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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 11.04.2018, RV/5101444/2017

Festsetzung einer Zwangsstrafe wegen Nichtabgabe der Abgabenerklärungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden und die weiteren Senatsmitglieder R, Beisitzer1 und Beisitzer2 in der Beschwerdesache Beschwerdeführer, vertreten durch Stb, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt FA vom , Steuernummer 15-040/1818, betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe in der Sitzung am  zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt und Parteienvorbringen

Der Beschwerdeführer wurde mit verfahrensleitender Verfügung vom aufgefordert, die Umsatz- und Einkommensteuererklärung für das Veranlagungsjahr 2015 bis bei der belangten Behörde einzureichen.
Nachdem er dieser Aufforderung nicht Folge geleistet hatte, wurde er mit verfahrensleitender Verfügung vom erinnert, die Umsatz- und Einkommensteuererklärung 2015 bei der belangten Behörde einzureichen und eine Nachfrist bis gesetzt.
Am erging neuerlich eine verfahrensleitende Verfügung, mit der unter Androhung einer Zwangsstrafe in Höhe von 300,00 € die Einreichung der Abgabenerklärung bis aufgetragen wurde.
Mit Bescheid vom wurde die angedrohte Zwangsstrafe mit € 300,00 festgesetzt. Diese Zwangsstrafe ist bis zu entrichten. Gleichzeitig erging die Aufforderung, die bisher nicht abgegebene Einkommensteuererklärung 2015 und Umsatzsteuererklärung 2015 bis beim Finanzamt einzureichen. Begründend wurde angeführt, dass die Festsetzung der Zwangsstrafe erforderlich war, weil der Abgabenpflichtige die vorgenannten Abgabenerklärungen nicht bis eingereicht habe.

