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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.03.2016, RV/2100365/2013

Selbstberechnung der Gebühren durch Bestandnehmer?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache der Bf, gegen den Bescheid des FA für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , betreffend Antrag auf Selbstberechnung von Gebühren zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Am stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Selbstberechnung der Gebühren. Die Beschwerdeführerin sei im Bereich der Außenwerbung in der Steiermark und im südlichen Burgenland tätig. Das Portfolio der Firma umfasse Werbung auf Plakaten, Poster Lights und City Lights. Wegen der zufriedenstellenden Betreuung der Kunden seien stets neue Standorte bzw. Flächen zur Aufstellung dieser Werbeträger notwendig. Es würden daher zu diesem Zweck von Dritten Grundstücksflächen angemietet werden. Mit den Bestandgebern würde in der Regel vereinbart werden, dass die Beschwerdeführerin die Vergebührungskosten übernimmt. Daher wird der Antrag gestellt, dass die Bf. die auf diese Rechtsgeschäfte entfallenden Gebühren anstelle der im Gebührengesetz angeordneten Entrichtungsformen selbst berechnen und an das Finanzamt abführen darf. Auf Grund des langen Bestandes der Firma biete die Bf. ihrer Ansicht nach Gewähr für die ordnungsgemäße Einhaltung der Gebührenvorschriften.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag der Bf. auf Selbstberechnung als Bestandnehmerin abgewiesen. Auf Grund der Spezialbestimmung des § 33 TP 5 Abs. 5 GebG, die sich ausschließlich an Bestandgeber richte, könne einem Bestandnehmer keine Bewilligung gemäß § 3 Abs. 4 GebG erteilt werden.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wurde ausgeführt, dass es richtig sei, dass dem Bestandgeber das Recht auf Selbstberechnung zusteht. Die Bestimmung des § 3 Abs. 4 GebG ließe allerdings bei Erfüllung bestimmter Tatbestandsvoraussetzungen eine Ausnahme dieser in § 33 TP 5 GebG normierten Entrichtungsform zu. Die Bf. würde sämtliche Voraussetzungen für die Inanspruchnahme dieses Ausnahmetatbestandes erfüllen, weshalb dem diesbezüglichen Antrag statt zu geben wäre. Diese Rechtsansicht werde dadurch bestätigt, dass der GmbH, einer 100%igen Tochter der Beschwerdeführerin, ein gleich lautender Antrag auf Bewilligung zur Selbstberechnung von der belangten Behörde bewilligt worden sei.

Mit Vorhalt vom wurde um Übersendung von Musterverträgen und um Bekanntgabe der Anzahl der abgeschlossenen Verträge pro Monat ersucht. Mit Schreiben vom wurden dem Finanzamt 3 Musterverträge übermittelt. Die Anzahl der durchschnittlich in einem Monat abgeschlossenen Verträge konnte nicht bekannt gegeben werden. Bei den vorgelegten Musterverträgen handelt es sich ausschließlich um Bestandverträge. In allen Fällen war die Beschwerdeführerin Bestandnehmerin. Die Vergebührungskosten der Verträge gehen laut Vertragstexten zu Lasten der Bestandnehmerin.

Mit BVE vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die Hundertsatzgebühr sei gemäß § 33 TP 5 Abs. 5 Z 1 GebG vom Bestandgeber selbst zu berechnen. § 3 Abs. 4 GebG stelle eine allgemeine Vorschrift über die Selbstberechnung von Gebühren dar. § 33 TP 5 Abs. 5 Z 5 GebG sei eine besondere Selbstberechnungsvorschrift. Diese Spezialbestimmung gehe der allgemeinen Norm des
§ 3 Abs. 4 GebG vor, sodass einem Bestandnehmer keine Bewilligung zur Selbstberechnung der Bestandvertragsgebühr erteilt werden könne.

