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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.03.2018, RV/7105866/2017

Berücksichtigung der Kosten eines Liftes, der an ein mehrgeschossiges Einfamilienhaus angebaut wird, als außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache NameBf, AdresseBf, vertreten durch Koneczny & Partner Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH, Billrothstraße 4 Tür 3, 1190 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 12/13/14 Purkersdorf vom , betreffend Einkommensteuer 2015 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde des Beschwerdeführers (Bf) gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Dem gleichzeitig elektronisch übermittelten Beschwerdeakt der belangten Behörde ist Folgendes zu:

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragte der Bf die Berücksichtigung eines Betrages von 117.607,84 Euro als außergewöhnliche Belastung.

Im Zuge des von der Abgabenbehörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens gab der Bf bekannt, es handle sich dabei um Kosten, die durch den behinderungsbedingt notwendigen Einbau einer Aufzugsanlage und die dadurch notwendige Adaptierung seines Hauses angefallen seien.

Die Abgabenbehörde berücksichtigte bei Erlassung des Einkommensteuerbescheides 2015 lediglich einen Freibetrag wegen Behinderung in Höhe von 435,00 Euro und einen Pauschbetrag in Höhe von 2.280,00 Euro gemäß § 3 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen.

In der Begründung wurde ausgeführt, unter den Begriff der Krankheitskosten fielen neben Arzt- und Krankenhauskosten auch Medikamentenkosten sowie Kosten für Heilbehelfe und Hilfsmittel. Kosten für Hilfsmittel seien nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Gegenstände oder Vorrichtungen, die geeignet seien, die Funktion fehlender oder unzulänglicher Körperteile zu übernehmen oder die mit einer Behinderung verbundenen Beeinträchtigungen zu beseitigen oder zu mildern. Darunter fielen Gegenstände wie Brillen, Krücken, Rollstühle, aber auch Treppenlifte oder sanitäre Einrichtungen, die ausschließlich für Behinderte konzipiert seien. Um kein Hilfsmittel handle es sich bei einem Wirtschaftsgut, das sich von einem handelsüblichen Gebrauchsgegenstand nicht unterscheide und für jedermann nutzbar sei.

Die Errichtung eines Liftes, der das Erreichen mehrerer Stockwerke ermögliche, führe jedenfalls zu einem entsprechenden Gegenwert, durch dessen Errichtung keine Vermögensminderung, sondern eine bloße Vermögensumschichtung eingetreten sei. Das Haus habe eine Wertsteigerung erfahren, potentielle, "nicht beeinträchtigte" Käufer wären bereit, mehr zu bezahlen.

In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde brachte der steuerliche Vertreter des Bf nach Zitat der gesetzlichen Bestimmungen und Hinweisen auf Lehre und Judikatur vor, der Bf leide seit vielen Jahren an immer weiter fortschreitender Myopathie. Es handle sich dabei um eine degenerative Muskelerkrankung, die ihn seit nunmehr zwei Jahren an den Rollstuhl fessle. Eine Heilung sei ausgeschlossen.

Der Bf wohne seit vielen Jahren in einem Eigenheim und sei bis 2013 einer geregelten Arbeit nachgegangen und habe trotz seiner Erkrankung eine erhebliche Steuerleistung erbracht. 2014 habe sich die Erkrankung so massiv entwickelt, dass ein Stiegensteigen unmöglich geworden sei. Der Bf habe sich daher entschlossen, das Eigenheim umzubauen und einen Aufzug installieren zu lassen. Im Zuge der Bauarbeiten sei eine nicht unerhebliche Zerstörung der alten Bausubstand erforderlich gewesen. Mit dem Lift sei ausgehend vom Kellergeschoß das Erdgeschoß und der erste Stock erreichbar. Die Aufzugstechnik sei im Dachgeschoß untergebracht. Die Finanzbehörde irre, wenn sie annehme, dass es sich bei diesem Lift um einen handelsüblichen Gebrauchsgegenstand handle, der von potentiellen "nicht beeinträchtigten" Käufern in voller Höhe abgegolten würde.

Selbst wenn man der alten (überholten) Judikatur des Denkmodells der Vermögensumschichtung folge, habe es die Behörde unterlassen, die Errichtungskosten des Aufzuges der Wertsteigerung des Eigenheimes durch einen Bausachverständigen gegenüberstellen zu lassen.

