Kurkosten als außergewöhnliche Belastung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin XX in der Beschwerdesache Bf, gegen den Bescheid des Finanzamtes X vom betreffend Einkommensteuer 2012 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (in der Folge abgekürzt: Bf.), der eine 60%ige Behinderung bescheinigt wurde, beantragte in ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2012 die Anerkennung damit in Zusammenhang stehender Kosten in Höhe von insgesamt 3.386,03 € (Hotel-,Verpflegungs- und Behandlungskosten am Kurort, Kosten für Medikamente, Zahnarztkosten, Kosten für Naturheilkunde, Kosten für eine Gleitsichtbrille und Massagekosten) als außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt.
Mit Bescheid vom wurde diesem Begehren wie folgt nicht Rechnung getragen: Den geltend gemachten Kurkosten wurde mit Ausnahme der Kosten für 6 Heilmassagen die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung mit der Begründung versagt, laut vorgelegten Unterlagen weise der dortige Aufenthalt den Charakter einer Erholungsreise auf. Nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt wurden überdies die Kosten für Brusttee, Paracodin und Aeromuc. Die Kosten für den Zahnarzt, die Brille und für Naturheilkunde wurden als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt anerkannt, mit der Begründung, ein Zusammenhang mit der Behinderung sei nicht erkennbar.
Die fristgerecht eingebrachte Beschwerde richtet sich gegen die Nichtanerkennung der Kurkosten sowie der Kosten für Brusttee, Paracodin und Aeromuc. Erstmals wurden überdies auch Fahrtkosten zum bzw. vom Kurort in Höhe von 142,20 € geltend gemacht. Begründend führte die Bf. aus, sie mache nach Möglichkeit jährlich eine Kur zur Linderung ihrer Krankheit. Da die Krankenkasse in einem Zeitraum von fünf Jahren nur zwei Kuraufenthalte bezahle, sei sie gezwungen, die Kurkosten in den übrigen Jahren selbst zu tragen. Es könne nun nicht sein, dass nur die von der Krankenkasse bezahlten Kuraufenthalte als außergewöhnliche Belastungen Berücksichtigung fänden. Für sie als kleine Rentnerin würde es eine große Belastung darstellen, wenn sie für diese Kosten selbst aufkommen müsste. Auch könne die medizinische Notwendigkeit einer Kur nicht durch die zuständige Sachbearbeiterin der Finanzbehörde beurteilt werden.
In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung wurde unter Wiedergabe der zu Kuraufenthalten ergangenen höchstgerichtlichen Judikatur ausgeführt, für eine steuerliche Anerkennung der Kuraufenthaltskosten sei ein vor Kurantritt ausgestelltes ärztliches Zeugnis erforderlich, welches die Notwendigkeit der konkreten Reise zur Heilung oder Linderung der Beschwerden sowie den Umstand bescheinige, dass eine andere Behandlung nicht oder kaum erfolgversprechend sei. Im Beschwerdefall seien weder Verordnungen zur physikalischen Behandlung noch eine Zuweisung zu einer Kur vorgelegt worden, woraus die Notwendigkeit und die Dauer des erfolgten Kuraufenthaltes ersichtlich seien. Auch gäbe es keine Kostenerstattung von einer (Betriebs)Krankenkasse oder eine teilweise Kostenerstattung für die einzelnen Heilbehandlungen.
Der Ablauf einer klassischen Kur sehe überdies vor Beginn der Anwendungen eine kurärztliche Untersuchung vor, bei der die für die Linderung der Leiden zu erfolgenden Behandlungen in Form eines Kurplans festgelegt würden. Eine derartige Kur erfolge unter laufender ärztlicher Kontrolle am Kurort, somit unter kurärztlicher Begleitung und sehe eine Abschlussuntersuchung samt kurärztlichen Befund vor.
Aus der vorgelegten Unterlagen (Rechnungen über die erbrachten Leistungen und Verpflegung) sei ersichtlich, welche Behandlungen während des zweiwöchigen Aufenthalts in der Kurtherme durchgeführt worden seien. Laut Therapieplan habe die Bf. 6 Teilkörpermassagen, 2 Kombimassagen und 1 Ortho-Bionomy erhalten.
