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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.03.2018, RV/1100450/2016

Kommt die Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 EStG zur Anwendung, wenn der Abgabenpflichtige sich freiwillig für die vollständige Auszahlung des Vorsorgekapitals anstelle einer Rentenzahlung entschieden hat?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Peter Bilger über die Beschwerde des X., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Einkommensteuervorauszahlungen 2016 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Bescheid setzte das Finanzamt die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für das Jahr 2016 und Folgejahre mit 205.860,00 Euro fest. Zur Begründung gab es an, die Festsetzung sei aufgrund des Schreibens des Bf. vom erfolgt.

Mit diesem Schreiben hatte der Bf. dem Finanzamt mitgeteilt, er habe sein Dienstverhältnis bei der Y. AG per beendet und sich das Kapital bei der Pensionskasse der Z. Group in Höhe von CHF 446.846,25 abzüglich Quellensteuer in Höhe von CHF -40.141,00, somit CHF 406.705,25 per auf sein Konto bei der Raiffeisenbank V. überweisen lassen. Diesem Schreiben legte er die Abrechnung der Pensionskasse über die Pensionskassenzahlung sowie einen "Antrag auf Rückerstattung der Quellensteuern auf Kapital- und Rentenleistungen von Vorsorgeeinrichtungen mit Sitz in der Schweiz" mit der Bitte um Bestätigung durch das Finanzamt bei.

Bei der Festsetzung der Vorauszahlungen wurden neben der Pensionskassenzahlung auch die Einkünfte aus der aktiven Beschäftigung 2015 bis zur Pensionierung des Bf.berücksichtigt.

In der gegen diesen Bescheid am erhobenen Beschwerde wandte der Bf. gegen die Festsetzung der Vorauszahlung ein, er habe sich Mitte 2015 beim Finanzamt Feldkirch nach der Besteuerung der Pensionskassenauszahlung erkundigt und jedes Mal die Auskunft erhalten, ein Drittel der Zahlung sei steuerfrei. Daher habe er sich dazu entschlossen, sich das Pensionskassenkapital auszahlen zu lassen, da er erst ab 2018 eine AHV Rente mit Abschlag und ab 2020 eine AHV Rente ohne Abschlag beziehen könne. Er habe die letzten 30 Jahre seines Berufslebens monatlich die gesetzlichen Beiträge bezahlt, überobligatorische Beiträge habe er keine geleistet.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs liege keine Pensionsabfindung im Sinne des § 124b Z 53 EStG vor, wenn bei einer sogenannten „obligatio alternativa“ (Wahlschuld im Sinne des § 906 ABGB) dem Gläubiger ein Wahlrecht zwischen Einmalzahlung und Rentenzahlung eingeräumt sei (, und /0026).

Gemäß Artikel 37 Abs. 4 des Schweizer Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) könne die Vorsorgeeinrichtung in ihrem Reglement vorsehen, dass die Anspruchsberechtigten eine Kapitalabfindung an Stelle einer Alters- oder Invalidenrente wählen könnten. Der von der Pensionskasse an den Bf. ausbezahlte Betrag stelle keine Pensionsabfindung iSd § 124b Z 53 EStG dar. Die bestehende Möglichkeit der wahlweisen Auszahlung eines Einmalbetrages oder einer monatlichen Rente ließen erkennen, dass keine Abfindung gesetzlicher Rentenansprüche vorliege. Die Auszahlung beruhe auch nicht auf einer sekundären Rechtsgrundlage, die an die Stelle der eigentlich vorgesehenen primären Rechtgrundlage trete, sondern es sei eine Wahl zwischen gleichwertigen Ansprüchen getroffen worden. Im Hinblick auf die angeführte neuere Rechtsprechung des VwGH liege daher aufgrund des im gegenständlichen Fall ausgeübten Wahlrechts keine Pensionsabfindung vor, weshalb § 124b Z 53 EStG nicht zur Anwendung komme und der Kapitalbezug zur Gänze zu erfassen sei.

