Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.03.2018, RV/2100080/2014

Vorteil aus dem Dienstverhältnis: kostenlose Kontoführung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache der Bf über die Beschwerden vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Graz-Stadt vom betreffend Haftung für Lohnsteuer und die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (DB) und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für die Jahre 2005, 2006, 2007 und 2008 zu Recht erkannt: 

Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Im Zuge einer gemeinsamen Prüfung der lohnabhängigen Abgaben wurde laut Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung unter dem Punkt „Personalrabatte Sachverhaltsfeststellung“ festgestellt, dass unentgeltliche Kontenführung sowie unentgeltliche Bankomatkarte einvernehmlich mit dem Dienstgeber mit Euro 40,- pro Mitarbeiter und Jahr bewertet worden seien.

Das Finanzamt folgte dieser Feststellung und erließ unter Hinweis auf den oben genannten Bericht als Begründung die angefochtenen Bescheide.

In den dagegen erhobenen Beschwerden wies die beschwerdeführende Partei darauf hin, dass sie Mitarbeitern die Kontoführung spesenfrei gewähren würde, weil sie einerseits den Anreiz schaffen wolle, dass die Mitarbeiter ihr die Kontoführung anvertrauten, und andererseits, weil damit den Mitarbeitern die Unannehmlichkeiten abgegolten werden würden, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse gegenüber dem Arbeitgeber offenzulegen. Diese grundsätzliche Aufforderung, alle Finanzangelegenheiten über den Arbeitgeber abzuwickeln, befinde sich in den "Verhaltensregeln für Mitarbeiter", die bei Eintritt von allen neuen Mitarbeitern zu unterfertigen seien. Diese Unannehmlichkeiten bestünden bei einer Kontoführung durch ein anderes Kreditinstitut nicht und reduzierten einen allenfalls bestehenden Vorteil dermaßen, dass im Ergebnis bestenfalls eine nicht zu versteuernde Aufmerksamkeit verbleibe.

Es könne sich kein Mitarbeiter aussuchen, wo er sein Gehaltskonto eröffne. De facto sei es denkunmöglich, dass ein Mitarbeiter sein Konto nicht bei der beschwerdeführenden Bank, sondern bei einer Konkurrenzbank eröffnen würde.

Es sei laufend zu überprüfen, ob die Mitarbeiter die Bestimmungen des Bankwesengesetzes und die sonstigen Vorschriften einhielten. Hierfür sei stichprobenartig auch die Kontogebarung der Bediensteten zu überprüfen. Eine Einsichtnahme bei einem Fremdinstitut sei schon allein auf Grund des Bankgeheimnisses unmöglich. Die beschwerdeführende Partei habe also ein ganz überwiegendes eigenbetriebliches Interesse daran, dass die Arbeitnehmer die Konten bei ihr hätten. Es liege kein Vorteil aus dem Dienstverhältnis vor, wenn die Mitarbeiter faktisch nicht frei bestimmen könnten, sondern vom Arbeitgeber vorgegeben werde, wo ihr Konto zu führen sei. Es müsse auch berücksichtigt werden, dass die Mitarbeiter auch bei anderen Kreditinstituten zu gleichen oder sogar zu besseren Konditionen als beim Arbeitgeber ein Konto eröffnen könnten. Es müsse nur die Möglichkeit bestehen, ein Konto zu gleichen Konditionen eröffnen zu können. Auch im allgemeinen Geschäftsverkehr erhalte nicht jeder Kunde die gleichen Konditionen. Die Mitarbeiter seien auch Meinungsbildner, wer sonst soll all seine Produkte bei einem einzigen Kreditinstitut haben. Es könne mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass ein Mitarbeiter der beschwerdeführenden Partei bei einem Konkurrenzunternehmen viel mehr Vorteile genießen würde, denn damit werde der Konkurrenz ein Einblick in eine Vielzahl von Geschäftsgeheimnissen ermöglicht (und sei es nur das Wissen über Gehaltsstrukturen und Bonifikationen).

