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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.03.2018, RV/5100713/2017

Aufwendungen für meeresbiologisches Praktikum sind keine Werbungskosten bei einer Biologielehrerin

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch RA, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt FA, Steuernummer,  vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2015 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt und Parteienvorbringen

Im Einkommensteuerbescheid 2015 vom wurde die Anerkennung der von der Beschwerdeführerin beantragten Kosten für eine Studienreise als Werbungskosten versagt.

Die Beschwerdeführerin erhob am Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 vom  und brachte im Wesentlichen Folgendes vor:
Der Bescheid sei hinsichtlich der ausgewiesenen Sonderausgaben bei Studienreisen und Fortbildungen unrichtig. Sie unterrichte an der HAK X die Fächerkombinationen Mathematik/Angewandte Mathematik und Biologie/Naturwissenschaften. Der Kurs "Meeresbiologisches Praktikum von M.E.E.R. e.V." habe von 5. bis auf La Gomera stattgefunden. Der Inhalt des Kurses habe viele Themenbereiche, u.a. Wissen über die Flora und Fauna auf der Insel vor Ort, die Flora und Fauna im Meer und an der dortigen Küstenregion, bedrohte Arten, vor allem Zahn- und Bartenwale, Schiffslärm und die Auswirkungen auf die Meeressäuger und die Überfischung der Meere behandelt. Ihr Vorhaben, in der Schule eine meeresbiologische Woche einzuführen sei dadurch bestärkt worden. Sie wolle ihren Schülern, die die Generation von morgen sei, das Wissen vermitteln, dass diese wiederum weitergeben würden. Der Kurs sei für ihren Unterricht essentiell, wichtig, immanent, nötig, hilfreich, nützlich und unterstützend gewesen.
Dem Schreiben war eine Bestätigung der Schule beigelegt, wonach ihr für die Teilnahme Sonderurlaub gewährt worden sei, eine Kostenübernahme von Seiten der Schule aber nicht möglich wäre. Die Inhalte des Praktikums seien unter anderem wesentliche Bestandteile der Ausbildung im Fach Naturwissenschaft an der Schule.

Am erging ein Ersuchen um Ergänzung an die Beschwerdeführerin mit der Aufforderung bezüglich der beantragten Kosten für das "Meeresbiologische Praktikum von M.E.E.R. e.V." zu beantworten, wer Veranstalter gewesen wäre und welchen Berufsgruppen die übrigen Teilnehmer angehört hätten, sowie darzulegen, wie sie das auf der Reise gewonnene Wissen beruflich verwendet habe und ein detailliertes Reiseprogramm vorzulegen.

In der Beantwortung via email vom gab die Beschwerdeführerin als Veranstalter die M.E.E.R. e.V. an und dass unter den Teilnehmern Lehrkräfte für Biologie und Naturwissenschaften, Lehramtsstudierende für Biologie, Studierende für Biologie und Meeresbiologie gewesen seien. Sie legte ein detailliertes Reiseprogramm vor. Zur beruflichen Verwertung des erlangten Wissens führte sie aus: Bezüglich Ökosysteme habe sie, den Ozean, die Küstengewässer und die Tiefsee besprochen, in den Naturwissenschaften das Wasser an sich mit seinen chemischen und physikalischen Eigenschaften behandelt, beim Themenpunkt Anatomie den Schülern den Körperbau von Wirbeltieren erklärt, die Evolution habe sie anhand der Meeressäuger genauer erklärt. Physikalisch erkläre sie den Schülern verstärkt die Eigenschaften und Regeln der Akustik und Wellenlehre, die Meeressäuger würden sich ja über Infra- und Ultraschall verständigen. Nachhaltigkeit, Fischerei und Überfischung habe sie bereits bei der Ökologie gelehrt. Fisch als Nahrungsmittel werde sie bei Lebensmitteln näherbringen und dessen gesunde Vorteile für den Organismus erklären. 

