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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.02.2018, RV/7101929/2016

Miet- bzw. Wohnungsaufwand für die behinderte Tochter stellen keine außergewöhnliche Belastung dar

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK  

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Andreas Stanek über die Beschwerde des Bf., gegen den Bescheid des Finanzamtes Neunkirchen Wr. Neustadt vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für 2014, zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
 

Die Einkommensteuer für das Jahr 2014 wird mit einer Gutschrift
in Höhe von € -2.724,00 festgesetzt.
 

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
 

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der nichtselbständig beschäftigte Beschwerdeführer (Bf.) beantragte bei der Arbeitnehmerveranlagung 2014 unter anderem Aufwände im Ausmaß von € 6.333,12 für seine am 1993 geborene und behinderte Tochter, für die er erhöhte Familienbeihilfe bezieht, als außergewöhnliche Belastung bei der Einkommensermittlung zu berücksichtigen (BFG-Akt AS 7).

Mit Vorhalt vom (BFG-Akt AS 13) ersuchte das Finanzamt den Bf. unter anderem die zusätzlichen Kosten im Zusammenhang mit der Behinderung der Tochter zu belegen.

In Beantwortung des Vorhaltes (BFG-Akt AS 16 f) legte der Bf. die geforderten Belege vor und führte hinsichtlich der beantragten außergewöhnlichen Belastungen aus:

"… Wegen der schwersten psychischen Probleme meiner Tochter [AS] (daher auch das Pflegegeld) wurde eine Fremdunterbringung angestrebt. Diesbezüglich scheiterten aber alle Versuche; damit im Zusammenhang waren auch die zahlreichen Krankenhausaufenthalte erforderlich.
Daher war es, auf Empfehlung der Ärzte, erforderlich, dass meine Tochter [AS] in einer eigenen Wohnung untergebracht werden musste.
Die in diesem Zusammenhang für mich anfallenden außergewöhnlichen Belastungen sin in der Excel Übersicht dargestellt.
Der weiterhin massive Pflegeaufwand wird zum großen Teil von meiner Frau getragen.
In der Übersicht wurde von diesen finanziellen Belastungen das Pflegegeld abgezogen.
Gegenüber dem Antrag für den Lohnsteuerausgleich sind noch zwei Positionen dazugekommen, die in der Excel Übersicht mit ´Neu` angegeben sind. Diese wurden von mir beim Erstellen der Lohnsteuererklärung übersehen …
"

Zusammengefasst stellen sich die beantragten Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen wie folgt dar (BFG-Akt AS 17):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
Donau Versicherung
1.634,80
2.
Muki Versicherung
431,33
3.
Raiffeisen Versicherung
360,00
4.
Alpenvorland
3.123,12
 
 
 
5.
 
6.
Krankenhausaufenthalte
499,60
7.
Krankenbehandlungen (Physio Line)
495,44
8.
Medikamente
298,26
9.
Wohnung Tochter:
 
 
 
Miete
2.893,96
 
 
Stromkosten
465,00
 
 
Vertragsgebühr
109,32
 
 
Genossenschaftsbeitrag
77,00
 
 
Investablöse
3.000,00
 
 
SG Neunkirchen (Genosenschaftsbeitrag)
1.412,58
 
 
Kaution (SGN)
1.300,00
 
 
abzüglich Pflegegeld
-2.526,00
 

Summe der außergewöhnliche Belastungen
8.025,16

Mit Bescheid vom führte das Finanzamt die Arbeitnehmerveranlagung durch. Bei der Einkommensermittlung berücksichtigte das Finanzamt lediglich die nachgewiesenen Sonderausgaben gemäß § 18 EStG – Viertel der Ausgaben für die "Muki Versicherung" und "Alpenland" (Punkt 2. und 4.), zusammen € 888,61 – sowie die nachgewiesenen Kosten für Krankenhausaufenthalte und den Medikamentenaufwand (Punkt 6. und 8. zusammen € 797,86) als außergewöhnliche Belastung und setzte die Einkommensteuer 2014 mit einer Abgabengutschrift in Höhe von € 2.579,00 fest (BFG-Akt AS 23 ff).

Begründend hielt das Finanzamt fest, dass jene Versicherungen als Sonderausgaben anerkannt worden seien, für die eine Bestätigung vorliege.
Unter Verweis auf § 34 Abs. 1 EStG 1988 beurteilte das Finanzamt die Notwendigkeit zur Anmietung einer Wohnung für die behinderte Tochter des Bf. als nicht zwangsläufig im Sinne des Gesetzes, auch wenn die subjektive Notwendigkeit durchaus nachvollziehbar sei. Hinsichtlich der Aufwendungen für die Physiotherapie liege keine ärztliche Verordnung vor, sodass auch diesbezüglich die Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung einer außergewöhnlichen Belastung nicht vorliegen.