Mit Schreiben vom stellte der Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag).

Gegen die Ausführungen des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung brachte er vor, durch die Versteuerung des gesamten Pensionskassenkapitals werde er gegenüber österreichischen Angestellten schlechter gestellt. So würde z.B. eine Firmenabfertigung, die ein in Österreich Beschäftigter nach 25 jähriger Dienstzeit erhalte, nur mit dem Steuersatz von 6% versteuert und unterlägen Pensionskassenleistungen an in Österreich beschäftigte Arbeitnehmer nur mit 25% der Einkommenstreuer. Er hingegen müsse seine Pensionskassenzahlung mit 50% versteuern. Ein mündiger Staatsbürger, der sich seine Pensionsleistung als einmalige Kapitalleistung auszahlen lasse, dürfe aber nicht schlechter behandelt werden als einer, der sich die Pension  als Rente auszahlen lasse.

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II. Sachverhalt

Im Beschwerdefall steht außer Streit, dass dem in Österreich wohnhaften Bf. anlässlich seiner vorzeitigen Pensionierung per auf eigenen Wunsch an Stelle einer Altersrente das gesamte Alterskapital bei der Pensionskasse Z. Group ausbezahlt wurde.

Dies ergibt sich aus dem Schreiben der Pensionskasse der Z. Group vom , worin es (wörtlich) heißt:

„Gemäß Vereinbarung mit der Y. AG treten Sie am in den vorzeitigen Ruhestand.

Gemäß den uns vorliegenden Instruktionen wünsche Sie an Stelle von Rentenleistungen die Auszahlung ihres gesamten Alterskapitals.

Die entsprechende Kapitalleistung der Pensionskasse präsentiert sich wie folgt:

Gewünschte Kapitalleistung per …    CHF  446.846,25
Quellensteuerabzug                                          CHF  -40.141,00
Unsere Überweisung per                    CHF 406.704,25

Wir werden Ihnen den Betrag auf Ihr Konto mit der IBANxxxx bei der Raiffeisenbank V. überweisen.“

Das angesparte Kapital stammt ausschließlich aus obligatorischen Beiträgen. Für diese Feststellung folgt das Gericht den Angaben des Bf.

III. Rechtslage

Die im Beschwerdefall in Streit stehende Frage, ob die Pensionskassenzahlung zur Gänze oder nur mit zwei Dritteln in Österreich steuerpflichtig ist, ist auf folgender Rechtsgrundlage zu entscheiden:

a) Innerstaatliches Recht

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind unbeschränkt steuerpflichtig jene Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Gemäß § 25 Abs.  1 Z 2 lit. b erster Satz EStG 1988 sind Bezüge und Vorteile aus ausländischen Pensionskassen (einschließlich aus ausländischen Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionsabfindungsgesetzes) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Gemäß § 67 Abs. 8 lit. e EStG 1988 sind Zahlungen für Pensionsabfindungen, deren Barwert den Betrag im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 des Pensionskassengesetzes nicht übersteigt, mit der Hälfte des Steuersatzes zu versteuern, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Bezuges auf die Monate des Kalenderjahres als Lohnzahlungszeitraum ergibt.

Gemäß § 67 Abs. 10 EStG 1988 sind sonstige Bezüge, die nicht unter Abs. 1 bis 8 fallen, wie ein laufender Bezug im Zeitpunkt des Zufließens nach dem Lohnsteuertarif des jeweiligen Kalendermonates der Besteuerung zu unterziehen. Diese Bezüge erhöhen nicht das Jahressechstel gemäß § 67 Abs. 2 EStG.

Gemäß § 1 Abs. 1 Pensionskassengesetz ist eine Pensionskasse ein Unternehmen, das nach diesem Bundesgesetz berechtigt ist, Pensionskassengeschäfte zu betreiben.

