Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.03.2018, RV/7100515/2006

Künstlerische Tätigkeiten?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Be­schwer­desache Bf., ver­treten durch Mag. Dieter Zins, 2136 Laa/Thaya, Goethestraße 28, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Gänsern­dorf Mistelbach vom betreffend Einkommensteuer 1999 – 2003 nach der am durch­ge­führ­ten mündlichen Verhandlung entschieden:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Als die im Spruch angeführten Bescheide angefochten wurden, war der Unabhängige Fi­nanz­senat für die Rechtsmittelerledigung zuständig. Diese Zuständigkeit des Unabhän­gi­gen Finanzsenates endete am . An seine Stelle trat am das Bun­des­finanzgericht (BFG), das alle mit Ablauf des anhängigen Rechtsmittelver­fah­ren – und damit auch dieses Rechtsmittelverfahren – weiterführt. Mit Einführung der Ver­waltungsgerichtsbarkeit () haben sich die Bezeichnungen der Rechtsmit­tel geändert. Das Bundesfinanzgericht verwendet in seinen Verfahren die verwaltungs­ge­richts­übliche Terminologie: „Berufungen“ werden als „Beschwerden“ bezeichnet, „Beru­fungs­vorentscheidungen“ als „Beschwerdevorentscheidungen“ und „Berufungswerbe­rin­nen“ als „Beschwerdeführerinnen (Bf.)“.

2. Die Bf. war in den Streitjahren (1999 – 2003) als Keramikerin, Bildhauerin und bis als künstlerische Leiterin bei A beruflich tätig. Ab war sie Kunsterzieherin in einer Schule.

Aus ihren Tätigkeiten als Keramikerin und Bildhauerin erzielte sie Einkünfte iHv umge­rech­net EUR 5.152,00 (1993), EUR 4.651,00 (1994), EUR - 4.123,00 (1995), EUR - 1.059,00 (1996), EUR - 3.824,00 (1997), EUR - 3.563,00 (1998) und in den Streitjahren negative Ein­künfte iHv EUR - 4.715,00 (1999), EUR - 4.762,00 (2000), EUR - 5.478,00 (2001), EUR - 9.766,00 (2002) und EUR - 4.606,00 (2003), wes­halb das Finanzamt diese Tätig­keit als steuerlich unbeachtliche Liebhabereibetätigung be­urteilte.

Die Bescheide vom waren innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Beschwerde anfechtbar und wurde mit der Beschwerde vom angefochten.

Das Finanzamt wies die Beschwerde als verspätet zurück. Der Zurückweisungsbescheid wurde von der Bf. angefochten und da sie nachwies, dass sie die Beschwerde rechtzeitig ein­gebracht hatte, gab das Finanzamt der Beschwerde gegen den Zurückweisungs­be­scheid statt.

3. In der Beschwerde brachte die Bf. vor, sie könne keine Prognoserechnung vorlegen, da sie Unikate herstelle und von deren Verkauf lebe. Sie verwirkliche sich primär künstlerisch und könne das Käuferverhalten nicht beeinflussen. Eine Trendumkehr sei absehbar, da der Verlust 2004 nur EUR 06,00 betrage.

Sollte die künstlerische Tätigkeit als Liebhabereibetätigung beurteilt werden, beantragt die Bf., die dabei entstandenen Ausgaben als Werbungskosten bei ihren nichtselbständigen Tä­tigkeiten zu berücksichtigen. Sie sei von ihren Arbeitgebern nur deshalb eingestellt wor­den, weil sie künstlerisch ausgebildet und selbständig tätig gewesen sei und dies durch ihr bisheriges Werk nachgewiesen habe.

4. Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom abgewiesen.

In der gesonderten Begründung wurde dazu ausgeführt, dass die Bf. aus ihrer Tätigkeit als Bildhauerin und Keramikerin Gewinne erwirtschaftete, solange diese Tätigkeit die einzige Ein­kunftsquelle war. Ab Aufnahme der Angestelltentätigkeiten habe die Bf. offenbar zu wenig Arbeitszeit in diese Tätigkeit investiert, weshalb sie diese Tätigkeit nicht mehr wirt­schaftlich geführt habe. Maßnahmen, die als Verbesserung der Ertragslage beurteilt wer­den können, seien nicht erkennbar. Daher sei wegen Art, Umfang, Intensität der Betäti­gung und teilweise den Umsatz übersteigenden Verlusten von einer Betätigung iSd § 1 Abs 1 Z 2 LVO sei auszugehen.