Im Wege von Finanz-Online erhob der Bf. am Beschwerde (BFG-Akt AS 28) und übermittelte dem Finanzamt am die erweiterte schriftliche Begründung (BFG-Akt AS 29, 30).

" Außergewöhnlich (Abs. 2): Die Behinderung unserer Tochter, sie ist psychisch krank und leidet an dem Borderline Syndrom mit Persönlichkeitsentwicklungsstörungen, ist außergewöhnlich. Dazu zunächst zwei Beschreibungen von Borderline-Störungen:

a) Borderline-Störungen gelten als seelisches Grenzgebiet zwischen Psychose, Neurose und Persönlichkeitsstörung. Eine allseits anerkannte Definition ist schwierig. Doch die Zahl der Betroffenen scheint zuzunehmen. Das Leidensbild ist beschwerlich bis zermürbend – und zwar nicht nur für die Patienten, auch für das nähere und sogar weitere Umfeld.

So ist auch das Beschwerdebild nicht nur vielgestaltig, sondern für den Patienten (und sein Umfeld) mitunter kaum erträglich, ja überaus beschwerlich, erschöpfend bis quälend. (Prof)

b) Unter Zugrundelegung dieser beiden, heute etablierten Diagnoseschemata lässt sich folgendes über die Charakteristika von Borderline-Störungen sagen: die betreffenden Personen neigen zu starken Stimmungsschwankungen (von quälender Angst und Verzweiflungsgefühlen bis hin zu zorniger Erregung), deren Intensität mitunter soweit gehen kann, dass Impulse ohne Berücksichtigung von Konsequenzen ausagiert werden. Von außen werden Borderline-Patienten deshalb häufig als unberechenbar erlebt. Beim Vorausplanen haben sie Schwierigkeiten (phasenweise wird dies durch viel Planungsaktivität zu kompensieren versucht), und beim Ausbrechen intensiven Ärgers kann es fallweise zu explosivem, in Einzelfällen sogar gewalttätigem Verhalten kommen. R. X Psychotherapeut

Da unsere Tochter nicht arbeitet oder eine Schule besucht ist sie den ganzen(!) Tag zu Hause. Damit sind meine Frau und ich ständig diesem zermürbenden Einfluss ausgesetzt. Daher kann diese Belastung als außergewöhnlich bezeichnet werden.

Zwangsläufig (Abs. 3): Bei unserer Tochter ist die Neigung zu gewalttätigem Verhalten leider doch vorhanden gewesen. Die Zermürbung des näheren Umfeldes, wie oben beschrieben, war auch bei uns gegeben. Diese führte bei meiner Frau zu schweren Erschöpfungszuständen, ebenso bei unserem Sohn.

Für mich war die Belastung dermaßen groß, dass ich in den Jahren 2005, 2008 und 2010 zusammengebrochen bin. Es folgte in diesen Jahren jeweils ein Krankenstand von einem halben Jahr. Das letzte Mal war es so schlimm, dass ich sogar einen Herzstillstand erlitt, auf der Intensivstation war und einen Defibrillator implantiert bekommen habe.

Parallel dazu wurde versucht die Tochter in externen Einrichtungen unterzubringen. Alle diese Versuche scheiterten immer nach relativ kurzer Zeit.

Dazu muss gesagt werden, dass es viele Einrichtungen für psychisch kranke gibt, von denen mittlerweile die meisten, die Aufnahme eines Borderliners von vornherein ablehnen, da diese gruppenzerstörend sind (Aussagen von geschulten und mit der Materie vertrauten Experten die Erfahrung mit psychisch kranken haben).

Nachdem ALLE Unterbringungsmöglichkeiten ausgeschöpft waren (unsere Tochter ist entweder hinausgeworfen worden oder selbst davongelaufen), wurde die Situation in unserem Heim unerträglich und ein weiterer Zusammenbruch von mir oder sogar von meiner Frau war nur eine Frage der Zeit. Nur durch Medikamente wie Kortison und Immunsupressoren war mein ´weiterleben` möglich.

Damit blieb als letzte Möglichkeit, zwangsläufig nur mehr die Unterbringung in einer eigenen Wohnung – unter den gegebenen Umständen musste dies auch sehr schnell erfolgen.

