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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.03.2018, RV/7100877/2018

Verspäteter Antrag nach § 295 Abs. 4 BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Daniel Philip Pfau in der Beschwerdesache Beschwerdeführer, vertreten durch Gosteco Goworek Steuerberatungs-, Wirtschaftsprüfungs- und Consulting GmbH, Zieglergasse 27/2/9, 1070 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Waldviertel vom , betreffend Einkommensteuer 2009 zu Recht: 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer 2009 des Beschwerdeführers festgesetzt. Aufgrund einer Außenprüfung bei einer Gesellschaft (im Folgenden: S1 Ges) deren Mitgesellschafter der Beschwerdeführer ist, erging am ein gemäß § 295 Abs. 1 BAO berichtigter Einkommensteuerbescheid 2009 an den Beschwerdeführer. Mit Schreiben vom stellte der Beschwerdeführer, für den Fall, dass es sich bei dem der Änderung seines Einkommensteuerbescheides 2009 zugrundeliegenden Feststellungsbescheid vom  um einen nichtigen Bescheid handeln sollte, einen Antrag gem § 295 Abs. 4 BAO ua auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2009 vom

Mit hg Beschluss vom , RV/2100002/2014, wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde der S1 Ges betreffend die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO ua für das Jahr 2009 mangels Bescheidqualität infolge unzureichender Bezeichnung des Bescheidadressaten, als unzulässig zurück.

Mit Schreiben vom erinnerte der Beschwerdeführer an seinen Antrag gem § 295 Abs. 4 BAO vom und ersuchte diesem stattzugeben. Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom ab. Begründend führte sie aus, der Antrag vom beziehe sich auf einen nicht mehr im Rechtsbestand befindlichen Bescheid, der folglich auch nicht mehr aufgehoben werden könne. Am sei neuerlich [Anmerkung: aufgrund einer Außenprüfung bei einer weiteren Gesellschaft (im Folgenden: S2 Ges) deren Mitgesellschafter der Beschwerdeführer ebenfalls ist] ein gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderter Einkommensteuerbescheid 2009 für den Beschwerdeführer ergangen, der nunmehr im Rechtsbestand sei. Der Antrag vom sei daher als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Mit Schreiben vom stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2009 vom . Der diesem Einkommensteuerbescheid zugrundeliegende Feststellungsbescheid der S1 Ges vom sei vom Bundesfinanzgericht als rechtsunwirksamer Nichtbescheid qualifiziert worden.

Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag auf Aufhebung gem § 295 Abs. 4 BAO vom zurück. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Eingabe sei nicht fristgerecht eingebracht worden. Der vorliegende Antrag auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides vom sei am eingebracht worden. Die Festsetzungsverjährung hinsichtlich der Einkommensteuer 2009 sei jedoch unter Berücksichtigung der erfolgten Verlängerungshandlungen mit eingetreten, weshalb der Antrag als verspätet zurückzuweisen gewesen sei.