Die Beschwerdevorentscheidung war innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Vorlagean­trag anfechtbar und wurde mit dem Vorlageantrag vom angefochten.

5.BFG – Ermittlungen:

5.1. Mit Schreiben vom legte die Bf. das Erkenntnis , vor und führte dazu aus, die unselbständige Haupttätigkeit werde durch die selbständige künstlerische Tätigkeit ermöglicht und unterstützt, weshalb eine die Liebha­be­rei ausschließende einheitliche Tätigkeit vorliege. Auf Seite 297 des Kommentars von ... wird hingewiesen.

5.2. Mit Antwortschreiben vom wurden die mit Schreiben vom an den Steuerberater der Bf. gestellten Fragen wie folgt beantwortet:

5.2.1.

Frage: ln , war eine Ausbildung die Voraussetzung für die Aus­übung aller Tätigkeiten: Welche Ausbildung/en hat lhre Klientin absolviert, um den Be­ruf als Keramikerin und Bildhauerin ausüben zu können? Welche Ausbildung/en hat lhre Klientin absolviert, um den Beruf einer künstlerischen Leiterin bei A aus­üben zu können? Welche Ausbildung/en hat lhre Klientin absolviert, um den Beruf als Kunster­zie­he­rin ausüben zu können?

Antwort: Die Bf. habe zusätzliche Einkunftsquellen wegen der prekären Einkommenssi­tua­tion ihrer Familie gesucht. Die Bf. wurde an der Hochschule 1 ausgebildet. Weitere Ausbildungen seien nicht erforderlich gewesen, da sie wegen ihrer künst­lerischen Tätigkeit bei A und an der Schule angestellt worden sei.

5.2.2.

Frage: ln , wurden alle Tätigkeiten am selben Stand­ort aus­geübt: Wo übt lhre Klientin den Beruf als Keramikerin und Bildhauerin aus? Wo übt lhre Klien­tin den Beruf als künstlerische Leiterin bei A aus?

Antwort: Die Bf. übte ihre künstlerische Tätigkeit im Atelier in Ort1 aus. Die Tätigkeit als künstlerische Leiterin bei A übte sie in Ort1 und am Firmenstandort von A aus. Als künstlerische Leiterin war sie nur für künstlerische Entwicklung, Entwürfe und Ausarbeitung verantwortlich.

5.2.3.

Frage: ln bildeten nicht gleichartige Tätigkeiten einen ein­heit­li­chen Betrieb, weil sie sich eigneten, einander zu ergänzen: Bitte beschrei­ben Sie die Tä­tig­keit lhrer Klientin als künstlerische Leiterin bei A und geben Sie an, in wel­chen Punkten sich diese Tätigkeit eignet, die Tätigkeiten lhrer Klientin als Ke­ra­mi­ke­rin, Bild­hau­erin und Kunsterzieherin zu ergänzen.

Antwort: Der einheitliche Betrieb wurde nur deshalb angenommen, weil die Tätigkeiten selb­ständig ausgeübt wurden. Ein einheitlicher Betrieb könne wegen der verschiede­nen Einkunftsarten nicht vorliegen. Wesentlich sei nur, dass die selbständige die unselb­stän­di­ge Tätigkeit fördere. Als künstlerische Leiterin bei A habe die Bf. Entwürfe und ihre Entwicklung in Ort1 durchgeführt; als Kunsterzieherin habe sie dort ca. 12 Projek­te für die Schule entwickelt und Objekte erstellt, um die Schüler zu inspirieren.

5.2.4.

Frage: ln den Erkenntnissen , , 91/13/0112, , 91/13/0237 und , 91/13/0054, mussten künstlerische Techniken und Gestaltungsprinzipien angewendet werden, damit eine Tätigkeit „künstlerisch“ im Sin­ne des Einkommensteuergesetzes ist: Bitte legen Sie Ablichtungen von Werken lhrer Klien­tin aus der Tätigkeit als Keramikerin und Bildhauerin und Ablichtungen der Entwür­fe lhrer Klientin aus der Tätigkeit bei A vor.

[...]

5.2.5.

Frage: ln den Erkenntnissen , , 91/13/0112, , 91/13/0237 und , 91/13/0054, wurde im Beweisverfahren ge­klärt, ob ein Werk „Kunsthandwerk“ oder „Kunstwerk“ ist. Bitte geben Sie Name und Anschrift von Personen bekannt, die lhre Klientin im Kunstfach „Keramik und Bildhauerei“ un­ter­rich­tet ha­ben und deshalb (auch) als sachverständige Gutachter in Frage kommen.

