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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.02.2017, RV/7104075/2015

Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7104075/2015-RS1
Zu den Kosten der doppelten Haushaltsführung gehört auch der für einen Einpersonenhaushalt am Beschäftigungsort zweckentsprechende Hausrat.
RV/7104075/2015-RS2
Auch die gemeinsame Obsorge eines geschiedenen Steuerpflichtigen mit dem anderen Elternteil kann eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung begründen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch R in der Beschwerdesache Bf., W, vertreten durch Grasl Schenk & Partner GmbH & Co KG, Seidengasse 45, 1070 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2012 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer ( Bf.) beantragte im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2012 die Berücksichtigung von Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung, nämlich Hotelkosten in L. i.H. von € 1.528,80, Wohnungseinrichtung und Haushaltsbedarf i.H. von € 2.216,07 und Miete für August bis Dezember i.H. von € 1.157,65 sowie von Familienheimfahrten i.H. des höchsten Pendlerpauschales aliquotiert für acht Monate (€ 2.448.-).

Im Zuge der Veranlagung wurde im Bescheid vom Wohnungsmiete  nur für 3 Monate berücksichtigt, sohin die Kosten der Unterkunft für insgesamt 6 Monate (€ 647,79)  und die Fahrtkosten ebenfalls nur für 6 Monate (€ 1.836.-).

Begründet wurde dies folgendermaßen:

BEI EINER DAUERNDEN BEIBEHALTUNG DES FAMILIENWOHNSITZES EINES
ALLEIN STEHENDEN

STEUERPFLICHTIGEN AUßERHALB DES BESCHÄFTIGUNGSWOHNORTES IST GEM.
§ 16 ESTG 1988

EINE PRIVATE VERANLASSUNG ZU UNTERSTELLEN, WENN DIE VERANLASSUNG AUF DIE DURCHFÜHRUNG DES BESUCHSRECHTES BETREFFEND DEN
MINDERJÄHRIGEN SOHN

ZURÜCKZUFÜHREN IST.

LIEGEN DIE VORAUSSETZUNGEN FÜR EINE AUF DAUER DOPPELTE HAUS-HALTSFÜHRUNG NICHT

VOR, KÖNNEN DIE KOSTEN FÜR EINE BERUFLICH VERANLASSTE BEGRÜNDUNG
EINES ZWEITEN

HAUSHALTES AM BESCHÄFTIGUNGSORT NUR VORüBERGEHEND, WOBEI FÜR
ALLEIN STEHENDE

ARBEITNEHMER EIN ZEITRAUM VON SECHS MONATEN FüR DIE VERLEGEUNG DES WOHNSITZES

ALS AUSREICHEND ANGESEHEN WIRD, ALS WERBUNGSKOSTEN ANERKANNT
WERDEN. DAHINGEHEND SIND AUCH DIE AUFWENDUNGEN FÜR DIE
FAMILIENHEIMFAHRTEN BEGRENZT MIT DEM GROSSEN PENDLERPAUSCHALE NUR
FÜR SECHS MONATE ZU BERÜCKSICHTIGEN.

AUFWENDUNGEN FÜR DEN GEWÖHNLICHEN HAUSHALTSBEDARF STELLEN NICHTABZUGSFÄHIGE

KOSTEN DER PRIVATEN LEBENSFÜHRUNG IM SINNE DES § 20 ESTG 1988 DAR.
SOMIT WURDEN

NUR DIE KOSTEN FUR DIE EINRICHTUNG ANERKANNT.

Von den Wohnungskosten wurden tatsächlich die Kosten für die Einrichtung (Ikea) teilweise, nämlich von insges. € 398.-, die Kosten für einen Kühlschrank i.H. von € 249.- und die Kosten für einen Staubsauger i.H. von € 159,99 anerkannt.

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom Beschwerde erhoben und darauf verwiesen, dass der Bf. nicht alleinstehend sei, sondern ihm gemäß gerichtlicher Vereinbarung vom XY die gemeinsame Obsorge für den Sohn P. zustehe. Weiters sei ein Besuchsrecht vereinbart worden, und zwar vom Mittwoch bis Donnerstag und Samstag bis Montag. Damit das Kind nicht ständig herumgereicht werde, sei  in der Folge  vereinbart worden, dass das Kind zweimal im Monat von Mittwoch bis Sonntag beim Bf. wohne.