Der Bf habe auf eigene Kosten einen Sachverständigen befasst, der zum Ergebnis gelangt sei, dass von den Gesamtkosten des Umbaus der überwiegende Teil verlorener Aufwand sei und - wenn überhaupt - nur ein geringer Teil ein werterhöhendes Element darstelle. Aus Kostengründen sei auf ein schriftliches Gutachten verzichtet worden.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, Ausgaben für den Erwerb eines Wirtschaftsgutes seien nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in der Regel von der Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen. Eine andere Beurteilung könne nur dann geboten sein, wenn Wirtschaftsgüter beschafft werden müssten, die infolge Verwendbarkeit nur für bestimmte individuelle Personen oder wegen ihrer spezifischen, nur für Behinderte geeigneten Beschaffenheit keinen oder nur einen sehr eingeschränkten allgemeinen Verkehrswert hätten.

Das Gebäude, an das der Lift angebaut worden sei, bestehe aus drei Geschoßen sowie einem Keller. Der Lift könne über einige Stufen betreten werden und biete zu jedem der Geschoße eine Zugangsmöglichkeit. Es handle sich daher - im Gegensatz zu sogenannten Treppenliften - nicht um eine spezifische, nur für Behinderte geeignete Anlage. Der Lift sei auf Grund seiner Beschaffenheit vielmehr für alle Bewohner des Hauses nutzbar und habe in einem dreigeschossigen Haus mit Keller durchaus auch für körperlich nicht eingeschränkte Personen einen Wert (). Ob und inwieweit der Lift von den übrigen Bewohnern tatsächlich genutzt werde, sei für die Beurteilung des Wertes nicht von Bedeutung, weil für den Wert eines Wirtschaftsgutes objektive Kriterien relevant seien. Es sei daher davon auszugehen, dass sich der Lift bei einer unterstellten Veräußerung der Liegenschaft werterhöhend auswirke.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag führte der steuerliche Vertreter des Bf ergänzend aus, entgegen den Ausführungen in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung führten einige Stufen zwar zum Haupteingang des Hauses, der Lift sei aber barrierefrei auf dem Niveau des Zuweges auch mit dem Rollstuhl zu erreichen. Der Bf sei aufgrund seiner Erkrankung nicht in der Lage, die Beine zu heben und demnach ohne rollstuhltauglichen Lift nicht in der Lage, sein eigenes Haus zu betreten. Auch habe es die Behörde unterlassen, die Kosten der Aufzugseinrichtung einer eventuellen Wertsteigerung der Immobilie gegenüberzustellen.

Ergänzend sei auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 220/81, verwiesen, in welchem der nachträgliche Einbau eines Liftes im Falle einer Körperbehinderung eine außergewöhnliche Belastung darstelle.

In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung brachte der steuerliche Vertreter ergänzend vor, Judikatur und Lehre seien im vorliegenden Fall eindeutig, auch im Jakom werde ein vergleichbarer Fall geschildert. Der Behörde sei ein Verfahrensmangel unterlaufen, im Zuge eines Augenscheines hätte sie feststellen können, dass der Lift barrierefrei vom Parkplatz ohne Rampe zu erreichen sei. Ein Sachverständigengutachten würde in Anbetracht der Tatsache, dass die Berücksichtigung der Kosten des Lifteinbaus eine maximale steuerliche Auswirkung von 9.477,00 Euro habe, unverhältnismäßige Kosten verursachen.

Der Bf führte aus, der Einbau eines Treppenliftes mit einer rollstuhlgeeigneten Plattform im Stiegenhaus sei wegen der erforderlichen Größe der Plattform nicht möglich gewesen. Deshalb sei der Lift außen an das Haus angebaut worden. Laut Auskunft der Fa. Kone habe die Tatsache, dass der Lift bis ins Dachgeschoß fahre, keine wesentlichen Mehrkosten verursacht. Auch optisch sei die Führung des Liftes bis ins Dachgeschoß ästhetischer gewesen. Dass der Lift laut Herstellerangaben für die Beförderung von 13 Personen geeignet sei, sei darauf zurückzuführen, dass ein behindertengerechter Lift, der mit einem Rollstuhl befahren werden, diese Ausmaße unbedingt brauche.

Der Vertreter der Amtspartei brachte vor, das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes aus dem Jahr 1982 habe ein einstöckiges Haus betroffen. Im vorliegenden Fall handle es sich um ein mehrgeschoßiges Gebäude, der Lift weise vier Ausgänge auf. Durch den Anbau des Liftes sei keine Verkleinerung der Wohnfläche eingetreten. Die einzelnen Geschoße wiesen laut Bauplan eigene Sanitäranlagen auf, es habe den Anschein als handle es sich um eigene kleine Wohneinheiten. Durch den Zubau eines Liftes sei in Form einer Vermögensumschichtung ein Gegenwert geschaffen worden.