Antwort: Die Bf. legte eine Referenzliste mit folgenden Namen vor: B (ver­storben), C, D (verstorben), E (verstorben), F, G und H.

5.2.6.

Frage: ln , waren Entwürfe für Brillenfassungen we­gen der Ein­engung des Gestaltungsspielraumes durch die vorgegebene Form des Pro­duk­tes „Brillenfassung“ nicht „künstlerisch“ im Sinne des Einkommensteuergesetzes: Welche Vor­ga­ben gab es bei den Entwürfen, die lhre Klientin für A gemacht hat?

Antwort: Für die Entwürfe gab es keine Vorgaben, weshalb das volle Risiko der Ableh­nung bestanden habe.

5.3. Am wurde das Schreiben vom wie folgt beantwortet: Die Refe­ren­zen erfolgte mündlich; die Bf. werde mündliche Referenzen einholen. Sie ergänzt die Referenzliste um 2 weitere Namen. Ein Gutachten zu erstellen, sei nicht notwendig, da die Bf. den akademischen Grad Magister Artium erworben habe. Die abgelichteten Werke sei­en aus der künstlerischen Ausbildung der Bf. entstanden und dienten A als Aus­gangs­punkt ihrer Kunstproduktion. Einige Entwürfe gingen nicht in Produktion und seien deshalb Unikate und damit Kunstwerke. Andere Werke seien nicht reproduzierbare Uni­ka­te und Ausfluss der künstlerischen Tätigkeit der Bf. (© Bf.). Die Bf. habe keine pä­da­go­gi­sche Ausbildung; sie sei wegen ihrer Ausbildung zum Magister Artium an der Hoch­schu­le für angewandte Kunst bestens geeignet, bildnerische Erziehung zu unter­rich­ten. Ein­heit­liche Voraussetzung um zu unterrichten und als künstlerische Leiterin bei A tätig sein zu können, sei daher die Ausbildung zum Magister Artium gewesen. Die Bf. habe für beide Tätigkeiten dieselben Wirtschaftsgüter verwendet. Die künstlerische Tätigkeit ha­be der Werbung für die unterrichtende Tätigkeit gedient. Die Vorteile seien so groß ge­we­sen, dass private Gründe für die Inkaufnahme der Verluste auszuschließen seien.

5.4. Mit eMail vom legte die Bf. folgende Unterlagen vor:

5.4.1. Lebenslauf, worin u.a. die Ateliersgründung mit 1982 datiert ist.

5.4.2. Schreiben vom , worin A bestätigt, dass die Bf. wegen ihrer künstlerischen Ausbildung und ihrer aktiven künstlerischen Tätigkeit im Bereich der bil­denden Kunst als Designerin aufgenommen worden ist.

5.4.3. Zeugnis vom , worin A mitteilt, dass die Bf. vom bis als Designerin bzw. als Leiterin der Designabteilung mit folgenden Aufgaben betraut war: Design: Entwurf, Entwicklung und Ausarbeitung von dekorativen Tüchern und Emailmuster; Produktentwicklung: Entwurf, Entwicklung und Ausarbeitung von Schmuck­stü­cken in Koordination mit der Einkaufsabteilung bzw. mit den Lieferanten; Muster­schutz: Verantwortung für die Abwicklung und termingerechte Anmeldung aller neuen Produkte und Designleitung: Künstlerische Leitung in Koordination mit der Geschäftsleitung und Mar­ketingabteilung.

5.4.4. Schreiben vom , worin ein Gymnasium bestätigt, dass die Bf. wegen ihrer künstlerischen Ausbildung und Ausübung ihres künstlerischen Berufes als Lehrerin für bildnerische Erziehung in den Schuldienst aufgenommen worden ist.

5.4.5. Schreiben vom , worin ein anderes Gymnasium bestätigt, dass die Bf. wegen ihrer künstlerischen Ausbildung und Ausübung ihres künstlerischen Berufes als Lehrerin für bildnerische Erziehung in den Schuldienst aufgenommen worden ist.

5.4.6. Nicht datiertes Empfehlungsschreiben eines Universitätsprofessors an der 2, worin erklärt wird, warum die Bf. als Vortragende und Leiterin einer Lehrveranstaltung eingeladen worden ist.