M.E.E.R. Praktikumskurs 5.September -


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum
Zeit
Was?
Wo?
06.09
9:30
OCEANO Gomera
Eröffnungstreffen:
So
 
Cafeteria
Willkommen, Hintergrund, Praktische Infos,
 
 
Rundgang durch den Ort
MEER-Film: "La Gomera"
07.09
15:00
Hafen
1. Whale Watching Trip
Mo
19:15
OCEANO Gomera
Public Information Evening Walvortrag
08.09.
09:30
Hafen
2. Whale Watching Trip 3 - 3,5h
Di
15:30
OCEANO Gomera
Nachmittag frei
09.09.
09:30
OCEANO Gomera
Arbeitstreffen I, Verhaltensbiologie Wale,
Mi
16:00
Strand Playa
Datenaufnahme
 
 
 
Schnorcheln und Fische erkennen und zählen
10.09.
11:30
Hafen von Vueltas
3. Whale Watching Trip
Do
 
Nachmittag frei
 
11.09.
11:00
OCEANO Gomera
Arbeitstreffen II, Vortrag Ozeanografie, Daten
Fr
16:00
Hafenstrand
übertragen
 
 
 
wer will-Kajakfahren (etwa 10 Euro die Stunde)
12.09.
09:00
Hafen von Vueltas
4. Whale Watching Trip
Sa
16:00
OCEANO Gomera/Vueltas
Arbeitstreffen III: Beobachtung des Planktons im
 
 
 
Binokular jeweils eine Stunde in Dreiergruppen
13.09.
 
Freizeit
 
So
 
 
 
14.09.
10:30
OCEANO Gomera
Arbeitstreffen IV, Walbeobachtungsdaten übertr.
Mo
15:30
Hafen
5. Whale Watching Trip
 
 
 
Vortrag Systematik Meerestiere
15.09.
09:00
Charco de la Condesa
Gezeitenexkursion
Di
15:00
vor euren Appartments
 
 
 
Playa
Fischzählung(Schnorcheln)
16.09.
09:30
Charco de la Condesa
Transekt Felsgebiet
Mi
15:30
vor euren Appartments
Auswertung Daten der Gezeitenzone und Fische
 
 
Hafen
6. Whale Watching Trip
17.09.
06:30
Hafen
7. Whale Watching Trip
Do
 
 
(Ganztagestour: 6-8h)
18.09.
11:00
OCEANO Gomera
Arbeitstreffen V, Rückblick
Fr
 
 
Feedbackbögen
 
t.b.a.
t.b.a.
Was auch immer...(jeder bringt ne Kleinigkeit
 
 
 
mit) Closing Meeting

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom gegen den Bescheid als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des VwGH Kosten für Studienreisen nur bei Vorliegen folgender kumulativer Voraussetzungen berücksichtigt werden können:

1. Planung und Durchführung der Reise erfolgen entweder im Rahmen einer lehrgangsmäßigen Organisation oder sonst in einer Weise, welche die zumindest weitaus überwiegende berufliche Bedingtheit einwandfrei erkennen lässt.

2. Die Reise muss nach Planung und Durchführung dem Abgabepflichtigen die Möglichkeit bieten, Kenntnisse zu erwerben, die eine einigermaßen konkrete berufliche Verwertung gestatten.

3. Das Reiseprogramm und seine Durchführung müssen derart einseitig und nahezu ausschließlich auf interessierte Teilnehmer der Berufsgruppe des Abgabepflichtigen abgestellt sein, dass sie jeglicher Anziehungskraft auf andere als in der spezifischen Richtung beruflich interessierte Teilnehmer entbehren.

4. Andere allgemeine interessierende Programmpunkte dürfen zeitlich gesehen nicht mehr Raum als jenen einnehmen, der während der laufenden Berufsausübung als Freizeit regelmäßig zu anderen als beruflichen Betätigungen verwendet wird. Dabei ist von einer durchschnittlichen Normalarbeitszeit von acht Stunden täglich auszugehen.

Ist die Reise durch ein Programm geprägt, das private Erholungs- und Bildungsinteressen untrennbar mit beruflichen Interessen vermengt, liegt keine berufliche Veranlassung vor.

Dass die Beschwerdeführerin das während der Reise erworbene Wissen teilweise beruflich verwerten haben können, werde nicht in Abrede gestellt. Die Reisekosten seien dennoch nicht als Werbungskosten abzugsfähig, da die Reise nicht lehrgangsmäßig organisiert und nicht derartig einseitig und nahezu ausschließlich auf interessierte Teilnehmer ihrer Berufsgruppe abgestellt  gewesen sei. Aus dem vorgelegten Reiseprogramm seien allgemein interessierende Programmpunkte wie z.B. Rundgang durch den Ort oder whale watching ersichtlich. Diese nicht nur für Pädagogen interessanten Programmpunkte seien in einem über das neben dem Beruf regelmäßig für Freizeit aufgewendete zeitliche Ausmaß erfolgt.