Der Bf entgegnete, im Erdgeschoß gebe es unverändert nur ein WC, die im Plan vorgesehene Dusche sei nicht ausgeführt worden. Er bewohne mit seiner Gattin den ersten Stock, das dort befindliche Badezimmer sei behindertengerecht umgebaut worden. Im Dachgeschoß hätten sich die Kinderzimmer befunden, diese stünden momentan leer und würden in Zukunft eventuell für eine notwendige 24-Stunden-Betreuung verwendet.

Der steuerliche Vertreter führte ergänzend aus, die Vorgangsweise des Finanzamtes verstoße auch gegen die EMRK und die Behindertenkonvention.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Der Bf leidet an fortschreitender Myopathie und weist laut Behindertenausweis, ausgestellt am , einen Grad der Behinderung von 80% auf. Durch die Krankheit ist für ihn das Überwinden von Treppen unmöglich, er ist auf die Benützung eines Rollstuhles angewiesen. 

Im zweiten Halbjahr 2015 ließ er an das von ihm bewohnte Eigenheim einen Personenaufzug anbauen. Neben einem Keller und Erdgeschoß besitzt das Gebäude einen ersten Stock und ein Dachgeschoß. Für die notwendigen Bauarbeiten und die Installation des Aufzuges fielen im Jahr 2015 Kosten in Höhe von 117.607,84 Euro an. Der Lift besitzt vier Ausgänge und kann vom Bf barrierefrei vom Parkplatz aus erreicht werden.

Der Einbau eines Treppenliftes im Stiegenhaus mit einer rollstuhlgeeigneten Plattform war bautechnisch nicht möglich.

Dieser Sachverhalt gründet sich auf die aktenkundigen Unterlagen und das glaubwürdige Vorbringen des Bf.

Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss außergewöhnlich sein (Abs. 2), sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3) und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Der Abs. 6 des § 34 EStG 1988 lautet auszugsweise:

"Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:

[...]

- Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.

Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind."

§ 35 EStG 1988 sieht für den Fall von behinderungsbedingten außergewöhnlichen Belastungen unter bestimmten Voraussetzungen die Gewährung eines Steuerfreibetrages vor. Gemäß § 35 Abs. 5 leg.cit. können an Stelle dieses Freibetrages auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung (§ 34 Abs. 6 leg.cit.) geltend gemacht werden.

Die auf die §§ 34 und 35 EStG 1988 gestützte Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen ordnet - auszugsweise - folgendes an:

"§ 1. (1) Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen

- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,

- bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe)Partners (§ 106 Abs. 3 EStG 1988) oder

- bei Anspruch des Steuerpflichtigen selbst oder seines (Ehe)Partners auf den Kinderabsetzbetrag oder den Unterhaltsabsetzbetrag, durch eine Behinderung des Kindes (§ 106 Abs. 1 und 2 EStG 1988), für das keine erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gewährt wird, so sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

(2) ...

(3) Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.

...

§ 4. Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (z.B. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

[...]"

Aus dem Zusammenspiel dieser Vorschriften ergibt sich, dass nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel, die durch die eigene Behinderung veranlasst sind, ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes und ohne Anrechnung von pflegebedingten Geldleistungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind, und zwar unabhängig davon, ob Pflegegeld bezogen wird.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellen Aufwendungen für den Erwerb von Wirtschaftsgütern dann keine außergewöhnliche Belastung dar, wenn durch sie ein entsprechender Gegenwert erlangt wird, wenn somit bloß eine Vermögensumschichtung und keine Vermögensminderung eintritt (). 

Dieser Gegenwertgedanke ist bei Aufwendungen im Zusammenhang mit Behinderungen nicht schlechthin unbeachtlich (vgl. dazu - im Zusammenhang mit der Errichtung eines behindertengerecht konzipierten Eigenheimes ). Der Verfassungsgerichtshof vertrat aber im Erkenntnis vom , B 220/81, die Auffassung, dass die (damals) belangte Behörde das Gesetz (§ 34 EStG 1972) denkunmöglich vollzogen habe, indem sie die Meinung vertreten habe, dass die für den Einbau eines (infolge einer Körperbehinderung erforderlichen) Aufzuges im Zweifamilienhaus des damaligen Beschwerdeführers aufgewendeten Beträge eine Wertsteigerung dieses Hauses bewirkt hätten. Ein solches Haus erfahre nämlich dann, wenn es über einen Aufzug verfüge, keine Werterhöhung. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein potentieller Käufer in ähnlicher Weise wie der Beschwerdeführer körperbehindert sei und daher einen Aufzug dringend benötige, sei derart gering, daß dieser Fall vernachlässigt werden könne.