5.4.7. Nicht datierter Artikel über die Bf., worin Ausstellungen, die 2012 und 2013 stattge­fun­den haben, beschrieben werden.

5.4.8. Bescheid vom über die Verleihung des Titels „Master of Advanced Stu­dies (art and economy)“ nach Abschluss des postgradualen Universitätslehrgangs „art and economy“.

5.4.9. Abschlusszeugnis vom , Universitätslehrgang „art and economy“, aus­ge­stellt von der 3 samt Urkunde vom über die Ver­leihung des akademischen Grades Master of Advanced Studies (art and economy)“.

6. Aus den Verwaltungsakten:

6.1. Die Bf. eröffnete ihr Atelier für „Keramikerzeugung“ am .

6.2. Die Bf. erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus ihrer Tätigkeit für A ab .

6.3. Die Einkünfte aus der Keramikerzeugung betrugen in den Jahren nach den Streit­jah­ren: EUR - 5,95 (2004); EUR - 6.199,07 (2005); EUR - 6.186,08 (2006); EUR 514,64 (2007) und EUR - 6.256,01 (2008).

6.4. Für die Jahre nach 2008 liegen dem Bundesfinanzgericht (bis zur Verhandlung) keine Daten vor.

7. Aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung:

Dem Finanzamt wird eine Ablichtung der gemailten Unterlagen übergeben.

Bf./Steuerberater : „In Österreich ist es schwierig, mit einer künstlerischen Tätigkeit wirt­schaft­liche Erfolge zu erzielen. Marktgerechtes Verhalten sei nicht auf künstlerische Tä­tig­kei­ten übertragbar. Auf das Konzertpianisten - Erkenntnis wird verwiesen. Auch im Falle der Bf. habe die künstlerische Tätigkeit nur Vorteile gebracht. Die Bf. ist bei A und an der Schule nur deshalb angestellt worden, weil sie Künstlerin ist. 2016 habe sie eine be­fris­tete Lehrertätigkeit. Den Masterlehrgang art and economy habe sie gemacht, um ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern. Die künstlerische Tätigkeit ist Beruf, Berufung, Lei­denschaft und Lebensmittelpunkt der Bf. bis heute“.

Finanzamt : „Es gab auch in den Folgejahren Verluste. Sie wurden immer als Einkünfte aus selbständiger Arbeit erklärt. Der VwGH hat damals betont, dass jede Tätigkeit der­sel­ben Einkunftsart zuzuordnen ist“.

Bf./Steuerberater und/oder Finanzamt über die ab 2009 erzielten Einkünfte:

EUR - 6.132,75 (2009); EUR - 5.109,70 (2010); EUR - 12.171,70 (2011); EUR - 9.000,03 (2012); 2013: nichts erklärt; 2014: nichts erklärt; ab 2015: Einkünfte aus dem Gewerbe­be­trieb „Web­de­sign“ (ist eine andere Tätigkeit).

Vorgelegt wird eine Ablichtung der Entscheidung , und ein Ausdruck aus dem Internet.

Bf./Steuerberater : „Die Schule hat die Webseite gestaltet und darin angeführt, was für El­tern aus pädagogischer Sicht wichtig sein könnte. Die Schüler waren im Atelier. Für A hat die Bf. von zu Hause aus gearbeitet. Die Bf. hat beispielsweise den Brenn­ofen auch für Projekte bei A und der Schule verwendet. Dass die Bf. ohne päda­go­gi­sche Ausbildung unterrichten konnte, war eine Ausnahmeregelung, da damals zu we­nig pä­dagogisch ausgebildete Kunsterzieherinnen waren. Die Fortbildung hat 2004 den Um­satz gesteigert“.

Finanzamt: Die Frage des Finanzamtes wird dahingehend beantwortet, dass die Bf. einen Tag in der Woche für A in ihrem Atelier gearbeitet hat. Einmal im Unterrichtsjahr war jede von 10 bis 12 Klassen im Atelier. Auch nicht fertig Ausgebildete haben an Schu­len unterrichtet, wenn Mangel an ausgebildeten Lehrern bestanden hat.

Die abgelichteten Musterbänder sind in Wirklichkeit der Entwurf für einen Armreifen. Die Entwürfe werden auf Papier gezeichnet.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Da alle Rechtsmittel frist- (und soweit erforderlich auch) formgerecht eingebracht worden sind, ist über die Beschwerde „in der Sache“ zu entscheiden.