In der gegen den Zurückweisungsbescheid erhobenen Beschwerde vom führte der Beschwerdeführer aus, der "besagte E-Bescheid 2009, dessen Wiederaufnahmeantrag wir stellten, basiert ua auf einen abgeleiteten Feststellungsbescheid, der nach wie vor nicht rechtskräftig ist und daher kann keinesfalls für Änderungen dieses Bescheides eine Verjährung eingetreten sein. Wir beantragen [...] neuerlich die Wiederaufnahme des Verfahrens wegen des Nichtbescheides [...]."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und wiederholte in der Begründung die Begründungselemente des angefochtenen Bescheides.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Die Einkommensteuer 2009 des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid vom festgesetzt. Mit einem auf § 295 Abs. 1 BAO gestützten Bescheid vom wurde der Bescheid vom aufgrund einer bescheidmäßigen Feststellung gem § 188 BAO abgeändert. Mit einem weiteren auf § 295 Abs. 1 BAO gestützten Bescheid vom wurde der Bescheid vom neuerlich aufgrund einer bescheidmäßigen Feststellung gem § 188 BAO abgeändert. Am stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Aufhebung ua des Einkommensteuerbescheides 2009 vom für den Fall, dass der diesem Bescheid zugrundeliegende Feststellungsbescheid als Nichtbescheid erkannt werden sollte. Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag vom ab. Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides vom gem § 295 Abs. 4 BAO. Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde diesen Antrag als verspätet zurück. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen entsprechen dem von der Behörde festgestellten Sachverhalt und ergeben sich aus dem Verwaltungsakt. Darüber hinaus ergeben sich keinerlei Hinweise aus dem Verwaltungsakt, die an der Richtigkeit des festgestellten Sachverhaltes zweifeln lassen. Der Beschwerdeführer behauptet auch nicht, dass im Zeitraum zwischen dem und dem weitere nach außen erkennbare Amtshandlungen der belangten Behörde zur Geltendmachung des Abgabenanspruches unternommen worden seien.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Beschwerdeabweisung)

§ 295 Abs. 4 BAO idF BGBl I Nr. 70/2013 lautet:

"Wird eine Bescheidbeschwerde, die gegen ein Dokument, das Form und Inhalt eines

-Feststellungsbescheides (§ 188) oder eines

-Bescheides, wonach eine solche Feststellung zu unterbleiben hat,

gerichtet ist, als nicht zulässig zurückgewiesen, weil das Dokument kein Bescheid ist, so sind auf das Dokument gestützte Änderungsbescheide (Abs. 1) auf Antrag der Partei (§ 78) aufzuheben. Der Antrag ist vor Ablauf der für Wiederaufnahmsanträge nach § 304 maßgeblichen Frist zu stellen."

§ 304 BAO idF BGBl I Nr. 14/2013 lautet:

"Nach Eintritt der Verjährung ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens nur zulässig, wenn der Wiederaufnahmsantrag vor Eintritt der Verjährung eingebracht ist."

Der auf § 295 Abs. 4 BAO gestützte Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2009 vom wurde am bei der belangten Behörde eingebracht.

Gemäß § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist für die Einkommensteuer fünf Jahre. Gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO beginnt die Verjährung für die Einkommensteuer mit Ablauf des Jahres in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. Werden innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich gem § 209 Abs 1 BAO die Verjährung um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist.

Daraus ergibt sich, dass im Beschwerdefall die Verjährung der Einkommensteuer 2009 mit zu laufen begann. Während der laufenden fünfjährigen Verjährungsfrist für die Einkommensteuer 2009 wurden mehrere nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches von der belangten Behörde unternommen (Einkommensteuerbescheid 2009 vom , und ). Dadurch verlängerte sich die mit beginnende Verjährungsfrist um ein Jahr, so dass sie nicht schon am sondern erst am endete. Im Jahr 2015 erfolgte keine weitere Verlängerungshandlung. Das Vorliegen einer solchen wurde vom Beschwerdeführer nicht einmal behauptet.

Der am vom Beschwerdeführer eingebrachte Antrag gemäß § 295 Abs. 4 BAO war somit jedenfalls verspätet, weshalb die Zurückweisung dieses Antrages durch die belangte Behörde zu Recht erfolgte und die dagegen erhobene Beschwerde abgewiesen wird.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer den abgeänderten Einkommensteuerbescheid hat rechtskräftig werden lassen und dessen Aufhebung gem § 295 Abs. 4 BAO erst zu einem Zeitpunkt beantragt hat, in dem auch ein Wiederaufnahmeantrag gemäß § 304 BAO nicht mehr zum Erfolg geführt hätte (vgl , mwN).

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist unzulässig, da eine klare Rechtslage vorliegt, die keine Auslegungsschwierigkeiten bereitet. Die Rechtsfolge der verspäteten Antragstellung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 295 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 304 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 208 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7100877.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at