Zusammenfassung: Da, aufgrund der außergewöhnlichen psychischen Erkrankung unserer Tochter (ca. 0,2% der Bevölkerung sollen daran leiden) ein weiterer Zusammenbruch von mir wieder kurz bevorstand, war die Unterbringung in einer eigenen Wohnung zwangsläufig erforderlich.

Daher ersuche ich um Anerkennung der angefallenen Kosten.

Die Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wurde per Bescheid nicht bestritten, daher muss sie nicht extra angeführt werden.

Weiters führen Sie an, dass sie nur Versicherungen anerkannt haben, für die eine Bestätigung gemäß § 18 EStG vorliegt.

Ich ersuche um Erklärung, welche Versicherungskosten sie (eventuell) nicht anerkannt haben. Es ist mir nicht möglich aus Ihrer Erklärung darauf zu schließen und damit kann ich auch keine noch notwendigen Nachweise vorlegen. …"

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab (BFG-Akt AS 31). Begründend hielt das Finanzamt fest:

"Ein Merkmal der außergewöhnlichen Belastung ist die Außergewöhnlichkeit. Das heißt, dass die Ausgaben höher sind, als jene der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse.
Aufwendungen, die bei niedrigen Einkommensverhältnissen das Merkmal der Außergewöhnlichkeit aufweisen, können bei gehobeneren Einkommensverhältnissen durchaus im üblichen Bereich der normalen Lebensführung gelegen sein. So kann die Anschaffung/Finanzierung einer Wohnung für ein Kind bei besseren Vermögensverhältnissen durchaus üblich sein. Welche Beweggründe dafür ausschlaggebend sind, ist nicht maßgeblich. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass die Anschaffung einer Genossenschaftswohnung zu keiner Belastung im Sinne des § 34 EStG führt, da dieser Begriff beinhaltet, dass nur eine endgültige Vermögensminderung abzugsfähig ist. Da Sie durch den Erwerb von Genossenschaftsanteilen die Verfügungsmacht über die Wohnung haben, ist lediglich von einer Vermögensumschichtung auszugehen, die Voraussetzungen für eine außergewöhnliche Belastung liegen nicht vor
."

Mit Anbringen vom , eingebracht via FinanzOnline, beantragte der Bf. seine Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen (BFG-Akt AS 33).

Mit Schreiben vom wurde der Bf. von der Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht verständigt (BFG-Akt AS 34).

Am reichte der Bf. eine ergänzende Begründung zu seinem Vorlageantrag beim Bundesfinanzgericht nach (BFG-Akt AS 48 ff). Unter Verweis auf § 34 EStG führt der Bf. aus, dass die außergewöhnliche Belastung folgende Voraussetzungen erfüllen müsse:

"Sie muss
1. Außergewöhnlich
2. Zwangsläufig
3. und wirtschaftlich beeinträchtigend sein

Diese Punkte sind zusammenhängend, nicht, wie vom Finanzamt Wiener Neustadt mit Bescheid vom dargestellt, getrennt zu verstehen.

Wenn die Argumentation in dem Bescheid daher lautet „die Anschaffung einer Wohnung kann daher durchaus üblich oder nicht unüblich sein“, so betrachtet das Finanzamt Wiener Neustadt nur einen Punkt.

Zunächst bedeutet „üblich“ noch nicht „die Mehrzahl der Steuerpflichtigen“ wie im § 34 (2) EStG angeführt. Auch fehlen dazu Belege/Nachweise, dass dies wirklich ´üblich` ist. Was wirklich ´üblich` ist, ist an unabhängiger Stelle z.B. in einem Standard Artikel vom nachzulesen:

´Immer mehr Männer über 30 wohnen bei den Eltern`

Darin heißt es auszugsweise:

Der Anteil der 27-Jährigen, die noch im ´Hotel Mama` residieren, hat sich von 1971 bis 2011 auf rund 38 Prozent fast verdoppelt, bei den 36-Jährigen fast verdreifacht. ´Bei den über 30- jährigen Männern wächst die Quote exponentiell`, berichtet Neuwirth.

Frauen ziehen nach: Auch bei den Frauen zeigt sich der Trend zum längeren Verbleiben im Elternhaus – allerdings deutlich schwächer als bei den Männern. Sie holen Studien zufolge vorrangig in der Altersklasse 18 bis 25 auf. Wohnte 1971 knapp jede dritte 21-Jährige bei den Eltern, tun das 2011 schon zwei von drei.

http://derstandard.at/1345166021753/Immer-mehr-Maenner-ueber-30-wohnen-bei-ihren-Eltern (Artikel anbei)

Wie der Artikel zeigt, wohnt 2011 bereits zwei von drei Frauen in der Altersklasse von 18-25 Jahren im Elternhaus. Daher kann von der ´üblichen` Anschaffung einer Wohnung bzw. von einer ´Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse` wie im § 34EStG keine Rede sein.