Die streitgegenständlichen Reisekosten würden im Ergebnis Aufwendungen der Lebensführung darstellen, die nach § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 auch dann nicht abgezogen werden dürften, wenn sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen würden.

Am stellte die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihre Rechtsanwältin Frau Dr. AB, einen Vorlageantrag und begründete diesen wie folgt: Das Praktikum sei vom Verein M.E.E.R. e.V. in Berlin organisiert und durchgeführt worden, welcher sich zum Schutz der Wale und Delfine und ihres natürliche Lebensraumes verpflichtet habe. Somit sei das Praktikum nicht von einem professionellen Reiseveranstalter geplant und durchgeführt worden, der eine möglichst breite Kundenschicht ansprechen möchte, sondern von einem Verein, der sich speziell der Förderung des Umweltschutzes, der Wissenschaft und Bildung widme. Vor diesem Hintergrund sei auch das beiliegende Programm des Praktikums zu beurteilen. Entgegen der Ansicht des Finanzamtes im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung sei whale-watching kein "allgemein interessierender Programmpunkt" gewesen, sondern Hauptinhalt des gesamten zweiwöchigen Praktikums. Es sei nicht davon auszugehen, dass ein durchschnittlicher Tourist über 14 Tage hinweg fast täglich an einem whale-watching-trip von ca. 9:00 bis 15:00 Uhr, was dem Arbeitspensum eines durchschnittlichen Arbeitstages entspricht, teilnehmen würde.

Entgegen der Ansicht des Finanzamtes liege bei diesem meeresbiologischen Praktikum eine eindeutig nahezu ausschließliche berufliche Veranlassung vor, auch nach den von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen für abzugsfähige Studienreisen:

Schon aus der beiliegenden Teilnahmebestätigung des Vereines M.E.E.R. ergäbe sich, dass es sich um keine herkömmliche Urlaubsreise gehandelt habe, sondern es vielmehr um theoretische und praktische meeresbiologische Forschungstätigkeit gegangen sei, die von kleinen Walbeobachtungsbooten aus durchgeführt worden seien. In der Informationsbroschüre zum meeresbiologischen Praktikumskurs des Projektes M.E.E.R. La Gomera sei Folgendes zu lesen. "M.E.E.R. La Gomera ist kein professionelles Tourismusunternehmen, sondern ein gut organisiertes Projekt zur wissenschaftlichen Untersuchung und Umweltbildung. Ihr könnt gute und freundliche Betreuung und Kooperation seitens der anderen Teilnehmer erwarten, aber es ist nicht die Aufgabe des Betreuers, Euch zu unterhalten. (...) Die Anforderungen des Projektes werden vorgegeben; was getan werden muss und wann es getan wird. Während der Arbeitstreffen werdet Ihr von einem der Teammitglieder betreut. Ihr solltet eine positive Grundeinstellung gegenüber Arbeit in kleinen Gruppen mit begeisterten Leuten mitbringen und die Verantwortung übernehmen, die diese Art der Zusammenarbeit mit sich bringt."

Das Praktikum habe der Beschwerdeführerin daher die Möglichkeit geboten, Kenntnisse zu erwerben, die sie im Rahmen ihrer Lehrtätigkeit an einer öffentlichen Schule verwerten könne.

Reiseprogramm und Durchführung seien fast ausschließlich auf interessierte Teilnehmer im Bildungs- und Forschungsbereich abgestellt gewesen.

Allgemein interessierende Programmpunkte hätten schon aufgrund des vorgegebenen Programmes nicht mehr Zeit beanspruchen können, als während der Berufsausübung als Freizeit zur Verfügung stehe. Der Rundgang durch den Ort habe am Anreisetag lediglich zum gegenseitigen Kennenlernen stattgefunden, ansonsten sei an 12 der 13 Praktikumstage ein fixes Programm vorgegeben gewesen und es sei lediglich ein freier Tag (Sonntag, ) zur Verfügung gestanden, so dass die Freizeitphase im Ergebnis sogar kürzer gewesen sei, als während der laufenden Berufsausübung.

Die Beschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Beweiswürdigung

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in die vorliegenden Aktenteile und einer Internetrecherche auf http://m-e-e-r.de/.