Auch branchenfremde Unternehmen hätten für ihre Mitarbeiter Gehaltskonten ohne Kontoführungsgebühren ausverhandelt. Bei Annahme eines Sachbezuges für die Mitarbeiter der beschwerdeführenden Partei seien diese also schlechter gestellt.

Die beschwerdeführenden Partei wies darauf hin, dass ein Finanzamt in einem anderen Bundesland ihrer Argumentation gefolgt sei. Auch in der Literatur werde die Ansicht vertreten, dass es sich nicht rechtfertigen lasse, den Haustrunk und die unentgeltliche Beförderung steuerfrei zu belassen, während andere Sachbezüge steuerpflichtig seien.

Das Finanzamt legte die Beschwerden ohne Erlassung von Beschwerdevorentscheidungen an die damals zuständige Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor.

Über die Beschwerden wurde erwogen:

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis.

Nach § 15 Abs. 1 EStG 1988 liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen  Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z 4 bis 7 EStG 1988 zufließen.

Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Ziffer 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Ziffer 2 EStG 1988.

Die Pflicht zur Entrichtung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag ergibt sich aus § 122 Abs. 7 und 8 Wirtschaftskammergesetz 1988; als Bemessungsgrundlage gilt die Beitragsgrundlage nach § 41 FLAG.

Geldwerte Vorteile (Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung und sonstige Sachbezüge) sind gemäß § 15 Abs. 2 EStG 1988 mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchortes anzusetzen. Mit dem Ansatz eines Sachbezugswertes im Sinne des § 15 EStG 1988 wird der Vorteil erfasst, der darin besteht, dass sich der Dienstnehmer jenen Aufwand erspart, der ihm erwachsen würde, wenn er für die Kosten einer vergleichbaren Leistung aus eigenem aufkommen müsste ().

Bezüglich des gegenständlich strittigen Sachbezuges, im Wesentlichen in Form eines Gehaltskontos, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2010/13/0196, ausgesprochen, dass für den Fall eines (erheblichen) betrieblichen Interesses an einer Vorteilsgewährung nach der ständigen ertragsteuerrechtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann kein geldwerter Vorteil im Sinne des § 15 EStG 1988 vorliegt, wenn die Inanspruchnahme im "ausschließlichen Interesse des Arbeitgebers" liegt (vgl. zuletzt das Erkenntnis des , mwN). Die Beurteilung der strittigen kostenlosen Kontoführung als nicht steuerbar setzt damit die Ausschließlichkeit des Interesses des Arbeitgebers (hier Bankinstitut) an dieser Kontenführung derart voraus, dass nach der Lage des konkreten Einzelfalles für den Arbeitnehmer ein aus der kostenfreien Führung des Mitarbeiterkontos resultierender Vorteil schlechthin nicht besteht (vgl. in diesem Sinne z.B. die Erkenntnisse des , und ).

Die beschwerdeführende Partei hat glaubhaft dargelegt, dass ihre Mitarbeiter verpflichtet sind, ihre Bankgeschäfte bei der Arbeitgeberbank abzuwickeln und zwecks Einhaltung der einschlägigen Vorschriften und Vorgaben ein eigenbetriebliches nachvollziehbares Interesse bestanden hat, dass die Mitarbeiterkonten möglichst bei ihr geführt werden. Das kann vor allem dadurch erreicht werden, dass die Kontoführung den Mitarbeitern kostenlos angeboten wird ().

Da der gegenständlich zu beurteilende Sachverhalt dem Sachverhalt in dem oben zitierten Erkenntnis des , gleicht, war den Beschwerden im Sinne diese Erkenntnisses stattzugeben.

Nachdem den angefochtenen Bescheiden ausschließlich die Feststellungen betreffend die Kontoführungsgebühren zu Grunde lagen, waren diese aufzuheben.

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nachdem der zum strittigen Punkt ergangenen eindeutigen und klaren Rechtsprechung gefolgt wurde, war die Unzulässigkeit einer Revision auszusprechen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

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