Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.03.2018, RV/7103544/2017

Kein Antritt zu Prüfungen in Bachelorstudium Technische Mathematik

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf. über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kindergeld für S. für den Zeitraum August 2015 bis September 2016 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Zeitraumes August bis November 2015 aufgehoben.

Hinsichtlich des Zeitraumes Dezember 2015 bis September 2016 wird die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig. 

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt überprüfte den Anspruch des Bf. auf Familienbeihilfe und richtete das diesbezügliche Schreiben vom an den Beschwerdeführer (Bf.).

Der Bf. reichte, soweit beschwerdegegenständlich, für seine Tochter folgende Unterlagen ein:
- Studienbestätigung der Technischen Universität vom (WS 2015)
- Bestätigung des Studienerfolges vom (-
- Studienblatt der Universität Wien vom (WS 2016)
- Studienbestätigung der Universität Wien vom (WS 2016)

Das Finanzamt erließ den Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag vom hinsichtlich der Tochter S … des Bf. für den Zeitraum August 2015 bis September 2016 mit folgender Begründung:
Familienbeihilfenanspruch besteht nur dann, wenn die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben wird. Dies wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessenen Zeitraums antritt.

Mit Beschwerde vom beantrage der Bf. die Aufhebung des Bescheides und begründete dies wie folgt: 
Meine Tochter hat im Oktober mit dem Studium Technische Mathematik begonnen, sie hat auch im Wintersemester zielstrebig die Universität besucht.
Sie musste im Laufe des Wintersemesters trotz ernsthaften Studiums in dieser Zeit erkennen, dass die Technische Mathematik nicht in ihrem Interessensgebiet liegt und wollte daraufhin auf Lehramt umsteigen.
Dies war allerdings in diesem Jahr nicht mehr möglich, da die notwendige Eingangsprüfung nur einmal jährlich im September abgehalten wird, und sie fast ein ganzes Jahr warten musste, um diese Prüfung ablegen zu können.
Laut § 2 Absatz 1 Lit d Familienbeihilfegesetz besteht Anspruch auf Familienbeihilfe „für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird. “
Da meine Tochter ihre Matura im Juni 2015 abgelegt hat und sogleich zum nächstmöglichen Zeitpunkt, nämlich dem Wintersemester 2015, eine weitere Berufsausbildung in Form ihres Studiums begonnen hat, erweist sich die Rückforderung bis inklusive September 2015 als rechtswidrig, da meine Tochter für diese Zeit nach oben zitierter Bestimmung jedenfalls Anspruch auf Familienbeihilfe hatte.
Da meine Tochter auch im Wintersemester ernsthaft und zielstrebig studiert hat, erweist sich auch die Rückforderung für das Wintersemester als unrichtig, insbesondere da das Gesetz grundsätzlich als Anspruchsvoraussetzung im ersten Studienjahr nur die Inskription vorsieht. Das ernsthafte und zielstrebige Studium kann aus dem Besuch von Vorlesungen und der Teilnahme an Übungen im Wintersemester 2015 ersehen werden, lediglich Prüfungen hat meine Tochter vor dem Studienwechsel (siehe oben) nicht mehr abgelegt.

Ein Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom betreffend Studienerfolgsnachweis der Tochter des Bf. für das Studienjahr 2015/16 beantwortete der Bf. wie folgt:
Wie bereits in meiner Beschwerde ausgeführt, kann ich Ihnen keine Erfolgsnachweise übermitteln. Meine Tochter hat im Wintersemester zwar ernsthaft und zielstrebig studiert, hat sich aber dann letztendlich nicht zu den Prüfungen „hingetraut“. Jedenfalls hat sie regelmäßig Vorlesungen und Übungen besucht. Bei den Übungen bestand Anwesenheitspflicht, welche auch überprüft wurde. Sie hat die Übungern Analysis 1, Lineare Algebra und Geometrie 1 und Einführung in das Programmieren für technische Mathematik mit Pruckner, Behrisch und Praetorius besucht, was auch bezeugt werden kann.