In dem dagegen eingebrachten Vorlageantrag behauptet die Bf., dass der Behörde für die Erlassung einer Berufungsvorentscheidung eine Frist von maximal zwei Monaten offen stehen würde. Die gegenständliche BVE sei erst nach rund 7 Monaten nach Einbringung der Berufung (nunmehr Beschwerde) ergangen. 

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid vom die Berechtigung zur Gebührenbemessung versagt.

§ 3 Abs. 4 des Gebührengesetzes (GebG) lautet:

"Sofern in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, hat das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel einem Gebührenschuldner, der in seinem Betrieb laufend eine Vielzahl gleichartiger Rechtsgeschäfte abschließt und die Gewähr für die ordnungsgemäße Einhaltung der Gebührenvorschriften bietet, auf Antrag zu bewilligen, dass er die auf diese Rechtsgeschäfte entfallenden Hundertsatzgebühren anstelle der sonst in diesem Bundesgesetz angeordneten Entrichtungsformen selbst berechnet und bis zum 15. Tag (Fälligkeitstag) des dem Entstehen der Gebührenschuld zweitfolgenden Monats an das Finanzamt entrichtet. Personen, die auf Grund der erteilten Bewilligung verpflichtet sind, die Hundertsatzgebühren auf diese Art zu entrichten, haben über diese gebührenpflichtigen Rechtsgeschäfte fortlaufende Aufschreibungen zu führen, welche die für die Gebührenbemessung erforderlichen Angaben enthalten. Innerhalb der Zahlungsfrist ist dem Finanzamt für den jeweiligen Berechnungs- und Zahlungszeitraum eine Abschrift dieser Aufschreibungen zu übersenden. Die Übersendung der Abschrift gilt als Gebührenanzeige gemäß § 31. Auf den Urkunden ist ein Vermerk anzubringen, der die Bezeichnung des Bewilligungsbescheides und die fortlaufende Nummer der Aufschreibungen enthält. Das Finanzamt hat jeweils für den Zeitraum eines Kalenderjahres die Hundertsatzgebühren für jedes gebührenpflichtige Rechtsgeschäft, das in den Aufschreibungen abgerechnet wurde, mit Bescheid festzusetzen."

Zur Durchführung der zwingenden Selbstberechnung durch Bestandgeber, zu deren Geschäftstätigkeit laufend der Abschluss von Bestandverträgen gehört (zB Gebietskörperschaften, Wohnbauvereinigungen, Leasingfirmen usw.), ist eine sinngemäße Anwendung der Bestimmungen des § 3 Abs. 4a GebG über die Führung von Aufschreibungen und die Entrichtung der Hundertsatzgebühr vorgesehen (§ 33 TP 5 Abs. 5 Z 5 GebG BGBl I 2001/144).

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass zur Geschäftstätigkeit der Beschwerdeführerin laufend der Abschluss von Bestandverträgen gehört. Von der Bf. werden laufend Grundstücksflächen von Dritten zu Werbezwecken angemietet. Der Umstand, dass die Vergebührungskosten der Verträge zu Lasten der Bestandnehmerin gehen, ändert nichts daran, dass die Pflicht zur Selbstberechnung und Entrichtung der Bestandvertragsgebühr den Bestandgeber und nicht den Bestandnehmer trifft. Allerdings lässt die Bestimmung des § 33 TP 5 Abs. 5 Z 1 GebG die Eigenschaft der Bestandnehmer als Gebührenschuldner unberührt. 

Die Behauptung in der Beschwerde, dass die Beschwerdeführerin sämtliche Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Ausnahmetatbestandes des § 3 Abs. 4 GebG erfüllen würde, geht schon deshalb ins Leere, da die Bf. die Bestandverträge ausschließlich als Bestandnehmerin abschließt. Nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung des § 5 Abs. 5 Z 5 GebG sind die Bestimmungen des § 3 Abs. 4a über die Führung von Aufschreibungen und die Entrichtung der Hundertsatzgebühr nur für Bestandnehmer anzuwenden. Daran vermag auch die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Gewähr für die ordnungsgemäße Einhaltung der Gebührenvorschriften nichts zu ändern.