Am erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch Steuerberater, Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe vom und begründete diese wie folgt:
"Die Leistungsverpflichteten müssen aus der Anordnung klar und zweifelsfrei erkennen können, was von ihnen verlangt wird, und die Abgabenbehörde hat die gesetzlichen Bestimmungen anzuführen, auf die sich ihr unter Zwang gestelltes Leistungsbegehren stützt. Hier reicht die bloße Bezugnahme auf § 111 BAO nicht aus (vgl. Stoll, BAO 1200).
Im Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe ist angeführt: „Die mit Bescheid vom angedrohte Zwangsstrafe wird gemäß § 111 BAO mit Euro 300,00 festgesetzt.“
Die gesetzlichen Bestimmungen, auf die die Abgabenbehörde ihr unter Zwang gestelltes
Leistungsbegehren stützt, fehlen (BFH BStBl 1955 III 178). Die Bezugnahme auf § 111 BAO reicht jedenfalls nicht aus (vgl. Felix, BB 1955, 723). Der Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe ist daher rechtswidrig und daher aufzuheben.
Aus dem Wortlaut von § 111 Abs. 1 BAO (arg „Die Abgabenbehörden sind berechtigt [...]“) erschließt sich, dass die Festsetzung der Zwangsstrafe (dem Grunde und der Höhe nach) im Ermessen der Abgabenbehörde liegt (Vgl Ritz, BAO5 § 111 Rz 10; Ellinger et al, BAO3 § 111 Anm 2, E 5; Stoll, BAO 1200). Die Abgabenbehörde hat dabei das Ermessen nach den Grundsätzen des § 20 BAO (Billigkeit und Zweckmäßigkeit) zu üben und die Ermessensausübung im Festsetzungsbescheid der Zwangsstrafe nachvollziehbar zu begründen. So genügt z.B. der alleinige Hinweis im Bescheid über die Festsetzung der Zwangsstrafe, dass eine solche aufgrund der Nichtabgabe der Abgabenerklärungen
erforderlich war, nicht, sondern stellt eine mangelhafte Begründung dar, aus der eine Abwägung der Interessen der Partei und der Behörde nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit nicht ersichtlich ist (vgl. ). Die Begründung lautet wie folgt: „Die Festsetzung der Zwangsstrafe war erforderlich, weil Sie die vorgenannten Abgabenerklärungen nicht bis eingereicht haben.“ Aufgrund mangelhafter Begründung ist daher der gegenständliche Bescheid rechtswidrig.
Es wird daher der Antrag gestellt, den Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe von EUR 300,00 ersatzlos aufzuheben.
Für den Fall der Nichtstattgabe der Beschwerde und Vorlage der Beschwerde an das
Verwaltungsgericht wird die Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat beantragt (§ 272 Abs. 1 BAO).
Gemäß § 274 BAO wird weiters die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt:
"Am wurden die U1- und E1-Erklärung 2015 mit der Frist abverlangt.
Am erfolgte eine Erinnerung mit Nachfrist .
Am erfolgte eine Erinnerung mit Zwangsstrafenandrohung mit Nachfrist .
Am erfolgte die Festsetzung der angedrohten Zwangsstrafe.
Die abverlangten Abgabenerklärungen sind bis dato () immer noch nicht beim
Finanzamt eingelangt.
§ 20 BAO lautet:
§ 20. Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach Ihrem Ermessen zu treffen haben
(Ermessensentscheidungen), müssen sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.
§ 110 BAO lautet:
§ 110. (1) Gesetzlich festgesetzte Fristen können, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden.
(2) Von der Abgabenbehörde festgesetzte Fristen können verlängert werden. Die Verlängerung kann nach Maßgabe der Abgabenvorschriften von Bedingungen, insbesondere von einer Sicherheitsleistung (§ 222), abhängig gemacht werden.
(3) Gegen die Ablehnung eines Antrages auf Verlängerung einer Frist ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.
§ 111 BAO lautet:
§ 111. (1) Die Abgabenbehörden sind berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.
(2) Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muss der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.
(3) Die einzelne Zwangsstrafe darf den Betrag von 5.000 Euro nicht übersteigen.
(4) Gegen die Androhung einer Zwangsstrafe ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.
§ 119 BAO lautet:
§ 119. (1) Die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung
abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände sind vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.
(2) Der Offenlegung dienen insbesondere die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgabenrechtliche Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekanntgeben.
§§ 133, 134, 135 BAO lauten:
§ 133. (1) Die Abgabenvorschriften bestimmen, wer zur Einreichung einer Abgabenerklärung verpflichtet ist. Zur Einreichung ist ferner verpflichtet, wer hiezu von der Abgabenbehörde aufgefordert wird. Die Aufforderung kann auch durch Zusendung von Vordrucken der Abgabenerklärungen erfolgen.
(2) Sind amtliche Vordrucke für Abgabenerklärungen aufgelegt, so sind die Abgabenerklärungen unter Verwendung dieser Vordrucke abzugeben. Soweit Abgabenerklärungen, für die die Einreichung im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise zugelassen
ist, in einer solchen Weise eingereicht werden, entfällt die Verpflichtung zur Verwendung der amtlichen Vordrucke. Die Versicherungsnummer (§ 31 Abs. 4 Z 1 ASVG), die Firmenbuchnummer (§ 30 Firmenbuchgesetz) und die Melderegisterzahl (§ 16 Meldegesetz 1991), sofern diese bekannt ist, sind anzugeben, wenn dies für die Abgabenerklärungen vorgesehen ist.
§ 134. (1) Die Abgabenerklärungen für die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer, die Umsatzsteuer sowie für die Feststellung der Einkünfte (§ 188) sind bis zum Ende des Monates April jeden Folgejahres einzureichen. Diese Abgabenerklärungen sind bis Ende des Monates Juni einzureichen, wenn die Übermittlung elektronisch erfolgt. Diese Fristen können vom Bundesminister für Finanzen allgemein erstreckt werden.
(2) Die Abgabenbehörde kann im Einzelfall auf begründeten Antrag die in Abgabenvorschriften bestimmte Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung verlängern. Wird einem Antrag auf Verlängerung der Frist zur Einreichung der Abgabenerklärung nicht stattgegeben, so ist für die Einreichung der Abgabenerklärung eine Nachfrist von mindestens einer Woche zu setzen.
§ 135. Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, kann die Abgabenbehörde einen Zuschlag bis zu 10 Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Verspätungszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht
erreichen, sind nicht festzusetzen.
Die in der Beschwerde angeführten Ausführungen, die gesetzlichen Bestimmungen‚ auf die die Abgabenbehörde ihr unter Zwang gestelltes Leistungsbegehren stützt, fehlten, sind für das Finanzamt nicht nachvollziehbar.
Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung zur fristgerechten Abgabe der Steuererklärungen für 2015 nicht nachgekommen ist, eine Erinnerung unter
Zwangsstrafenandrohung erfolglos blieb und die Steuererklärungen für 2015 immer noch nicht abgegeben worden sind.
Zweck der Zwangsstrafe ist es, die Abgabenbehörde bei der Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen und die Partei zur Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Pflichten zu verhalten (vgl. ). Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Einreichung von Abgabenerklärungen eine mittels Zwangsstrafe nach § 111 BAO erzwingbare Leistung dar (vgl. , und ).
Da die gesetzliche Frist für die Einreichung der Steuererklärungen 2015 als auch die behördlich erstreckte Frist hierfür bereits abgelaufen war, war die mit der Androhung der Zwangsstrafe mit Bescheid vom gesetzte Frist zur Nachholung der Erklärungsabgabe bis (knapp drei Wochen) nicht unangemessen kurz.
Es wäre dem Beschwerdeführer freigestanden, ein ordnungsgemäßes Fristverlängerungsansuchen zu stellen, dies ist jedoch nicht erfolgt.
Die Festsetzung der Zwangsstrafe liegt im Ermessen der Abgabenbehörde. Zur
Ermessensübung wird erwogen:
Für einen Fortgang der Veranlagung und eine zeitgerechte Abgabenfestsetzung ist die
fristgerechte Abgabe von Steuererklärungen unerlässlich. Der Verwaltungsökonomie steht es entgegen, wenn die Finanzverwaltung die Abgabe der Steuererklärungen erst jeweils - teilweise mehrfach - urgieren muss.
Diese Steuererklärungen haben in Erfüllung der Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (§ 119 BAO) vollständig und richtig zu sein.
Der Abgabepflichtige ist auch im Vorjahr (2014) seiner Verpflichtung zur rechtzeitigen Abgabe der Steuererklärungen nicht nachgekommen, es musste ebenfalls eine Zwangsstrafe angedroht werden. Die damalige Steuernachforderung war mit € 18.245,- beträchtlich und es ist nicht auszuschließen, dass sie für 2015 in ähnlicher Höhe ausfallen wird.
Gründe, die die Nichtabgabe entschuldbar erscheinen lassen, wurden seitens der Partei nicht angeführt und sind auch nicht erkennbar.
Die Verhängung einer Zwangsstrafe von 300,- Euro, also von 6% der Höchststrafe von
5.000 Euro, ist im gegenständlichen Fall angemessen."