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom enthält folgende Begründung:
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden.
Bei Kindern, die eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305/1992, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.
Die Aufnahme als ordentliche Hörerin oder ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr.
Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für das vorhergehende Studienjahr (Nachweiszeitraum) die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern im Gesamtumfang von acht Semestenwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird.
Ziel einer Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Dazu gehört regelmäßig auch der Nachweis der Qualifikation. Das Ablegen der vorgesehenen Prüfungen ist somit wesentlicher Bestandteil der Berufsausbildung ( und , 97/15/0111).
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. d FLAG besteht eindeutig nur dann ein Anspruch auf die Gewährung einer Familienbeihilfe für die Zeitspanne zwischen Beendigung der Schulausbildung und dem Beginn eines Studiums, wenn die Ausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Ablegung der Matura begonnen wird.
Ihre Tochter S… hat mit Wintersemester 2015/16 für das Studium „Technische Mathematik (Bachelor)“ inskribiert. Mit Wintersemester 2016/17 wechselte sie dann in das Lehramtsstudium. Laut Ihrer Erklärung hat S … im ersten Studienjahr zwar Vorlesungen besucht, ist aber zu den erforderlichen Prüfungen nicht angetreten. Daher kann nicht von einer ernsthaften und zielstrebigen Berufsausbildung ausgegangen werden. Da keine Berufsausbildung im Studienjahr 2015/16 vorliegt, hat S … somit nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Ablegung der Matura mit einer weiteren Berufsausbildung begonnen. Daher besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für den Zeitraum ab Ablegung der Matura und dem Beginn des Studiums.

Der Vorlageantrag wurde am eingebracht wie folgt:
Da meine Tochter ihre Matura im Juni 2015 abgelegt hat, und sogleich zum nächstmöglichen Zeitpunkt, nämlich dem Wintersemester 2015, eine weitere Berufsausbildung in Form ihres Studiums begonnen hat, erweist sich die Rückforderung bis inklusive September 2015 als rechtswidrig.
Meine Tochter hat für diese Zeit laut § 2 Absatz 1 Lit d Familienbeihilfegesetz jedenfalls Anspruch auf Familienbeihilfe. Diese Bestimmung stellt nämlich lediglich auf den Beginn einer weiteren Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt ab.
Die Zeit während der Berufsausbildung wird in § 2 Absatz 1 Lit b Familienbeihilfegesetz geregelt. Hier wird auch die Anspruchsvoraussetzung für das 1. Studienjahr festgelegt. So gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr die Aufnahme als ordentlicher Hörer. Da meine Tochter im Wintersemester 2015/2016 jedenfalls ordentlicher Hörer war, erweist sich Ihre Rükforderung von Oktober 2015 bis September 2016 als rechtswidrig.
Erst ab dem zweiten Studienjahr wird der Anspruch auf Familienbeihilfe an den Nachweis eines erfolgreichen Studiums gebunden. Der Vorwurf der mangelnden Ernsthaftig- und Zielstrebigkeit geht somit ins Leere. Trotzdem möchte ich an dieser Stelle nochmals darauf hinweisen, dass meine Tochter sehr wohl Vorlesungen und Übungen (mit kontrollierter Anwesenheit) besucht hat und keinesfalls von vornherein die Absicht hatte, keine vorgesehenen Prüfungen abzulegen.
Ich (kann) daher nachvollziehen, dass die Familienbeihilfe im zweiten Studienjahr bis zum Nachweis von genügend ECTS-Punkten ausgesetzt wird. Dass ein Studienwechsel durch diese Rückforderung allerdings somit zwei Jahre lang „bestraft” wird verstehe ich nicht.

Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Die Tochter des Beschwerdeführers (Bf.), S…, geb. ...07.1997 maturierte im Jahr 2015 und inskribierte im Wintersemester 2015/2016 an der Technischen Universität Wien technische Mathematik.
Die Familienbeihilfe (FB) wurde auf Grund der Angaben des Bf. vorerst für das erste Studienjahr bis September 2016 zuerkannt. S … ist jedoch zu keiner einzigen Prüfung angetreten und war überdies laut Aktenlage im Sommersemester 2016 nicht mehr inskribiert.
Im Wintersemester 2016/2017 wechselte sie zur Universität Wien zum Studienfach Lehramt Italienisch und Mathematik. Bis dato sind auch aus diesem Studium keine positiv abgelegten Prüfungen aktenkundig.
Die FB wurde mit Bescheid vom von August 2015 bis September 2016 rückgefordert. Dagegen brachte der Bf. am eine Beschwerde ein, die mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen wurde. Am langte ein Vorlageantrag ein.
Stellungnahme:
Nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 gilt die Aufnahme als ordentlicher Hörer als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Ein Studienjahr an der Universität ist in ein Winter- und in ein Sommersemester gegliedert. Da im Sommersemester 2016 keine Inskription vorliegt, besteht allein aus diesem Grund kein Anspruch auf FB für den Zeitraum März bis September 2016.
Hinsichtlich der vom Bf. argumentierten Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit der Tochter im Wintersemester 2015/2016 wird auf die ständige Rechtsprechung verwiesen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einem Lehrplan oder einer Studienordnung vorgesehen sind, ist essenzieller Bestandteil des Studiums und damit der Berufsausbildung selbst. Der laufende Besuch einer der Berufsausbildung dienenden Einrichtung reicht für sich allein noch nicht aus, um das Vorliegen einer Berufsausbildung im hier maßgeblichen Sinn anzunehmen. Hierzu muss vielmehr das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg treten, das sich im Antreten zu den erforderlichen Prüfungen bzw. Vorprüfungen zu manifestieren hat.
Zwar ist - abgesehen von den leistungsorientierten Voraussetzungen beim Besuch einer in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtung - nicht der Prüfungserfolg ausschlaggebend, das anspruchsvermittelnde Kind muss aber durch Prüfungsantritte innerhalb angemessener Zeit versuchen, die Voraussetzungen für den erfolgreichen Abschluss der Berufsausbildung zu erfüllen (vgl. Zl. 98/15/0001).
Da, wie der Bf. ausführt, S … bereits im Wintersemester 2015/2016 erkannte, dass sie das Studium technische Mathematik nicht werde abschließen können, kann nicht vom Bemühen um einen Ausbildungserfolg in diesem Studium gesprochen werden.
Nach Ansicht des Finanzamtes hat sich S … von Oktober 2015 bis September 2016 nicht in einer Berufsausbildung i.S.d. FLAG befunden, weshalb gem. § 2 Abs. 1 lit. d FLAG auch für die Monate August und September 2015 keine Beihilfe zusteht.
Dem Bf. bleibt es unbenommen, einen neuerlichen Antrag auf FB ab Oktober 2016 zustellen. Allerdings muss auch da der Nachweis der Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit im neuen Studium erbracht werden.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Die Tochter des Bf. maturierte im Juni 2015 und inskribierte im Wintersemester 2015/2016 an der Technischen Universität das Bachelorstudium Technische Mathematik mit dem Status als ordentliche Studierende (Vorlageantrag, Beschwerdevorlage, Studienbestätigung vom ).