1. Beschwerdepunkt/e

In der Sache ist strittig, ob die Verluste aus der Tätigkeit der Bf. als Keramikerin und Bild­hauerin aus einer steuerlich unbeachtlichen Liebhabereibetätigung stammen oder ob sie als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anrechenbar sind.

2. Sach- und Beweislage

Der Entscheidung ist folgende, aus dem Beschwerdevorbringen und den Verwaltungs­ak­ten sich ergebende, Sach- und Beweislage zugrunde zu legen:

2.1. Die Bf. eröffnete am ein Atelier für Keramikerzeugung in Ort1. Mit der Ke­ramikerzeugung erzielte sie bis 1994 Gewinne und ab 1995 bis zur Aufgabe der Ke­ra­mik­erzeugung einen Gesamtverlust iHv EUR 92.442,65.

2.2. Ab war die Bf. künstlerische Leiterin bei A; ab unter­rich­te­te sie Kunsterziehung an einer Schule.

2.3. Eine Prognoserechnung legte die Bf. nicht vor. Sie gab an, dass sie eine Prognose­rech­nung nicht erstellen kann, da sie a.) Unikate herstellt von deren Verkauf sie lebt, b.) sich primär künstlerisch verwirklicht und das Käuferverhalten nicht beeinflussen kann und c.) künstlerisch tätig zu sein, de dato „Beruf, Berufung, Leidenschaft und Lebensmittel­punkt“ (© Verhandlungsniederschrift) der Bf. ist .

3. Rechtslage

Gemäß § 1 Abs 1 Liebhabereiverordnung – LVO liegen Einkünfte bei einer Betätigung (einer Tätigkeit oder einem Rechtsverhältnis) vor, die durch die Absicht veranlasst ist, einen Gesamtgewinn oder einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Wer­bungs­kosten (§ 3) zu erzielen, und nicht unter Abs 2 fällt.

Voraussetzung ist, dass die Absicht anhand objektiver Umstände (§ 2 Abs 1 und 3) nach­voll­zieh­bar ist. Das Vorliegen einer derartigen Absicht ist für jede organisatorisch in sich ge­schlossene und mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattete Einheit gesondert zu beurteilen.

Gemäß § 1 Abs 2 LVO ist Liebhaberei bei einer Betätigung anzunehmen, wenn Verluste entstehen:

1. aus der Bewirtschaftung von Wirtschaftsgütern, die sich nach der Verkehrsauffassung in einem besonderen Maß für eine Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignen (z.B. Wirt­schaftsgüter, die der Sport- und Freizeitausübung dienen, Luxuswirtschaftsgüter) und typischerweise einer besonderen in der Lebensführung begründeten Neigung entspre­chen oder

2. aus Tätigkeiten, die typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begrün­de­te Neigung zurückzuführen sind oder

3. aus der Bewirtschaftung von Eigenheimen, Eigentumswohnungen und Mietwohn­grund­stücken mit qualifizierten Nutzungsrechten.

Die Annahme von Liebhaberei kann in diesen Fällen nach Maßgabe des § 2 Abs 4 aus­ge­schlossen sein. Das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist für jede organi­sa­to­risch in sich geschlossene und mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattete Einheit ge­sondert zu beurteilen.

Gemäß § 1 Abs 3 LVO liegt Liebhaberei nicht vor, wenn eine Betätigung bei einer einzel­nen Einheit im Sinn des Abs 1 vorletzter Satz, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit weiteren Einheiten steht, aus Gründen der Gesamtrentabilität, der Marktpräsenz oder der wirtschaftlichen Verflechtung aufrechterhalten wird.

Fallen bei Betätigungen im Sinn des § 1 Abs 1 Verluste an, so ist das Vorliegen der Ab­sicht, einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungs­kosten (§ 3) zu erzielen, insbesondere anhand folgender Umstände zu beurteilen:

1. Ausmaß und Entwicklung der Verluste, 2. Verhältnis der Verluste zu den Gewinnen oder Überschüssen, 3. Ursachen, auf Grund deren im Gegensatz zu vergleichbaren Be­trie­ben, Tätigkeiten oder Rechtsverhältnissen kein Gewinn oder Überschuss erzielt wird, 4. marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf angebotene Leistungen, 5. marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf die Preisgestaltung, 6. Art und Ausmaß der Bemühungen zur Verbesserung der Ertragslage durch strukturverbessernde Maßnahmen; z.B. Rationalisie­rungs­maßnahmen (§ 2 Abs 1 LVO).