Am stellte der Beschwerdeführer durch seine steuerliche Vertretung einen Vorlageantrag und verwies hinsichtlich der Begründung auf die Ausführungen in der Beschwerde vom .

Die Beschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Die Ladungen für die mündliche Senatsverhandlung am wurden den Parteien am zugestellt.

Am brachte der Beschwerdeführer, vertreten durch Steuerberater, eine schriftliche Stellungnahme ein, in der er folgendes ausführte:

"Mit Schreiben vom , zugestellt am , wurde eine Ladung zur
mündlichen Verhandlung wegen einer Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe übermittelt.
Die Verhandlung wurde für , 09:00 Uhr, am Bundesfinanzgericht, Adresse, anberaumt.
Aufgrund einer Terminkollision wurde bereits telefonisch um Verschiebung der Verhandlung gebeten, diese Bitte wird nunmehr auch schriftlich unterbreitet.
Für den Fall, dass dieser Bitte nicht entsprochen werden kann, wird ergänzend seitens des steuerlichen Vertreters schriftlich vorgebracht:
Der steuerliche Vertreter hat die Einkommen- und Umsatzsteuererklärung 2015
ordnungsgemäß elektronisch eingebracht. Aufgrund eines Übermittlungsfehlers wurde die
elektronische Entgegennahme seitens der Finanzverwaltung automatisiert verweigert. Im
BMD-NTCS (kanzleiinternes Buchhaltungs- und Bilanzierungsprogramm) wurde elektronisch ein Übermittlungsprotokoll erstellt.
In der Folge wurde jedoch fälschlicherweise die fehlerhafte Übermittlung seitens der Sekretärin nicht erkannt, eine entsprechende Nachkontrolle erfolgte fälschlicherweise nicht, zumal man von einer ordnungsgemäßen Übermittlung ausging.
Gegenüber dem Abgabenpflichtigen wurde seitens des steuerlichen Vertreters die
ordnungsgemäße Übermittlung der Steuererklärungen zugesagt, eine verspätete Übermittlung der Erklärungen für das Jahr 2014 hatte ihren Ursprung in einem Steuerberaterwechsel, wobei der alte Steuerberater die entsprechenden Unterlagen sehr zeitverzögert übergab.
Die fehlerhafte Nachkontrolle durch Mitarbeiter des steuerlichen Vertreters war dem
Abgabenpflichtigen zu keiner Zeit erkennbar, der Ordnung halber wird auch darauf
hingewiesen, dass es in der Zwischenzeit personelle Veränderungen gab. Vielmehr wurde dem Abgabenpflichtigen die ordnungsgemäße Übermittlung der Steuererklärungen zugesagt.
Nicht abschätzbar ist, ob eine fehlerhafte Übermittlung von Steuererklärungen für die
Finanzverwaltung dennoch erkennbar gewesen wäre, welche in der Folge einen
Mängelbehebungsauftrag nach sich gezogen hätte. Diesbezüglich darf auf anhaltende
Übermittlungsprobleme bzw. laufende Updates (bis hin zur Umstellung von elektronischen
Arbeitsabläufen) hingewiesen werden. Wenn selbst Prüfungsorgane meinen, keine
Originalunterlagen mehr zu übermitteln, weil nicht mehr gewährleistet werden kann, dass
Unterlagen "nicht verloren" gehen, darf andererseits auch um Nachsicht bei selbstverursachten Übermittlungsfehlern des steuerlichen Vertreters ersucht werden.
Die Gründe für ein entschuldbares Fehlverhalten, wie von der Finanzverwaltung im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung gefordert, hätten im Rahmen einer mündlichen Verhandlung nochmals dargelegt werden können.
Abschließend darf auch darauf hingewiesen werden, dass sämtliche Bescheide für das Jahr 2015 bereits veranlagt und beglichen wurden."