Nach herrschender Lehre und Judikatur könne von einem kurmäßig geregelten Tagesablauf bzw. von unter ärztlicher Begleitung und Aufsicht erfolgenden Behandlungen nur gesprochen werden, wenn ein Kurprogramm absolviert werde, das jenem von den Kuranstalten der Krankenkassen angebotenen Kurprogrammen entspreche. In diesen Kuranstalten werde in der Regel auf der Grundlage einer kurärztlichen Untersuchung ein speziell auf die krankheitsmäßigen Bedürfnisse des Patienten abgestimmter Behandlungsplan erstellt, der täglich mehrere Therapiestunden vorsehe und dessen Wirksamkeit während des Kuraufenthaltes im Rahmen eines ärztlichen Zwischenberichts überprüft werde. Nach Abschluss der Kur erfolge eine ärztliche Schlussuntersuchung.
Im Beschwerdefall seien während des zweiwöchigen Aufenthaltes 9 Behandlungen durchgeführt worden. Die Anzahl und die Dauer der während des Aufenthaltes im Kurhaus in Anspruch genommenen Therapien entspreche somit nicht dem Umfang eines Kurprogrammes, wie es von Kuranstalten der Krankenkassen angeboten werde, sodass diesbezüglich nicht von einem reglementierten kurmäßigen Tagesablauf gesprochen werden könne. Zudem seien die Kosten für die in diesem Kurhaus in Anspruch genommenen Behandlungen von der Sozialversicherung nicht rückvergütet worden.
Wegen der im Allgemeinen schwierigen Abgrenzung von Kurreisen und ebenfalls der Erhaltung und Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes dienenden Erholungsreisen würden an eine steuerlich beachtliche Kurreise strenge Anforderungen gestellt. Deshalb stelle nicht jede auf ärztliches Anraten durchgeführte Kurreise eine außergewöhnliche Belastung dar. Im Beschwerdefall seien die geforderten Kriterien für eine steuerliche Anerkennung der Kurkosten nicht erfüllt, sodass der Beschwerde nicht Folge zu geben sei.
Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag brachte die Bf. unter Bezugnahme auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung ergänzend vor, ihr sei nicht bekannt gewesen, dass eine Kur vor ihrem Antritt von einem hiesigen Arzt angeordnet werden müsse. Ihres Erachtens sei irrelevant, ob eine Kur von einem hiesigen Arzt oder von der behandelnden Ärztin der Kuranstalt verordnet werde. Letztere sei mindestens so kompetent wie ein Hausarzt. Ein ärztliches Attest der Kurärztin habe sie jedenfalls vorgelegt. Auch seien die Kosten der Heilbehandlung von der X. Gebietskrankenkasse ersetzt worden. Die gegenteilige Behauptung in der Beschwerdevorentscheidung sei somit unzutreffend. Überdies sei eine sehr ausführliche Abschlussuntersuchung durch einen Arzt des Kurzentrums erfolgt. Weiters sei ein Kurplan erstellt und eine Anfangsuntersuchung vorgenommen worden sowie eine kurärztliche Begleitung erfolgt. Die Anzahl der zu verabreichenden Anwendungen erfolge je nach gesundheitlichen Zustand des Patienten und werde nicht im Vorfeld festgelegt. Das Finanzamt sei nicht befugt, zu entscheiden, wieviele Anwendungen der einzelne Patient benötige bzw. vertrage. Aufgrund ihrer Herzerkrankung habe sie lediglich die nachgewiesenen Anwendungen erhalten. Wegen des ständigen Herzflimmerns sei eine größere Belastung nicht möglich gewesen. Das Kurprogramm werde stets auf Basis der Anfangsuntersuchung und des laufenden Zustandes des jeweiligen Patienten festgelegt. Es könne nicht sein, dass eine Mitarbeiterin des Finanzamtes festlege und beurteile, wie eine Kur zu erfolgen habe. Überdies habe sie von der Kuranstalt die Information erhalten, dass kein anderes österreichisches Finanzamt derart umfangreiche Anforderungen für nötig erachte. Auch innerhalb des für sie zuständigen Finanzamtes seien solche Schikanen, wie ihr von verschiedenen Steuerzahlern mitgeteilt worden sei, nur von der für sie zuständigen Sachbearbeiterin bekannt.