Innerhalb der ersten drei Kalenderjahre (Wirtschaftsjahre) ab Beginn einer Betätigung (z.B. Eröffnung eines Betriebes) im Sinn des § 1 Abs 1, längstens jedoch innerhalb der ersten fünf Kalenderjahre (Wirtschaftsjahre) ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwen­dun­gen (Aus­gaben) für diese Betätigung liegen jedenfalls Einkünfte vor (Anlaufzeitraum). Die­ser Zeitraum wird durch die Übertragung der Grundlagen der Betätigung auf Dritte nicht un­ter­brochen. Nach Ablauf dieses Zeitraumes ist unter Berücksichtigung der Verhältnis­se auch innerhalb dieses Zeitraumes nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen, ob wei­terhin vom Vorliegen von Einkünften auszugehen ist. Ein Anlaufzeitraum im Sinne des ersten Satzes darf nicht angenommen werden, wenn nach den Umständen des Ein­zel­falls damit zu rechnen ist, dass die Betätigung vor dem Erzielen eines Gesamt­ge­win­nes (Ge­samt­überschusses) beendet wird (§ 2 Abs 2 LVO).

Bei Betätigungen gemäß § 1 Abs 2 liegt Liebhaberei dann nicht vor, wenn die Art der Be­wirt­schaftung oder der Tätigkeit in einem absehbaren Zeitraum einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) erwarten lässt. An­dern­falls ist das Vorliegen von Liebhaberei ab Beginn dieser Betätigung so lange an­zu­neh­men, als die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit nicht im Sinn des vorstehen­den Satzes geändert wird (§ 2 Abs 4 LVO).

4. Rechtliche Würdigung und Entscheidung

4.1. Da die Bf. bis 1994 Gewinne mit der Keramikerzeugung erzielte, war bis zu diesem Ka­len­derjahr davon auszugehen, dass die Keramikerzeugung eine erwerbswirtschaftli­che Be­tä­tigung iSd § 1 Abs 1 LVO war.

Nach § 1 Abs 1 LVO liegen Einkünfte aus erwerbswirtschaftlichen Betätigungen dann vor, wenn Gesamtgewinne oder Gesamtüberschüsse zu erzielen beabsichtigt wird. Diese Ab­sicht ist ab 1995 zu verneinen:

Die Bf. hat keine Prognoserechnung vorgelegt; ihre Angaben über die Entwicklung der Be­triebsergebnisse sind zu vage, um daraus die von der Bf. behauptete, tatsächlich nicht ein­ge­tretene Trendumkehr nachzuvollziehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Ver­wal­tungsgerichtshofes ist Sache der Bf. und nicht Sache der Finanzverwaltung, eine realis­ti­sche Prognoserechnung vorzulegen und ein positives Gesamtergebnis anhand konkre­ter Bewirtschaftungsdaten darzustellen (). Die Bf. hat daher weder nachgewiesen, noch glaubhaft gemacht, dass sie ab 1995 beabsichtigt hat, einen Ge­samtgewinn oder Gesamtüberschuss aus der Keramikerzeugung zu erzielen; zumal sie ab 1995 bis zur Aufgabe der Keramikerzeugung einen Gesamtverlust erzielt hat.

Richtig ist, dass die Bf. das Käuferverhalten nicht beeinflussen kann. Sie muss jedoch bis 1995 Keramiken erzeugt haben, die von einer größeren Käuferschicht gekauft worden sind, da sie andernfalls damals keine Gewinne erzielen hätte können.

Da sich die Bf. offenbar bis 1995 marktgerecht verhalten hat, ist ihr marktgerechtes Ver­hal­ten auch nach 1995 zumutbar.

Nur den Masterlehrgang „art and economy“ zu absolvieren, zeigt kein marktgerechtes Ver­hal­ten auf, da entscheidend ist, ob die Bf. das bei diesem Lehrgang gewonnene Wissen da­durch in die Praxis umsetzt, dass sie mit der Keramikerzeugung Gewinne erzielt. Wie bereits ausgeführt, hat die Bf. jedoch einen Gesamtverlust erzielt.

