unübertragbarkeit und Unvererblichkeit, der Berechtigte darf die Wohnung grundsätzlich nur selbst zu seinem Bedürfnis benützen.
Dem gegenüber heißt gemäß § 1090 ABGB ein Vertrag, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, Bestandvertrag.
Trotz Entgeltlichkeit ist aber die Bestellung eines Wohnungsrechtes noch nicht als Mietvertrag zu beurteilen (Pimmer in Schwimann, ABGB, Praxiskommentar, Band 2, Rz 29 zu § 521).
Nutzungen oder Leistungen, bei denen das Ende (Anm.: in absehbarer Zeit, hier spätestens mit dem Ableben der Mutter) sicher, der Zeitpunkt des Fortfalls aber ungewiss ist, sind solche von unbestimmter Dauer ( Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ( VwGH) vom , 83/15/0047, 0048).
Eine Vereinbarung, durch die eine Sache auf unbestimmte Zeit gegen Zahlung eines einmaligen Betrages zum Gebrauch überlassen wird, ist mangels Bestimmbarkeit des Zinses kein Bestandvertrag (Fellner, a.a.O., Rz 6 zu § 33 TP 5; ).
Verträge, die die Überlassung des Gebrauchs einer Wohnung gegen Entgelt zum Gegenstand haben, sind in der Regel (Anm.: nur dann) als Mietverträge zu werten, wenn sie die für einen Bestandvertrag typischen und charakteristischen Merkmale aufweisen (Fellner, a.a.O, Rz 10 zu § 33 TP 9; ).
Erst wenn die Wohnraumüberlassung die für den Bestandvertrag typischen und charakteristischen Merkmale aufweist, sind dessen Normen maßgebend (Binder in Schwimann, a.a.O., Band 4, Rz 47 zu § 1090).
Das Streben nach echten Mieteinnahmen ist für einen Bestandvertrag wesentlich (Fellner, a.a.O., Rz 12 zu § 33 TP 5; Slg 2336/F).
Für die Abgrenzung unterschiedlich geregelter gebührenpflichtiger Rechtsgeschäfte voneinander ist wie bereits oben ausgeführt grundsätzlich deren zivilrechtliche Einordnung maßgebend. Bestehen Auffassungsunterschiede über die Rechtsnatur eines Vertrages, der Elemente verschiedener Vertragstypen enthält, ist er gebührenrechtlich nach seinem überwiegenden rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Zweck zu beurteilen. Für die Rechtsnatur eines Vertrages ist die nach § 914 ABGB ermittelte Absicht der Parteien hinsichtlich der Wirkungen des Vertrages maßgebend. Dabei kommt es vor allem auf den von den Parteien bei Abschluss des Vertrages verfolgten, objektiv erkennbaren Zweck des Vertrages an (, und vom , 2010/16/0023). Maßgebend für die Zuordnung eines Rechtsgeschäftes zu einem Gebührentatbestand sind dabei das zu betrachtende Gesamtbild und nicht einzelne Sachverhaltselemente des Vertrages (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, Rz 9 zu § 15 GebG, mit weiteren Judikaturhinweisen).
Die Abgrenzung beispielsweise des Servitutes der Wohnung zu anderen Gebrauchsrechten an Wohnungen ergibt sich nach der Zivilrechtslehre ohne Rücksicht auf die von den Parteien gewählte Bezeichnung einerseits aus der Parteiabsicht auf Verdinglichung und aus dem Vertragszweck (Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 521).
Im vorliegenden Fall hatte die Beschwerdeführerin im Verlassverfahren nach ihrem verstorbenen Vater ihrer auf den Erbteil verzichtenden Mutter auf deren Lebensdauer ein Wohnungsgebrauchsrecht eingeräumt. Dieses umfasste die Berechtigung, wie bis dahin in der Erdgeschosswohnung im nachlassgegenständlichen Zweifamilienhaus alleine zu wohnen, wobei sich die bindende Wirkung auf die Bf. und auch auf deren Rechtsnachfolger im Eigentum der belasteten Liegenschaft erstrecken würde. Das Wohnungsgebrauchsrecht war ein unvererbliches, höchstpersönliches Recht, welches mit dem Ableben der Mutter erlischt. Ein vorzeitiges Erlöschen wurde nur für den Fall vereinbart, dass die Mutter in der Wohnung aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr wohnen könne und das Gebrauchsrecht für sie daher wertlos geworden sei. Zur Verdinglichung dieses Rechts bestellte die Bf. an der Vertragsliegenschaft die Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechtes zu Gunsten und auf Lebensdauer der Mutter. Eine Vermietung durch die Berechtigte wurde als unzulässig ausgeschlossen. Sämtliche laufenden Betriebs-, Bewirtschaftungs- und Verwaltungskosten auch der Wohnung waren von der Bf. zu tragen. Weiters vereinbarten die Parteien ein auf das aufrechte Bestehen des Wohnungsgebrauchsrechts abgestelltes grundbücherlich sicherzustellendes Belastungs- und Veräußerungsverbot, welches von keiner Vertragspartei auf andere Personen übertragen oder vererbt werden konnte. Bemessungsgrundlage für die Vergebührung dieses Rechtsgeschäftes sollte gemäß § 33 TP 9 GebG der Wert des bedungenen Entgelts sein.