Mit Schreiben vom brachte das BFG der Bf. im Wesentlichen zur Kenntnis, dass eine steuerliche Kostenberücksichtigung nur dann in Betracht komme, wenn die Bf. die Kosten tatsächlich endgültig aus ihrem eigenen Einkommen tragen habe müssen, nicht jedoch, wenn eine Kostenübernahme von dritter Seite erfolgt sei.
Im bekämpften Einkommensteuerbescheid 2012 habe das Finanzamt im Rahmen des Kuraufenthalts in XY angefallene Behandlungskosten in Höhe von 156,80 € (6 Heilmassagen à 25 min.) anerkannt. Im Vorlageantrag habe die Bf. allerdings angegeben, ihr seien von der X. Gebietskrankenkasse sämtliche Behandlungskosten ersetzt worden. Hinsichtlich der Kosten der Heilmassagen in Höhe von 156,80 € müsste daher der angefochtene Bescheid zum Nachteil der Bf. abgeändert werden.
Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache der Bf. beim BFG am legte diese eine Anweisungsbestätigung der X. Gebietskrankenkasse samt einer Kostenaufstellung vor. Danach wurden der Bf. lediglich Behandlungskosten in Höhe von 135,00 € erstattet.
II. Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:
In Streit steht, ob die Kosten für Brusttee, Paracodin und Aeromuc sowie die Aufwendungen für einen zweiwöchigen Kuraufenthalt (Hotel-, Verpflegungs-, Behandlungs- und Fahrtkosten) als außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt zu berücksichtigen sind.
1. Sachverhalt
Das BFG geht vom folgenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:
Der Bf. wurde aufgrund von Rücken- und Gelenkserkrankungen von der Bezirkshauptmannschaft Y ab 2002 eine 60%ige Erwerbsminderung bescheinigt. Im Streitjahr nahm die Bf. im Zeitraum bis in einer Heiltherme nachweislich folgende Anwendungen in Anspruch:
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Datum | Anwendung |
Heilmassage 25 min. | |
Heilmassage 25 min. und Kuruntersuchung mit Verordnung | |
Heilmassage 25 min. | |
Kombimassage | |
Heilmassage 25 min. | |
Ortho Bionomy lang | |
Kombimassage | |
Heilmassage 25 min. und Abschlussuntersuchung | |
Heilmassage 25 min. |
Zum Beweis für die Notwendigkeit der Inanspruchnahme der Behandlungen in der Heiltherme legte die Bf. der Finanzbehörde die folgenden ärztlichen Atteste vor:
Ärztliches Attest der Hausärztin der Bf. vom
"Diagnose: Chron. Cervicobrachialgie, Chron. Lumboischialgie mit rez. akuten Exacerbationen, generalisierte Arthrose
Auf Grund der obig genannten Diagnose ist die regelmäßige Durchführung von Kuren notwendig."
Ärztliches Attest der in der Heiltherme tätigen Allgemeinmedizinerin vom
"Oben genannte Patientin war vom 05.- in der Heiltherme XY wegen unten angeführter Diagnosen zur Kur.
Diagnose: Chron. HWS-Syndrom, Ger. Omarthrose bds. mit Periarthropathia humeroskapularis, Chron. Lumbalsyndrom, Gonalgie bds.
Die Bw. erhielt 6 Teilkörpermassagen, 2 Kombimassagen und 1 Ortho-Bionomy.
Die Beschwerden haben sich daraufhin deutlich gebessert, sodass ich ihr bei der Abschlusskontrolle die Wiederholung dieser Therapien in 1 Jahr empfohlen habe."
Beigebracht wurde weiters ein mit datierter, von der in der Heiltherme tätigen Allgemeinmedizinerin ausgestellter Therapiepass mit folgender handschriftlicher Diagnose: "Chron. HWS-Syndrom, Ger. Omarthrose bds. mit Periarthropathia humeroskapularis, Chron. Lumbalsyndrom, Gonalgie bds."