1995 begann die nichtselbständige Tätigkeit der Bf. als künstlerische Leiterin bei A. Als Arbeitnehmerin schuldet die Bf. ihrem Arbeitgeber die Arbeitskraft und hat die vom Arbeitgeber aufgetragenen Arbeiten während der vom Arbeitgeber vorgeschriebe­nen Arbeitszeit an dem vom Arbeitgeber bestimmten Ort zu verrichten. Verwendet die Bf. ihre Zeit, um für A zu arbeiten, kann sie nicht gleichzeitig in der Keramikerzeugung tä­tig sein. Zeit für eine bestimmte Tätigkeit zu haben, ist der entscheidende Faktor, um bei die­ser Betätigung wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Da die Bf. bis 1994 wirtschaftlich er­folg­reich und ab 1995 nicht wirtschaftlich erfolgreich Keramiken erzeugt hat, ist fest­zu­stellen, dass sich die Bewirtschaftungsart bei der Keramikerzeugung ab Beginn der Tä­tig­keit bei A grundlegend geändert hat.

Wie bereits ausgeführt, ist künstlerisch tätig zu sein, der Lebensinhalt der Bf. und sie ver­wirk­licht sich künstlerisch bei der Keramikerzeugung, weshalb davon auszugehen ist, dass die Keramikerzeugung ab 1995 eine Betätigung im Sinne des § 1 Abs 2 LVO ist.

Das Beschwerdebegehren, die Verluste aus der Keramikerzeugung steuerrechtlich an­zu­er­kennen, ist daher abzuweisen.

4.2. Eine künstlerische Tätigkeit iSd § 22 Abs 1 lit a EStG 1988 idgF liegt nur vor, wenn eine persönliche eigenschöpferische Tätigkeit nach Gestaltungsprinzipien entfaltet wird, die für einen anerkannten Kunstzweig und/oder ein umfassendes anerkanntes Kunst­fach wie bspw. Malerei charakteristisch ist (). Persönliche No­te und Können allein machen eine handwerkliche Tätigkeit noch nicht zu einer künstleri­schen Tä­tig­keit (). Nach abgeschlossener künstlerischer Hoch­schul­ausbildung ist von einer künstlerischen Befähigung auszugehen. Aus der künst­le­ri­schen Befähigung folgt jedoch nicht, dass der künstlerische Wert einer Leistung nicht mehr nachzuprüfen ist, da nicht jede berufliche Tätigkeit einer Person, deren Künstler(in­nen)­eigenschaft außer Zweifel steht, zwangsläufig künstlerisch ist (). Denn maßgebend ist ausschließlich die Art der Betätigung und damit die Ge­stal­tung eines Gegenstandes ().

Die Bf. ist akademische Malerin, weshalb der Entscheidung zugrundezulegen ist, dass sie die Künstlereigenschaft iSd vorzit. VwGH – Rechtsprechung hat. Entscheidungsrelevant ist jedoch, ob die Bf. ihre Künstlereigenschaft verwendet, um bei der Keramikerzeugung, als künstlerische Leiterin bei A und als Kunsterzieherin Kunstwerke herzustellen.

Dazu wird festgestellt:

In , wird judiziert, dass einen einheitlichen Betrieb anzu­neh­men, dann unbedenklich ist, wenn aus jeder Tätigkeit Einkünfte derselben Einkunftsart er­zielt werden. Keramiken zu erzeugen, künstlerische Leiterin bei A zu sein und als Kunsterzieherin an einer Schule zu unterrichten, sind bereits wegen der unterschiedli­chen Ein­kunftsarten keine einheitliche Tätigkeit, da die Bf. nur die Tätigkeiten als künstleri­sche Leiterin und Kunsterzieherin nichtselbständig ausgeübt hat; nicht jedoch die Tätigkeit der Ke­ramikerzeugung.

A hat eine das Unternehmen prägende Designlinie (Webseite, ....), wes­halb der Gestaltungsspielraum der Bf. bei den Entwürfen für A durch diese De­sign­linie eingeschränkt ist. Die Entwürfe der Bf. für A sind daher nicht künstle­risch iSd § 22 Abs 1 lit a EStG 1988 idgF. Lehnt A einen Entwurf der Bf. ab, wird das Ge­halt der Bf. nicht gekürzt, weshalb die Bf. das bei einer selbständig ausgeübten künst­le­ri­schen Tätigkeit typische Risiko der Ablehnung nicht getragen hat. Die Bf. hat daher we­der nachgewiesen noch glaubhaft gemacht, dass sie als künstlerische Leiterin bei A Kunstwerke hergestellt hat.