Auch wenn dies üblich sein sollte, so würde dies freiwillig erfolgen, ohne Zwang.

Aber § 34 EStG erweitert ja den Punkt ´außergewöhnlich` um einen, im Zusammenhang zu sehenden Punkt, der Zwangsläufigkeit § 34 Zi.(1) 2.

Der § 34 EStG unterscheidet also eine freiwillige von einer zwangsläufigen Belastung.

Jede Anschaffung einer Wohnung, für wen und wofür auch immer, fällt, sofern die Punkte ´außergewöhnlich und zwangsläufig` nicht erfüllt sind nicht unter § 34 EStG. Wenn das Finanzamt Wiener Neustadt im Bescheid vom schreibt ´welche Beweggründe dafür ausschlaggebend sind, ist nicht maßgeblich` - so ist dies falsch und widersprüchlich.

Denn wie kann man eine Zwangsläufigkeit begründen, wenn man Sie nicht begründen darf, weil dies ja nicht maßgeblich ist?

Zur Begründung für die ´Zwangsläufigkeit`:

Bedingt durch die schwere psychische Erkrankung unserer Tochter, verbunden mit einer Borderlinestörung, zusammen mit exzessiven Gewaltausbrüchen der Tochter, die sich in massiven Belastungen bei den beteiligten Familienmitgliedern widerspiegelte, war eine weitere Unterbringung bei uns nicht mehr möglich.

Denn die Belastungen des Zusammenlebens im gemeinsamen Haushalt für die Eltern führten, speziell beim Antragsteller (Vater) zu physischen und psychischen Zusammenbrüchen, die sich, in den Jahren 2005, 2008 und 2010, in jeweils mehrmonatigen Krankenständen (mir mehrwöchigen Spitalsaufenthalten) manifestierten.

Basierend auf dem gesundheitlichen Zustand des Vaters war es, auf Empfehlung der Ärzte und Psychiater, erforderlich, eine räumliche Trennung zu der Tochter herbeizuführen. Da, nach Aussage der Ärzte, der Antragsteller einen weiteren Zusammenbruch vermutlich nicht mehr überleben würde.

Darum wurde eine Fremdunterbringung in speziellen Einrichtungen angestrebt, aber alle Versuche scheiterten, wegen der schweren Erkrankung der Tochter. Eine Wohnung war daher der letzte Ausweg und es wurde auch ein in der Nähe liegende Unterkunft gefunden. Dies ist erforderlich, da unsere Tochter weiter eine Betreuung benötigt -sie ist zu 70% behindert.

Wie dargelegt ist es, sowohl aus rechtlichen und sittlichen, aber auch aus tatsächlichen Gründen, nicht möglich sich dieser Obsorgeverantwortung zu entziehen.

Daher sind die Gründe sehr wohl maßgeblich, in diesem Fall zwangsläufig und die Begründung im Bescheid des Finanzamtes Wiener Neustadt nicht korrekt.

Zum Argument ´Vermögensumschichtung`:

Wenn wir von den Sterbetafeln ausgehen, so überleben Kinder ihre Eltern. Daher ist die Zahlung an die Genossenschaft keine ´Vermögensumschichtung` sondern ein verlorener Zuschuss. Also eine finanzielle Belastung.

Die vom Finanzamt Wiener Neustadt erhaltene Ablehnung der Beschwerde ist damit

1) rechtlich nicht belegbar und auch

2) sachlich nicht begründbar

Ich ersuche daher um Anerkennung dieser außergewöhnlichen Belastung"

Über telefonische Anfragen des Gerichtes reichte der Bf. zum einen den von seiner Tochter abgeschlossenen Mietvertrag (BFG-Akt AS 56) und zum anderen die Bestätigung über den Personenversicherungsvertrag bei der "Donau Versicherung" nach (BFG-Akt AS 61).