Der Vertagungsantrag wurde mit Beschluss vom abgewiesen und begründend ausgeführt, dass eine berufliche Verhinderung nur dann einen Vertagungsgrund darstelle, wenn sie so zwingend sei, dass sie nicht durch entsprechende rechtzeitige Dispositionen beseitigt werden könne. Der vom Steuerberater genannte Grund "Lehrgang" bzw. "Terminkollision" stelle keinen tauglichen Vertragungsgrund iSd angeführten Rechtsprechung dar, da weder dargelegt wurde, warum der einschreitende Steuerberater nicht für eine geeignete Vertretung sorgen kann, noch eine Intervention aus ganz besonderen Gründen im Einzelfall gerade dieses Steuerberaters dringend geboten erscheine. Zudem sei das Vorbringen zu unsubstantiiert um zielführend sein zu können.

Mit Schreiben vom wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen. Es wurde weiters festgehalten, dass das Bundesfinanzgericht offensichtlich eine Zeugenaussage nicht für erforderlich halte, da das ergänzende Vorbringen vom den Sachverhalt offensichtlich ausreichend darlege.

Beweiswürdigung

Der entscheidungsrelevanten Sachverhalt steht unbestritten fest und ergibt sich aus den vorliegenden Aktenteilen.

Rechtslage

§ 111 BAO lautet:
(1) Die Abgabenbehörden sind berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.
(2) Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muss der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.
(3) Die einzelne Zwangsstrafe darf den Betrag von 5 000 Euro nicht übersteigen.
(4) Gegen die Androhung einer Zwangsstrafe ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.

Erwägungen

Gemäß § 111 Abs. 1 erster Satz BAO sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Nach dem ersten Satz des § 111 Abs. 2 BAO muss der Verpflichtete, bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistungen aufgefordert werden.

Nach § 133 Abs. 1 BAO bestimmen die Abgabenvorschriften, wer zur Einreichung einer Abgabenerklärung verpflichtet ist. Zur Einreichung ist ferner verpflichtet, wer hiezu von der Abgabenbehörde aufgefordert wird. Die Aufforderung kann auch durch Zusendung von Vordrucken der Abgabenerklärungen erfolgen.

Eine Aufforderung zur Einreichung einer Abgabenerklärung ist eine mit Zwangsstrafe erzwingbare verfahrensleitende Verfügung der Abgabenbehörde (vgl. Fischerlehner, Abgabenverfahren², § 133 Tz 1; ).

Der Beschwerdeführer wurde wiederholt (, , ) zur Einreichung der Abgabenerklärungen betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2015 aufgefordert, ohne dass er darauf reagierte. Letztlich wurde die Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 300,00 € angedroht, wenn die Erklärungen nicht bis eingereicht würden.

Die Festsetzung einer Zwangsstrafe ist rechtswidrig, wenn die verlangte Leistung unmöglich oder unzumutbar oder bereits erfolgt wäre. Dies wird gegenständlich weder behauptet noch sind diesbezüglich Hinweise aktenkundig.