Bei der nach dem ABGB gebotenen Ermittlung des objektiv erkennbaren Zweckes des gegenständlichen Rechtsgeschäftes durch das Finanzgericht, die sich nicht bloß auf die Beurteilung einzelner Sachverhaltselemente beschränkt, sondern eine Betrachtung des Gesamtbildes aller maßgebenden Umstände umfasst, ergeben sich in Verbindung mit den zitierten Rechtsmeinungen nachstehende Feststellungen:
Schon die in der Überschrift der Urkunde verwendete Bezeichnung als “Wohnungsgebrauchsrecht“ weist prima vista auf das Vorliegen einer Dienstbarkeit bzw. Servitut hin. Die Einräumung des verfahrensgegenständlichen Wohnungsgebrauchsrechtes erfolgte im Rahmen eines Nachlassverfahrens im engsten Verwandtenkreis. Bei solchen Vorgängen ist es aber äußerst ungewöhnlich, dass eine Wohnrechtseinräumung mittels eines Bestandvertrages erfolgt. Die Beschränkung erfolgte auf die Lebenszeit der Mutter, eine bestandvertragliche Weitergabe und die Vererbbarkeit waren explizit ausgeschlossen, das Wohnrecht also nur an die Person der Berechtigten gebunden. Auch wurde es der Mutter verwehrt, abgesehen von fallweisen, kurzfristigen und auf Besucher beschränkten Einzelfällen, weitere Personen am Wohnungsgebrauchsrecht teilhaben zu lassen. Derartig rigide Einschränkungen finden bei normalen Wohnungsmietverträgen üblicherweise nicht statt.
Dafür hat aber die Beschwerdeführerin sogar die Tragung sämtlicher, mit der Wohnung zusammenhängenden, laufenden Betriebskosten im weiteren Sinne übernommen, was bei Bestandverhältnissen unter Fremden ebenfalls völlig unüblich ist. Auch die verabredete Ausdehnung der Bindungswirkung auf die Rechtsnachfolger der Beschwerdeführerin im Eigentum der belasteten Liegenschaft spricht eindeutig dafür, dass der Mutter und Witwe ein höchstpersönliches, lebenslanges, finanziell sorgloses und vor allem gesichertes Verbleiben im Familienbesitz bar jeder erfolgversprechenden rechtlichen Anfechtungen ermöglicht und eingeräumt werden sollte.
Zu diesem Zwecke wurden nicht nur eine Verbücherung des Wohnrechtes, was an sich auch bei Mietverhältnissen fallweise vorkommt, sondern sogar eine dort höchst seltene Einverleibung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes zu Lasten der Liegenschaft und zu Gunsten der Berechtigten vorgenommen. Auch dies stellt sich als gewichtiges Indiz für die Absicht, der Berechtigten ein möglichst gesichertes, dingliches und daher gegen jedermann wirksames Recht auf ungestörte Gebrauchsausübung auf Lebenszeit zu verschaffen.
Besonders bedeutsam erscheint dem Gericht auch, dass sich keine Anhaltspunkte dafür finden lassen, dass es der Beschwerdeführerin in irgendeiner Hinsicht auf die Erzielung von (regelmäßig zufließenden) echten Mieteinnahmen angekommen wäre. Im Gegenteil sollte das Nutzungsrecht erst nur dann vorzeitig erlöschen, wenn es für die Berechtigte – infolge einer aus gesundheitlichen Gründen erforderlichen Übersiedlung in eine Betreuungs- bzw. Pflegeunterkunft – wertlos geworden wäre. Auch dies weist eindeutig auf einzig in der Person der Berechtigten und nicht der Verpflichteten gelegene Motive für die gewählte Vertragskonstruktion hin.
In dieses Bild fügt sich noch, dass sich das “Entgelt“ für die Nutzungsüberlassung erkennbar nicht wie sonst bei Bestandverträgen üblich an objektiven und (markt-) wirtschaftlich orientierten Parametern wie Größe und Lage des Vertragsobjektes, Dauer, Rentabilität, Verschaffung regelmäßiger Einnahmen orientierte, sondern losgelöst von derartigen Kriterien bloß mit dem Wert des Erbteiles, der in diesem Fall eben € 29.414,90 betragen hatte, angesetzt wurde.