Mit der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantragte das Finanzamt die unbegründete Abweisung derselben und führte aus, dass Unterhaltsleistungen für Kinder grundsätzlich durch die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag abgegolten werden und nur dann steuerlich zu berücksichtigen seien, wenn sie beim Berechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellten. Wohnungskosten stellten nach Dafürhalten des Finanzamtes nichtabzugsfähige Aufwendungen der Lebensführung und keine außergewöhnliche Belastung dar.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Als strittig stellt sich im gegenständlichen Beschwerdeverfahren einerseits die Frage der Beurteilung des vom Bf. getätigten und oben dargestellten Aufwandes für die Miete und Anschaffung der Wohnung seiner behinderten Tochter als außergewöhnliche Belastung dar (siehe Punkt 9. der oa Aufstellung), andererseits die Höhe der vom Bf. beantragten und nunmehr nachgewiesenen Sonderausgaben (siehe Punkt 1 der oa Aufstellung).

Der Bf. bezog im Veranlagungszeitraum für seine behinderte Tochter die erhöhte Familienbeihilfe als auch den Kinderabsetzbetrag.

Der Abzug von Belastungen bei Ermittlung des Einkommens setzt gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 voraus, dass die Belastung außergewöhnlich ist (Abs. 2), zwangsläufig erwächst (Abs. 3) und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt (Abs. 4).

Der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgend schließt schon das Fehlen einer einzigen dieser Voraussetzungen die Anerkennung der geltend gemachten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung aus und ist die Abgabenbehörde davon enthoben, zu prüfen, ob auch die anderen Voraussetzungen zutreffen oder nicht (; VwGH 2002/13/0077).

Gemäß § 34 Abs. 7 Z 1 EStG 1988 sind Unterhaltsleistungen für ein Kind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 EStG abgegolten.
Darüber hinaus – § 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 – sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt (Abs. 4) auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen.

Das Tatbestandsmerkmal der Außergewöhnlichkeit (§ 34 Abs. 2 EStG) dient der Abgrenzung atypischer, außerhalb der normalen Lebensführung gelegener Belastungen von den typischerweise wiederkehrenden Kosten der Lebensführung. Dieses Merkmal erfordert einen Vergleich mit den üblichen Belastungen eines Steuerpflichtigen bzw. mit den im täglichen Leben üblichen Erscheinungen. Außergewöhnlich können nur Belastungen sein, die der Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen (Jakom/Baldauf, EStG 2014, § 34 Rz 37). Bei der Beurteilung der Außergewöhnlichkeit einer Belastung darf es sich nicht eine im täglichen Leben übliche Erscheinung handeln ().

Der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgend – vgl. etwa ; ; ; , – erfüllen Wohnungskosten (zB. Aufwendungen für die Beschaffung, Mietzinszahlungen) nicht das Tatbestandsmerkmal der Außergewöhnlichkeit, da die überwiegende Mehrzahl der Steuerpflichtigen zu diesen Anschaffungen, die zu den Lebenshaltungskosten zählen, gezwungen ist.

Mit seinem Beschwerdevorbringen übersieht der Bf., dass er mit den von ihm geltend gemachten Aufwendungen für seine behinderte Tochter nichts anderes als solche Kosten bestritten hat, die bei den Begünstigten im Sinne der anzuwendenden Bestimmung des § 34 Abs. 7 EStG 1988 Kosten der Lebensführung wären, denen ein Element der Außergewöhnlichkeit im Sinne des § 34 Abs. 2 EStG 1988 nicht anhaftet.

Weshalb die getätigten Aufwendungen für die Tochter selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen sollen wird vom Bf. nicht dargelegt.

Wenn die Tochter des Bf. kein ausreichendes eigenes Einkommen erzielt, dann mag die Unterstützung vom Bf. von ihm als sittlich geboten empfunden werden und zwangsläufig erscheinen. Der Geltendmachung der vom Bf. geleisteten (Wohnungs-)Aufwendungen steht die Bestimmung des § 34 Abs. 7 EStG 1988 deshalb zwingend entgegen, weil die mit seinen Leistungen gedeckten Aufwendungen der Unterhaltsberechtigten ihrerseits das Merkmal der Außergewöhnlichkeit nicht erfüllen (-0164).

Eine Rechtwidrigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheides ist in diesem Beschwerdepunkt nicht zu erkennen.

Hinsichtlich der im Beschwerdeverfahren nachgewiesenen Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 1 EStG 1988 – Personenversicherungsvertrag der Donau Versicherung AG – erfolgte nunmehr eine Berücksichtigung im gesetzlichen Ausmaß. sodass der Einkommensteuerbescheid hinsichtlich dieses Beschwerdepunktes abgeändert wird.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine derartige Rechtsfrage liegt im gegenständlich zu beurteilenden Fall gerade nicht vor und wird auf die im Erkenntnis angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7101929.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at