Wer Kunsterzieherin an einer Schule ist, übt eine unterrichtende Tätigkeit aus. Bei einer unterrichtenden Tätigkeit werden bestimmte Fertigkeiten und/oder Kenntnisse didaktisch aufbereitet und in systemgerechter Weise mit einem bestimmten Lernziel vermittelt. Da un­terrichten eine persönliche Lehrtätigkeit voraussetzt, ist die Bf. als Kunsterzieherin nicht künstlerisch tätig. Ob die für den Unterricht angefertigten Objekte künstlerisch gestaltet wa­ren oder nicht, kann nicht beurteilt werden, da die Bf. diese Objekte oder Ablichtun­gen dieser Objekte dem Bundesfinanzgericht nicht vorgelegt hat. Die Bf. hat daher weder nach­gewiesen noch glaubhaft gemacht, dass sie als Kunsterzieherin Kunstwerke her­ge­stellt hat.

Unabhängig davon, ob die Entwürfe für A, die für den Unterricht hergestellten Ob­jek­te und die Objekte auf den Ablichtungen Unikate gewesen sind oder nicht, sind sie nicht zwangs­läufig Kunstwerke, da andernfalls reproduzierbare Lithografien auch dann keine Kunst­werke wären, wenn sie auf dem nationalen oder internationalen Kunstmarkt ver­käuf­lich sind oder verkauft werden.

Als Angestellte bei A ist die Bf. in den Betrieb von A organisatorisch ein­gliedert; als Kunsterzieherin in den Schulbetrieb. Die für eine einheitliche Tätigkeit erfor­der­liche Eingliederung dieser Tätigkeiten in den Atelierbetrieb ist daher auszuschließen.

Wenn A der Bf. Heimarbeit im Atelier erlaubt und die Bf. – wie jede/r Lehrer/in – Unterrichtsstunden zu Hause vorbereitet, werden die Tätigkeiten nicht vom selben Stand­ort aus ausgeübt oder gegenseitig gefördert.

Es mag zwar sein, dass die Bf. die durch ihre Ausbildung zur akademischen Malerin er­wor­benen Fertigkeiten bei ihren nichtselbständigen Tätigkeiten verwenden kann und/oder der Titel Magister Artium hilfreich gewesen ist, als sich die Bf. bei A und an der Schu­le wegen einer Anstellung beworben hat und dass sie bei der Keramikerzeugung ver­wendete Werkzeuge auch als künstlerische Leiterin bei A und im Unterricht ver­wen­det hat. Entscheidungsrelevant ist jedoch, ob die Bf. bei ihren Tätigkeiten für A und an der Schule künstlerisch tätig ist, was in beiden Fällen zu verneinen ist, da die Bf. wegen der von A vorgegebenen Designlinie nicht künstlerisch tätig sein kann und bei der unterrichtenden Tätigkeit die einer künstlerischen Tätigkeit widersprechen­den Lehrinhalte im Vordergrund stehen.

Im Beschwerdeverfahren war daher nicht durch ein Sachverständigengutachten zu klä­ren, ob die Keramikerzeugung eine künstlerische oder kunsthandwerkliche Tätigkeit ist.

Die in der Beschwerdesache entscheidungsrelevante Frage war eine auf der Ebene der Beweiswürdigung zu beantwortende Sachfrage. Bei dieser Beweisführung durfte jedes ge­eignete und zweckdienliche Be­weismittel verwendet werden und nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens war nach freier Überzeugung zu beurteilen, welche Fakten als erwiesen oder nicht erwiesen anzu­nehmen waren (§ 166 BAO idgF, § 167 Abs 2 BAO idgF). Von mehreren Versionen durfte die wahrscheinlichste als erwiesen angenommen werden (Ritz, BAO4, § 167, Tz 8, und die do. zit. Judikate ; …).

Nach dem Gesamtbild der ggstl. Sach- und Beweislage spricht mehr gegen als für eine aus Keramikerzeugung, künstlerische Leiterin bei A und Kunsterzieherin an einer Schule bestehende ein­heitliche Tätigkeit, weshalb das Beschwerdebegehren, die Verlus­te aus der Keramikerzeugung bei den nichtselbständigen Einkünften als Werbungskosten ab­zuziehen, abzuweisen ist.

5. Revision

Gemäß Art 133 Abs 1 Z 4 B-VG ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsge­richts­hof gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung ab­hängt. Eine grundsätzlich bedeutende Rechtsfrage musste das Bundesfinanzgericht nicht be­antworten, da primär Sach- und Beweisfragen zu beantworten waren, deren Beant­wor­tung nicht Gegenstand eines Revisionsverfahrens sind ().

Die (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Abs. 2 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7100515.2006

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at