Rechtslage

§ 16 EStG 1988 lautet auszugsweise:

(1) Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im folgenden ausdrücklich zugelassen ist. Hinsichtlich der durchlaufenden Posten ist § 4 Abs. 3 anzuwenden. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Werbungskosten sind auch:

10. Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen. Aufwendungen für Nächtigungen sind jedoch höchstens im Ausmaß des den Bundesbediensteten zustehenden Nächtigungsgeldes der Höchststufe bei Anwendung des § 13 Abs. 7 der Reisegebührenvorschrift zu berücksichtigen.

Gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abgezogen werden, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Erwägungen

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringen und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden.

Um Fortbildung handelt es sich dann, wenn der Stpfl „seine bisherigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessert, um im bereits ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden“ (vgl. Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG13, § 16 Tz 203/2).

Zur steuerlichen Anerkennung von Auslandsreisen hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. ; ) entschieden, dass Kosten einer Studienreise des Steuerpflichtigen grundsätzlich Aufwendungen für die Lebensführung im Sinne des § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 seien, es sei denn, es liegen folgende Voraussetzungen kumulativ vor:

1. Planung und Durchführung der Reise erfolgen entweder im Rahmen einer lehrgangsmäßigen Organisation oder sonst in einer Weise, die die zumindest weitaus überwiegende berufliche Bedingtheit einwandfrei erkennen lässt.

2. Die Reise muss nach Planung und Durchführung dem Abgabepflichtigen die Möglichkeiten bieten, Kenntnisse zu erwerben, die eine einigermaßen konkrete berufliche Verwertung gestatten.

3. Das Reiseprogramm und seine Durchführung müssen derart einseitig und nahezu ausschließlich auf interessierte Teilnehmer der Berufsgruppe des Abgabepflichtigen abgestellt sein, dass sie jeglicher Anziehungskraft auf andere als in der spezifischen Richtung beruflich interessierte Teilnehmer entbehren.

4. Andere allgemein interessierende Programmpunkte dürfen zeitlich gesehen nicht mehr Raum als jenen einnehmen, der während der laufenden Berufsausübung als Freizeit regelmäßig zu anderen als beruflichen Betätigungen verwendet wird. Dabei ist von einer durchschnittlichen Normalarbeitszeit von acht Stunden täglich auszugehen.

Für die steuerliche Anerkennung einer zweiwöchigen Studienreise ist daher eine Arbeitszeit von 80 Stunden erforderlich (vgl. ).

ad 1. Die Planung und Durchführung der Studienreise erfolgte durch den eingetragenen Verein M.E.E.R. e.V. in Berlin.

Wie der Begriff „lehrgangsmäßige Organisation“ iZm Studienreisen auszulegen ist, hängt vom Einzelfall, insbesondere vom Beruf des Abgabepflichtigen und den zu erlernenden Kenntnissen oder Fertigkeiten ab. Anlehnung kann dabei bei den Ausbildungsordnungen genommen werden, weil jede Berufsordnung auf die Bedürfnisse des jeweiligen Berufes Bedacht nimmt (vgl. RV/3268-W/10-RS2).

Geht es um die Vermittlung von Wissen an Lehrer, so wird eine lehrgangsmäßige Organisation dann zu bejahen sein, wenn das Programm Vorträge oder Kurse enthält, wie sie auch während des Lehramtsstudiums stattfinden. Der Erhalt von Skripten wird ebenfalls typisch sein und auch, dass solche Lehrveranstaltungen in einem Schulungs- oder Vortragssaal stattfinden. Dies ist im gegenständliche Fall nicht gegeben, es fanden primär whale-watching trips statt, bei denen Beobachtungen, Zählungen, Datenaufnahmen usw. gemacht wurden. Darin ist eher eine praktische Forschungstätigkeit zu sehen, wie sie sicherlich beispielsweise bei Biologen auch während ihres Studiums vorkommt, nicht jedoch bei Lehrern für Biologie.