Der Bf. arbeite seit Mai 2012 in L. und habe dort eine 23,64 m2 große Wohnung.

Vorgelegt wurde ein Vergleich des BG F. vom XY, in dessen Pkt. 1 die gemeinsame Obsorge und dessen Pkt. 2 das Besuchsrecht vereinbart werden.

Unter Obsorge versteht das Gericht lt. diesem Vergleich das Recht und die Pflicht zur Pflege und Erziehung, Vermögensverwaltung und gesetzlichen Vertretung in diesen und allen anderen Angelegenheiten.

Hinsichtlich des Aufenthaltes wird vereinbart, dass sich das Kind hauptsächlich bei der Mutter aufhalten soll.

Das Eigentum an der bisherigen Ehewohnung verbleibt lt. diesem Vergleich beim Bf.

Da der Bf. zur Obsorge verpflichtet sei, handle es sich um eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung.

Weiters wurde in diesem Zusammenhang eine Bestätigung der Kindesmutter vom vorgelegt, wonach der gemeinsame Sohn zweimal im Monat von Mittwoch bis Sonntag und nach Vereinbarung, wenn notwendig auch in einzelnen Fällen unter der Woche, beim Bf. wohne.

Eine Bestätigung der Mutter des Bf. vom besagt, dass diese ihren Enkel von der Schule abgeholt bzw. in der Wohnung des Bf. betreut habe, bis dieser in seine Wiener Wohnung zurückgekehrt sei.

Hinsichtlich des nicht berücksichtigten Haushaltsbedarfes werde auf die Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/3704-W/08 verwiesen, wonach auch Gegenstände des täglichen Gebrauchs abzugsfähig seien, wenn die Voraussetzungen für die doppelte Haushaltsführung vorliegen.

Nachdem die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen worden war, stellte der Bf. am einen Vorlageantrag und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Dieser Antrag wurde mit Schreiben vom zurückgenommen.

Mit eben diesem Schreiben wurde die Höhe der beantragten Werbungskosten nochmals aufgeschlüsselt.

Die Kosten der Familienheimfahrten wurden chronologisch zwischen und mit insges. € 4.298,15 angegeben.

Aus der mit Wochentag und Datum versehenen Aufstellung der Fahrten zwischen Mai und Dezember 2012 sind im Mai und Juni Mittwochsfahrten, im Juli Donnerstags-und Freitagsfahrten, im September-und Oktober nur Freitagsfahrten, im November auch Donnerstagsfahrten und im Dezember abwechselnd Donnerstags-und Freitagsfahrten nachgewiesen. 

Die Hotelkosten wurden, obwohl bereits belegmäßig nachgewiesen, tabellarisch gegliedert.

Die Summe der Mietkosten von insges. € 1.157,65 wurde folgendermaßen aufgeschlüsselt:

Montag, 16.7.: 78.-

Montag, 6.8.: 215,93

Mittwoch, 5.9.: 215,93

Freitag, 5.10: 215,93

Montag, 5.11.: 215,93

Mittwoch, 5.12.: 215,93

In der Tabelle "Kosten der Einrichtungsgegenstände" wurden, datumsmäßig gegliedert, diverse Einkäufe in verschiedenen Geschäften sowie die jeweilige Einkaufssumme angeführt.

Die entsprechenden Belege wurden bereits im Zuge des Verfahrens beim Finanzamt vorgelegt und mit den Ziffern 44-70 nummeriert.