Nach § 1 Abs. 2 Pensionskassengesetz dürfen die von einer Pensionskasse auszuzahlenden Pensionen nur dann abgefunden werden, wenn bei Eintritt des Leistungsfalles der Barwert des Auszahlungsbetrages 9.300 Euro nicht übersteigt.

Gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 sind Zahlungen für Pensionsabfindungen, deren Barwert den Betrag im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 des Pensionskassengesetzes übersteigt, gemäß § 7 Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist bei Pensionsabfindungen, die im Jahre 2001 zufließen, nach Abzug der darauf entfallenden Beträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Viertel steuerfrei zu belassen.

Mit dem Bundesgesetz vom , BGBl. I Nr. 54/2002, wurde in § 124b Z 53 EStG 1988 folgender Satz angefügt:

Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen aufgrund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen sind nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen“.

b) Zwischenstaatliches Steuerrecht

Gemäß Artikel 18 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizer Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. 1972/161, dürfen vorbehaltlich des Artikels 19 Abs. 1 Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person für frühere unselbständige Tätigkeit gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden.

c) Schweizer Recht

In der Schweiz wird die Alterssicherung von drei verfassungsrechtlich vorgesehenen Säulen getragen. Die staatliche Vorsorge basiert auf dem Umlageverfahren und deckt als erste Säule den Existenzbedarf. Die zweite Säule ist die an das Arbeitsverhältnis gekoppelte berufliche Vorsorge. Sie ist seit 1985 gesetzlich verpflichtend, basiert auf dem Kapitaldeckungsverfahren und soll zusammen mit der ersten Säule die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung ermöglichen. Die dritte Säule ist die individuelle, private bzw. freiwillige Vorsorge.

Die rechtlichen Grundlagen der beruflichen Vorsorge sind die Bundesverfassung, das Stiftungsrecht, das Arbeitsvertragsrecht sowie Spezialvorschriften über die berufliche Vorsorge, Steuerrechtliche Vorschriften sowie Vorschriften mit Bezug zur beruflichen Vorsorge wie z.B. das Eherecht.

Gesetzliche Grundlage für die berufliche Vorsorge ist das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen und Invalidenvorsorge (BVG) vom .

Nach dessen Art. 13 Abs. 1 haben Männer, die das 65. Altersjahr zurückgelegt haben und Frauen, die das 62. Altersjahr zurückgelegt haben, Anspruch auf Altersleistungen.

Gemäß Art. 13 Abs. 2 BVG könne die reglementarischen Bestimmungen der Vorsorgeeinrichtung abweichend davon vorsehen, dass der Anspruch auf Altersleistungen mit der Beendigung der Erwerbstätigkeit entsteht. In diesem Fall ist der Umwandlungssatz (Art. 14 BVG) entsprechend anzupassen.

Gemäß Art. 37 werden Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenleistungen in der Regel als Rente ausgerichtet.

Gemäß Art. 37 Abs. 4 lit. a BVG kann die Vorsorgeeinrichtung in ihrem Reglement vorsehen, dass die Anspruchsberechtigten an Stelle einer Alters-, Hinterlassenen- oder Invalidenrente eine Kapitalabfindung wählen können.

Voraussetzung für die Anwendung der Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 ist u.a., dass eine Zahlung für Pensionsabfindung vorliegt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegen Pensionsabfindungen nur dann vor, wenn die Zahlungen in Abgeltung eines auf Renten lautenden, bereits entstandenen Rentenanspruches geleistet werden (vgl. z.B. ; ; ).

Von Pensionsabfindungen kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber nicht gesprochen werden, wenn dem Anwartschaftsberechtigten das Wahlrecht eingeräumt wird, zwischen mehreren gleichwertigen, primären, aber alternativen, Möglichkeiten zu wählen (§ 906 ABGB, obligatio alternativa). Denn in solch einem Fall ist der Rentenanspruch nur ein Anspruch unter anderen, nicht aber der primäre Anspruch. Er kann daher auch nicht „abgefunden“ werden (vgl. dazu , ; ; und ; ; ; RV/1100453).