Wie sich aus den im Verwaltungsakt erliegenden Unterlagen ergibt, handelt es sich bei dem im vorliegenden Fall strittigen Aufwand ausschließlich um Kosten, die mit dem Anbau eines Personenaufzuges an das Einfamilienhaus des Bf im Zusammenhang stehen. Durch diesen Lift es ist dem Bf möglich, in die von ihm bewohnten Geschoße seines Einfamilienhauses zu gelangen. Für derartige, ausschließlich behinderungsbedingte Aufwendungen kann aber der Gegenwertgedanke, der ansonsten bei außergewöhnlichen Belastungen zu beachten ist, nicht greifen. Es ist zu prüfen, ob der Lift über einen allgemeinen Marktwert verfügt, d.h. ob ein sich nicht in der Situation des Bf befindlicher Erwerber dafür einen angemessenen Preis zahlen würde (Wanke in Wiesner/Grabner/ Wanke, EStG § 34 Anm. 14). Realistischerweise ist aber nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes im konkreten Fall davon auszugehen, dass behinderungsbedingte Aufwendungen für den Anbau des Personenaufzuges bei einer unterstellten Verwertung dieses Gebäudes nicht abgegolten werden, weil die Wahrscheinlichkeit, dass ein potentieller Käufer in ähnlicher Weise wie der Bf körperbehindert ist und daher einen Aufzug dringend benötigt, derart gering ist, dass dieser Fall nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes vernachlässigt werden kann (). Auch die Tatsache, dass der Lift aus platztechnischen Gründen an das Einfamilienhaus angebaut werden musste und nicht im Haus selbst eingebaut werden konnte, bewirkt nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts aus rein optischen Gründen, dass ein potentieller Erwerber des Einfamilienhauses nicht zu einer Abgeltung der angefallenen Kosten bereit wäre. Von der Schaffung eines Gegenwertes durch den Anbau des Liftes kann daher nicht ausgegangen werden.

Dem Hinweis der belangten Behörde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2008/15/0292, ist entgegenzuhalten, dass der Gerichtshof darin unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 785/02, ausgesprochen hat, dass im Zusammenhang mit der Gegenwerttheorie zu beachten sei, dass eine Wohnung durch den Umstand einer behindertengerechten Ausgestaltung in der Regel keine Wertsteigerung erfahre. Im dort zu beurteilenden Sachverhalt hatte der damalige Beschwerdeführer eine Wohnung in einem dreigeschoßigen Gebäude erworben, in welchem der Bauträger von vornherein einen Lift, der allen Wohnungen zur Verfügung stand, vorgesehen hatte. Dieser Sachverhalt ist aber mit dem hier vorliegenden Sachverhalt des nachträglichen, ausschließlich der Behinderung des Bf geschuldeten Anbaus eines Liftes, nicht vergleichbar.

Der von der Abgabenbehörde angeführten Tatsache, dass der Lift auf Grund seiner Beschaffenheit für alle Bewohner des Hauses nutzbar und für 13 Personen zugelassen sei und in einem dreigeschoßigen Haus auch für körperlich nicht eingeschränkte Personen einen Wert habe, ist entgegenzuhalten, dass für die Berücksichtigung der strittigen Aufwendungen ausschließlich entscheidend ist, dass sie im Hinblick auf die Behinderung des Bf zwangsläufig entstanden sind und somit das für den notwendigen Lebensunterhalt verfügbare Einkommen belastet haben. Eine allfällige Nutzung durch andere Personen steht der Anerkennung der Aufwendungen nicht entgegen (). Außerdem steht die Größe des Liftes nach der glaubwürdigen Aussage des Bf in der mündlichen Verhandlung im untrennbaren Zusammenhang mit der Tatsache, dass der Lift vom Bf im Rollstuhl sitzend benutzt werden muss.

Die für die Errichtung des Personenaufzuges im Streitjahr angefallenen Kosten in Höhe von 117.607,84 Euro waren daher ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Zulässigkeit einer Revision.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war zu verneinen, das das Bundesfinanzgericht der höchstgerichtlichen Judikatur folgt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7105866.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at