Kosten der Einrichtungsgegenstände


Samstag,   MediaMarkt 159,89 (44)
Mittwoch,   Ikea 607‚96 (45)          
Do,            Leiner 174,74 (46)
Do,            Schlecker 7,36 (47)
Freitag,      Müller 22,53 (48)
Samstag,    lnterspar 7,47 (49)
Dienstag,    Leiner 65‚84 (50)
Freitag,   Müller 8,02 (51)
Freitag,      Fisher 7‚99 (52)
Dienstag,   Biomarkt 28,47 (53)
Samstag,   Reiter 79‚98 (54)
Samstag,   Müller 6‚49 (55)
Samstag, 29. Sept. 2012 lnterspar 66‚21 (56)
Samstag,   Müller 112,20 (57)
Samstag,   MediaMarkt 249,00 (58)
Samstag,   Müller 199,64 (59)
Samstag, 06. Okt.r 2012 lnterspar 52,61 (60)
Freitag,      Müller 23,32 (61)
Samstag,    Fisher 19‚96 (62)
Samstag,   Müller 8‚28 (63)
Montag,     Pascher 23‚8O (64)
Freitag,     lnterspar 13‚48 (65)
Freitag,     Müller 9,99 (66)
Samstag,   MediaMarkt 29,99 (67)
Samstag,   lnterspar 19‚99 (68)
Samstag,   lnterspar 7‚47 (69)
Montag,     Saturn-299‚90 (70)

Summe -2.312,58

Dieses Schreiben wurde dem Finanzamt mit Mail vom  zur Kenntnis gebracht.

Bezüglich der Wohnungskosten erliegen im Akt folgende Belege:

- die Mietvorschreibungen der Wohnungsvermieterin

- die Vorschreibung der Vermieterin vom über eine Kaution i.H. von € 648 und die Vergebührung des Mietvertrages i.H. von € 78.-

- diverse Rechnungen der Geschäfte Müller, Leiner, Ikea u.a..

Mit Schreiben vom legte der Bf. eine neuerliche Aufstellung der Familienheimfahrten, diesmal ergänzt um die Zeiträume der Betreuung des Sohnes durch ihn oder seine Mutter während des jeweiligen Wienaufenthaltes, vor.

Diese Äußerung wurde dem Finanzamt zur Kenntnis gebracht.

Dieses teilte per E-Mail vom mit, dass es an seiner bisherigen Rechtsansicht festhalte, wonach Aufwendungen für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung nur für sechs Monate zustünden. Die Obsorgeverpflichtung liege grundsätzlich bei der Kindesmutter.

Die Beibehaltung des Wohnsitzes in Wien liege daher in privatem Interesse des Bf. Die doppelte Haushaltsführung bzw. die Familienheimfahrten seien nicht beruflich bedingt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Ehe des Bf. wurde im Jahr 2002 geschieden.

Es wurde die gemeinsame Obsorge für den Sohn P., geb. ****, vereinbart und vom Gericht beiden Elternteilen übertragen.

Der Bf. behielt die gemeinsame Ehewohnung.

Ab Mai 2012 arbeitete er in Linz, von Mai bis incl. Juli nächtigte er in einem Hotel.

Ab August mietete er dort eine Wohnung von 23,64 m2 und richtete diese ein.

Die Anzahl der Familienheimfahrten und der dadurch erwachsenen Kosten sind unstrittig.

Ebenso unstrittig sind die Anzahl der Hotelnächtigungen im Zeitraum Mai bis Juli 2012 und die Höhe der dadurch erwachsenen Kosten.

Für die Vergebührung des Mietvertrages wurden  von der Vermieterin € 78.- in Rechnung gestellt.

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 (Einkommensteuergesetz 1988 in der im Streitjahr geltenden Fassung) sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Gemäß § 20 Abs. 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften u.a nicht abgezogen werden:

Zif. 1: die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge.

Zif. 2 lit.a: Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Ausgaben für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten können für den Arbeitnehmer jedenfalls nur dann Werbungskosten sein, wenn er aus beruflichen Gründen gehalten ist, an der Arbeitsstätte oder in deren Nahebereich eine Unterkunft zu bewohnen, weil sein (Familien)Wohnsitz so weit von der Arbeitsstelle entfernt ist, dass ein tägliche Rückkehr jedenfalls nicht zumutbar ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, ist die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen (siehe , , , ).

Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten werden dennoch als Werbungskosten berücksichtigt, dh sie gelten als durch die Erwerbstätigkeit veranlasst, solange eine Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung nicht zugemutet werden kann.

Die Unzumutbarkeit kann  - wie unter anderem dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes,  zu entnehmen ist - ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in der Erwerbstätigkeit des Ehegatten des Steuerpflichtigen haben.

In aller Regel ist dem Steuerpflichtigen nach einer gewissen Zeit, die nur im Einzelfall beurteilt werden kann, die Verlegung seines Wohnsitzes in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zuzumuten, unter gewissen Umständen ist allerdings auch eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung gerechtfertigt.