Die Tochter des Bf. erkannte im Laufe des Wintersemesters 2015/2016, dass die Technische Mathematik nicht in ihrem Interessensgebiet liegt und wollte daraufhin auf ein Lehramtsstudium umsteigen. Dies war in diesem Jahr nicht mehr möglich, da die notwendige Eingangsprüfung nur einmal jährlich im September abgehalten wird, und sie fast ein ganzes Jahr warten musste, um diese Prüfung ablegen zu können (Angaben des Bf.).

Im Sommersemester 2016 inskribierte die Tochter des Bf. kein Studium (STUD-Auskunft und Beschwerdevorlage).

Im Zeitraum bis legte die Tochter des Bf. betreffend das o.a. Studium keine Prüfung ab (Bestätigung des Studienerfolges vom ).

Im Wintersemester 2016/2017 inskribierte die Tochter des Bf. an der Universität Wien das Bachelorstudium: Lehramt Sek (AB) Lehrverbund UF Italienisch und UF Mathematik, Studienbeginn: (Studienblatt der Universität Wien vom ).

Rechtslage:

§ 2 Abs. 1 lit. b und d Familienlastenausgleichsgesetz bestimmt:
Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.
...
d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird.

Im Zweifel muss auch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nachgewiesen werden, dass überhaupt ein Studium betrieben wird. So hat dieser in seinem Erkenntnis vom , Ro 2015/16/0033 in den Rz 36 bis 39 Folgendes ausgeführt:
36 Die Familienbeihilfe wird zwar monatlich gewährt und die Anspruchsvoraussetzungen müssen zwar für jeden Kalendermonat vorliegen, doch ist es im Hinblick auf die in den Materialien zum Bundesgesetz BGBl. Nr. 311/1992 erwähnte akademische Freiheit, ein Studium und den Studienfortgang völlig frei zu bestimmen, nicht erforderlich, über den pauschalierten Erfolgsnachweis hinaus, der eben im ersten Studienjahr ex-ante nicht erbracht werden kann, detaillierte Nachweise zu erbringen, ob und wie in einem bestimmten Monat studiert wird.
37 Nur in bestimmten Fällen können solche Fragen ausschlaggebend sein. So ist es etwa im Falle eines Studienabbruchs durchaus möglich, aber auch nicht zwingend, dass dieser Studienabbruch nicht zum Ende eines Studienjahres oder eines Semesters erfolgt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Ra 2014/16/0006). Ein weiterer solcher Fall läge vor, wenn über die Aufnahme als ordentlicher Hörer hinaus von vorneherein keinerlei Aktivität in Richtung eines Studiums gesetzt wird. Dann läge auch noch keine Berufsausbildung vor.
38 Den Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes, der Sohn des Revisionswerbers habe über die Zulassung als ordentlicher Hörer hinaus keine studentische Aktivität im ersten Studienjahr entfaltet, tritt der Revisionswerber nicht entgegen.
39 Solcherart ist es nicht als rechtswidrig zu befinden, wenn das Bundesfinanzgericht zum Ergebnis gelangte, dass der Sohn des Revisionswerbers im Streitzeitraum keiner Berufsausbildung unterlag und der Revisionswerber keinen Anspruch auf Familienbeihilfe für seinen Sohn B für diesen Zeitraum hatte.