Im gegenständlichen Fall kann auch nicht erkannt werden, dass die Walbeobachtungen, die Fischzählungen, Datenerhebungen, usw. wesentlich für die tatsächliche Unterrichtsgestaltung sind. Dass einzelne Inhalte für den Unterricht interessant waren und Einfluss darauf gefunden haben, wird nicht bestritten. Eine weitaus überwiegende berufliche Bedingtheit der bei diesem meeresbiologischen Praktikum erworbenen Kenntnisse kann aber jedenfalls nicht einwandfrei erkannt werden.

ad 2. Die Beschwerdeführerin hat nach ihren Ausführungen in der Vorhaltsbeantwortung Teilbereiche ihrer neuen Kenntnisse im weitesten Sinne im Unterricht verwertet, jedoch handelt es sich um keine einigermaßen konkrete berufliche Verwertung. Wenn die Beschwerdeführerin ausführt, sie habe zum Thema Ökosysteme (worunter auch das Meer mit seiner Flora und Fauna fällt) den Ozean, die Küstengewässer und die Tiefsee besprochen und gelehrt, so ist dazu anzumerken, dass die Walbeobachtungen, Fischzählungen, ... nur im entferntesten Sinne damit in Zusammenhang stehen und eine einigermaßen konkrete berufliche Verwertung des neu erworbenen Wissens dabei nicht stattgefunden hat. Gleiches gilt für die Thematisierung der Eigenschaften von Wasser. Aus dem Praktikumsprogramm geht auch nicht hervor, dass die Beschwerdeführerin etwas zum Körperbau von Wirbeltieren gelernt hätte, was sie laut Angabe beim Thema Anatomie vermittelt hat. Die Meeressäuger verständigen sich naturgemäß über Infra- und Ultraschall, jedoch ist einzige Verbindung zwischen dem Kurs der Beschwerdeführerin und der Vermittlung von Wissen bzgl. Akustik und Wellenlehre an die Schüler nur, dass die Beschwerdeführerin bei ihrem meeresbiologischen Praktikum unter anderem mit Walen zu tun hatte.

ad 3. Das Reiseprogramm war nicht nahezu ausschließlich auf interessierte Teilnehmer der Berufsgruppe der Beschwerdeführerin (Lehrer für Biologie und Naturwissenschaften) abgestellt, sondern wäre auch für andere Berufe im Bereich Biologie und Naturwissenschaften und Personen mit Interesse für Biologie anziehend gewesen. Dies zeigt sich im gegenständlichen Fall auch darin, dass die Teilnehmer nicht ausschließlich Lehrer für Biologie und Naturwissenschaften waren, sondern auch Studierende für Biologie und Meeresbiologie. Die Teilnehmer der Gruppe, unter denen sich Lehrer für Biologie und Naturwissenschaften, Lehramtsstudierende für Biologie und Studierende für Biologie und Meereskunde befunden haben, haben zwar alle als Tätigkeitsfeld Biologie, jedoch gehören Lehrer für Biologie nicht zur selben Berufsgruppe wie Studierende für Biologie und Meeresbiologie. Damit ist das Erfordernis der einheitlichen Berufsgruppe nicht erfüllt.

Dass die gegenständliche Studienreise auch nicht speziell für Biologielehrer ausgerichtet war, ergibt sich auch aus der Informationsbroschüre (zu finden auf http://m-e-e-r.de/wp-content/uploads/2013/09/MEER_PRACTICAL_COURSE_2018.pdf). Es heißt darin, dass dieser Praktikumskurs für jeden geeignet ist der körperlich gesund ist, Englisch beherrscht, über 18 Jahre alt ist und ein Interesse für die Beobachtung von Natur/Meer und Feldforschung hat, wobei Erfahrung in Forschung und Fotografie willkommen sind.

ad 4. Wie aus dem mit der Vorhaltsbeantwortung vom  vorgelegten Kursprogramm hervorgeht, erreicht das tägliche Programm an keinem einzigen Tag die Normalarbeitszeit von 8 Stunden. Damit ist auch das Tatbestandsmerkmal der Normalarbeitszeit nicht erfüllt. Die Ansicht der Vertreterin der Beschwerdeführerin, dass ein Zeitrahmen von 9:00 bis 15:00 Uhr dem Arbeitspensum eines durchschnittlichen Arbeitstages entsprichen würde, kann nicht geteilt werden.

Eine nähere Betrachtung des Programmablaufes dahingehend, ob es sich um ein Mischprogramm handelt und welche Teile privat und welche beruflich veranlasst sind, kann unterbleiben, da das gesamte Programm nicht einmal täglich 8 Stunden ausweist.

Mangels Vorliegens der rechtlichen Voraussetzungen können die Kosten für die Studienreise steuerlich nicht anerkannt werden und stellen daher Aufwendungen für die Lebensführung im Sinne des § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 dar.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei der zu treffenden Rechtsfrage am Gesetzestext sowie an der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.5100713.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at