Wie sich aus dem unter Punkt II. festgestellten Sachverhalt ergibt, hat sich der Bf. für die Altersleistung in Form der Ausbezahlung des Sparkapitals entschieden. Er hätte die Altersleistung aus der Berufsvorsorge aber ebensogut in Form einer Rente in Anspruch nehme können.

Somit hat er von einer obligatio alternativa Gebrauch gemacht. Eine Pensionsabfindung liegt in diesem Fall schon begrifflich nicht vor und steht die Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 daher nicht zu.

Die verschiedentlich in der Literatur (z.B. Reiner/Reiner, Besteuerung von Pensionskassenabfindungen bei Wahlrecht des Anwartschaftsberechtigten, BFGjournal 2016, 27 ff) vertretene Meinung, Pensionsabfindungen fielen auch bei einem Wahlrecht des Anwartschaftsberechtigten unter die Begünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988, überzeugt schon deshalb nicht, weil, wie oben ausgeführt, im Falle einer obligatio alternativa gar keine Pensionsabfindung vorliegt.

Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/1100654/2015, mit der einer Beschwerde gegen die Nichtgewährung der Drittelbegünstigung durch das Finanzamt stattgegeben wurde, ist auf den gegenständlichen Fall nicht übertragbar. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt ging es um eine teilweise "Barauszahlung" einer Austrittsleistung (Freizügigkeitsleistung iSd § 2 FZG Schweiz), die eine Grenzgängerin von der Schweizer Pensionskasse ihrer ehemaligen Dienstgeberin nach Beendigung des Dienstverhältnisses in der Schweiz und Aufnahme einer nichtselbständigen Tätigkeit in Österreich "wegen endgültigen Verlassens" der Schweiz 2014 erhalten hat. Die Gewährung der Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 wurde in dieser Entscheidung damit begründet, dass in diesem Fall kein alternativer Anspruch auf Zahlung einer Altersrente bestanden habe. Nur deshalb stand die Freiwilligkeit der Entscheidung zur Barabfindung der Anwendbarkeit der Begünstigung nicht entgegen und nicht etwa deshalb, weil die Freiwilligkeit der Wahl zwischen Altersrente und Einmalzahlung für die Gewährung der Drittelbegünstigung unschädlich gewesen wäre.

Die hier vertretene Rechtsansicht wird auch durch eine teleologische Interpretation des § 124b Z 53 EStG gestützt.

Die parlamentarischen Erläuterungen zur Regierungsvorlage 927 BlgNR 21. GP führen zu § 124b Z 53 aus:

Ausländische gesetzliche Regelungen bzw. die darauf beruhenden Statuten der ausländischen Pensionskassen sehen vielfach Pensionsabfindungen vor. Eine Übertragung des abzufindenden Barwertes in eine inländische Pensionskasse ist nicht möglich. Diese Problematik betrifft insbesondere Grenzgänger, die in diesen Fällen keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung haben. Es wäre daher unbillig, Pensionsabfindungen in diesen Fällen zur Gänze tarifmäßig zu besteuern“.

Zweck der Begünstigung des § 124b Z 53 EStG ist es demnach, die bei einer Pensionsabfindung infolge der Zusammenballung der Bezüge gegenüber einer Rente greifende höhere Progression und damit eintretende höhere Steuerlast durch die steuerliche Befreiung eines Drittels der Abfindung in jenen Fällen abzumildern, in denen der Anwartschaftsberechtigte keine andere Möglichkeit hat, als die  Pension in Form einer Pensionsabfindung in Anspruch zu nehmen.