Der Zweck der Zwangsstrafe ist die die Unterstützung der Abgabenbehörde bei der Erreichung ihrer Verfahrensziele. Die Erforderlichkeit der Festsetzung der Zwangsstrafe war gegeben, weil der Beschwerdeführer die vorgenannten Abgabenerklärungen trotz mehrmaliger diesbezüglicher Aufforderung nicht bis eingereicht hat.

Im Bescheid vom über die Festsetzung einer Zwangsstrafe bzw. bereits in den davor an ihn ergangenen verfahrensleitenden Verfügungen war die vom Beschwerdeführer zu erbringende nicht vertretbare Leistung mit der Aufforderung, die bisher nicht abgegebenen Abgabenerklärungen, Einkommensteuererklärung 2015 und Umsatzsteuererklärung 2015 bis zum einzureichen, zweifelsfrei und ausreichend bestimmt.

Die Festsetzung der Zwangs­strafe liegt (dem Grunde und der Höhe nach) im Ermessen der Abgabenbehörde. Gemäß § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen),  in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Bei der Ermessensübung ist ua zu berücksichtigen: das bisherige die Erfüllung abgaben­rechtlicher Pflichten betreffende Verhalten der Partei, der Grad des Verschuldens der Partei, die Höhe allfälliger Abgabennachforderungen bei Zwangs­strafe wegen Nichteinreichung der Abgabenerklärung, die abgaben­rechtliche Bedeutung (Auswirkung) der verlangten Leistung, daher zB keine Höchst­strafe bei Strittigkeit von Klein­beträgen (Ritz, BAO6, § 111 Tz 10). 

Bereits im Rahmen der Veranlagung 2014 wurde der Beschwerdeführer wiederholt fruchtlos zur Einreichung der Abgabenerklärungen aufgefordert. Schließlich wurde ebenfalls eine Zwangsstrafe festgesetzt und schließlich die Abgabengrundlagen im Schätzungsweg ermittelt, weil der Beschwerdeführer keine Erklärungen einreichte. Gegenständlich weigerte sich der Beschwerdeführer neuerlich beharrlich, seine abgabenrechtlichten Pflichten zu erfüllen. Erneut wurden die Bemessungsgrundlagen im Schätzungsweg ermittelt. Mit Beschwerdevorentscheidung wurde die Einkommensteuer rechtskräftig mit 9.347,00 € festgesetzt. Bemerkenswert ist, dass der Beschwerdeführer auch die Abgabenerklärungen für das Veranlagungsjahr 2016 nicht eingereicht hat und neuerlich eine Zwangsstrafe festgesetzt wurde. Der Beschwerdeführer verletzt nicht nur seine Erklärungspflicht, sondern verursacht eine im Vergleich zu anderen Steuerpflichtigen späte Abgabenfestsetzung und -entrichtung. Unter diesen Umständen ist nicht erkennbar, dass das von der Abgabenbehörde angewandte Druckmittel mit dem angestrebten Ziel der Erklärungsabgabe unvereinbar wäre. Ebensowenig ist zu ersehen, mit welchen gelinderen Zwangsmitteln der Beschwerdeführer zur Erfüllung der ihm obliegenden Erklärungspflicht bewegt werden könnte. Es ist somit festzustellen, dass die Verhängung der Zwangsstrafe aus Gründen der Prozessökonomie wie auch in Hinblick auf die Gleichmäßigkeit der Besteuerung jedenfalls zweckmäßig war.

Was die Höhe der verhängten Zwangsstrafe anlangt, ist darauf hinzuweisen, dass die Abgabenbehörde lediglich sechs Prozent des gesetzlich vorgesehen Höchstbetrages festgesetzt hat. In Hinblick auf die Beharrlichkeit, mit der sich der Beschwerdeführer weigert, seine abgabenrechtlichen Pflichten zu erfüllen, bewegt sich die Abgabenbehörde nach Ansicht des Senates am untersten Rand der möglichen Ermessensübung.

Das Finanzamt hat den Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe lediglich damit begründet, dass die Festsetzung der Zwangsstrafe erforderlich war, weil der Beschwerdeführer die gegenständlichen Abgabenerklärungen nicht bis eingereicht hat. Das Beschwerdevorbringen, wonach damit das Ermessen bei der Festsetzung der Zwangsstrafe im Bescheid nicht ausreichend begründet worden ist, ist somit zutreffend.