Für einen mit den Heilthermenbehandlungen in Zusammenhang stehenden 14-tägigen Hotelaufenthalt mit Halbpension (Anreise:, Abreise:) wurden der Bf. nachweislich 1.253,90 € in Rechnung gestellt. Weiters hatte die Bf. für die Inanspruchnahme der Leistungen des physikalischen Ambulatoriums der Heiltherme folgende Kosten zu tragen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Menge | Leistung | Einzelpreis | Gesamtpreis |
1 | Abschlussuntersuchung | 26,50 € | 26,50 € |
6 | Heilmassage | 26,10 € | 156,60 € |
2 | Kombimassage | 43,20 € | 86,40 € |
1 | Ortho Bionomy lang | 51,30 € | 51,30 € |
1 | Kuruntersuchung mit Verordnung | 45,00 € | 45,00 € |
365,80 € |
Seitens der X. Gebietskrankenkasse wurden der Bf. Kosten in Höhe von 135,00 € erstattet.
Für diese Sachverhaltsfeststellungen stützt sich das BFG auf die im vorgelegten Finanzamtsakt befindlichen Unterlagen sowie auf seitens der Bf. im Rahmen einer persönlichen Vorsprache beim BFG nachgereichte Belege.
2. Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung
Gemäß § 34 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen, wenn diese Belastung höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- beziehungsweise Vermögensverhältnisse erwächst (Außergewöhnlichkeit, Abs. 2 leg. cit.), er sich dieser Belastung aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (Zwangsläufigkeit, Abs. 3 leg. cit.) und dadurch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt wird (Abs. 4 leg. cit.).
Gemäß § 35 Abs. 1 leg.cit. steht einem Steuerpflichtigen, der durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung außergewöhnliche Belastungen hat und keine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält, ein Freibetrag (Abs. 3) zu. Der Freibetrag beträgt gemäß § 35 Abs. 3 leg.cit. bei einer 60%igen Minderung der Erwerbsfähigkeit 294 € jährlich.
Neben dem Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 und ohne Kürzung um den Selbstbehalt können nach § 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (z.B. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung (z.B. Arztkosten, Spitalskosten, Therapiekosten, Kosten für ärztlich verordnete Kuren) im nachgewiesenen Ausmaß geltend gemacht werden.
2.1. Kurkosten
Wie der Verwaltungsgerichtshof mehrfach judiziert hat (siehe dazu beispielsweise ; , 2000/15/0139; , 2001/15/0164; , 2001/15/0116; , 2006/15/0120 und , 2007/15/0022), führt nicht jeder auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte (Kur)aufenthalt zu einer außergewöhnlichen Belastung. So muss die der Behandlung einer Krankheit (unmittelbar) dienende Reise zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sein und eine andere Behandlung nicht oder kaum Erfolg versprechend erscheinen. Überdies müssen die Behandlungen unter ärztlicher Begleitung und Aufsicht erfolgen und der Tagesablauf muss kurmäßig geregelt sein. Weiters ist ein vor Kurantritt ausgestelltes ärztliches Gutachten vorzulegen, aus dem die Notwendigkeit, die Dauer der Reise sowie das Reiseziel ersichtlich sind.
Im Beschwerdefall wurde von der Hausärztin in dem erst nach Absolvierung der Kur ausgefertigtem Attest lediglich unter Anführung der Diagnose die Notwendigkeit der regelmäßigen Durchführung von Kuren bescheinigt. Einem als Nachweis der Zwangsläufigkeit eines Kuraufenthaltes dienendem ärztlichen Gutachten kann dieses Attest schon deshalb nicht gleichgehalten werden, weil daraus weder explizit das Erfordernis jährlicher Kuraufenthalte, noch die für eine Erfolg versprechende Behandlung notwendige Dauer des Kuraufenthaltes (in der Regel sind mindestens drei Wochen erforderlich) und auch nicht der für die Behandlung als geeignet erachtete Kurort angeführt werden. Auch wird ein Heilverfahren - und um ein solches handelt es sich bei einer steuerlich anzuerkennenden Kur - in der Regel vor seiner Durchführung verordnet und nicht erst nach Behandlungsabschluss.
Als ein die Zwangsläufigkeit des im Streitjahr absolvierten Kuraufenthaltes bestätigendes ärztliches Zeugnis kann auch nicht das von der in der Heiltherme tätigen Allgemeinmedizinerin ausgestellte Attest angesehen werden, weil in diesem - neben dem unstrittigen Behandlungserfolg - im Wesentlichen lediglich die Wiederholung dieser Therapien in einem Jahr empfohlen wird.