Ziel einer Berufsausbildung ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Dazu gehört regelmäßig auch der Nachweis einer ernstlichen Bemühung um diese Qualifikation. Das Ablegen vorgesehener Prüfungen ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung. Der laufende Besuch einer der Berufsausbildung dienenden schulischen Einrichtung reicht für sich allein noch nicht, um das Vorliegen einer Berufsausbildung im hier maßgeblichen Sinn anzunehmen. Hinzu muss vielmehr das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg treten, das sich im Antreten zu den erforderlichen Prüfungen bzw. Vorprüfungen zu manifestieren hat. Zwar ist nicht der Prüfungserfolg ausschlaggebend. Das anspruchsvermittelnde Kind muss aber durch Prüfungsantritte innerhalb angemessener Zeit versuchen, die Voraussetzungen für den erfolgreichen Abschluss der Berufsausbildung zu erfüllen (vgl. Zl. 98/15/0001).

Das Gesetz lässt den Studierenden zwar eine gewisse Freiheit, wann und wie sie sich den Stoff aneignen. Das bedeutet jedoch nicht, dass über die Inskription hinaus keine weiteren Aktivitäten gesetzt werden müssen. Insbesondere bewirkt ein Abbruch des Studiums den Verlust des Anspruchs auf Familienbeihilfe, weil in diesem Fall bis zur Aufnahme eines neuen Studiums keine Ausbildung mehr vorliegt ().

Im Erkenntnis vom , RV/3101172/2016, erwog das Bundesfinanzgericht:
Wie oben weiters dargelegt sind bei einem Studium die erforderlichen Kriterien einer "Berufsausbildung" als FB-Anspruchsvoraussetzung gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG in Zusammenhalt mit den hier zu beachtenden Regelungen des Studienförderungsgesetzes 1992 nur dann erfüllt, wenn nach § 16 StudFG 1992 ein günstiger Studienerfolg vorliegt. Dieser ist insbesondere nur dann gegeben, wenn ua. erfolgreich absolvierte Lehrveranstaltungen und Prüfungen nachgewiesen werden (§§ 20 bis 25 StudFG).
Im Hinblick darauf, dass im gegenständlich zu beurteilenden ordentlichen Studium an der UniX lediglich Vorlesungen besucht, jedoch keinerlei Prüfungen abgelegt wurden, kann daher – entgegen dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen – davon, dass der Sohn das Studium dennoch "zielstrebig und gewissenhaft verfolgt" habe, nicht gesprochen werden.

  • Erkannte die Tochter des Bf. bereits dermaßen bald nach ihrem Studienbeginn, dass die Technische Mathematik nicht in ihrem Interessensgebiet liegt und wollte sie daraufhin auf ein Lehramtsstudium umsteigen, was in diesem Jahr nicht mehr möglich war und musste sie fast ein ganzes Jahr (!) warten, um die Prüfung im September (des Jahres 2016) ablegen zu können,

  • legte sie betreffend das im Wintersemester 2015/2016 inskribierte Bachelorstudium im gesamten Semester bzw. in der Nachfrist des Semesters keine Prüfung ab,

  • inskribierte sie im Sommersemester 2016 nicht mehr und legte sie dementsprechend keine Prüfung mehr ab und gab der Bf. als Grund für das Nichtantreten zu Prüfungen an, seine Tochter habe sich „nicht [zu ergänzen: auch nur ein einziges Mal] zu den Prüfungen hingetraut“,

kann betreffend das Wintersemester 2015/2016 spätestens ab Ende November 2015 und betreffend das Sommersemester 2016 nicht gesagt werden, dass die Tochter des Bf. ein ernsthaftes und zielstrebiges Studium betrieben hat. Zudem hat der Bf. auch keine Unterlagen, die auf ein ernsthaft und zielstrebig betriebenes Studium der Tochter schließen lassen würden, beigebracht (vgl. ).
Für die Einschätzung, dass bereits mit Studienaufnahme kein ernsthaftes und zielstrebiges Studieren geplant war (-I/09), bietet der Akteninhalt keinen Anhaltspunkt.
Betreffend das Sommersemester 2016 wurden mangels Inskription nicht einmal die Formalvoraussetzungen erfüllt.

Betreffend die Monate August bis November 2015 war der bekämpfte Bescheid daher aufzuheben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Mit gegenständlichem Erkenntnis wurde nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung entschieden. Feststellungen auf der Sachverhaltsebene betreffen keine Rechtsfragen und sind grundsätzlich keiner Revision zugängig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7103544.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at