Jedoch können bloße Begründungsmängel erstinstanzlicher Bescheide im Rechtmittelverfahren saniert werden (vgl. ; ).

Bereits in der Beschwerdevorentscheidung wurde der Begründungsmangel des Erstbescheides durch Verweis auf die relevanten gesetzlichen Grundlagen und durch Nachholen der Begründung des Ermessens für die Festsetzung der Zwangsstrafe ausreichend saniert. Im Vorlageantrag wurde der Begründung der Beschwerdevorentscheidung nichts mehr entgegnet.

Wenn der Beschwerdeführer, vertreten durch Steuerberater, in der Stellungnahme vom vorbringt, dass der steuerliche Vertreter die Einkommen- und Umsatzsteuererklärung 2015 ordnungsgemäß elektronisch eingebracht habe, die elektronische Entgegennahme seitens der Finanzverwaltung aufgrund eines Übermittlungsfehlers automatisiert verweigert worden und in der Folge fälschlicherweise die Übermittlung seitens der Sekretärin nicht erkannt worden sei, so ist dem entgegenzuhalten:

Die erfolgreiche oder nicht erfolgreiche Übermittlung wird als Protokoll in die Databox zugestellt. Wurde das Datenpaket (teilweise) für nicht verarbeitbar befunden, werden im Übermittlungsprotokoll die fehlerhaften und nicht übernommenen einzelnen Datensätze aufgelistet und der (die) dazugehörende(n) Fehler beschrieben. Für am Vormittag übermittelte Datenpakete wird am gleichen Tag (Nachmittag) ein Übermittlungsprotokoll in die DataBox gestellt. Für am Nachmittag übermittelte Datenpakete wird ein Übermittlungsprotokoll am nächsten Tag (Vormittag) in die DataBox gestellt (Humberger, FinanzOnline für Bilanzbuchhalter, BÖB 2007, 12).

Die Angestellte der steuerlichen Vertretung bzw. der Steuerberater selbst hätte daher jedenfalls durch das in die DataBox übersendete Übermittlungsprotokoll erkennen können, dass die Übermittlung der Einkommen- und Umsatzsteuererklärung 2015 fehlgeschlagen ist. Je nachdem wann die Übermittlung stattgefunden hat, jedenfalls am nächsten Tag. Dass der steuerlichen Vertretung der Übermittlungsfehler in der Folge bis zur ersten Aufforderung zur Einreichung der Abgabenerklärungen betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2015 am nicht aufgefallen sei, ist daher auffallend sorglos.

Das Vorbringen bzgl. des Übermittlungsfehlers vermag auch nicht zu erklären, weshalb der Beschwerdeführer trotz wiederholter Aufforderung (, , ) zur Einreichung der Abgabenerklärungen betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2015 nicht darauf reagierte. Schon im Zeitpunkt der ersten Aufforderung am hätte klar sein müssen, dass die Einkommen- und Umsatzsteuererklärung 2015 noch ausständig sind.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, das nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (zB. ; ) und Literaturmeinung (Fischerlehner, Abgabenverfahren², § 308, Tz 7; Ritz, BAO Kommentar6, § 308, Tz 17) ein Verschulden des Vertreters dem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten ist.

Im Schriftsatz vom legt der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers dar, dass zunächst die Sekretärin fälschlicherweise die fehlerhafte Übermittlung der Abgabenerklärungen nicht erkannt habe und in der Folge fälschlicherweise keine Nachkontrolle erfolgt sei. Damit wird die Organisation des Kanzleibetriebes in einer Art und Weise beschrieben, welche es nicht gewährleistet, dass die fristgerechte Wahrnehmung von Fristen sichergestellt ist. Das Vorbringen ist somit nicht geeignet, den Senat an der Richtigkeit der Vorschreibung der beschwerdegegenständlichen Zwangsstrafe zweifeln zu lassen.  
In diesem Zusammenhang ist den Ausführungen des steuerlichen Vertreters im Schreiben vom  insofern zuzustimmen, dass der Sachverhalt ausreichend dargelegt wurde. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass kein Antrag auf Durchführung einer Zeugeneinvernahme gestellt wurde, insbesondere wurde auch kein Zeuge namhaft gemacht.        

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage liegt im gegenständlichen Fall nicht vor, das sich das Bundesfinanzgericht bei der zu lösenden Rechtsfrage am Gesetzestext sowie an der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung orientierte.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 111 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 111 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 133 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.5101444.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at