Des Weiteren sind die im Rahmen des zweiwöchigen Kuraufenthalts durchgeführten Behandlungen zwar insofern unter ärztlicher Begleitung und Aufsicht erfolgt, als nachweislich eine ärztliche Untersuchung vor Behandlungsbeginn vorgenommen wurde, ein Kurplan erstellt wurde und eine Abschlussuntersuchung erfolgte. Als nicht erfüllt sieht das BFG jedoch das Erfordernis eines kurmäßig geregelten Tagesablaufes an. Denn während in jenem von den Kuranstalten der Krankenkassen angebotenen Kurprogrammen regelmäßig täglich mehrere Therapiestunden vorgesehen sind, nahmen die der Bf. während des zweiwöchigen Kuraufenthalts wochentags verordneten Massagen (das Wochenende blieb behandlungsfrei) täglich lediglich zwischen 25 Minuten und 50 Minuten in Anspruch (siehe dazu unter Pkt. 2 sowie auf www.xy.at). Selbst wenn somit die bestehende Herzerkrankung der Bf. in die Betrachtung einbezogen wird, die nach ihren Angaben nur die Absolvierung eines eingeschränkten Kurprogrammes ermöglicht, weicht die tägliche Behandlungsdauer im Beschwerdefall in einem derartigen Ausmaß von jenem Umfang eines Kurprogrammes ab, wie es von Kuranstalten der Krankenkassen angeboten wird, dass aus der Sicht des BFG nicht mehr von reglementierten kurmäßigen Tagesabläufen gesprochen werden kann.
Mangels Erfüllung sämtlicher in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung für abgabenrechtlich beachtliche ausschließlich bzw. nahezu ausschließlich krankheitsbedingte Reisen konnten daher die Hotel- und Verpflegungskosten nicht anerkannt werden.
Die im Rahmen des Kuraufenthalts angefallenen Kosten für die ärztlichen Untersuchungen, die ärztlich verordneten Massagen und die damit in Zusammenhang stehenden Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 508,00 € sind als ursächlich der Behinderung zuzurechnende Heilbehandlungen insoweit als außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt zu berücksichtigen, als keine Kostenübernahme von dritter Seite erfolgt ist. Da die X. Gebietskrankenkasse der Bf. lediglich Kosten in Höhe von 135,00 € ersetzt hat, sind Kosten in Höhe von insgesamt 373,00 € abzugsfähig (Heilbehandlungskosten in Höhe von 365,80 € plus Fahrtkosten in Höhe von 142,20 € abzüglich dem Kostenersatz von 135,00 € ergibt 373,00 €).
2.2. Kosten für Brusttee, Paracodin und Aeromuc
Bei dem Präparat "Aeromuc" handelt es sich laut Hersteller um ein Arzneimittel, das zur Verflüssigung zähen Sekrets bei Erkrankungen der oberen und unteren Luftwege dient (siehe dazu zB www.apobag.at). "Paracodin" ist ein Arzneimittel zur symptomatischen Behandlung des Reizhustens (www.aspregister.basg.gv.at). Brusttee kommt zur Anwendung sowohl bei Husten und Hustenreiz verschiedenster Art (siehe dazu zB www.apotheker.or.at).
Bei den gegenständlichen Präparaten handelt es sich somit entgegen der Ansicht des Finanzamtes eindeutig um Heilmittel zur Behandlung von Krankheiten, die - mangels erkennbaren Zusammenhangs mit der Behinderung der Bf. - als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt zu berücksichtigen sind (siehe dazu ; ).
III. Zulässigkeit einer (ordentlichen) Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Bei der Beurteilung, ob die Kosten für diverse Heilmittel sowie die Aufwendungen für einen zweiwöchigen Kuraufenthalt (Hotel-, Verpflegungs-, Behandlungs- und Fahrtkosten) als außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt zu berücksichtigen sind, folgt das BFG der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung wurden daher nicht berührt, weshalb eine (ordentliche) Revision nicht zulässig ist.
Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 35 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 35 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 4 Außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2018:RV.1100036.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at