Hat der Anwartschaftsberechtigte wie im Beschwerdefall aber die freie Wahl, die Pension als Rente oder als Einmalzahlung ausbezahlt zu bekommen, so liegt es gleichzeitig auch in seiner Disposition, ob für die Besteuerung eine höhere oder geringere Progression zur Anwendung gelangt. Entscheidet er sich für die Einmalzahlung, so liegt in der Anwendung einer höheren Progressionsstufe bzw. im Greifen einer höheren Steuerlast als bei Bezug einer Rente auch kein unbilliges Ergebnis vor. Denn er hätte sich ja für die Ausbezahlung der Pension in Form einer Rente entscheiden können.

Zu den vom Bf. gegen die Besteuerung der gesamten Pensionskassenzahlung vorgebrachten Einwänden ist sagen:

Der Gleichheitsgrundsatz des österreichischen Verfassungs­rechts (Art 7 Abs 1 B-VG und Art 2 StGG) verbietet dem Gesetzgeber, Gleiches ungleich oder Ungleiches gleich zu behandeln. Er muss an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen knüpfen, wesentlich ungleiche Tatbestände müssen zu entsprechend unterschiedlichen Regelungen führen. Der Gesetz(Verordnungs)geber ist bei Erlassung einer Regelung, die eine rechtliche Ungleichbehandlung bewirkt, darüber hinaus an das aus dem Gleichheitsgrundsatz abzuleitende Sachlichkeitsgebot gebunden. Nur sachlich gerechtfertigte Differenzierungen sind daher verfassungsrechtlich unbedenklich (siehe oder , G167/85 u.a.).

Solange keine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung vorliegt, ist es dem einfachen Gesetz(Verordnungs)geber aber auch erlaubt, im Rahmen des ihm zukommenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraums zu entscheiden, welche Regelung er bevorzugt und seine rechtspolitischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (siehe etwa VfSlg. 16.176/2001, 16.504/2002

Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden (zB VfSlg. 14.301/1995, 15.980/2000 und 16.814/2003).

Es trifft zu, dass Abfertigungen im Sinne des § 67 Abs. 3 EStG dem festen Steuersatz von 6% unterliegen. Abfertigungen sind aber mit Pensionszahlungen einer Pensionskasse nicht vergleichbar. Es liegt daher in der  rechtpolitischen Gestaltungsmacht des Gesetzgebers, an Abfertigungszahlungen günstigere Steuerrechtfolgen zu knüpfen als an Zahlungen von ausländischen Pensionskassen. 

Pensionskassenleistungen an inländische Arbeitnehmer sind nur hinsichtlich jener Teile der Bezüge, die auf die vom Arbeitnehmer eingezahlten Beträge entfallen, nur mit 25% zu erfassen. Dies deshalb, weil diese Beiträge nicht als Werbungskosten einkommensmindernd berücksichtigt werden können und eine volle Besteuerung zu einer Doppelbesteuerung führen würde (vgl. Doralt, EStG12, § 25 Tz 50).

Beiträge von Arbeitnehmern zu einer ausländischen Pensionskasse, die aufgrund einer ausländischen gesetzlichen Verpflichtung zu leisten sind, sind aber gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 h EStG 1988 als Werbungskosten zu berücksichtigen und vermindern so das Einkommen. Eine volle steuerliche Erfassung der Pensionskassenzahlungen führt daher auch nicht zu einer Doppelbesteuerung. Auch in diesen Fall liegt daher eine sachlich gerechtfertigte Differenzierung vor.

Das vom Bf. zitierte Erkenntnis des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0429-F/09, ist durch die neuere, oben zitierte, Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesfinanzgerichtes überholt. Wie bereits ausgeführt, liegt im Beschwerdefall aufgrund der Wahlmöglichkeit gar keine Pensionsabfindung vor und scheidet die Drittelbegünstigung bereits aus diesem Grund aus.

Der Bf. kann sich für sein Beschwerdebegehren auch nicht mit Erfolg auf den Grundsatz von Treu und Glauben berufen.