Familienwohnsitz ist jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten oder ein lediger Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner (auch ohne Kind iSd § 106 Abs. 1 EStG 1988) einen gemeinsamen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet ( ).

Im Erkenntnis vom , RV/2007/15/0297 trifft der Verwaltungserichtshof bezüglich alleinstehender, also nicht Verheirateter oder in eheähnlicher Gemeinschaft Lebender folgend Aussagen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt erkannt, dass die Beibehaltung eines (Familien)Wohnsitzes aus der Sicht der Erwerbstätigkeit, die in unüblich weiter Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, nicht durch die Erwerbstätigkeit, sondern durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb der Erwerbstätigkeit liegen. Der Grund, warum Aufwendungen für Heimfahrten zu diesem Wohnsitz dennoch als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen solange als durch die Einkunftserzielung veranlasst gelten, als dem Steuerpflichtigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung zum Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung haben als auch in der weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in der Erwerbstätigkeit des (Ehe)Partners bzw. Partners einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2006/14/0038, betreffend einen verwitweten Steuerpflichtigen mit minderjährigen Kindern und das hg. Erkenntnis vom , 2006/14/0027). Der Verwaltungsgerichtshof hat in mehreren Erkenntnissen (Hinweis E , 93/14/0081; E , 95/13/0119; E , 2001/14/0178) auch für alleinstehende Steuerpflichtige Fahrten zwischen ihrem Hauptwohnort und einem weiteren Wohnsitz am (in unüblich weiter Entfernung gelegenen) Berufsort als durch die Erwerbstätigkeit veranlasst anerkannt.

Der Umstand, dass sich in der Wohnung des Abgabepflichtigen in Salzburg kein "Mehrpersonenhaushalt" befindet, steht der Absetzbarkeit der Kosten für Fahrten zwischen dem Hauptwohnsitz in Salzburg und der Wohnung am Arbeitsort in Graz nicht entgegen. Es kommt vielmehr auf die - im Einzelfall zu beurteilende - Frage der Zumutbarkeit der Verlegung des Hauptwohnsitzes in den Bereich des Berufsortes an. Dabei kann sich die Unzumutbarkeit insbesondere auch aus Umständen der privaten Lebensführung ergeben (vgl. das hg Erkenntnis vom , 2006/14/0038). Dass die Erziehung und Betreuung der minderjährigen Kinder und die Bewahrung des familiären Umfeldes für diese Kinder gewichtige Gründe darstellen können, die für die Beibehaltung des Hauptwohnsitzes sprechen, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seiner Judikatur zum Ausdruck gebracht (vgl. nochmals das hg Erkenntnis vom , 2006/14/0038).

Zuzustimmen ist dem Finanzamt, dass ein bloßes Besuchsrecht eine Wohnsitzverlegung an den Beschäftigungsort nicht unzumutbar machen würde (vgl. auch , RV/5100654/2013 ).

Dem Bf. wurde jedoch vom Gericht die gemeinsame Obsorge, gemeinsam mit der Kindesmutter, übertragen. Die Ansicht des Finanzamtes (sieh E-Mail vom ), die Obsorgeverpflichtung liege grundsätzlich bei der Kindesmutter, ist daher nicht nachvollziehbar.

Weiters ist auf die Entscheidung des zu verweisen, mit der ebenfalls, unter Zitierung zahlreicher Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, die Aufwendungen eines geschiedenen Steuerpflichtigen, dem die gemeinsame Obsorge gemeinsam mit der Kindesmutter übertragen worden war und der lt. seinem Vorbringen seine Kinder regelmäßig an den Wochenenden abholte und in seiner Wohnung betreute,  die Aufwendungen für Familienheilfahrten und doppelte Haushaltsführung zuerkannt worden waren.

Nach der Judikatur des Verwaltungs gerichtshofes können also die Gründe für die Beibehaltung des bisherigen Familienwohnsitzes auch außerhalb der Erwerbstätigkeit liegen. Abzustellen ist darauf, ob dem Steuerpflichtigen die Wohnsitzverlegung an den Ort der Beschäftigung zugemutet werden kann.