Der Einwand, dass einem gleich lautenden Antrag auf Selbstberechnung von Gebühren einer anderen Firma statt gegeben worden wäre, ist für das vorliegende Beschwerdeverfahren nicht relevant. Im konkreten Fall war darüber abzusprechen, ob der Beschwerdeführerin als Bestandnehmerin die Berechtigung zur Selbstberechnung der Bestandvertragsgebühr zuzusprechen ist oder nicht.

Dem Vorbringen, dass die Behörde für die Erlassung einer Berufungsvorentscheidung eine Frist von maximal zwei Monaten hätte, wird entgegengehalten, dass im vorliegenden Fall der Antrag am beim Finanzamt eingelangt ist. Am - also 13 Tage später wurde der abweisliche Bescheid zugestellt. Der am vom Finanzamt ergangene Vorhalt wurde von der Bf. nicht beantwortet. Dem neuerlichen Ermittlungsauftrag vom mit einer Frist zur Beantwortung bis wurde von der Bf. schließlich am entsprochen. Nach Durchführung der erforderlichen Ermittlungen erließ das FA am die BVE. Eine Frist von zwei Monaten zur Erlassung einer Berufungsvorentscheidung - wie von der Bf. behauptet - ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.  

Gem. § 276 Abs. 6 BAO (AbgVRefG BGBl I 2009/20) hat die Abgabenbehörde erster Instanz die Berufung, über die eine Berufungsvorentscheidung nicht erlassen wurde oder über die infolge eines zeitgerechten Vorlageantrages von der Abgabenbehörde zweiter Instanz zu entscheiden ist, nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen ohne unnötigen Aufschub der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen. Die Abgabenbehörde erster Instanz hat die Parteien (§ 78) vom Zeitpunkt der Vorlage an den unabhängigen Finanzsenat unter Anschluss einer Ausfertigung des Vorlageberichtes zu verständigen. Erfolgt innerhalb von zwei Monaten ab Einbringung der Berufung oder des Vorlageantrages bei der Abgabenbehörde erster Instanz weder eine das Berufungsverfahren abschließende Erledigung der Abgabenbehörde erster Instanz, noch eine Aussetzung der Berufung nach § 281 oder eine Verständigung von der Vorlage der Berufung, so kann eine Partei (§ 78) bei dem unabhängigen Finanzsenat eine Vorlageerinnerung einbringen. Diese wirkt wie eine Vorlage der Berufung durch die Abgabenbehörde erster Instanz, wenn sie die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides und Angaben über die Einbringung der Berufung enthält.

§ 311 der Bundesabgabenordnung (BAO), (idF des AbgRmRefG, BGBl I Nr. 97/2002)  lautete:

"(1) Die Abgabenbehörden sind verpflichtet, über Anbringen (§ 85) der Parteien ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden.

(2) Werden Bescheide der Abgabenbehörden erster Instanz der Partei nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt der Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekanntgegeben (§ 97), so kann jede Partei, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat, den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragen (Devolutionsantrag). Devolutionsanträge sind bei der Abgabenbehörde zweiter Instanz einzubringen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem , ausführt, trifft die Pflicht zur Berufungserledigung ausschließlich den UFS als Abgabenbehörde II. Instanz (§ 260 BAO), wogegen dem Finanzamt als Abgabenbehörde I. Instanz lediglich eine Berechtigung zur Berufungserledigung mit Berufungsvorentscheidung eingeräumt ist (§ 276 Abs. 1 HS 2 BAO).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im vorliegenden Fall handelt es sich um keine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 3 Abs. 4a GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 3 Abs. 4 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 276 Abs. 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 311 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 33 TP 5 Abs. 5 Z 5 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.2100365.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at