Unter „Treu und Glauben“ ist der auch im Abgabenrecht geltende Rechtsgrundsatz zu verstehen, dass jeder, der am Rechtsleben teilnimmt, zu seinem Wort und zu seinem Verhalten zu stehen hat und sich nicht ohne triftigen Grund in Widerspruch zu dem setzten darf, was er früher vertreten hat und worauf andere vertraut haben (vgl. Ritz, BAO6, § 114 Tz 6).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Grundsatz von Treu und Glauben nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen zum Tragen (vgl. zusammenfassend die bei Ritz, BAO6, § 114 Tz. 7ff, referierte Rechtsprechung). Es müssen besondere Umstände vorliegen, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsauffassung durch die Abgabenbehörde unbillig erscheinen lassen, wie dies z. B. der Fall sein kann, wenn ein Abgabepflichtiger von der (zuständigen) Abgabenbehörde ausdrücklich zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert wird und sich nachträglich die Unrichtigkeit derselben herausstellt (vgl. und ).

Der Grundsatz von Treu und Glauben schützt aber nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabenpflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit. Die Behörde ist vielmehr verpflichtet, von einer als gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen (vgl. RitzBAO6, § 114 Tz 9).

Überdies kann der Grundsatz von Treu und Glauben nur insoweit Auswirkungen zeitigen, als das Gesetz der Vollziehung einen Vollzugsspielraum einräumt (vgl. ). Ein solcher besteht etwa bei der Nachsicht im iSd § 236 BAO, bei der Ermessensübung bei der Wiederaufnahme des Verfahrens, bei Bescheidaufhebungen gemäß § 299 BAO oder auch bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe (vgl. Ritz, BAO6, § 114 Tz 8 ).

Der Grundsatz von Treu und Glauben schützt nicht das Erfüllungsinteresse, sondern vermittelt allenfalls einen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens (vgl.  BAO6, § 114 Tz 13 )

Auf eine frühere Verwaltungspraxis oder auch Rechtsprechung des UFS kann sich der Bf. daher unter dem Titel „Treu und Glauben“ nicht stützen, weil dieser Grundsatz eben nicht davor schützt, dass von einer früheren unrichtigen Rechtsanwendung abgegangen wird.

Ob das Finanzamt dem Bf. tatsächlich die Rechtsauskunft erteilt hat, dass ein Drittel der Pensionskassenzahlung in Österreich steuerfrei sei, und der Bf. erst daraufhin die Entscheidung gefasst hat, sich das gesamte Kapital auszahlen zu lassen, kann nach dem vorliegenden Sachverhalt aber nicht mit Sicherheit entschieden werden, zumal konkrete Angaben des Bf. zur angeblichen Auskunft des Finanzamtes fehlen und auch nicht gesichert ist, dass ein Kausalzusammenhang zwischen der Auskunft des Finanzamtes und Entscheidung des Bf. bestand. Aber selbst wenn diese Fragen bejaht werden könnten und dem Bf. ein Vertrauensschaden entstanden wäre, könnte die Beschwerdeentscheidung dennoch zu keinem anderen als dem spruchgemäßen Ergebnis führen. Denn für die Auslegung des Begriffes „Pensionsabfindung“ besteht nach dem oben Gesagten kein Spielraum, sie ist durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vielmehr eindeutig geklärt. Im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung kommt der Grundsatz von Treu und Glauben daher nicht zum Tragen. Allenfalls im Rahmen der Abgabeneinhebung könnte er von Bedeutung sein.

IV. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die dieser Entscheidung zu Grunde liegende Interpretation des Begriffs "Pensionsabfindung"  wurde vom Verwaltungsgerichtshof in mehreren, hier zitierten Erkenntnissen, geklärt. Das Bundesfinanzgericht ist von dieser Interpretation nicht abgewichen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor und ist eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof daher nicht zulässig. 

Feldkirch, am

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