Schließlich wird noch bemerkt, dass offenkundig sogar die Bf. selbst bzw auch ihr Vertreter im gegenständlichen Verfahren vom Vorliegen einer Servitut ausgegangen sind. So hat Letzterer als Öffentlicher Notar und daher als ausgewiesener Fachmann auf dem Gebiet des Gebührenrechts in seiner Funktion als Vertrags- (Urkunden-) Verfasser die Bezeichnung “Dienstbarkeit“ und als Bemessungsgrundlage den “Wert des bedungenen Entgelts“ gemäß § 33 “TP 9“ GebG“ herangezogen.
Zutreffend hat die Bf. in ihrer Beschwerdeschrift auf die Entscheidung des , verwiesen, wonach Verträge, die die Überlassung des Gebrauchs einer Wohnung gegen Entgelt zum Gegenstand haben, in der Regel als Mietverträge zu werten, wenn sie die für einen Bestandvertrag typischen und charakteristischen Merkmale aufweisen.
Dabei übersieht die Bf. allerdings, dass ein solcher Regelfall hier gerade nicht vorliegt, weil es schon am Merkmal eines (bestimmbaren) Zinses fehlt. Nutzungen wie hier das Wohnungsgebrauchsrecht, bei denen das Ende, gegenständlich also spätestens mit dem Ableben der Mutter, sicher, der Zeitpunkt des Fortfalls aber ungewiss ist, sind nach Ansicht des VwGH (Erkenntnis vom , 83/15/0047, 0048) von unbestimmter Dauer. Eine Vereinbarung, durch die eine Sache auf unbestimmte Dauer gegen Zahlung eines einmaligen Betrages zum Gebrauch überlassen wird, ist nach der oben dargelegten herrschenden Rechtsmeinung mangels Bestimmbarkeit des Zinses eben gerade kein Bestandvertrag.
Die von der Beschwerdeführerin zur Untermauerung ihrer Argumentation, es läge ein Mietvertrag vor, weiters angeführten Kriterien, wie eine Grundbucheintragung des Nutzungsrechtes als Schutz gegen Einzelrechtsnachfolger, ein vertraglicher Ausschluss der Untervermietung, sowie die Befristung auf die Lebenszeit der Berechtigten, vermögen insofern nicht zu überzeugen, als diese nach der oben ausführlich dargelegten Ansicht des Finanzgerichtes eindeutig für das Vorliegen einer Dienstbarkeit sprechen.
In der gesamten Urkunde wurden weder der Terminus “Miet-“ noch “Bestand-“ verwendet.
Irgendwelche anderen Indizien auf das Vorliegen eines Mietverhältnisses lassen sich bei objektiver Betrachtungsweise ebenfalls nicht finden.
Aus der Art des Rechtsgeschäftes und seines spezifischen Regelungsinhaltes ergibt sich, dass der Vertragswille auf die Erzielung eines Erfolges gerichtet war, der auch sonst typischerweise mit Verträgen über Dienstbarkeiten verbunden ist Zudem ist auch die getroffene Wortwahl typisch für Verträge, mit denen eine persönliche Dienstbarkeit eingeräumt werden soll.
Insgesamt gesehen wurde sohin nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes mit dem vorliegenden Vertrag sowohl aus den verwendeten Termini bzw. Bezeichnungen ableitbar als auch auf Grund des bei Anstellung einer objektiven Betrachtungsweise ermittelten Vertragszweckes eine Dienstbarkeit entgeltlich eingeräumt.
Eine solche Rechtseinräumung unterliegt der Gebühr nach § 33 TP 9 Gebührengesetz 1957 idgF mit einem Satz von 2 von Hundert (2%) des unbestritten gebliebenen Wertes des bedungenen Entgelts.
Der Beschwerde konnte daher ein Erfolg nicht beschieden sein.
Der Ausspruch über die Nichtzulässigkeit einer ordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof hatte zu erfolgen, da die Entscheidung über die Beschwerde nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Dies deshalb, weil die hier streitentscheidende Frage, ob im vorliegenden Fall vom Vorliegen eines Bestandvertrages gemäß § 33 TP 5 GebG oder einer Dienstbarkeit im Sinne des § 33 TP 9 GebG auszugehen war, durch die oben zitierte, umfangreiche und ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausreichend geklärt ist.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 17 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 TP 9 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 472 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 § 1090 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 |
Schlagworte | Mietvertrag Bestandvertrag Wohnungsgebrauchsrecht Wohnrecht Wohnungsrecht Dienstbarkeit Servitut |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2018:RV.4100207.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at