Auf den gegenständlichen Fall angewendet hat diese Judikatur zur Folge, dass der Bf., obwohl geschieden, nicht als alleinstehend anzusehen ist. Die vom Gericht übertragene Obsorgeverpflichtung geht über ein bloßes Besuchsrecht hinaus, da sie auch die Pflege, Erziehung, Vermögensverwaltung und gesetzliche Vertretung in all diesen Angelegenheiten umfasst. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass dieser Aufgabe bestmöglich dadurch nachzukommen war, dass das bisherige Umfeld für den Sohn aufrechterhalten wurde und zwar bereits ab der Scheidung durch Beibehaltung der bisherigen Ehewohnung und in der Folge ab der Beschäftigung in L. ab Mai 2012 durch Beibehaltung ebendieser Wohnung als Familienwohnsitz.

Der Bf. ist seiner Obsorgeverpflichtung unzweifelhaft nachgekommen. Gewichtiges Indiz dafür ist, dass der Bf. die gemeinsame Ehewohnung beibehalten hat. Dadurch war es ihm möglich, das gewohnte Umfeld für seinen Sohn aufrecht zu erhalten, das der Verwaltungsgerichtshof offenbar im Auge hatte, wenn er diesen Umstand als so gewichtig ansah, dass dieser die  Beibehaltung des Hauptwohnsitzes und damit die Unzumutbarkeit dessen Verlegung an den Ort der Beschäftigung rechtfertige (siehe oben den Verweis auf ).

Auch stellte der Bf. in durchaus glaubwürdiger Weise dar, dass er regelmäßig an den Wocheneden in die ehemalige gemeinsame Ehewohnung zurückkehrte und der Sohn dort zumindest zweimal pro Monat bis zu seinem Eintreffen von seiner Großmutter, danach von ihm selbst betreut wurde. Dies wurde auch sowohl von der Kindesmutter als auch der Großmutter glaubhaft dargetan.

Der Bf. reiste, wie den Fahrkarten zu entnehmen ist, wöchentlich nach Wien.

Zu den abzugsfähigen Kosten gehören einerseits die Fahrtkosten:

Abzugsfähig sind die Kosten des tatsächlich benutzten Verkehrsmittels beschränkt jedoch durch § 20 Abs. 1 Zif. 2 lit. e EStG 1988 mit dem höchsten Pendlerpauschale nach § 16 Abs. 1 Zif. 6 lit. c. Die jährliche Höchstgrenze ist auf Monatsbeträge umzurechnen.

Die maximal abzugsfähigen Kosten betrugen im Jahr 2012 € 3.672.-, somit pro Monat € 306.-Der Bf. kann daher, beginnend mit Mai 2012, € 2.448.- an Fahrtkosten abziehen.

Hinsichtlich der Kosten der Unterbringung sind die Kosten einer zweckentsprechenden Wohnung am Beschäftigungsort abzugsfähig, also etwa die Miete (), Vertragsgebühren und die Kosten der erforderlichen Einrichtungsgegenstände (z.B. )

Unstrittig ist die Abzugsfähigkeit der Hotelkosten für die Monate Mai bis Juli i.H. von € 1.528,80. Im Sinne der obigen Ausführungen sind jedoch die Mietkosten für August bis Dezember sohin für fünf Monate sowie die auch beantragte Vergebührung des Mietvertrages somit insges. € 1.157,65 und die geltend gemachten Betriebskosten i.H. von € 40,95 abzugsfähig.                                       

Bezüglich der vom Bf. beantragten Absetzung der Wohnungskosten in L. ist folgendes auszuführen:

Wenn das Finanzamt die Auffassung vertrat, dass nur die Kosten für die Einrichtung (Ikea) teilweise, nämlich von insges. € 398.-, die Kosten für einen Kühlschrank i.H. von € 249.- und die Kosten für einen Staubsauger i.H. von € 159,99 anzuerkennen seien, so war dies zu kurz gegriffen, wie sich an Hand der im Folgenden dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichthofes, des Unabhängigen Finanzsenates und des Bundesfinanzgerichtes zeigt: 

Was die Abzugsfähigkeit der beantragten Einrichtungskosten der Wohnung in L. anbelangt, so ist auch auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2001/13/0241 zu verweisen. In diesem brachte der Gerichtshof zum Ausdruck, dass abzugsfähige Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung die Grenzen des gewöhnlichen Haushaltsbedarfes nicht verlassen und solcherart der Sache nach keine Aufwendungen geltend gemacht werden dürfen, die ihres Charakters wegen als Repräsentationsaufwendungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 3 EStG 1988 nicht abzugsfähig wären.  Daher ist Hausrat nur bei Vorliegen der Voraussetzungen der doppelten Haushaltsführung abzugsfähig, und nur soweit er der zweckentsprechenden Befriedigung des Wohnbedürfnisses eines Ein-Personen-Haushaltes dient.

Dazu gehören etwa Kissen und Decken (UFS vom29.7.2009, RV/3704/08), Geschirr, Besteck, Küchenutensilien, Kochtöpfe (vgl. UFS vom 11., RV/030-F/07 und ),  

Das Bundesfinanzgericht vertritt die Auffassung, dass ein Radio diesem Wohnbedürfnis dient und dass daher die Kosten von € 299.- als Werbungskosten anzuerkennen sind (vgl. bezüglich eines Fernsehers). Gleiches gilt für einen Haartrockner i.H. von € 19,99.

Der Bf. hat sämtliche Ausgaben belegmäßig nachgewiesen, sodass eine Überprüfung hinsichtlich zweckentsprechenden Befriedigung des Wohnbedürfnisses eines Ein-Personen-Haushaltes möglich war.

Weder können daher Luxusgegenstände noch solche der Freizeitgestaltung oder solche, welche über einen notwendigen Einpersonenhaushalt hinausgehen als Werbungskosten abgezogen werden (vgl. ).

Darüber hinaus wurden auch diverse Einkäufe in Wien getätigt, sodass nicht nachvollziehbar ist, ob diese Anschaffungen ausschließlich die Zweitwohnung betreffen. Dies ist in der Folge mit „Wien“ vermerkt.

45: Bild:                                                 5,50

      Pflanze:                                            1,50

Bei der Artikelbezeichnung "Favang" (2 Artikel um jeweils € 99,90) dürfte es sich lt. Recherche der Richterin im Internet um eine Matratze und einen Lattenrost handeln. Beide bilden nach allgemeiner Verkehrsauffassung mit dem ebenfalls erworbenen Bettgestell eine Einheit, sodass sämtliche Kosten anzuerkennen waren. 

47: Reinigungsmittel, Tasche:                   5,68

48: Reinigungsmittel, Kosmetik

      (Wien)                                               22,53

50: Zierkissen                                          19,98

51: Wien                                                   8,02

57: 2 Platzsets, Müllbeutel, Alufolie, 2 Vorratsdosen,

      1 Brotkorb (doppelt)                                           34,81                                

59: 4 Vorratsgläser, 1 Eimer (doppelt), Film, Wasserkocher,

      jeweils 1 Löffel, Messer, Gabel, Kaffeelöffel,

      Kuchengabel                                                                         83,38

60:  div. Dosen                                                                            26,65

61: Dose, Reinigung, Klebefilm, Abfluss (Wien)                              23,32

62: Dekorierer                                                                             19,96

63: 2 Dvds, Duftlampe und Öl                                                        8,28

65: Wien                                                                                     13,48

67: Stabmixer                                                                               29,99

69: Teller, Glas Trinkbecher ident mit Nr. 49                                     7,47

Von den lt. Ergänzungsschreiben vom beantragten Einrichtungskosten i. H.v. € 2.312,58 verbleiben daher  € 2.002,03 als abzugsfähig. Die als Werbungskosten abzugsfähigen Kosten der doppelten Haushaltsführung betragen daher insgesamt € 4.729,43.-.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die hier gegenständlichen Fragen, nämlich

1. ob die gemeinsame Obsorge für das Kind eines geschiedenen Steuerpflichtigen eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung rechtfertigt sowie

2. ob auch gewöhnlicher Hausrat zu den Kosten der doppelten Haushaltsführung zählt

wurde, wie den Entscheidungsgründen zu entnehmen ist, von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bereits geklärt, sodass Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegen.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
doppelte Haushaltsführung
Einrichtungsgegenstände
Hausrat
gemeinsame Obsorge
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.7104075.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at